Behandelter Abschnitt Jes 28
Dritter Abschnitt: Jesaja 28-35
Jesaja 28
Hier beginnt der dritte Abschnitt unseres Buches. Wie Kapitel 5 enthält dieser ganze Abschnitt sechs Wehe, die Wehen des Endes, die Zeit der Bedrängnis Jakobs, aus der der treue Überrest dann befreit werden wird.
Der erste Abschnitt ist in seinen großen Linien eine Prophezeiung gegen Israel, das Volk Gottes (Jes 1-12). Der zweite Abschnitt (Jes 13-27) enthält Aussprüche über die Nationen, die mit diesem Volk in Kontakt waren. Der dritte Abschnitt schließlich, den wir nun betrachten wollen, endet mit Kapitel 35. Dieses Kapitel offenbart uns die Ereignisse, die sich bald abspielen und zur Aufrichtung der Herrschaft Christi führen werden. Es ist also das, was am Ende geschehen wird. Wir können den Inhalt dieses dritten Abschnitts gewissermaßen mit den Worten „die Vollendung des Zeitalters“ zusammenfassen.
Die Kapitel 28 und 29, die eng miteinander verbunden sind, belehren uns über die beiden großen Sturmangriffe der Feinde Israels am Ende.
Weshalb muss das von Gott geliebte Volk so viele Schläge bekommen und von so vielen Gerichten heimgesucht werden? Dies ist eine sehr wichtige Frage, nicht nur für Israel, sondern auch für jeden von uns heute. Denn die Zucht ist uns gewiss nicht erspart worden, und die Schläge, mit denen wir geschlagen werden, vermehren sich. Der Grund dafür ist, dass Gott den Stolz derer, mit denen Er sich in Gnade beschäftigt, zerbrechen und alles Vertrauen auf das Fleisch in ihnen zerstören will. Es gibt nichts Schwierigeres als diese beiden giftigen Pflanzen, die uns die ganze Gemeinschaft mit Gott rauben und uns daran hindern, uns mit dem Brot des Himmels, der Person des Herrn Jesus selbst, zu nähren, aus unseren Herzen auszureißen.
Armes Ephraim, das stolz ist auf seine Vorrechte und auf das, was es vom Herrn zum Besitz empfangen hat! Es ist sein Hochmut, der ihm die richtige Kenntnis der Dinge raubt, eine wirkliche Betrunkenheit, die unendlich gefährlicher ist als jene, die durch alkoholische Getränke verursacht wird. Jene löst sich von selbst auf und dauert kurze Zeit, während der Hochmut nur durch die Schläge der Zucht Gottes ausgetrieben werden kann. Weil dieses abgestumpfte Volk nicht auf das Wort des Herrn hört, wird es von einem schrecklichen Gericht verschlungen werden. Der Assyrer wird wie ein Gewitter vorüberziehen und alles niederreißen. Er wird das Land und den törichten Stolz seiner Bewohner mit seinen Füßen zertreten. Warum? Weil der Herr die Krone des Ruhms und der Kranz seines Volkes sein wird, dieses Überrests, der auf sein Wort gehört hat.
In Jerusalem, dem Ort, wo der Herr seinen Namen hingesetzt hat, verhält man sich nicht besser und handelt nicht anders als die Betrunkenen Ephraims. Die Priester, die eingesetzt sind, um die Beziehungen des Volkes zu Gott aufrechtzuerhalten, und die Propheten, die dem Volk das Wort Gottes kundtun sollten, wanken und taumeln auch durch das, was ihnen – zu ihrer Schande und Beschämung – die Vernunft raubt. Dies ist geschehen, weil das Wort des Herrn bei ihnen keinen Eingang fand. Mit großer Geduld hatte Er sie belehrt wie Kinder, denen man Wort für Wort, Vorschrift auf Vorschrift, Gebot auf Gebot beibringt, um ihnen klarzumachen, wo sie Ruhe finden und was sie erfrischen könnte. Aber ach, sie wollten nicht hören. Die gerechte Folge davon ist, dass sie unter großen Schwierigkeiten die unverständliche Sprache ihres Feindes, wenn er in ihr Land eingefallen ist, lernen müssen. So wird ihr Unglaube gerichtet.
Aber in dieser unglücklichen Stadt Jerusalem befindet sich noch etwas anderes, was das Gericht auf die Menschen herabzieht: das, was man Spott nennt. Man handelt dort, wie wenn Gott nicht existierte. In seiner Torheit meint dieses unverständige Volk, die ihm drohenden Gerichte mit menschlichen Mitteln abwenden zu können. Es sieht, was sich im Land Ephraim abspielt, und mit dem Gedanken, „die überflutende Geißel“ aufzuhalten, macht es einen Bund mit dem römischen Tier und dem Antichristen, was hier ein Bund mit dem Tod genannt wird.
Die Bemerkung, dass es jegliche Vernunft und jedes Unterscheidungsvermögen verloren hat, ist hier wirklich berechtigt. Wie wäre es möglich, dass Falschheit und Lüge eine Zuflucht vor dem Gericht bieten könnten? Daher kann eine solche Verirrung ihnen nur Verwirrung, Gericht und Schrecken bringen. Sobald der Assyrer wie ein Wirbelsturm erscheint, verwüstet er Jerusalem, wie er es mit Ephraim gemacht hat. Dieses Gericht wird vonseiten Gottes ein befremdendes, außergewöhnliches, aber notwendiges Werk sein. Der Unglaube ist eine Torheit. Er setzt die, deren Herz davon erfüllt ist, schrecklichen Folgen aus.
Wenden wir unsere Blicke nun von diesem traurigen Schauplatz weg und richten wir sie auf das, was in Zion gegründet wurde, auf den bewährten Stein, den kostbaren Eckstein, die feste, unerschütterliche Stütze des Glaubens. Jene, die ihre Zuversicht auf ihn gesetzt haben, werden vor dem Gericht nicht fliehen müssen. Sie müssen vor dem Schwert der Feinde nicht ängstlich davoneilen. Es ist ein lebendiger Stein, verworfen von den Menschen, aber auserwählt und kostbar in den Augen Gottes. Für die Glaubenden hat er diesen Wert. Wüssten wir seinen Wert und seine Vollkommenheiten nur mehr zu schätzen und zu würdigen!
Lasst uns unser Ohr der Stimme der Weisheit leihen! Gott gibt sie dem Menschen, damit er weiß, wie er den Boden bebauen soll; Er unterweist ihn sogar in seiner Arbeit. Wüsste Er nicht, wie Er gegen sein Volk handeln sollte? Mit vollkommener Einsicht pflügt, eggt und schlägt Er es. Auch in diesem zeigt Er sich wunderbar in seinem Rat und groß an Verstand.