Behandelter Abschnitt Ps 86
Psalm 86 enthält das demütige und doch vertrauensvolle und zuversichtliche Gebet einer Seele, die sich ihrer frommen Gefühle gegen Jehova bewusst ist und auf die Ergebnisse der Verbindung mit Ihm wartet. Von Psalm 84 an finden wir immer wieder „Jehova“, was darin seinen Grund hat, dass der Überrest fühlt, dass er in diesen Bundesbeziehungen steht, obwohl der volle Segen im Lande noch nicht gekommen ist. Er befindet sich noch in Trübsal, denn das Volk ist weder erwacht, noch in seine Bundessegnungen im Lande eingeführt.
Unser Psalm enthält drei Bitten. In Vers 1 lesen wir: „Neige, Jehova, dein Ohr und erhöre mich!“ Der Bittende wendet sich an Jehova, damit Er dem Gebet in Gnaden Sein Ohr leihen möge. Dann in Vers 6, dass Er horchen möge auf die Stimme seines Flehens; das heißt, der Bittende erwartet, dass seine Bitte gewährt werde. Und drittens fleht er in Vers 11 zu Jehova, dass Er ihn den Weg der Wahrheit lehren möge. Sodann erkennt der Überrest die Erbarmungen Gottes in dem schrecklichen Kampf, in dem er sich befindet, an: aber er, der so schreit, wartet noch auf Gottes Eingreifen zu seinen Gunsten, damit seine Hasser beschämt werden, weil Jehova ihm geholfen und ihn getröstet hat. Wie lässt die Lage des Überrestes, gleich der Geschichte Hiobs, den großen Kampf zwischen der Macht Satans und der göttlichen Rettung hervortreten! Aber in diesem Kampf erkennt die gottesfürchtige Seele, so tief sie auch geführt werden mag, an, dass Jehova die Quelle von allem ist, obwohl ihre Füße beim Anblick der Wohlfahrt der Gesetzlosen nahe daran sein mögen, auszugleiten. Dieser Psalm ist nicht der Ausdruck der Klage oder der bitteren Herzensbetrübnis, sondern das Flehen einer Seele, die zwar arm und bedürftig ist, aber den Trost der Güte Jehovas geschmeckt hat.
Man beachte den Unterschied zwischen den Namen Gottes: Herr (Adonai) und Jehova. Jehova ist, wie schon wiederholt bemerkt, der Bundesname, den Gott in unveränderlicher Treue Israel gegenüber angenommen hat; Adonai dagegen bezeichnet jemanden, der Macht an sich genommen hat und der gegenüber denen, die Ihn anrufen, als Herr dasteht. Darum erkennen wir tatsächlich Christum in dieser Stellung uns gegenüber an: Er ist „unser Herr Jesus Christus“. So wird es auch bei den Juden sein; indes wird es nicht eher völlig geschehen, als bis sie Ihn sehen werden. Dieser Adonai ist Elohim (Gott). Tod und menschliche Gewalt stehen vor den Augen der Gottesfürchtigen; doch haben sie zugleich den Trost eines von ihnen gekannten Jehova als Stütze. Sie hatten Rettung gefunden; aber sie war noch nicht vollständig hinsichtlich der Segnung. Der Psalm ist seinem wesentlichen Inhalt nach die fromme Berufung des ins Land zurückgekehrten treuen Überrestes auf Jehova; und im allgemeinen kann man sagen, dass er Gefühlen und einer Stellung Ausdruck gibt, in die Christus völlig eingetreten ist, wenngleich er nicht unmittelbar auf Ihn angewandt werden kann.