Behandelter Abschnitt Tit 2,1-3
«Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt: dass die alten Männer nüchtern seien, würdig, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, im Ausharren; die alten Frauen desgleichen in ihrem Betragen, wie es dem heiligen Stande geziemt, nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des Guten; auf dass sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, den eigenen Männern unterwürfig zu sein, auf dass das Wort Gottes nicht verlästert werde.
Die Jünglinge desgleichen ermahne, besonnen zu sein, indem du in allem dich selbst als ein Vorbild guter Werke darstellst; in der Lehre Unverderbtheit, würdigen Ernst, gesunde, nicht zu verurteilende Rede, auf dass der von der Gegenpartei sich schäme, indem er nichts Schlechtes über uns zu sagen hat. Die Knechte ermahne, ihren eigenen Herren unterwürfig zu sein, in allem sich wohlgefällig zu machen, nicht widerprechend, nichts unterschlagend, sondern alle gute Treue erweisend, auf dass sie die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem» (V. 1–10).
«Du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt.» Wie wir bereits darauf aufmerksam gemacht haben, ist jede Ordnung im Hause Gottes, alle christlichen Beziehungen der Glieder dieses Hauses untereinander, auf die «gesunde Lehre» gegründet, die in der Versammlung gelehrt und festgehalten wird, und ohne diese gibt es nur Verwirrung und Unordnung. Erklärt dies nicht zu einem grossen Teil die Abweichungen der Christenheit in den Dingen, womit sich der Titusbrief besonders auseinandersetzt: bezüglich der Gaben und Ämter, der Rolle der alten Männer und des Platzes der Frauen, alt oder jung, der Beziehungen der Knechte zu ihren Herren?
Es gibt Dinge, die der gesunden Lehre nicht geziemen, und diese Dinge könnten im Worte Gottes nie Unterstützung finden. Eine Lehre, wie erhaben sie auch in den Augen der Menschen sein mag, wäre nicht gesund, wenn sie die Christen nicht anspornen würde zu einem Leben der Heiligkeit und der praktischen Gerechtigkeit, das den Herrn ehrt. Diese Lehre betrifft alle Klassen der Familie Gottes, aber wir müssen sie vor allem auf uns selbst anwenden, in unserem Leben, unserem Wandel und unserer Hoffnung.
Die Gesundheit des Körpers ist immer mit dem Gleichgewicht seiner verschiedenen Teile verbunden; so betreffen auch die Dinge, die Titus lehren musste, alle Klassen derer, die zum Leib des Christus und zum Hause Gottes gehören.
Wie es sich gehört, beginnt der Apostel bei den alten Männern, die eine ehrwürdige Stellung einnehmen, und deshalb besonders verantwortlich sind, in der Familie Gottes ein Beispiel zu geben: «dass die alten Männer nüchtern seien, würdig, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, im Ausharren» (V. 2). Nüchtern (nephalios) hat gewöhnlich eine Beziehung zu Getränken oder anderen Nahrungsmitteln. So mangelte es bei Isaak in seinen alten Tagen an Nüchternheit, was, zusätzlich zu den Gebrechen seines Alters, seine geistliche Sicht trübte.
Hier jedoch, wie im 1. Timotheus-Brief, geht es mehr um Nüchternheit im bildlichen Sinn, um einen Geist, der sich nicht durch Leidenschaft berauschen lässt, weil er sich der Gegenwart Gottes bewusst ist. Gesund im Glauben: Ihre moralische Gesundheit sollte sich im verständnisvollen Erfassen der Gegenstände des Glaubens zeigen, die eine gesunde Lehre ihnen vorgestellt hatte, denn mit Glauben ist hier nicht die Aufnahme des göttlichen Zeugnisses in der Seele, sondern die Wahrheiten, welche das Wort Gottes dem Glauben vorstellt, gemeint. Wie wir bereits gesagt haben, setzt die Gesundheit ein gutes Gleichgewicht in allen Dingen voraus. Der erfahrene Christ muss Sorge tragen, dass er in der Belehrung nicht auf gewisse Dinge, unter denen die den Glauben ausmachen, ein unverhältnismässiges Gewicht legt. Um nur die wichtigsten Dinge zu nennen, könnte man zum Beispiel den ganzen Akzent auf die himmlische Stellung des Christen legen, ohne auf seinem Wandel und seinem Betragen zu bestehen, oder umgekehrt.
Gesund in der Liebe. Das gleiche geistliche Gleichgewicht muss sich in der Bruderliebe zeigen. Unterschiede zu machen, oder gewissen Gliedern des Hauses Gottes gegenüber andern den Vorzug zu geben (es handelt sich hier nicht um die Liebe für Christum, die selbstverständlich keine Abmessung erlaubt), das ist nicht gesund sein in der Liebe.
