Behandelter Abschnitt Mt 22,11-14
Nach Vers 11 bekam auch jeder der Geladenen ein hochzeitliches Kleid. „Der König ging hinein, die Gäste zu besehen, und sah allda einen Menschen, der hatte kein hochzeitliches Kleid an." Das setzt voraus, dass jedem der Geladenen ein hochzeitliches Kleid angeboten war; denn nach Vers 12 bekommt derjenige, der kein hochzeitliches Kleid an hatte, den Vorwurf zu hören: „Freund, wie bist du herein gekommen und hast doch kein hochzeitliches Kleid an?" Weiter heisst es: „Er aber verstummte." Er konnte nicht sagen: „Niemand hat mir eines angeboten." Seine alten Lumpen waren ihm gut genug. Es handelte sich hier also im Grunde um eine Verachtung des Königs.
Ein König hatte ihn zur Hochzeit seines Sohnes eingeladen, und er schätzte diese Einladung gering; darum das furchtbare Wort: „Werfet ihn in die äusserste Finsternis hinaus — da wird sein Heulen und Zähneklappern." Und dann weiter: „Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt." Da könnte man sagen: „Ja, ich bin eben nicht auserwählt — da bin ich also auch nicht schuldig." Wie gesagt, es sind Schwierigkeiten da, aber das Wesentliche, was das Gleichnis uns sagen will, bleibt uns darum nicht verborgen. Wir sind alle — soweit wir Kinder Gottes sind — von der Strasse zusammengerufen — von unserem Gewerbe her. „Der eine ging auf seinen Acker, der andere zu seinem Gewerbe." Beim Herrn ist alles bereit für unsere Aufnahme, und wir dürfen und sollen alles eher liegen und stehen, als den Herrn auf uns warten lassen.
Wir sollen gelöst werden von der Scholle. Wir können dann immer noch unsere Äcker bebauen, aber als Fremdlinge und Pilgrime, die treu umgehen mit dem, was der Herr ihnen anvertraut hat — und die sich alle Erfahrungen, die sie machen in dem Gewerbe, das ihnen der Herr anvertraut hat, dazu dienen lassen, heranzureifen für die Hochzeit des Lammes. In wiefern das Gleichnis sich im einzelnen erfüllen wird, haben wir abzuwarten. Wer sind aber die ausser der Braut des Lammes erwähnten Gäste? Wenn einmal die Gemeinde mit dem Herrn verbunden ist, kommt ein weiterer Kreis in Betracht. Es hat damit nicht alles ein Ende. Wir herrschen dann mit ihm im tausendjährigen Reiche, — und da gibt es dann auch Werbung und Sammlung in weiteren Kreisen. Nur wollen wir nie vergessen, dass wir — wenn wir ein Glied der Braut des Lammes, ein Glied am Leibe Jesu Christi werden wollen — alles loslassen müssen, was nicht in unser Leben hereingehört, und jetzt schon alle unsere Kräfte und Gaben dem Herrn zur Verfügung zu stellen haben.
Ihm sind wir anvertraut, angetraut, gliedlich einverleibt und müssen daher alles, was unser Leben und Tagewerk mit sich bringt, tun als solche, die aus seiner Fülle schöpfen Gnade um Gnade. Eine Gnade ruft der anderen, und es ist für jede Anforderung eines Tagewerkes Gnade die Fülle bereit. Diese Fülle nimmt aber durch immerwährendes Schöpfen nicht ab. Es ist ein unversiegbarer Born der Gnade für uns und für andere. Da braucht man nicht zu fürchten, es könnte einer zu viel nehmen, so dass der andere nichts bekommt. Im Gegenteil — je mehr ich schöpfe, um so mehr Mut mache ich den anderen, auch alles liegen und stehen zu lassen, um aus der gleichen Fülle zu schöpfen.