Hermann Menge (1841-1939)
Versliste
In jener Stunde traten die Jünger zu Jesus mit der Frage: „Wer ist denn der Größte im Himmelreich?“
Da rief er ein Kind herbei, stellte es mitten unter sie
und sagte: „Wahrlich ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, so werdet ihr nimmermehr ins Himmelreich eingehen.
Wer sich demnach so erniedrigt (= demütig unter andere stellt) wie dieses Kind hier, der ist der Größte im Himmelreich;
und wer ein einziges solches Kind auf meinen Namen hin (oder: um meines Namens willen) aufnimmt, der nimmt mich auf.“
„Wer aber einen von diesen Kleinen (oder: geringen Leuten), die an mich glauben, ärgert (oder: zum Bösen verführt), für den wäre es das beste, dass ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er ins Meer versenkt würde, wo es am tiefsten ist.
Wehe der Welt um der Ärgernisse (oder: Verführungen) willen! Wohl müssen die Verführungen kommen; doch wehe dem Menschen, durch den das Ärgernis (oder: die Verführung) kommt!
Wenn nun deine Hand oder dein Fuß dich ärgert (oder: zum Bösen verführen will), so haue sie ab und wirf sie von dir! Es ist besser für dich, verstümmelt oder lahm ins Leben einzugehen, als dass du beide Hände oder beide Füße hast und in das ewige Feuer geworfen wirst.
Und wenn dein Auge dich ärgert (oder: zum Bösen verführen will), so reiße es aus und wirf es von dir! Es ist besser für dich, einäugig ins Leben einzugehen, als dass du beide Augen hast und ins Feuer der Hölle geworfen wirst.
Sehet zu, dass ihr keinen von diesen Kleinen geringschätzt! Denn ich sage euch: Ihre Engel (= Schutzengel) im Himmel schauen allezeit das Angesicht meines himmlischen Vaters.
[Denn der Menschensohn ist gekommen, das Verlorene zu retten.]“
„Was meint ihr wohl? Wenn jemand hundert Schafe besitzt und eins von ihnen sich verirrt: wird er da nicht die neunundneunzig auf den Bergen zurücklassen und hingehen, um das verirrte zu suchen?
Und wenn es ihm gelingt, es zu finden, wahrlich ich sage euch: Er freut sich über dieses (eine) mehr als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrt hatten.
Ebenso ist es auch der Wille eures himmlischen Vaters, dass keiner von diesen Kleinen verlorengehen soll.“
„Wenn dein Bruder sich verfehlt, so gehe hin und halte es ihm unter vier Augen vor. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen;
hört er aber nicht, so nimm noch einen oder zwei (Brüder) mit dir, damit jede Sache (oder: der ganze Sachverhalt) auf Grund der Aussagen von zwei oder drei Zeugen festgestellt wird (5.Mose 19,15).
Will er auf diese (Brüder) nicht hören, so teile es der Gemeinde (16,18) mit; will er auch auf die Gemeinde nicht hören, so gelte er dir wie ein Heide und ein Zöllner. –
Wahrlich ich sage euch: Alles, was ihr auf der Erde bindet (vgl. 16,19), wird auch im Himmel gebunden sein; und was ihr auf der Erde löst, wird auch im Himmel gelöst sein. –
Weiter sage ich euch: Wenn zwei von euch auf Erden eins werden, um irgend etwas zu bitten, so wird es ihnen von meinem himmlischen Vater zuteil werden;
denn wo zwei oder drei auf meinen Namen hin (oder: in meinem Namen) versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“
Hierauf trat Petrus an ihn heran und fragte ihn: „Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich vergeht? Bis zu siebenmal?“
Da antwortete ihm Jesus: „Ich sage dir: Nicht bis zu siebenmal, sondern bis siebenzigmal siebenmal (d.h. siebenundsiebzigmal; vgl. 1.Mose 4,24).
