Behandelter Abschnitt Mt 3,13-17
Und nun kommt merkwürdigerweise, zur grossen Überraschung des Johannes, der, dem er Bahn brechen sollte, und stellt ihm das in seinen Augen ungeheuerliche Verlangen, er solle ihn taufen. Und Johannes schreckt zurück. Sollte er Jesum taufen mit der Taufe der Busse zur Vergebung der Sünden? Was, du kommst zu mir! Das war ein rechter Bussprediger, der an seinem Ort und an seiner Stelle bleibt und zurückschrickt, sobald man ein Ansinnen stellt, das über seine Berufung hinausgeht.
Der Herr erklärte ihm nichts — es wäre über seinen Horizont hinausgegangen — Johannes hatte so stark betont, dass die Taufe nicht alles sei, und die Leute aufs Innere gewiesen; aus dem gleichen Grunde meinte er nun, den Heiland zurückweisen zu müffen; in seinen Augen wäre die Taufe Jesu ein Schauspiel, eine Lüge. Johannes ist desorientiert; aber der Herr entgegnet einfach: „Lass es jetzt zu!" Nun hätte Johannes auch wieder rebellieren können; aber er beugt sich. „Ich bin nicht wert, ihm die Schuhriemen aufzulösen." Damit spricht er aus, was manche unter uns vielleicht noch nicht kennen: ich darf meinen Herrn nicht zur Rede stellen, nicht meistern wollen — ich beuge mich und tue, was er mich heisst.
Wenn wir uns so zum Herrn stellen, dann wachsen wir in ihn hinein und er kann uns weiterführen. Wenn wir aber meinen, wir dürften ihm sagen, was seiner würdig ist oder nicht, dann treten wir aus den uns zugewiesenen Bahnen. Johannes zeigt sich seiner Stellung als Bahnbrecher würdig. Er war gross darin, dass er wusste, Jesus wird sich schon zu seiner Zeit rechtfertigen — er, dem ich den Weg bereite, tut nichts Schiefes. Er gab seine Vernunft gefangen in den Gehorsam Jesu, wie wir sie gefangen geben in den Gehorsam des Kreuzes.
Wir, liebe Freunde, wir wissen, warum gerade Jesus sich vor allen taufen lassen musste mit der Taufe der Busse. Nicht mit einer persönlichen Versündigung ist er, der Reine, ins Wasser gestiegen. Es war die Stunde, wo er als sündentragendes Lamm in die Welt hineintrat, und da musste er, belastet mit der Sünde der ganzen Welt, er, der Reine, unter die Wasser der Busse hinunter. Das war seine Weihe — damit wurde er eingeweiht in seinen Beruf, zu sterben am Kreuz als Lamm Gottes. Unsere Sünden, auch meine und deine, hat der Herr damals schon hinuntergetragen in die Wasser der Taufe, um sie dann hinauftragen zu können ans Kreuz.
„Das Blut Jesu Christi macht rein von aller Sünde" die, die nicht mit dem heiligen Blute spielen, sondern sich im Blute lösen lassen, nachdem sie Busse getan haben und appellieren an die lösende Kraft des Blutes Christi, die die Wasser der Taufe nicht geben konnten. Da versteht man dann, dass der Himmel zerriss und die Stimme Gottes ertönte: „Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe", weil er sich unter die Sünde der Welt hinunter stellte und die Sünde der Welt so ganz zu der seinen machte, dass er sich der Taufe der Busse unterzog.
Und Wohlgefallen hat der Herr an uns, wenn wir uns, gereinigt und gesalbt, hinunter stellen unter die Sünden derer, über die wir zuerst geseufzt haben. Seufze nicht! — du gehörst ins Wasser und ins Grab, und da willst du noch rechten mit deinem Bruder und merkst nicht, dass Gott dir gerade diesen an die Seite gestellt hat, damit du durch seine Ungerechtigkeit deine Ungerechtigkeit und Leidensscheu kennen lernst. Das Lamm Gottes zeugt Lämmer, und der aus den» Lamm Gezeugte klagt nie über andere, nur über sich selbst.