GOTT IST LEBEN
Die Welt überwinden (V. 1-5)
1Joh 5,1: Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus Gott geboren; und jeder, der den liebt, der geboren hat, liebt auch den, der aus ihm geboren ist
Dieser Vers knüpft an das Thema der letzten Verse des vorherigen Kapitels an, wo es heißt: „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, so ist er ein Lügner“ (1Joh 4,20).
Wer ist unser Bruder? Manche Menschen haben die Vorstellung, dass unsere Brüder diejenigen wären, die zufällig der gleichen Konfession angehören. Wenn ich einer bestimmten Gemeinderichtung angehöre, wären meine Brüder also diejenigen, die in eine Gemeinde der gleichen Prägung gehen. Mit anderen Worten: Wenn ich Methodist bin, sind meine Brüder Methodisten. Wenn ich Presbyterianer bin, sind meine Brüder Presbyterianer. Wenn ich Baptist bin, sind meine Brüder Baptisten. Unser armer Verstand neigt dazu, die Familie Gottes auf eine bestimmte Gemeinschaft zu beschränken. Aber in 1. Johannes 5,1 gibt der Herr selbst die Grenzen der Familie an, wenn er sagt: „Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus Gott geboren.“ Unsere Brüder sind diejenigen, die an irgendeinem Ort an den Herrn Jesus Christus glauben.
Die Aussage „Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist“ ist nicht nur eine verstandesmäßige Annahme der Tatsache, dass Christus der Sohn des lebendigen Gottes ist, sondern vielmehr ein echter, lebendiger Glaube – ein persönlicher Glaube an den Herrn Jesus als den Christus, den Gesalbten Gottes. Wenn du an Ihn glaubst, bist du aus Gott geboren. Alle, die an Ihn glauben, treten in diese Beziehung ein. Es kommt nicht darauf an, mit wem du dich zusammenschließt oder welche Gemeinde du besuchst, denn es gibt nur eine große Versammlung: den Leib Christi, den Gott selbst als seine Gemeinde anerkennt. Wenn wir von Gemeindezugehörigkeit sprechen, meinen wir in der Regel eine örtliche Gemeinschaft, aber wenn das Wort Gottes von Gemeindezugehörigkeit spricht, bezieht es sich auf die große Schar der Gläubigen, über die Christus das verherrlichte Haupt im Himmel ist. Jeder Gläubige gehört zu dieser Gemeinde. Zu unseren Brüdern gehört die ganze Gemeinde Gottes, und unsere Liebe muss sich auf sie alle erstrecken.
Es hat keinen Sinn, über die Liebe zum Vater zu reden, wenn man die Kinder des Vaters nicht liebt. Es hat keinen Sinn, dass wir über unsere Hingabe an den Herrn Jesus Christus reden, wenn wir nicht denen zugetan sind, für die Er gestorben ist. Liebe ist eine sehr reale und praktische Sache. Wir sprechen oft gefühlsmäßig davon, dass wir das Volk Gottes lieben, aber wie zeigen wir es? Welche Form nimmt unsere Liebe an? In der Schrift heißt es: „Die Liebe ist langmütig, ist gütig; die Liebe neidet nicht, die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf …, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles“ (1Kor 13,4.7).
Nimm einige dieser einfachen Aussagen und prüfe deine eigene Liebe, um herauszufinden, wo du stehst. Bist du neidisch auf jemand aus dem Volk Gottes? Wenn anderen Ehre zuteilwird, die dir nicht zuteilwird, freust du dich dann mit ihnen? Die Schrift sagt: „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; oder wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit“ (1Kor 12,26). Freut sich dein Herz darüber, wenn die Leute Gutes über andere sagen statt über dich? Bist du dankbar dafür, dass andere geehrt und gepriesen werden, auch wenn du selbst übergangen wirst? Echte Nächstenliebe führt genau zu diesem Ziel. Sie wird immer danach streben, andere an die erste Stelle zu setzen.
Die Liebe ist lebendig. Sie will dienen und hat Freude daran, zu dienen. Willst du dem Volk Gottes dienen, oder bist du jemand, der es liebt, bedient zu werden? Einige Christen wollen immer, dass andere etwas für sie tun, während andere Christen immer versuchen, etwas für andere zu tun. Die Menschen, die ständig auf der Suche nach Aufmerksamkeit sind, sind nie glücklich. Sie fühlen sich immer verletzt und beleidigt. Aber wie anders ist es bei denen, die die Liebe Christi zeigen! Jemand sagte einmal zu mir: „Wenn ich in diese und jene Gemeinde gehe, finde ich, dass sie sehr kalt ist. Ich sehe dort keine Liebe.“ Ich erwiderte: „Zeigst du jemals welche?“ Er sah mich an und sagte: „Nun, vielleicht nicht so viel, wie ich sollte.“ Neben ihm stand eine Frau, die dieselbe Gemeinde besuchte. „Wie findest du sie denn dort?“, fragte ich sie. „Sind sie kalt?“ – „Nun“, sagte sie, „ich denke, sie sind die liebevollste und warmherzigste Gruppe von Christen, die ich je gesehen habe.“ Sie zeigte ihnen Liebe und bekam Liebe zurück. Normalerweise findet man, wonach man sucht.
