Behandelter Abschnitt Mich 7,1-6
Zukünftige Buße und Segen
Dieses letzte Kapitel, das den vierten Teil bildet, ist den Klageliedern nahe verwandt. Es ist das Gebet des bußfertigen Überrestes in den Tagen der großen Trübsal, in der „Zeit der Drangsal für Jakob“ (Jer 30,7). Das bedeutet, dass der Prophet die angemessenen Äußerungen derer wiedergibt, die nicht mehr hochmütig wandeln. Gedemütigt aufgrund ihrer Sünde, erkennen sie stattdessen an, dass sie von einer gerechten Hand geschlagen worden sind. Weder bringen sie Ausreden vor noch schauen sie auf zweitrangige Ursachen, sondern sie nehmen alles als gerechten Lohn für ihre Taten an. Und doch blicken sie im Glauben zu dem Gott ihrer Väter: Sie vertrauen auf seine unerschütterliche Gnade, dass Er sie wiederherstellt. Die drei vorangegangenen Reden (oder Abschnitte) sollten alle zu diesem Ende zu führen. Dieses Kapitel beschreibt also das künftige Ergebnis des Dienstes, der damals zugrunde zu gehen schien. Es war das Wort des lebendigen Gottes und konnte nicht leer zu Ihm zurückkehren, sondern musste durchführen, wozu es gesandt war (Jes 55,11).
Mich 7,1-6: 1 Wehe mir! Denn mir ergeht es wie bei der Obstlese, wie bei der Nachlese der Weinernte: Keine Traube zu essen! Keine Frühfeige, die meine Seele begehrt! 2 Der Gütige ist aus dem Land verschwunden, und da ist kein Rechtschaffener unter den Menschen; allesamt lauern sie auf Blut, sie jagen jeder seinen Bruder mit dem Netz. 3 Nach dem Bösen sind beide Hände gerichtet, um es gut auszuführen. Der Fürst fordert, und der Richter richtet gegen Entgelt, und der Große spricht die Gier seiner Seele aus, und sie flechten es ineinander. 4 Der Beste unter ihnen ist wie ein Dornstrauch, der Rechtschaffenste schlimmer als eine Dornenhecke. – Der Tag deiner Wächter, deine Heimsuchung, ist gekommen; dann wird ihre Verwirrung da sein. 5 Traut nicht dem Genossen, verlasst euch nicht auf den Vertrauten; verwahre die Pforten deines Mundes vor der, die in deinem Schoß liegt. 6 Denn der Sohn verachtet den Vater, die Tochter lehnt sich auf gegen ihre Mutter, die Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter; des Mannes Feinde sind seine Hausgenossen. –
Die ersten sechs Verse dieses Kapitels beschreiben sehr anschaulich die Zustände in den furchtbaren Tagen des Antichrists. Dem Überrest kommt es so vor, als seien die Guten aus dem Land vertilgt worden und als gebe es „keinen Rechtschaffenen unter den Menschen“. Verrat und Betrug sind so weit verbreitet, dass man es nicht mehr wagt, seinem besten Freund zu vertrauen. In dieser furchtbaren Zeit verrät die Ehefrau womöglich sogar ihren eigenen Ehemann an die Inquisition. Denn es sind die Tage der Rache, die unser Herr in Matthäus 24,9-31 beschreibt, wenn der Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte stehen wird. Auch in Matthäus 10,21-36 zitiert Er genau diesen Vers, wenn Er sich auf das letzte Zeugnis vor dem Erscheinen des Menschensohns bezieht.
Solche Zeiten hat es schon vielerorts gegeben, so wie beispielsweise in den dunklen Tagen, als der römische Katholizismus herrschte; doch für Israel stehen in einem besonderen Sinn noch dunklere Tage bevor.