Darum ist das Himmelreich einem Könige vergleichbar, der mit seinen Knechten (= Dienern oder Beamten) abrechnen wollte.
Als er nun mit der Abrechnung begann, wurde ihm einer vorgeführt, der ihm zehntausend Talente schuldig war.
Weil er nun diese Schuld nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, man solle ihn samt Weib und Kindern und seinem gesamten Besitz verkaufen und so Ersatz (oder: Bezahlung) schaffen.
Da warf sich der Knecht vor ihm zur Erde nieder und bat ihn mit den Worten: ‚Habe Geduld mit mir: ich will dir alles bezahlen.‘
Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht; er gab ihn frei, und die Schuld erließ er ihm auch.
Als aber dieser Knecht (aus dem Hause des Herrn) hinausgegangen war, traf er einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare schuldig war; den ergriff er, packte ihn an der Kehle und sagte zu ihm: ‚Bezahle, wenn du etwas schuldig bist!‘
Da warf sich sein Mitknecht vor ihm nieder und bat ihn mit den Worten: ‚Habe Geduld mit mir: ich will dir’s bezahlen!‘
Er wollte aber nicht, sondern ging hin und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt hätte.
Als nun seine Mitknechte sahen, was da vorgegangen war, wurden sie sehr ungehalten; sie gingen hin und berichteten ihrem Herrn den ganzen Vorfall.
Da ließ sein Herr ihn vor sich rufen und sagte zu ihm: ‚Du böser (= nichtswürdiger) Knecht! Jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich darum batest;
hättest du da nicht auch Erbarmen mit deinem Mitknecht haben müssen, wie ich Erbarmen mit dir gehabt habe?‘
Und voller Zorn übergab sein Herr ihn den Folterknechten, bis er ihm seine ganze Schuld bezahlt hätte.
Ebenso wird auch mein himmlischer Vater mit euch verfahren, wenn ihr nicht ein jeder seinem Bruder von Herzen vergebt.“
Jesus aber sprach: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Darauf verteilten sie seine Kleidungsstücke unter sich, indem sie das Los darüber warfen (Ps 22,19);
„redet herzlich zu (meiner Stadt) Jerusalem und ruft ihr zu, dass ihr Kriegsdienst (oder: Frondienst = ihre Leidenszeit) ein Ende erreicht hat, weil ihre Schuld abgetragen ist, weil sie von der Hand des HERRN doppelte Strafe empfangen hat für alle ihre Sünden.“
Er rief dann seine zwölf Jünger herbei und verlieh ihnen Macht über die unreinen Geister, so dass sie diese auszutreiben und alle Krankheiten und jedes Gebrechen zu heilen vermochten.
Die Namen der zwölf Apostel (= Sendboten) aber sind folgende: Zuerst Simon, der auch Petrus (= Fels) heißt, und sein Bruder Andreas; sodann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes;
Philippus und Bartholomäus; Thomas und der Zöllner Matthäus; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Lebbäus (mit dem Beinamen Thaddäus);
Simon, der Kananäer (= der Eiferer; Lk 6,15) und Judas, der Iskariote (d.h. Mann aus Kariot), derselbe, der ihn verraten hat.
Diese Zwölf sandte Jesus aus, nachdem er ihnen folgende Weisungen gegeben hatte: „Den Weg zu den Heidenvölkern schlagt nicht ein und tretet auch in keine Samariterstadt ein,
geht vielmehr (nur) zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
Auf eurer Wanderung predigt: ‚Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!‘
Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus: umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst sollt ihr’s auch weitergeben!
Sucht euch kein Gold, kein Silber, kein Kupfergeld in eure Gürtel zu verschaffen,
nehmt keinen Ranzen (oder: keine Reisetasche) mit auf den Weg, auch nicht zwei Röcke (oder: Unterkleider), keine Schuhe und keinen Stock, denn der Arbeiter ist seines Unterhalts (= der Ernährung) wert.
