Behandelter Abschnitt 3. Mose 16,20-22
Asasel oder der Bock, der weggeschickt wird
„Und hat er die Sühnung des Heiligtums und des Zeltes der Zusammenkunft und des Altars vollendet, so soll er den lebenden Bock herzubringen. Und Aaron lege seine beiden Hände auf den Kopf des lebenden Bockes und bekenne auf ihn alle Ungerechtigkeiten der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen nach allen ihren Sünden; und er lege sie auf den Kopf des Bockes und schicke ihn durch einen bereitstehenden Mann fort in die Wüste, damit der Bock alle ihre Ungerechtigkeiten auf sich trage in ein ödes Land; und er schicke den Bock fort in die Wüste“ (V. 20–22).
Hier haben wir die andere Seite des Todes Christi: die völlige und endgültige Vergebung der Sünden des Volkes. Wie der Tod Christi die Grundlage der Verherrlichung Gottes bildet, so bildet er auch die Grundlage einer vollkommenen Sündenvergebung für alle, die ihr Vertrauen auf ihn setzen. Dies ist eine untergeordnete, eine etwas weniger bedeutsame Anwendung der Versöhnung, wie gern auch unsere törichten Herzen die erhabenste Seite des Kreuzes darin erblicken möchten, dass es alle unsere Sünden wegnimmt. Das ist jedoch ein Irrtum. Die Verherrlichung Gottes steht an erster Stelle, unsere Erlösung an zweiter Stelle. Dieses Ziel, die Verherrlichung Gottes, verfolgte Christus von Anfang bis zu Ende mit unerschütterlicher Standhaftigkeit und unwandelbarer Treue (vgl. Joh 10,17; 13,31.32; Jes 49,1-3).
Die Verherrlichung Gottes war der höchste Zweck des Herrn Jesus Christus im Leben und im Sterben. Er lebte und Er starb, um den Namen seines Vaters zu verherrlichen. Büßt die Versammlung dadurch etwas ein? Nein. Ist es ein Verlust für Israel oder für die Heiden? Keineswegs. In keiner Weise konnte für ihre Errettung und Glückseligkeit so vollkommen gesorgt werden als dadurch, dass sie zur Verherrlichung Gottes beitragen durften. Hören wir die göttliche Antwort, die Christus, dem wahren Israel, in der aus Jesaja angeführten, herrlichen Schriftstelle gegeben wird. „Es ist zu gering, dass du mein Knecht seist, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen. Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um meine Rettung zu sein bis an das Ende der Erde“ (Jes 49,6).
Ist es nicht eine herrliche Sache, zu wissen, dass Gott durch die Tilgung unserer Sünden verherrlicht worden ist? Wenn wir fragen: Wo sind unsere Sünden?, so lautet die Antwort: Sie sind weggetan. Wodurch? Durch das Sühnungswerk Christi auf dem Kreuz, durch das Gott auf ewig verherrlicht worden ist. Die beiden Böcke am großen Versöhnungstag lassen uns dieses eine Werk von einem doppelten Gesichtspunkt aus erblicken. Einerseits sehen wir die Aufrechterhaltung der Herrlichkeit Gottes und andererseits das Wegtun unserer Sünden. Die eine Seite ist so vollkommen wie die andere. Wir haben durch den Tod Christi ebenso vollkommen Vergebung gefunden, wie Gott vollkommen durch ihn verherrlicht worden ist. Gibt es einen einzigen Punkt, in dem Gott nicht durch das Kreuz verherrlicht worden wäre? Ganz sicher nicht. Ebenso wenig gibt es einen einzigen Punkt, in dem wir nicht vollkommene Vergebung gefunden hätten.
Ich sage „wir“, denn obwohl in der schönen, eindrucksvollen Verordnung über den zweiten Bock das Volk Israel den ersten Platz einnimmt, so ist es doch für jede Seele, die an den Herrn Jesus Christus glaubt, wahr, dass sie durch die am Kreuz vollbrachte Versöhnung eine ebenso vollkommene Vergebung empfangen hat, wie Gott vollkommen dadurch verherrlicht worden ist. Wie viele Ungerechtigkeiten von Israel trug der Bock hinweg? Alle. Wunderbares Wort! Nicht eine von ihnen blieb zurück. Und wohin trug er sie? „In ein ödes Land“, ein Land, wo sie nie wieder gefunden werden konnten, weil niemand da war, um nach ihnen zu suchen. Könnte wohl ein Bild vollkommener sein? Könnte es ein deutlicheres Gemälde geben von dem vollbrachten Opfer Christi in seiner doppelten Anwendung? Gewiss nicht. Wir können nur voll Bewunderung ein solches Bild betrachten und staunend die Hand des Meisters darin erkennen.