Behandelter Abschnitt Heb 1,2-3
Eine siebenfältige Betrachtung der Herrlichkeit Christi (V. 2.3)
Heb 1,2.3: 2 … den er gesetzt hat zum Erben aller Dinge, durch den er auch die Welten gemacht hat; 3 welcher, die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Abdruck seines Wesens seiend und alle Dinge durch das Wort seiner Macht tragend, nachdem er [durch sich selbst] die Reinigung von den Sünden bewirkt, sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe.
Wie bereits erwähnt, besteht der Zweck dieses Einschubes darin, die Herrlichkeit und Größe Christi hervorzuheben. Deshalb beginnt der Schreiber nun, Ihm viele wunderbare göttliche Eigenschaften zuzuschreiben und Ihn als den Sohn Gottes gleichsam von allen andern abzuheben. Sieben Besonderheiten werden aufgezählt, die seine Erhabenheit aufzeigen über alle Propheten, die je gelebt und für Gott gesprochen haben.
Der Erbe aller Dinge
Als Sohn wurde Er erstens „zum Erben aller Dinge“ gesetzt (Heb 1,2). Das Erbe ist alles, was geschaffen ist. Diese einfache Aussage sagt uns, dass alles Ihm gehört! Keinem Propheten, wie bedeutend er auch gewesen sein mag, wurde jemals solches gegeben. Das unterscheidet den Sohn unmittelbar von allen Propheten. Wenn Christus sich an einem zukünftigen Tag erheben wird, um den erworbenen Besitz zu erlösen (Eph 1,14), wird Er ihn mit uns teilen, denn wir sind „Erben Gottes und Miterben Christi“, und dann werden wir zusammen über den Besitz herrschen (Röm 8,17; 1Kor 3,21.22). Aber darauf will der Schreiber gar nicht hinaus – seine Betonung liegt auf Christus, der würdig ist, das Erbe zu haben aufgrund dessen, wer Er ist.
Der Schöpfer des Universums
Zweitens ist Er der, „durch den er {Gott} auch die Welten gemacht hat“ (Heb 1,2). (Die „Welten“ ist ein jüdischer Ausdruck für das Universum; siehe die Fußnote in der engl. Darby-Übersetzung: „worlds = a Jewish expression, meaning ‘the universe’.“). Noch einmal: Ein Prophet mag in seinen Mitteilungen an das Volk auf die Schöpfungswerke Gottes hinweisen; aber er würde es nie wagen, sich als Schöpfer zu bezeichnen. Die Tatsache, dass Christus das Universum erschaffen hat (Joh 1,3; Kol 1,15.16), zeugt von seiner Gottheit, denn die Schrift sagt eindeutig, dass Gott die Himmel und die Erde geschaffen hat (1Mo 1,1).
Die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit
Drittens ist Christus „die Ausstrahlung“ oder der Abglanz der Herrlichkeit Gottes (Heb 1,3). Somit ist Er der große Offenbarer Gottes (Joh 1,18). Eindeutig ist das mehr als das Zeugnis, das ein Prophet von Gott gibt. Hier geht es um die tatsächliche Ausstrahlung von Gott selbst; etwas, was nur einer göttlichen Person zugeschrieben werden kann. Alle moralischen und geistlichen Eigenschaften Gottes strahlen aus in Ihm. Es ist nicht nur ein bloßes Abstrahlen, wie Mose die Herrlichkeit Gottes auf seinem Angesicht widerspiegelte, sondern die Eigenschaften Gottes selbst treten in Erscheinung. Hamilton Smith sagt:
Der Sohn hat sich uns in einer Weise genaht, die es uns ermöglicht, Gott in all seinen Eigenschaften geoffenbart zu sehen.2
Der Abdruck seines Wesens
Viertens ist Christus, der Sohn Gottes, nicht nur der Offenbarer Gottes – Er ist Gott (Heb 1,3)! Alle göttlichen Eigenschaften sind in Ihm selbst. Er ist der „Abdruck“ von Gottes „Wesen“. Es wäre Gotteslästerung von jedem Propheten, solche Eigenschaften für sich in Anspruch zu nehmen – und keiner hat es je gewagt.
Der Erhalter des Universums
Fünftens ist Christus, der Sohn Gottes, auch der Erhalter des Universums (Heb 1,3). Das heißt, Er ist der Grund, warum die ganze Schöpfung von Tag zu Tag bestehen bleibt und funktioniert. Somit ist Er nicht nur der Erbe „aller Dinge“ und der Schöpfer „aller Dinge“, sondern Er ist auch der Erhalter „aller Dinge“. Die Schrift sagt: „Alle Dinge bestehen durch ihn“ (Kol 1,17). Dies tut Er „durch das Wort seiner Macht“ (Ps 147,15-18; 148,8).
