Behandelter Abschnitt 1. Mose 1,14-16
Die Himmelskörper
Der nächste Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist die Erschaffung der Lichter. „Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Ausdehnung des Himmels, um den Tag von der Nacht zu scheiden, und sie seien zu Zeichen und zur Bestimmung von Zeiten und Tagen und Jahren; und sie seien zu Lichtern an der Ausdehnung des Himmels, um auf die Erde zu leuchten! Und es wurde so. Und Gott machte die zwei großen Lichter: das große Licht zur Beherrschung des Tages, und das kleine Licht zur Beherrschung der Nacht - und die Sterne“ (V. 14-16).
Die Sonne ist der große Mittelpunkt des Lichts und der Mittelpunkt unseres Systems. Rings um sie her kreisen die kleineren Himmelskörper, und von ihr empfangen sie Licht. Daher kann sie mit Recht als ein passendes Sinnbild dessen betrachtet werden, der als die „Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Flügeln“ (Mal 3,20) aufgehen wird, um die Herzen derer zu erfreuen, die den Herrn fürchten.
Das Passende und Schöne dieses Sinnbildes wird aber erst dem vollkommen klar, der nach durchwachter Nacht die aufgehende Sonne mit ihren glänzenden Strahlen den östlichen Himmel vergolden sieht. Die Nebel und Schatten der Nacht verschwinden, und die ganze Schöpfung scheint das wiederkehrende Licht zu begrüßen. So wird es sein, wenn einst die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht. Die Schatten der Nacht werden entfliehen, und die ganze Schöpfung wird erfreut sein über das Dämmern eines „Morgens ohne Wolken“, über das Anbrechen eines glänzenden und nie endenden Tages der Herrlichkeit.
Der Mond, dunkel in sich selbst, lässt das Licht der Sonne zurückstrahlen.1 Wenn die Sonne hinter dem Horizont versunken ist, so ist der Mond da, um die von ihr aufgefangenen Strahlen auf eine dunkle Welt zurückzuwerfen. Sollte er aber während des Tages sichtbar sein, so zeigt er stets ein bleiches Licht die notwendige Folge seines Erscheinens in Gegenwart eines höheren Glanzes. Allerdings treten auch manchmal die Erde und ihre Einflüsse störend dazwischen und verbergen durch Wolken und Nebel vor unseren Blicken sein silbernes Licht.
Wie nun die Sonne ein schönes und passendes Sinnbild von Christus ist, so erinnert uns der Mond in auffallender Weise an die Versammlung2. Christus, die Quelle ihres Lichtes, ist dem natürlichen Auge verborgen. Die Welt sieht ihn nicht, sie aber sieht ihn und ist verantwortlich, seine Strahlen auf eine umnachtete Welt zurückzuwerfen. Die Versammlung Gottes bietet der Welt einen Weg, um etwas von Christus zu lernen. Der Apostel sagt: „Ihr seid unser Brief . . . gekannt und gelesen von allen Menschen; von euch ist offenbar, dass ihr ein Brief Christi seid“ (2Kor 3,2.3).
Welch eine verantwortliche Stellung! Wie ernst sollte die Versammlung in allen ihren Wegen gegen alles wachen, was den Widerschein des himmlischen Lichtes Christi verhindern könnte! Wie aber soll sie dieses Licht zurückstrahlen lassen? Dadurch, dass sie es in seinem ungetrübten Glanz auf sich scheinen lässt. Würde die Versammlung nur im Licht Christi wandeln, so würde sie auch ohne Zweifel sein Licht reflektieren, und dies würde sie stets in der ihr geziemenden Stellung erhalten.
Der Mond hat kein eigenes Licht. Ebenso verhält es sich mit der Versammlung. Sie ist nicht berufen, sich selbst in den Blickpunkt der Welt zu stellen. Sie ist nur schuldig, das Licht zu reflektieren, das sie selbst empfängt. Sie hat die Verpflichtung, mit heiligem Fleiß den Weg, den Er ging, zu erforschen und durch die Energie des in ihr wohnenden Heiligen Geistes ihm auf diesem Weg zu folgen. Doch die Welt mit ihren Nebeln und Wolken tritt oft störend dazwischen und verbirgt das Licht und befleckt den Brief. Man kann oft nur wenig von den Zügen des Charakters Christi bei denen entdecken, die sich nach seinem Namen nennen; ja, bei manchen Gelegenheiten zeigen sie eher einen demütigenden Gegensatz als eine Ähnlichkeit. Möchten wir Christus mehr unter Gebet betrachten, damit wir ein treueres Bild von ihm darstellen können!
Die Sterne sind ferne Lichter. Sie leuchten in anderen Welten und stehen nicht in unmittelbarer Verbindung mit unserem Sonnensystem, außer dass ihr Leuchten gesehen werden kann. „Es unterscheidet sich Stern von Stern an Herrlichkeit“. So wird es in dem kommenden Reich des Sohnes sein. Er wird in lebendigem und ewigem Glanz strahlen, sein Leib, die Versammlung, wird seine Strahlen auf ihre Umgebung zurückfallen lassen, und die einzelnen Gläubigen werden in der Sphäre scheinen, die der gerechte Richter ihnen zum Lohn für treuen Dienst in der Nacht seiner Abwesenheit zuweist. Dieser Gedanke sollte uns ermuntern, unserem abwesenden Herrn ähnlicher zu werden (Lk 19,12-19).
Nun treten die niedrigen Ordnungen der Schöpfung in Erscheinung. Das Meer und die Erde sollen von lebendigen Wesen wimmeln. Einige glauben, in den Verrichtungen jedes Schöpfungstages ein Vorbild der verschiedenen Haushalte und ihrer großen charakteristischen Grundsätze erblicken zu müssen. Ich möchte dazu nur bemerken, dass es notwendig ist, wenn man die Schrift in dieser Weise behandeln will, über die Einbildungskraft zu wachen, sowie streng die Aufmerksamkeit auf die allgemeine Übereinstimmung der Schrift zu richten, denn sonst liegt die Gefahr nahe, in traurige Irrtümer zu verfallen. Ich jedenfalls möchte mich nicht auf diese Art der Auslegung einlassen und werde mich daher nur auf das beschränken, was ich als den klaren Sinn des Textes zu erkennen glaube.
1 Es ist interessant, dass der Mond durch ein gutes Fernrohr den Anblick eines ruinierten Naturzustandes bietet.↩︎
2 In dieser Auslegung zu den Büchern Mose wurde das Wort „Versammlung“ (statt der bekannteren Begriffe „Gemeinde“o. „Kirche“) zur Bezeichnung aller Christen in ihrer Gesamtheit verwendet. Es scheint die direkte und einfachste Übersetzung des griechischen Wortes ekklesia zu sein. Siehe dazu auch das Vorwort der verwendeten Bibelausgabe.↩︎