Behandelter Abschnitt 1. Mose 7,1-16
Vollkommene Sicherheit in der Arche
Noah ängstigte sich nicht um die Wogen des Gerichts Gottes. Warum sollte er auch? Er wusste, dass sie „alle“ ausgegossen waren, während er selbst durch dieselben Wogen in den Bereich des Friedens emporgehoben wurde. Er schwamm in Frieden auf demselben Wasser, durch das „alles Fleisch“ gerichtet wurde. Er war durch Gott selbst in Sicherheit gebracht und hätte in der triumphierenden Sprache des Apostels (Röm 8,31) sagen können: „Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?“
Der Herr selbst hatte ihn aufgefordert: „Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus!“ (Kap. 7,1). Und kaum war dies geschehen, so lesen wir: „Und der Herr schloss hinter ihm zu“ (V. 16). Jetzt waren alle, die sich in der Arche befanden, in Sicherheit. Der Herr verschloss die Tür, und ohne ihn konnte niemand einoder ausgehen.
In der Arche befanden sich ein Fenster und eine Tür. Der Herr verschloss mit seiner eigenen mächtigen Hand die Tür und überließ Noah das Fenster, durch das er aufwärts nach jenem Ort schauen konnte, von wo das ganze Gericht ausgegangen war, und er konnte sehen, dass kein Gericht für ihn übrig blieb. Da das Fenster „oben“ angebracht war (Kap. 6,16), konnte die gerettete Familie nur aufwärts schauen. Sie konnten weder die Wasser des Gerichts noch den Tod und die Verwüstung sehen, die diese Wasser verursacht hatten. Das Heilmittel Gottes, „das Gopherholz“, befand sich zwischen ihnen und allen diesen Dingen.
Nichts kann die vollkommene Sicherheit des Gläubigen in Christus besser ausdrücken als die Worte: „Und der Herr schloss hinter ihm zu.“ Wer könnte öffnen, was Gott verschlossen hat? Noah war mit seiner Familie so sicher, wie Gott ihn in Sicherheit bringen konnte. Keine Macht der Engel, der Menschen, oder der Teufel konnte die Tür der Arche aufbrechen und das Wasser hineinlassen. Denn sie war verschlossen durch dieselbe Hand, die die Fenster des Himmels öffnete und die Quellen der großen Tiefe aufbrechen ließ. So wird auch von Christus als dem gesprochen, der „den Schlüssel des David hat, der öffnet, und niemand wird schließen, und schließt, und niemand öffnet“ (Off 3,7). Auch hält Er in seiner Hand „die Schlüssel des Todes und des Hades“ (Off 1,18).
Niemand kann ohne ihn durch die Pforten des Grabes eintreten oder herauskommen. Er hat „alle Gewalt im Himmel und auf der Erde“ (Mt 28,18). Er ist „als Haupt über alles der Versammlung gegeben“ (Eph 1,22), und in ihm ist der Gläubige vollkommen sicher. Wer konnte Noah antasten? Welche Welle konnte in die Arche eindringen, die „von innen und von außen mit Harz verpicht“ war (6,14)? Ebenso ist es heute. Wer kann diejenigen antasten, die im Glauben ihre Zuflucht zum Kreuz genommen haben? Jeder Feind wurde getroffen und für immer zum Schweigen gebracht.
Der Tod Christi hat auf jeden Einwand siegreich geantwortet, während gleichzeitig seine Auferstehung der Ausdruck des unendlichen Wohlgefallens Gottes an diesem Werk ist, denn aufgrund dieses Werkes kann Gott uns in Gerechtigkeit annehmen, und wir können voll Vertrauen ihm nahen.
Nachdem die Tür unserer Arche durch Gottes eigene Hand gesichert ist, wird das Fenster Grund unserer Freude: Es ist ein Bild von der glücklichen und heiligen Gemeinschaft mit ihm, der uns von dem kommenden Zorn errettet und uns zu Erben der zukünftigen Herrlichkeit gemacht hat. Petrus spricht von solchen, die „blind und kurzsichtig sind und die Reinigung ihrer vorigen Sünden vergessen haben“ (2Pet 1,9). Das ist ein beklagenswerter Zustand und die Folge der Vernachlässigung einer unter Gebet gepflegten Gemeinschaft mit ihm, der uns für ewig in Christus eingeschlossen hat.
Die geschlossene Tür
Lasst uns noch einen Blick auf den Zustand von denen werfen, denen Noah so lange Gerechtigkeit gepredigt hatte. Ohne Zweifel wird mancher ängstliche Blick nach dem Rettungsschiff gegangen sein, als es sich langsam mit dem Wasser hob, aber die Tür war verschlossen, der Tag der Gnade war vorüber, und die Zeit des Zeugnisses, soweit es jene Menschen betraf, war für ewig abgelaufen. Dieselbe Hand, die Noah eingeschlossen hatte, hatte sie ausgeschlossen, und die, die draußen waren, konnten ebenso wenig hineingelangen, wie die, die sich in der Arche befanden, herauskommen konnten. Die einen waren unrettbar verloren, die anderen wirklich gerettet. Sowohl die Langmut Gottes, als auch das Zeugnis seines Dieners waren verachtet worden.