Wo ihr in eine Stadt oder ein Dorf eintretet, da erkundigt euch, wer dort würdig sei (euch zu beherbergen), und bei dem bleibt, bis ihr weiterzieht.
Beim Eintritt in das Haus entbietet ihm den Friedensgruß,
und wenn das Haus es verdient, soll der Friede, den ihr ihm gewünscht habt, ihm auch zuteil werden; ist es dessen aber nicht würdig, so soll euer ihm gewünschter Friede zu euch zurückkehren.
Wo man euch nicht aufnimmt und euren Worten kein Gehör schenkt, da geht aus dem betreffenden Hause oder Orte hinaus und schüttelt den Staub von euren Füßen ab!
Wahrlich ich sage euch: Dem Lande Sodom und Gomorrha wird es am Tage des Gerichts erträglicher ergehen als einer solchen Stadt!
Bedenket wohl: ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe; darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben!“
„Nehmt euch aber vor den Menschen in acht! Denn sie werden euch vor die Gerichtshöfe stellen und in ihren Synagogen euch geißeln;
auch vor Statthalter und Könige werdet ihr um meinetwillen geführt werden, um Zeugnis vor ihnen und den Heidenvölkern abzulegen.
Wenn man euch nun (den Gerichten) überliefert, so macht euch keine Sorge darüber, wie oder was ihr reden sollt; denn es wird euch in jener Stunde eingegeben werden, was ihr reden sollt;
nicht ihr seid es ja, die dann reden, sondern der Geist eures Vaters ist es, der in euch redet.
Es wird aber ein Bruder den Bruder zum Tode überliefern und ein Vater den Sohn, und Kinder werden gegen ihre Eltern auftreten und sie zum Tode bringen (Mi 7,6),
und ihr werdet allen um meines Namens willen verhasst sein; wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird errettet werden.
Wenn man euch aber in der einen Stadt verfolgt, so flieht in eine andere; denn wahrlich ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels noch nicht zu Ende sein, bis der Menschensohn (Dan 7,13-14) kommt. –
Ein Jünger (= Schüler) steht nicht über seinem Meister (= Lehrer) und ein Knecht nicht über seinem Herrn;
ein Jünger muss zufrieden sein, wenn es ihm ergeht wie seinem Meister, und ein Knecht, (wenn es ihm ergeht) wie seinem Herrn. Haben sie den Hausherrn Beelzebul (= Satan; vgl. 2.Kön 1,2) genannt, wieviel mehr werden sie das bei seinen Hausgenossen tun!“
„Fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, das nicht enthüllt werden wird, und nichts verborgen, das nicht bekannt werden wird.
Was ich euch im Dunkel (= Geheimen) sage, das sprecht im Licht (= öffentlich) aus, und was ihr (von mir) ins Ohr geflüstert hört, das ruft auf den Dächern aus!
Fürchtet euch dabei nicht vor denen, die wohl den Leib töten, aber die Seele nicht zu töten vermögen; fürchtet euch vielmehr vor dem, der die Macht hat, sowohl die Seele als den Leib in der Hölle zu verderben! –
Kosten nicht zwei Sperlinge beim Einkauf nur ein paar Pfennige? Und doch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne den Willen eures Vaters.
Bei euch aber sind auch die Haare auf dem Haupte alle gezählt.
Darum fürchtet euch nicht! Ihr seid mehr wert als viele Sperlinge. –
Jeder nun, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem himmlischen Vater bekennen;
wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem himmlischen Vater verleugnen.“
„Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen! Nein, ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert (= Krieg).
Denn ich bin gekommen, ‚um den Sohn mit seinem Vater, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter zu entzweien,
und die eigenen Hausgenossen werden einander feindselig gegenüberstehen‘ (Mi 7,6).
Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert;
und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert. –
Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es finden.“
„Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.