Gesund im Ausharren. Hier könnte sich der Mangel an Gesundheit in einer gewissen Gleichgültigkeit in der Prüfung zeigen was bei alten Männern oft der Fall ist – oder in einer gewissen Abstumpfung gegenüber dem nahen Kommen des Herrn.
All das, zusammen mit Würde und Besonnenheit [Der Ausdruck besonnen in den Versen 2,5,6 und 12 könnte übersetzt werden roh: sich selbst mässigen und in der Gewalt haben.] gibt den Eindruck von grosser Ausgeglichenheit im praktischen Leben der alten Männer und könnte nicht verwirklicht werden ohne die Nüchternheit, welche die Grundlage ihres ganzen Betragens bilden muss. Auf diese Weise werden sie zu erfahrenen Männern, bei denen man Rat holt, und die zum Wohlbefinden und zur guten Ordnung der ganzen Familie Gottes beitragen.
«Die alten Frauen desgleichen in ihrem Betragen, wie es dem heiligen Stande geziemt.»
Sie müssen in allen Dingen, in ihrem Wesen, ihrer Erscheinung, ihrem Äusseren, eine passende Haltung einnehmen, der besondere Schmuck der Frau; aber diese Haltung muss den Charakter innerer Heiligkeit widerspiegeln. Diese Ermahnung ist in Übereinstimmung mit dem, was uns in 1Tim 2,9-10 und 1Pet 3,2-5 von der christlichen Frau gesagt wird. Das Fehlen jeglichen weltlichen Einflusses soll sie in erster Linie charakterisieren.
Nicht verleumderisch. Sie müssen ihre Zunge im Zaum halten, übles Nachreden über den Nächsten vermeiden – eine besonders gefährliche Falle für ihr Geschlecht.
Nicht Sklavinnen von vielem Wein. Das ist eine Gefahr für alte Frauen, welche im Hinblick auf ihre abnehmende Gesundheit zu diesem Mittel Zuflucht nehmen, Wenn sie nicht genügend achtgeben auf sich selbst, verfallen sie in diese Sklaverei, deren der Feind sich zu ihrem moralischen Schaden bedient und um sie daran zu hindern, einen heilsamen Einfluss auf ihre Umgebung auszuüben. Eine solche Gebundenheit ist um so gefährlicher für die Frau, als ihr Gewissen ihr zeigen wird, wie unpassend solche Gewohnheiten sind und sie deshalb versuchen wird, diese zu verbergen. So verfällt sie in Heuchelei.
Es besteht ein kleiner Unterschied zwischen Sklavinnen sein und dem Wein ergeben sein, wie uns von den Aufsehern und Dienern in 1Tim 3,3.8 gesagt wird. Ergeben bezeichnet vielleicht eine Neigung, die man nicht zu verbergen sucht, etwas ganz anderes, als sich berauschen (Eph 5,18), was eine Entwürdigung ist. In 1Tim 3,8 ist das kleine Wort «vielem», das bei den Aufsehern in V. 3 fehlt, bei den Dienern hinzugefügt. Dieses kleine Wort lehrt uns folgendes: je wichtiger die Funktionen im Hause Gottes, um so grösser die Verantwortung, alles zu meiden, was einer gesunden Einschätzung alles dessen, was die Verwaltung des Hauses Gottes betrifft, hinderlich sein könnte.
Lehrerinnen des Guten; auf dass sie die jungen Frauen unterweisen. . . Hier sind es die alten Frauen, die lehren sollen. Sie lehren in dem einzigen Bereich, worin die Frau es tun soll: im Hause. Sie müssen das Gute lehren, was sich geziemt, aber nie Männer unterweisen. Ihr Tätigkeitsbereich im Hause ist viel mannigfaltiger als das Lehren, denn er kann sich auf alle beziehen, auf Männer, alte Leute, Frauen und Kinder, Kranke, Arme, Ausgestossene; aber wenn es sich um das Lehren handelt, ist es auf die Frauen beschränkt. «Ich erlaube aber einem Weibe nicht, zu lehren», sagt der Apostel, «noch über den Mann zu herrschen, sondern still zu sein» (1Tim 2,12). Das Lehren der alten Frauen hat zum Ziel, dass die jungen Frauen in ihrem Leben ein vollständiges Zeugnis von der Belehrung des Wortes darstellen. Mit dem Wort «vollständig» spielen wir an auf die nachfolgenden sieben Ermahnungen an die jungen Frauen.
Die Zahl sieben kommt immer wieder vor in diesem Brief, und wir haben schon davon gesprochen. Sie bedeutet im Worte immer etwas Vollständiges, sei es gut oder böse, auf geistlichem Gebiet.