Der Reiniger von Sünden
Sechstens bewirkt Christus „durch sich selbst die Reinigung von den Sünden“ (Heb 1,3). Das heißt, Er hat das ganze Problem der Sünde gelöst, indem Er sich selbst geopfert hat. Als Folge wurde die Sünde richterlich vor Gott „abgeschafft“ (Heb 9,26), und eines Tages wird sie völlig aus der Schöpfung „weggenommen“ werden (Joh 1,29). Selbstverständlich hatte dies kein Prophet und kein Priester des mosaischen Systems getan und hätte es auch nie tun können. Diese alttestamentlichen Opfer am Versöhnungstag (3Mo 16) bedeuteten die Sühnung der Sünden des Volkes Jahr für Jahr (2Mo 30,10; 3Mo 16,34; Heb 9,7.25; 10,3). Weder konnten sie Sünde hinwegnehmen noch das Gewissen eines Gläubigen reinigen, wie es das vollkommene Opfer Christi tut (Heb 9,14; 10,1.2).3 Uns wird gesagt, dass Christus dies „durch sich selbst“ tat. J.N. Darby sagt:
Das griechische Zeitwort, das hier durch seine besondere Form einen rückbezüglichen Sinn erhält, lässt die geschehene Sache auf den, durch den sie geschah, sich zurück beziehen; die Herrlichkeit der geschehenen Sache strahlt also auf den zurück, der sie vollbracht hat, d.i. auf Christus.“4
Somit wurde das vollbrachte Werk Christi auf dem Kreuz von Ihm und für Ihn getan. Aber die Betonung in diesem Vers liegt nicht so sehr darauf, was Er getan hat – so groß wie das ist –, sondern darauf, wer es getan hat. Weiter kommentiert J.N. Darby:
Von der Reinigung unserer Sünden wird am Rande gesprochen und dann hören wir von seiner Herrlichkeit in der Höhe.5
Der Erhöhte zur Rechten Gottes
Siebtens ist der Herr, nachdem Er das Werk der Reinigung vollbracht hat, in den Himmel aufgefahren und hat sich gesetzt „zur Rechten der Majestät [Größe] in der Höhe“ (Heb 1,3). Kraft dessen, wer Er ist, konnte Er in das wahrhaftige Heiligtum in den Himmel eintreten und sich auf den Thron Gottes setzen! J.N. Darby kommentiert:
Er konnte sich auf den Thron Gottes setzen, ohne ihn zu verunreinigen.6
Satan als der „gesalbte Cherub“ versuchte, genau dasselbe zu tun, und wurde unmittelbar danach aus dem Himmel ausgestoßen (Jes 14,12-15; Hes 28,11-19). Aber als Christus zum Thron auffuhr, erhob sich der ganze Himmel, um Ihn mit Herrlichkeit und Ehre zu krönen (Heb 2,9). Als der, der Er war, konnte Er in die Gegenwart „der Majestät in der Höhe“ treten, vollkommen im Einklang mit der Herrlichkeit Gottes, die dort schien. Es war sein rechtmäßiger Platz, denn Er ist Gott! Kein Prophet wird jemals an einem solch erhöhten Ort sitzen. Christen sitzen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus (Eph 2,6), aber auch sie werden niemals zur Rechten Gottes sitzen. Dieser Platz steht Christus alleine zu. Er sitzt dort, weil Er ist, der Er ist.
Ich fasse die obigen Eigenschaften des Sohnes Gottes zusammen:
Er ist das Ende aller Geschichte – Er ist der „Erbe aller Dinge“.
Er ist der Beginn aller Geschichte – durch Ihn sind „die Welten gemacht“.
Er ist jenseits aller Geschichte – „die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit“ und „der Abdruck seines Wesens“.
Er ist durch die Geschichte hindurch – als der, der „alle Dinge durch das Wort seiner Macht trägt“.
Er ist das einmalige Opfer in der ganzen Geschichte – als Er „die Reinigung von den Sünden bewirkt hat“.
Er ist über der Geschichte – als sitzend „zur Rechten der Majestät in der Höhe“.
Christus sitzt zur Rechten Gottes in vierfacher Hinsicht
Es ist bedeutsam, dass Christus in diesem Brief viermal zur Rechten Gottes sitzend gesehen wird.