Wer einen Propheten aufnimmt, eben weil er ein Prophet heißt, der wird dafür den Lohn eines Propheten empfangen; und wer einen Gerechten aufnimmt, eben weil er ein Gerechter heißt, der wird dafür den Lohn eines Gerechten empfangen;
und wer einem von diesen geringen Leuten seines Namens wegen, weil er ein Jünger heißt, auch nur einen Becher frischen Wassers zu trinken gibt – wahrlich ich sage euch: Es soll ihm nicht unbelohnt bleiben!“
Da traten die Pharisäer und Sadduzäer zu ihm heran, um ihn auf die Probe zu stellen, und sprachen den Wunsch gegen ihn aus, er möchte sie ein Wunderzeichen vom Himmel her sehen lassen.
Er aber antwortete ihnen: „Am Abend sagt ihr: ‚Es gibt schönes Wetter, denn der Himmel ist rot‘;
und frühmorgens: ‚Heute gibt es Regenwetter, denn der Himmel ist rot und trübe.‘ Das Aussehen des Himmels versteht ihr zu beurteilen, die Wahrzeichen der Zeit aber nicht.
Ein böses und ehebrecherisches (= von Gott abtrünniges) Geschlecht verlangt ein Zeichen; doch es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als nur das Zeichen des (Propheten) Jona.“ Mit diesen Worten ließ er sie stehen und ging weg.
Als die Jünger dann an das jenseitige Ufer des Sees kamen, hatten sie vergessen, Brote mitzunehmen.
Da sagte Jesus zu ihnen: „Gebt acht und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“
Sie erwogen nun im Gespräch untereinander: „(Das sagt er deshalb,) weil wir keine Brote mitgenommen haben.“
Als Jesus das merkte, sagte er: „Ihr Kleingläubigen! Was macht ihr euch Gedanken darüber, dass ihr keine Brote (mitgenommen) habt?
Besitzt ihr immer noch kein Verständnis, und denkt ihr nicht an die fünf Brote für die Fünftausend und wie viele Körbe voll ihr noch gesammelt habt?
Auch nicht an die sieben Brote für die Viertausend und wie viele Körbchen voll ihr noch aufgelesen habt?
Wie könnt ihr nur nicht begreifen, dass ich nicht von Broten zu euch geredet habe! Hütet euch aber vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“
Nun verstanden sie, dass er nicht hatte sagen wollen, sie sollten sich vor dem bei Broten verwendeten Sauerteig hüten, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer.
Als Jesus dann in die Gegend von Cäsarea Philippi gekommen war, fragte er seine Jünger: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“
Sie antworteten: „Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elia, noch andere für Jeremia oder sonst einen von den Propheten.“
Da fragte er sie weiter: „Ihr aber – für wen haltet ihr mich?“
Simon Petrus gab ihm zur Antwort: „Du bist Christus (= der Messias; vgl. 1,16), der Sohn des lebendigen Gottes!“
Da gab Jesus ihm zur Antwort: „Selig bist du (zu preisen), Simon, Sohn des Jona, denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater droben im Himmel.
Und nun sage auch ich dir: Du bist Petrus (Fels, d.h. Felsenmann), und auf diesem Felsen will ich meine Gemeinde (18,17) erbauen, und die Pforten des Totenreiches sollen sie nicht überwältigen.
Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben, und was du auf der Erde bindest, das soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf der Erde lösest, das soll auch im Himmel gelöst sein!“
Hierauf gab er den Jüngern die strenge Weisung, sie sollten es niemand sagen, dass er Christus (= der Messias) sei.
Von da an begann Jesus seine Jünger darauf hinzuweisen, dass er nach Jerusalem gehen und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden müsse, und dass er getötet und am dritten Tage auferweckt werden müsse.