Vor einiger Zeit las ich von einem Mann, der einige Monate in Indien verbracht hatte. Als er zurückkam, unterhielt er sich mit einigen seiner Freunde über Indien, und das Gespräch kam auf die Missionsarbeit. Dieser Mann, der fünf Monate in Indien verbracht hatte, sagte: „Ich habe keine Verwendung für Missonswerke und Missionare. Ich war fünf Monate dort und habe nicht gesehen, dass sie irgendetwas getan hätten. Tatsächlich habe ich in dieser ganzen Zeit nie einen Missionar getroffen. Ich denke, die Gemeinde verschwendet ihr Geld für die Missionsarbeit.“ Ein ruhiger alter Herr meldete sich zu Wort und fragte: „Verzeihung, wie lange, sagtest du, warst du in Indien?“ – „Fünf Monate.“ – „Was hat dich dorthin geführt?“ – „Ich war auf der Jagd nach Tigern.“ – „Und hast du irgendwelche Tiger gesehen?“ – „Jede Menge.“ – „Es ist schon merkwürdig“, sagte der alte Herr, „aber ich habe dreißig Jahre in Indien verbracht und in dieser Zeit nie einen Tiger gesehen, dafür aber Hunderte von Missionaren. Du bist nach Indien gegangen, um Tiger zu jagen, und du hast sie gefunden. Ich bin nach Indien gegangen, um Missionsarbeit zu leisten, und habe viele andere Missionare getroffen.“
Liebe ist eine praktische Sache: „Jeder, der den liebt, der geboren hat, liebt auch den, der aus ihm geboren ist.“ Die Schrift sagt auch: „Liebe deckt alle Übertretungen zu“ (Spr 10,12), und: „Die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden“ (1Pet 4,8). […] Diese Verse bedeuten, dass du, wenn du weißt, dass dein Bruder oder deine Schwester versagt hat – wenn du von einer Sünde weißt, sogar von einer schweren Sünde, die in ihr Leben getreten ist –, dies niemand außer Gott gegenüber erwähnst. Wenn du sie wirklich liebst, gehst du zuerst zu ihnen und versuchst, ihnen zu helfen. „Liebe deckt alle Übertretungen zu.“ Du wirst niemals ein Schwätzer sein. Du wirst niemals ein Klatschmaul sein. Du wirst nie gegen deinen Bruder lästern. Wenn du von etwas Falschem weißt, wirst du zu Gott gehen und es Ihm sagen. Wenn du mit anderen Menschen gegen deinen Bruder redest, verbreitest du nur Dinge, die andere verletzen. Aber wenn du zu Gott gehst, kann der Heilige Geist Gottes als Antwort auf dein Gebet beginnen, im Herzen und Gewissen des Übeltäters zu wirken. Er wird zur Umkehr gebracht oder unter der Zucht des Herrn zerbrochen werden. Die Liebe in ihrer ganzen Fülle wird dich dazu bringen, zu dem Bruder zu gehen und ihm freundschaftlich, gütig und liebevoll in seiner Not zu helfen. Du wirst ihn liebevoll auf das Unrecht hinweisen, ihm anbieten, mit ihm zu beten, und es Gott überlassen, ob der Bruder sich in Buße vor Ihm beugt.
Im Alten Testament gibt es ein wunderschönes Bild, das diesen Punkt veranschaulicht. Zu den Einrichtungsgegenständen der Stiftshütte gehörte auch ein Leuchter. Der HERR befahl Mose, einen goldenen Leuchter mit sieben Lampen zu machen. Die Lampe war in Wirklichkeit eine Olivenöllampe mit einem Öldocht. Der Docht brannte nur so lange, bis er verkohlt und geschwärzt umfiel und gestutzt werden musste. Die Dochtscheren und die Löschnäpfe waren aus reinem Gold (2Mo 25,31-40). Was ist an Dochtscheren und Löschnäpfen so wichtig? Nun, wenn eine Lampe hell leuchten soll, muss sie von Zeit zu Zeit ausgelöscht oder der Docht gekürzt werden. Und wenn ich hell für Christus brennen will, werde ich mich oft in der Gegenwart Gottes selbst richten müssen oder ich werde wie der verbrannte Docht sein, der das Licht verdunkelt. Der alttestamentliche Priester musste hineingehen und den Docht der Lampe mit einer goldenen Dochtschere kürzen. Gold steht in der Heiligen Schrift für das, was göttlich ist, und so soll der Gläubige, der seinen Bruder zurechtweist, in Gemeinschaft mit Gott zu ihm gehen. Möglicherweise kann ich meinem Bruder helfen, wenn ich in Sanftmut und Gnade zu ihm gehe. Was tat der Priester mit den Dochten, als er sie abschnitt? Verstreute er sie, tat er sie auf sein Gewand und seine Hände und beschmutzte er die Gewänder der anderen Priester? Nein. Er sollte den schmutzigen, abgebrannten Kerzendocht in einen goldenen Löschnapf legen und zudecken, damit er niemand mehr verunreinigen würde. Das ist es, was die Liebe tut. Du verbreitest nicht die Fehler deines Bruders, sondern du zeigst wahre Liebe, indem du sie in der Gegenwart Gottes zudeckst. Das ist Liebe in einem praktischen Sinn.