Behandelter Abschnitt 1Kor 4
Bevor er dieses Thema verlässt, führt Paulus noch einen weiteren Gesichtspunkt ein. Er begnügt sich nicht damit, anderen Verantwortung aufzuerlegen, sondern hat auch ein ernstes Bewusstsein von seiner eigenen Stellung, welche ihn in wunderbarer Weise von der Beurteilung durch Menschen unabhängig macht. Gehorsam vermittelt genauso gut Festigkeit wie Demut. Dem Stolz der Korinther begegnete in keinster Weise Stolz vonseiten des Apostels. Vielmehr stellt er den Herrn und seinen Willen vor seine Seele. Es ist gewiss wahr, dass diese Wirksamkeit des Glaubens für einen Menschen, welcher die Dinge nur oberflächlich betrachtet, wie Stolz aussieht. Das stille Voranschreiten im Dienst des Herrn und das Ertragen dieses oder jenes Geistes als nicht mehr als ein wertloses Lüftchen war zweifellos solchen Menschen, die sich in ihrer Einbildung sehr weise dünkten, außerordentlich unangenehm. Ihre freigebige Kritik an den verschiedenen Dienern des Herrn muss hieran gemessen werden. Paulus betrachtet indessen alles im Licht des ewigen Tages. Diesen hatten sie vergessen; und in einem gewissen Sinn verschleuderten sie die Kräfte des Geistes Gottes. Sie machten letztere zu Marken in einem Spiel, das sie in dieser Welt spielten. Sie hatten vergessen, dass Gott seine Gaben zwar in der Zeit, aber in Hinsicht auf die Ewigkeit gibt. Der Apostel stellt die wahre Bedeutung der ganzen Angelegenheit so vor ihre Seele, wie sie lebhaft vor seiner eigenen stand.
Noch ein anderer Gesichtspunkt ist hier beachtenswert. Paulus hatte sie getadelt als solche, die nicht als Christen, sondern als natürliche Menschen wandelten. Das heißt, dass sie in ihrem Leben und Umgang sich nach menschlichen Grundsätzen bildeten und nicht nach göttlichen. Auf der anderen Seite müssen wir vielleicht in dem, was folgt, erkennen, dass auch sie den Apostel in ihren Herzen tadelten - natürlich nicht in vielen Worten! Ihrem Geschmack nach hatte er zu wenig von einem edlen Menschen (engl. Gentleman) an sich. Das scheint mir der Kernpunkt des vierten Kapitels zu sein. In ihren Augen war es eines christlichen Arbeiters unwürdig, zeitweise mit eigenen Händen zu arbeiten, häufig mittellos und gelegentlich im Gefängnis zu sein, von den Volksmengen misshandelt zu werden, usw. Dieses alles betrachteten sie als Frucht von Unvorsichtigkeit und als vermeidbar. Sie zogen öffentliches und privates Ansehen bei einem Mann, der die Stellung eines Knechtes Christi einnahm, vor.
Dieser Vorstellung begegnete der Apostel in einer sehr gesegneten Weise. Er gab zu, dass sie sich gewisslich nicht in solchen bedrückenden Umständen befanden; sie herrschten wie Könige. Ihm selbst genügte es, Auskehricht aller Menschen zu sein. Das war sein Rühmen und seine Glückseligkeit. Er wünschte, dass die Korinther tatsächlich herrschten, damit er mit ihnen herrschen konnte, weil das bedeuten würde, dass die Zeit des Segens wirklich gekommen sei. Wie wollte sein Herz an jenem Tag sich mit ihnen freuen! Diese Zeit wird ganz gewiss kommen; dann werden sie alle zusammen herrschen, wenn Christus die Erde regiert.
Für die Gegenwart räumte er indessen ein, dass er den Platz der Gemeinschaft mit den Leiden des Christus gewählt habe. Er jedenfalls konnte sich nicht wie die Korinther der Ehre der Welt und eines angenehmen Lebens für das Fleisch rühmen. Er strebte nicht nach Größe in dieser Zeit. Der Herr hatte ihm große Leiden um seinetwillen vorausgesagt. Das war es, was sein Knecht, indem er ein Apostel wurde, zu erwarten hatte. Wenn sein Dienst die höchste Stellung in der Kirche (Versammlung) ausmachte, dann war er sicherlich die niedrigste in der Welt. Diese Lage war genauso ein Grund des Ruhmes und der Herrlichkeit für einen Apostel wie irgendetwas von dem, was Gott ihm gegeben hatte. Ich kann mir keine eindrücklichere Antwort an irgendeinen seiner Verleumder in Korinth vorstellen, sofern er Herz und Gewissen besaß.