Da nahm Petrus ihn beiseite und begann auf ihn einzureden mit den Worten: „Herr, das verhüte Gott! Nimmermehr darf dir das widerfahren!“
Er aber wandte sich um und sagte zu Petrus: „Mir aus den Augen, Satan! (Tritt) hinter mich! Ein Fallstrick (oder: Anstoß, Ärgernis) bist du für mich, denn deine Gedanken sind nicht auf Gott, sondern auf die Menschen gerichtet.“
Damals sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Will jemand mein Nachfolger sein, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich: dann kann er mein Nachfolger sein.
Denn wer sein Leben retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es finden (oder: gewinnen).
Denn was könnte es einem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber sein Leben (oder: seine Seele) einbüßte? Oder was könnte ein Mensch als Gegenwert (= Kaufpreis oder Lösegeld) für sein Leben (oder: seine Seele) geben?
Denn der Menschensohn wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln kommen und dann einem jeden nach seinem Tun vergelten.
Wahrlich ich sage euch: Einige von denen, die hier stehen, werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn in seiner Königsherrschaft haben kommen sehen.“
Der Hohepriester fragte ihn nun: „Verhält sich dies so?“
Da antwortete Stephanus: „Werte Brüder und Väter, hört mich an! Der Gott der Herrlichkeit erschien unserm Vater Abraham, als er noch in Mesopotamien wohnte, bevor er sich in Haran niedergelassen hatte,
und gebot ihm: ‚Verlass dein Heimatland und deine Verwandtschaft und ziehe in das Land, das ich dir zeigen werde!‘ (1.Mose 12,1)
Da wanderte er aus dem Lande der Chaldäer aus und ließ sich in Haran nieder. Von dort ließ Gott ihn dann nach dem Tode seines Vaters in dieses Land hier übersiedeln, das ihr noch jetzt bewohnt;
doch gab er ihm keinen festen Besitz darin, auch nicht einen Fuß breit, verhieß ihm jedoch, er wolle es ihm und seiner Nachkommenschaft späterhin zum Eigentum geben, obgleich er damals noch kein Kind hatte.
So lauteten aber Gottes Worte: ‚Seine Nachkommen werden als Beisassen in einem fremden Lande ansässig sein, wo man sie vierhundert Jahre lang knechten und misshandeln wird;
doch das Volk, dem sie als Knechte dienen werden, will ich richten‘, sagte Gott; ‚und hierauf werden sie ausziehen und mir an dieser Stätte dienen.‘ (1.Mose 15,13-14; 2.Mose 3,12)
Dann gab Gott ihm den Bund der Beschneidung, und so wurde Abraham der Vater Isaaks, den er am achten Tage beschnitt; Isaak wurde dann der Vater Jakobs und Jakob der Vater der zwölf Erzväter.
Weil dann aber die Erzväter auf Joseph neidisch wurden, verkauften sie ihn nach Ägypten; doch Gott war mit ihm
und rettete ihn aus allen seinen Bedrängnissen und verlieh ihm Gnade und Weisheit vor dem Pharao, dem ägyptischen König, der ihn zum Gebieter über Ägypten und über sein ganzes Haus einsetzte.
Da kam eine Hungersnot und große Drangsal über das ganze Land Ägypten und Kanaan, und unsere Väter hatten nichts zu essen.
Als aber Jakob erfuhr, dass in Ägypten Getreide zu haben sei, sandte er unsere Väter zum erstenmal hin.
Beim zweitenmal gab sich dann Joseph seinen Brüdern zu erkennen, und Josephs Herkunft wurde dem Pharao bekannt.
Joseph sandte dann hin und ließ seinen Vater Jakob und seine gesamte Verwandtschaft holen, im ganzen fünfundsiebenzig Seelen.