Die zeitlichen Dinge hatten diese Unglücklichen ganz und gar in Anspruch genommen. „Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet, bis zu dem Tag, als Noah in die Arche ging; und die Flut kam und brachte alle um“ (Lk 17,26.27). An sich lag nichts Unrechtes in allen diesen Dingen. Das Unrecht lag nicht in dem, was getan wurde, sondern in den Tätern. Alle diese Handlungen hätten in der Furcht des Herrn und zur Verherrlichung seines heiligen Namens geschehen können, wenn sie nur im Glauben getan worden wären. Aber leider war dies nicht der Fall.
Das Wort Gottes wurde verworfen. Gott kündete das Gericht an, aber sie glaubten nicht. Er sprach von Sünde und Verderben, aber sie wurden nicht überzeugt. Er redete von einem Heilmittel, aber sie beachteten es nicht. Sie waren mit ihren eigenen Plänen und Überlegungen beschäftigt und hatten keinen Raum für Gott. Sie handelten, als ob die Erde ihnen aufgrund eines Mietvertrags für ewig gehört hätte. Sie vergaßen, dass eine Klausel mit der Übergabe verbunden war. Sie dachten nicht an das ernste „bis“. Gott war ausgeschlossen. Alles Gebilde der Gedanken ihres Herzens war böse den ganzen Tag, und deshalb konnten sie nichts recht tun. Sie dachten, redeten und handelten nur für sich selbst. Sie folgten ihrem eigenen Willen und vergaßen Gott.
So wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein
Der Herr Jesus Christus sagt: „Und wie es in den Tagen Noahs geschah, so wird es auch in den Tagen des Sohnes des Menschen sein“ (Lk 17,26) und: „Denn wie die Tage Noahs waren, so wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein“ (Mt 24,37). Manche möchten uns glauben machen, dass, bevor der Sohn des Menschen in den Wolken des Himmels erscheint, diese Erde von Pol zu Pol mit Gerechtigkeit erfüllt sein wird. Sie möchten uns überzeugen, dass eine Regierung der Gerechtigkeit und des Friedens als Ergebnis der menschenfreundlichen Bestrebungen unserer Tage zu erwarten ist, aber die eben angeführte kurze Schriftstelle macht solche Erwartungen zunichte. Wie war es in den Tagen Noahs?
Herrschten Gerechtigkeit und Wahrheit auf der Erde? War die Erde mit der Erkenntnis des Herrn erfüllt? Die Antwort der Heiligen Schrift lautet: „Und die Erde war verdorben vor Gott, und die Erde war voll Gewalttat. Und Gott sah die Erde, und siehe, sie war verdorben; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verdorben auf der Erde“ (Kap. 6,11.12). „So wird es auch in den Tagen des Sohnes des Menschen sein.“ Das ist deutlich genug. „Gerechtigkeit“ und „Gewalttat“ sehen sich wirklich wenig ähnlich. Auch gibt es keine Ähnlichkeit zwischen allgemeiner Gottlosigkeit und allgemeinem Frieden. Ein Herz, das dem Wort unterworfen und frei von vorgefassten Meinungen ist, wird den wahren Charakter der Tage erkennen, die der „Ankunft des Sohnes des Menschen“ unmittelbar vorangehen. Es gab zur Zeit Noahs nichts, was einem Zustand allgemeiner Gerechtigkeit und allgemeinen Friedens ähnlich gewesen wäre, und es wird auch nichts Derartiges vor der Ankunft des Herrn geben.
Ohne Zweifel entfaltete der Mensch großen Eifer, um die Welt zu einem angenehmen Aufenthaltsort für sich zu machen, aber der Gedanke, die Erde zu einem Ort zu machen, wo Gott wohnen konnte, lag ihm völlig fern. Ebenso setzt der Mensch in der Gegenwart alle Kräfte daran, um von seinem Weg alle Steine wegzuräumen und ihn so angenehm und eben wie nur möglich zu machen. Aber das ist nicht das „Ebnen in der Steppe einer Straße für unseren Gott“ noch jenes Ebenmachen „des Höckerigen“, damit alles Fleisch die Herrlichkeit des Herrn sehe (vgl. Jes 40,3-5). Die Zivilisation schreitet fort, aber Zivilisation ist keine Gerechtigkeit.
