Behandelter Abschnitt Ps 85
Der nächste Psalm spricht wieder von der Segnung des Landes und des erretteten Volkes. In den dann weiter folgenden Psalmen werden wir Christum Selbst finden, soweit Er mit dem Volke in Verbindung steht, jedoch mit einem Blick auf die Bundesbeziehung, die es zwischen Jehova und Seinem irdischen Volke gibt.
Beim Lesen von Psalm 85 habe ich lange gezweifelt, ob der erste Teil Bezug habe auf eine äußere Befreiung und die dadurch dem Volke erwiesene Gnade, so dass das Folgende dazu diene, das Volk durch die Wiederherstellung der einzelnen Seelen in den Genuss dieser Befreiung eintreten zu lassen, oder ob, wie wir das so oft gefunden haben, zuerst das ganze Ergebnis als Thema des Psalmes dargestellt wird, und dann die Leiden des Überrestes und die Wirksamkeit Gottes, die zu jenem Ergebnis geführt haben, beschrieben werden. Jedenfalls wird auf die äußere Rettung ein Werk der Wiederherstellung in den Seelen des Volkes folgen. Ich möchte mich auch heute über diesen Punkt nicht bestimmt aussprechen. Im allgemeinen bin ich jedoch geneigt zu denken, dass die gläubigen Israeliten in diesem Psalm den Genuss der Gunst Gottes erwarten, die zwischen ihnen und Gott bestehen soll, wenn sie von allen ihren Feinden erlöst sind und ihnen gerade dadurch das Bewusstsein der Vergebung zuteil geworden ist. Die drei ersten Verse stellen also als Grundlage hin, dass Gott Seinem Lande Gunst erzeigt und die Gefangenschaft Jakobs gewendet hat. Das ist die große, allgemein bekannte Wahrheit. In Vers 4 jedoch bedarf das wiederhergestellte Volk einer anderen Segnung in der Wirklichkeit Seines eigenen Verhältnisses zu Gott. „Führe uns zurück, Gott unseres Heils.“ Jehova ist der Gott ihres Heils; aber sie bedürfen Seiner Segnung inmitten des Landes. Sie wollen, dass Sein Volk sich in Ihm erfreue. Wie wahr ist das oft betreffs einer Seele, die weiß, dass ihr vergeben ist! Sie wartet auf die Güte und das Heil Jehovas, indem sie so in Seiner Gunst wiederhergestellt ist, und horcht, was Gott-Jehova reden wird; denn die Treuen rechnen auf Seine Güte. Er wird Frieden reden zu seinem Volke (das ist ihr öffentlicher Charakter) und zu Seinen Frommen, dem Überrest, der den Frieden genießen soll. Der Glaube hat dann auf alle Weise die Gewissheit, dass Gottes Heil nahe ist denen, die ihn fürchten, dass die Herrlichkeit Jehovas im Lande wohnen kann.
Die letzten Verse besingen in bemerkenswerten Ausdrücken die göttlichen Grundsätze, auf denen die Segnungen Israels dereinst errichtet sein werden. Gottes Güte und Wahrheit sind sich begegnet. Seine Verheißungen, die stets wahr sind, sind nun durch Gnade erfüllt worden. Es ist beachtenswert, dass in den Psalmen die Güte und Gnade stets der Gerechtigkeit und Wahrheit vorangehen. Denn Israel hat, indem es den Herrn verwarf, jedes Anrecht auf die Verheißung verwirkt, ist völlig in Verschuldung gekommen, besitzt keine Gerechtigkeit, auf die es sich stützen könnte, und ist in den Unglauben eingeschlossen, damit es auch ein Gegenstand unvermischter Gnade werde. Nun aber sind diese Verheißungen durch das Werk Christi in Erfüllung gegangen, und Güte und Wahrheit sind sich begegnet. Doch das ist noch nicht alles. Jehova ist ihre Gerechtigkeit durch Gnade; und daher ist die Gerechtigkeit Friede für sie geworden; das was im Gericht ihr Verderben gewesen wäre, ist unter der Gnade ihr Friede - Gerechtigkeit und Friede haben sich geküsst. Ich brauche wohl kaum zu sagen, wie wahr diese Grundsätze für jeden Sünder im Blick auf noch bessere und himmlische Segnungen sind; hier werden sie auf irdische angewandt. „Wahrheit wird sprossen aus der Erde“, das heißt, die volle Frucht und Wirkung der Wahrheit und Treue Gottes werden sich in Segnungen, in vollen Segnungen auf der Erde offenbaren. Doch das hat nicht seinen Grund in einer Gerechtigkeit, die der Mensch auf einem gesetzlichen Wege hienieden zustande gebracht hat. Die Gerechtigkeit schaut vom Himmel hernieder. Es ist Gottes Gerechtigkeit; Jehova ist ihre Gerechtigkeit. Aber gerade das macht sie fest und sicher. Jehova gibt das Gute, und das Land ist gesegnet. Gerechtigkeit bezeichnet den Pfad des Segens für Jehova, ja, Ihn Selbst im Lande, das natürlich Sein Land ist. Doch wird Seine Herrschaft so gekennzeichnet sein. „Ein König wird regieren in Gerechtigkeit“ - es wird keine Bedrückung mehr geben. Nicht mehr wird das Recht zurückgedrängt sein und die Wahrheit auf dem Markte straucheln, wie es in Jes 59,14 heißt; nein, das Gericht ist zu ihr zurückgekehrt, und die Regierung trägt diesen Charakter: „Das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit Ruhe und Sicherheit ewiglich“ (Jes 32,17). Dies letztere wird sicher praktisch so sein, doch ist es die Folge davon, dass die Gerechtigkeit vom Himmel hernieder geschaut hat, ja, dass sie auf der Erde errichtet ist (vgl. Ps 72,1-7, wo dieser Zustand beschrieben wird).