So zog denn Jakob nach Ägypten hinab, wo er starb und ebenso auch unsere Väter;
sie wurden nach Sichem überführt und in dem Grabe beigesetzt, das Abraham für eine Geldsumme von den Söhnen Hemors in Sichem gekauft hatte.“
„Je näher aber die Zeit der Verheißung kam, die Gott dem Abraham zugesagt hatte, desto mehr wuchs das Volk in Ägypten an und wurde zahlreich,
bis ein anderer König zur Regierung über Ägypten kam, der von Joseph nichts wusste.
Dieser verfuhr arglistig gegen unser Volk und misshandelte unsere Väter, so dass sie ihre neugeborenen Kinder aussetzen mussten, damit sie nicht am Leben bleiben sollten.
In dieser Zeit wurde Mose geboren und war ein ausnehmend schönes Kind; drei Monate lang wurde er im Elternhause aufgezogen,
und als man ihn dann ausgesetzt hatte, nahm ihn die Tochter Pharaos zu sich und erzog ihn für sich selbst zum Sohn.
So wurde denn Mose in aller Weisheit der Ägypter unterrichtet und war gewaltig in seinen Worten und Taten.
Als er aber volle vierzig Jahre alt geworden war, stieg das Verlangen in ihm auf, sich einmal nach seinen Brüdern, den Israeliten, umzusehen;
und als er einen von ihnen sah, dem Unrecht geschah, leistete er ihm Beistand und verschaffte dem Misshandelten Genugtuung, indem er den Ägypter erschlug.
Dabei war er der Meinung, seine Volksgenossen würden zu der Einsicht kommen, dass Gott ihnen durch seine Hand Rettung schaffen würde; doch sie erkannten es nicht.
Am folgenden Tage kam er gerade dazu, als zwei von ihnen einen Streit miteinander hatten; da wollte er sie versöhnen, damit sie Frieden hielten, indem er sagte: ‚Ihr Männer, ihr seid doch Brüder: warum tut ihr einander unrecht?‘
Der aber, welcher seinem Genossen unrecht tat, stieß ihn zurück mit den Worten: ‚Wer hat dich zum Oberhaupt und Richter über uns eingesetzt?
Willst du mich etwa ebenso erschlagen, wie du gestern den Ägypter erschlagen hast?‘ (2.Mose 2,14-15)
Um dieses Wortes willen ergriff Mose die Flucht und lebte als Fremdling im Lande Midian, wo ihm zwei Söhne geboren wurden.
Als dann wieder volle vierzig Jahre vergangen waren, erschien ihm in der Wüste des Berges Sinai ein Engel in der Feuerflamme eines Dornbusches.
Als Mose das sah, verwunderte er sich über die Erscheinung; als er aber näher hinzutrat, um genauer zuzusehen, erscholl die Stimme des Herrn:
‚Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.‘ (2.Mose 3,6) Da begann Mose zu zittern und wagte nicht, genauer hinzusehen.
Der Herr aber sagte zu ihm: ‚Ziehe dir die Schuhe ab von den Füßen; denn die Stätte, auf der du stehst, ist heiliges Land.
Ich habe die Misshandlung meines Volkes in Ägypten gesehen und ihr Seufzen gehört; darum bin ich herabgekommen, sie zu erretten. Und jetzt komm: ich will dich nach Ägypten senden!‘ (2.Mose 2,24; 3,7.10)
Diesen Mose, den sie verleugnet (oder: zurückgewiesen) hatten, als sie sagten: ‚Wer hat dich zum Oberhaupt und Richter (über uns) gesetzt?‘, eben diesen hat Gott als Oberhaupt und Erlöser gesandt durch die Vermittlung des Engels, der ihm im Dornbusch erschienen war.
Dieser ist es auch, der sie (aus dem Lande) weggeführt hat, indem er Wunder und Zeichen im Lande Ägypten und am Roten Meer sowie vierzig Jahre lang in der Wüste tat.
