Das Vaterunser beginnt mit den Worten: „Vater unser, der du bist in den Himmeln." Wenn wir mit dem Vater in den Himmeln durchs Gebet in Berührung treten wollen, so müssen wir alles Scheinwesen ausscheiden, so dass wir nichts tun, um von den Leuten gesehen zu werden. Unser Vater in den Himmeln schaut auf die innere Gesinnung. „Wenn du Almosen gibst, sollst nicht lasten vor dir posaunen, wie die Heuchler tun in den Schulen und auf den Gassen . . Das Bedürfnis, für wohltätig zu gelten, und Anerkennung seitens der Menschen suchen, steckt tief im natürlichen Menschenherzen. „Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, auf dass dein Almosen verborgen sei: und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten öffentlich." Kein Selbstbewusstsein!
Behandelter Abschnitt Mt 6,1-5
„Der Herr siebt das Herz an", und er will, dass wir vor ihm wandeln und nicht vor den Menschen — als solche, die sich bewusst sind, dass sie vom Herrn gesehen werden und „ihre Gerechtigkeit nicht üben vor den Leuten", wie es in der Miniaturbibel heisst. Es genügt uns, vor Gott zu wandeln, und von ihm geleitet, gesehen und gestärkt zu werden. Gerechtigkeit üben — wirklich anderen wohltun — können wir nur durch die Gnade Gottes, und da muss er uns ausrüsten, sonst haben unsere Opfer und Almosen keinen Wert. Eine wörtliche Erfüllung dieser Dinge findet sich ja jetzt nicht mehr. Es verstösst schon gegen die gute Sitte, auszuposaunen, zu verkündigen, drucken zu lassen, was man tut — und doch, wie gern lesen gewisse Leute ihre Namen im Gabenverzeichnis äusserer oder innerer Mission oder irgendwelcher anderer Sammellisten!
Die Namen müssen ja allerdings der Ordnung halber eingetragen werden, damit man kontrollieren könne, was eingegangen ist; doch soll und darf das alles der Einfalt und Lauterkeit keinen Eintrag tun. Es soll uns daher nie darnach gelüsten, aus irgendeiner Liste zu figurieren, um den Leuten zu gefallen. „Wahrlich, ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin." Wie ganz anders der, der in Einfalt und Lauterkeit gibt ohne irgendwelches Selbstbewusstsein — ohne sich etwas darauf zu gute zu tun — einfach, weil Gott ihm ein Almosen anvertraut hat, vielleicht auch nur ein Wort der Teilnahme, irgendeine Mitteilung inneren oder äusseren Segens für den ferneren Lebensweg. Das alles sieht und lohnt der himmlische Vater.