Als die Himmel für Stephanus geöffnet wurden, sah er „den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen“ (Apg 7,56). Der Herr stand zu diesem Zeitpunkt, weil den Juden immer noch Gelegenheit geboten wurde, Ihn als ihren Messias anzunehmen, obwohl sie Ihn schon abgelehnt und gekreuzigt hatten. Er stand dort, bereit, zur Erde zurückzukehren, um das Reich zu errichten, wie es in den alttestamentlichen Prophezeiungen vorhergesagt worden war, wenn sie Buße tun und sich bekehren würden (Apg 3,19.20).
Aber sie wollten Christus nicht haben und sandten Stephanus zum Himmel mit der Botschaft: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“ (Lk 19,14). Erst dann setzte Gott richterlich die Nation beiseite und begann eine neue Zeit in seinen Wegen mit den Nationen (Apg 15,14), um Gläubige aus ihnen herauszurufen, damit sie Teil an etwas vollkommen Neuem sind: an der Versammlung Gottes. Der Brief an die Hebräer, der einige Jahre nach der Steinigung des Stephanus geschrieben wurde, gibt uns noch einen Einblick in den Himmel, und wir sehen Christus nicht stehend, sondern sitzend zur Rechten Gottes.
Dies zeigt: Gott streckt sich nicht länger zu der Nation in Bundesverhältnissen aus, wie Er es einst tat. Die Möglichkeit, dass Christus auf die Erde zurückkehrt, um der Messias Israels zu sein und das Reich aufzurichten, wurde nun vorerst für eine unbestimmte Zeitspanne aufgeschoben.
Jesus steht immer noch, denn bis Israel das Zeugnis des Heiligen Geistes noch nicht verworfen hat, hat Er sich noch nicht endgültig gesetzt, um auf das Gericht über seine Feinde zu warten. Er blieb vielmehr in der Haltung eines Hohenpriesters, der steht […] Andererseits nimmt Christus endgültig seinen Platz im Himmel als sitzend ein, bis Er die Feinde richten wird, die nicht wollten, dass Er über sie herrsche. Denn die Juden taten das, was sie mit Jesus taten, auch in Bezug auf das Zeugnis des Heiligen Geistes, indem sie in Stephanus sozusagen einen Botschafter zu Ihm sandten und sprachen: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche.“ […] Das scheint mir der Grund zu sein, warum Er als stehend gesehen wird. Bis das Zeugnis des Heiligen Geistes für Israel von der Erhöhung Christi nicht endgültig auf der Erde verworfen worden war, hatte Christus noch nicht endgültig seinen Platz als auf immerdar (oder „auf ewig“ = eis to dienekes (Heb 10,12) sitzend auf dem himmlischen Thron eingenommen.7
Vier Gründe werden erwähnt, warum Christus zur Rechten Gottes sitzt:
Hebräer 1,3: Er sitzt dort aufgrund der Größe seiner Person – als Sohn Gottes.
Hebräer 8,1: Er sitzt dort aufgrund seines gegenwärtigen Dienstes der Fürsprache – als unser Hoherpriester.
Hebräer 10,12: Er sitzt dort, weil Er siegreich das Sühnungswerk vollbracht hat – als der große Erlöser.
Hebräer 12,2: Er sitzt dort, weil Er in Vollkommenheit auf dem Pfad des Glaubens gewandelt ist – als der Gegenstand unseres Glaubens.
Aus dem, was wir bis jetzt über die Größe Christi gesehen haben im Vergleich zu den Propheten in Israel, folgern wir: Es ist tatsächlich überhaupt kein Vergleich möglich, denn Er ist Gott in der Person des Sohnes. Christus ist eine unendliche Person, der Schöpfer und Erhalter des Universums, wohingegen die Propheten nur Menschen sind! Ja, selbst der größte aller Propheten sagte: „Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, dem den Riemen seiner Sandalen zu lösen ich nicht wert bin“ (Lk 3,16).
Christus ist erhabener als die Engel (Heb 1,4 - 2,18)
Der Schreiber macht nun weiter mit der zweiten Art von Boten in der
alten jüdischen Haushaltung: mit den Engeln. Die Nation Israel besitzt
eine reiche Geschichte von Begebenheiten, in denen Engel gewirkt hatten.
Die Juden hatten eine sehr hohe Sicht von diesem Dienst von Engeln und
sahen sich auch darin mit Recht von Gott bevorzugt. Sie nahmen an, dass,
wenn nun jemand das Judentum verließe, er sich auch von diesem
außergewöhnlichen Dienst zurückziehen würde. Der Schreiber zeigt jedoch,
dass das nicht wahr ist. Er deutet an, dass Engel auch denen dienen, die
an den Herrn Jesus Christus glauben (Heb 1,14). Ein kurzer Blick in die
Apostelgeschichte bestätigt das (