Dieser Mose ist es, der zu den Israeliten gesagt hat: ‚Einen Propheten wie mich wird Gott euch aus euren Volksgenossen erwecken.‘ (5.Mose 18,15)
Dieser ist es, der bei der Gemeindeversammlung in der Wüste Vermittler gewesen ist zwischen dem Engel, der auf dem Berge Sinai zu ihm redete, und zwischen unsern Vätern, derselbe, der lebendige Worte empfing, um sie uns mitzuteilen.
Doch unsere Väter wollten ihm nicht gehorsam sein; vielmehr stießen sie ihn von sich und sehnten sich nach Ägypten zurück
und sagten zu Aaron: ‚Mache uns Götter, die vor uns herziehen sollen! Denn von diesem Mose, der uns aus dem Lande Ägypten herausgeführt hat, wissen wir nicht, was aus ihm geworden ist.‘ (2.Mose 32,1)
So machten sie sich denn damals ein Stierbild, brachten diesem Götzen Opfer dar und hatten ihre Freude an den Werken (oder: an dem Machwerk) ihrer Hände.
Da wandte Gott sich von ihnen ab und gab sie dahin, dass sie dem Sternenheer des Himmels dienten (= Anbetung erwiesen), wie im Buch der Propheten geschrieben steht (Am 5,25-27): ‚Habt ihr etwa mir Schlachttiere und Opfergaben während der vierzig Jahre in der Wüste dargebracht, ihr vom Hause Israel?
Nein, das Zelt des Moloch und das Sternbild des Gottes Rephan (oder: Romphan) habt ihr getragen, die Götzenbilder, die ihr zur Anbetung angefertigt hattet; darum werde ich euch über Babylon hinaus (in die Verbannung) wegführen lassen.‘“
„Die Hütte des Zeugnisses (= die Stiftshütte) hatten unsere Väter in der Wüste so, wie Gott es angeordnet hatte, als er dem Mose gebot, sie nach dem Vorbild, das er gesehen hatte, herzustellen.
Diese (Hütte) haben unsere Väter dann auch übernommen und sie unter Josua in das Gebiet der Heidenvölker gebracht, die Gott vor den Augen unserer Väter vertrieb; (und so blieb es) bis zur Zeit Davids.
Dieser fand Gnade vor Gott und erbat es sich als Gunst, eine Wohnung für den Gott Jakobs zu finden (= errichten zu dürfen; Ps 132,5).
Aber erst Salomo hat ihm ein Haus erbaut.
Doch der Höchste wohnt nicht in einem Bau, der von Menschenhand hergestellt ist, wie der Prophet sagt (Jes 66,1-2):
‚Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße. Was für ein Haus wäre es, das ihr mir bauen könntet?‘ – sagt der Herr – ‚oder welches wäre die Stätte der Ruhe für mich?
Hat nicht meine Hand dies ganze Weltall geschaffen?‘“
„O ihr Halsstarrigen und an Herz und Ohren Unbeschnittenen! Immerfort widerstrebt ihr dem heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr.
Wo ist ein Prophet gewesen, den eure Väter nicht verfolgt haben? Und so haben sie auch die getötet, welche das Kommen des Gerechten vorausverkündigt haben, an dem ihr jetzt zu Verrätern und Mördern geworden seid.
Auf Anordnung (oder: durch Vermittlung) von Engeln habt ihr das Gesetz empfangen und es doch nicht gehalten!“
Als sie das hörten, ging es ihnen wie ein Stich durchs Herz, und sie knirschten mit den Zähnen gegen ihn.
Er aber, voll heiligen Geistes, blickte fest (oder: unverwandt) zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen
und rief aus: „Ich sehe die Himmel aufgetan und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen!“
Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn los;
dann stießen sie ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Dabei legten die Zeugen ihre Obergewänder (oder: Mäntel) ab zu den Füßen eines jungen Mannes mit Namen Saulus
und steinigten den Stephanus, der betend ausrief: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“
Alsdann auf die Knie niedergesunken, rief er noch laut aus: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ Nach diesen Worten gab er seinen Geist auf.