Die Welt wird zubereitet und geschmückt, aber nicht um Christus zu empfangen, sondern um sie für den Antichristen einzurichten. Der Mensch bemüht sich rege, mit einem selbst gestrickten Mäntelchen seine Blößen und Gebrechen zuzudecken, aber durch Zudecken sind diese noch nicht beseitigt. Sie liegen nur verdeckt und werden in kurzem hässlicher als je wieder zum Vorschein kommen. Die „Scharlach-Schminke“ wird bald verwischt, und das „geschnitzte Zedernholz“ bald zerstört werden. Die Dämme, durch die der Mensch unverdrossen den Strom menschlicher Bosheit einzuengen sucht, werden plötzlich vor der überwältigenden Wucht weichen.
Alle Anstrengungen, die leibliche, geistige und moralische Entartung der Nachkommenschaft Adams in die Grenzen zu bannen, die menschliches Wohlwollen (wenn man so will) ihr stecken, müssen unweigerlich fehlschlagen. „Das Ende allen Fleisches ist vor mich gekommen“ (Kap. 6,13), das ist das Zeugnis Gottes. Nicht vor Menschen, sondern vor Gott ist dieses Ende gekommen. Auch wenn die Spötter fragen: „Wo ist die Verheißung seiner Ankunft? Denn seitdem die Väter entschlafen sind, bleibt alles so von Anfang der Schöpfung an“ (2Pet 3,4), rückt doch der Augenblick schnell heran, wo diese Spötter ihre Antwort empfangen werden. „Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb, an dem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brand werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr werden verbrannt werden“ (2Pet 3,10).
Das ist die Antwort, die Gott auf den Spott der Kinder dieser Welt geben wird. Wie aber wird Er die Zuneigungen und Erwartungen der Kinder Gottes beantworten? Gott sei gepriesen! Ihre Aussicht ist ganz anders. Sie werden dem Bräutigam in der Luft begegnen, bevor das Böse seinen Gipfel erreicht und somit bevor das Gericht darüber hereinbricht. Die Versammlung Gottes wartet nicht auf das Verbrennen der Welt, sondern auf den Aufgang des „glänzenden Morgensterns“ (Off 22,16).
Lasst euch versöhnen mit Gott
Von welchem Gesichtspunkt aus wir die Zukunft auch betrachten - ob die Versammlung in Herrlichkeit oder die Welt in Flammen, ob die Ankunft des Bräutigams oder das Einbrechen des Diebes, ob der Morgenstern oder die brennende Sonne, ob die Entrückung der Versammlung oder das Kommen des Gerichts das Thema ist, das uns beschäftigt - wir werden stets fühlen, wie wichtig es ist, auf das gegenwärtige Gnadenangebot Gottes an den verlorenen Sünder Acht zu haben. „Siehe, jetzt ist der Tag des Heils“ (2Kor 6,2). „Gott war in Christus, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2Kor 5,19).
Jetzt will Gott versöhnen, bald wird Er richten, jetzt ist alles Gnade, dann wird alles Zorn sein, jetzt vergibt Er die Sünde durch das Kreuz, dann wird Er sie strafen durch ewige Pein! Jetzt sendet Gott eine Botschaft reicher und freier Gnade aus. Er redet zu Sündern von einer durch das kostbare Opfer Christi vollbrachten Erlösung. Er versichert ihnen, dass alles erfüllt, alles vollbracht ist. Er wartet um gnädig sein zu können. Die Langmut unseres Herrn ist Errettung, denn „der Herr zögert die Verheißung nicht hinaus, wie es einige für ein Hinauszögern halten, sondern er ist langmütig gegen euch, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen“ (2Pet 3,9). Welch einen Ernst verleiht das dem gegenwärtigen Augenblick! Eine grenzenlose Gnade wird angeboten, ein grenzenloser Zorn ist im Kommen.
Mit welchem Interesse sollten wir auf die Entwicklung der Absichten Gottes achten! Die Schrift verbreitet so klares Licht über diese Dinge, dass wir nicht, wie ein anderer Schriftsteller gesagt hat, „gezwungen sind, die vorüberrollenden Ereignisse teilnahmslos anzustarren wie solche, die weder wissen, wo sie sind, noch wohin sie gehen“. Wir sollten genau unsere Stellung kennen, sollten die Tendenz aller jetzt wirkenden Grundsätze erkennen und uns des schrecklichen Strudels bewusst sein, dem mit reißender Schnelligkeit alle Strömungen zufließen. Die Menschen träumen vielleicht von einem goldenen Zeitalter, der Glaube aber sieht, wie die Wolken sich am Horizont der Welt immer dichter zusammenziehen. Das Gericht naht, der Tag des Zorns rückt heran, die Tür wird bald geschlossen werden, und die „wirksame Kraft des Irrwahns“ (2Thes 2,11) wird sich bald in ihrer furchtbaren Gewalt einstellen. Wie nötig ist es daher, einen Warnruf erschallen zu lassen und durch ein treues Zeugnis der Selbstgefälligkeit des Menschen entgegenzuwirken!