Behandelter Abschnitt Jes 26-27
Jesaja 26-27
Diese beiden Kapitel beenden den zweiten Abschnitt des Buches Jesaja. Wie schon der erste, schließt auch dieser mit einem Lied. Im einen wie im andern strahlt der Glaube in hellem Glanz hervor und ergreift Besitz von der endgültigen Segnung, bevor sie für die Treuen überhaupt Wirklichkeit geworden ist. Der Weg, auf dem sie wandeln, wird in dem Maß erleuchtet, wie sie voranschreiten.
Derselbe Grundsatz findet sich an anderen Stellen der Schrift, besonders im zweiten Buch der Psalmen. Zuerst hat ihr Glaube Dinge von fern her gesehen. Dann scheinen sich diese ihnen genähert zu haben, so dass sie sie begrüßen konnten (Heb 11,13). Die Heiligen haben schon in Kapitel 24, inmitten ihrer Prüfung, die Erschütterung all ihrer Feinde gesehen. Sie konnten die Freuden des „Mahls von Festspeisen“ kosten und die „geläuterten Hefeweine“ genießen (Jes 25,6); und dies angesichts des Todes, der für sie seine Schrecken verloren hatte, wie wir in Kapitel 25 lasen.
Hier gibt ihnen derselbe Glaube das Lied der Befreiung ein. „An jenem Tag wird dieses Lied im Land Juda gesungen werden.“ Sie nehmen den Zeitpunkt, an dem es gesungen wird, vorweg. In ihren Herzen feiern sie ihn schon in Gegenwart der starken Stadt ihrer Feinde. Diese wird einstürzen und ein Trümmerhaufen, eine beständige Ruine werden. Im Gegensatz zu dieser Stadt, die ihr Glaube schon vernichtet sieht, betrachten sie die unerschütterliche Stadt Gottes, in die sie bald eingeführt werden. Öffnet die Tore! Die Gerechten und die Treuen werden einziehen.
Es ist nicht nötig, das, was schon so oft gesagt worden ist, noch einmal zu wiederholen: dass man nur durch Glauben gerecht sein kann. Man muss jedoch hinzufügen, dass die Treue von unserem Gehorsam zum Wort abhängt. Dies kennzeichnet die Heiligen, um die es sich hier handelt. Sie können daher sagen: „Wir haben deiner nicht vergessen, noch betrüglich gehandelt wider deinen Bund. Nicht ist unser Herz zurückgewichen, noch sind unsere Schritte abgebogen von deinem Pfad“ (Ps 44,17.18).
Während sie den glücklichen Augenblick erwarten, wo sie durch die Tore der Stadt einziehen werden, bewahrt ihr Gott ihren „festen Sinn in Frieden“, denn sie rechnen auf Ihn. Diese Treuen fordern das ganze Volk auf, auf Ihn, den Unwandelbaren, zu vertrauen, denn Er ist der Fels der Ewigkeiten. Ihr Glaube erkennt auch die Vernichtung von allem, was sich überhebt, von allem Hochmut, wenn auch die Hoffärtigen für einen Augenblick zu triumphieren scheinen. Indem sie so auf dem Weg Gottes wandeln, betrachten sie die Wundertaten Dessen, der ihren Pfad ebnet.
Danach finden wir in Vers 8 die Erwartung, die die Gläubigen aller Zeiten kennzeichnete. „Meine Seele dürstet nach dir“, sagt der Psalmist. Die Gesetzlosen haben Gerechtigkeit nicht gelernt; nun müssen sie sie durch Gerichte lernen. Geblendet vom Fürsten der Finsternis, sehen sie die Hand Gottes, die im Gericht gegen sie erhoben ist, nicht. Aber es wird ein Tag kommen, da sie sehen werden, was Gott für jene, die Er liebt, getan hat; dies wird zur großen Beschämung für sie sein.
In Vers 12 spricht der prophetische Geist von der Segnung, die den Treuen zuteilwerden wird. Der Herr wird ihnen Frieden geben. Ihre vernichteten Feinde werden sich nicht mehr zu ihrer Bedrückung erheben; sie sind ausgetilgt, und man erinnert sich nicht mehr an sie. Das Volk hat sich vermehrt. Einst hatte Er „hinausgerückt alle Grenzen des Landes“ und das Volk zerstreut, aber wie Tote werden sie aufwachen und wieder aufleben. Die Morgendämmerung eines ewigen Tages wird erscheinen, und sie werden sich von allen Orten, wohin sie zerstreut worden sind, erheben, wie wenn sie aus einem langen, dem Tod ähnlichen Schlaf erwachten. Der Geist des Lebens kommt, haucht in die Toten, und sie leben. Für einen kleinen Augenblick, während der Zorn vorüberging, mussten sich diese Treuen verbergen; jetzt frohlocken sie mit einem Siegeslied.
An jenem Tag wird das Gericht über Satan, die alte Schlange, die seit dem Garten Eden uns allen bekannt ist, ausgeführt werden. Wir wissen, dass er, mit einer großen Kette gebunden, in den Abgrund geworfen wird, damit er während der tausend Jahre der ruhmreichen Herrschaft Christi die Völker nicht mehr verführen kann. Dies ist noch nicht der See von Feuer und Schwefel, in den er später geworfen wird, aber es ist schon ein erstes Gericht über ihn.
Aufs Neue finden wir hier den Weinberg und die Lieder über ihn. Aber es ist nicht mehr der Weinberg von Kapitel 5, der der Verantwortung des Menschen anvertraut ist und der nur wilde Trauben hervorgebracht hat. Es ist ein Weinberg reinen und feurigen Weines. Er ist nicht mehr in den Händen von schlechten Weinbauern; der Herr selbst behütet ihn. Er bewässert ihn, und seine Augen wachen Tag und Nacht über ihn. „In Zukunft wird Jakob Wurzel schlagen, Israel blühen und knospen; und sie werden mit Früchten füllen die Flächen des Erdkreises.“ Der Herr hatte ihn geschlagen, gezüchtigt, aber nicht getötet. Jetzt lebt er. Die Zeit der Götzen ist vorbei, die starke Stadt der Feinde ist verlassen, sie wurde vom Feuer verzehrt. Den Übeltätern wird keine Gnade erwiesen: Dies wird die gerechte Herrschaft unter dem Zepter des Sohnes Davids sein. Die Feinde der Treuen werden wie Dornen und Disteln sein, die da, wo sie sich befinden, vollständig mit Feuer verbrannt werden (2Sam 23,6.7). Es wird nur ein Mittel geben, um nicht vertilgt zu werden, und das ist, Frieden mit Christus zu schließen und sich Ihm zu unterwerfen. Das Lied endet mit einem Glaubensblick auf das ganze versammelte Israel. Die große Posaune erschallt, und man kommt von überall her, um sich vor dem Herrn auf seinem heiligen Berg in Jerusalem niederzuwerfen.
Welch glückliches Ende der Wege Gottes mit seinem Volk! Seine Ratschlüsse von alters her werden erfüllt werden. Sein Mund hat gesprochen!
Diese Dinge sind auch für uns geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben (Röm 15,4).