Behandelter Abschnitt Jes 10
Jesaja 10
Noch ist die Hand des Herrn erhoben, und neue Gerichte werden sich auf die Richter, denen Gott die Amtsgewalt über das Volk gegeben hat, ergießen (Ps 82,1.6). Wie haben sie das Recht gehandhabt? Und was werden sie am Tag der Heimsuchung tun; zu wem werden sie fliehen, um Hilfe zu erhalten; und wo werden sie ihre Herrlichkeit lassen? An jenem Tag werden die am höchsten Erhobenen die am tiefsten Erniedrigten sein. Sie werden nur Menschen sein, und zwar umso schuldigere Menschen, als sie Gott in der hohen Stellung, in die Er sie gestellt hatte, indem sie sozusagen seine Stellvertreter inmitten des Volkes waren, verunehrt haben. „Bei dem allem wendet sich sein Zorn nicht ab, und noch ist seine Hand ausgestreckt.“ Wie viele wiederholte Schläge braucht es doch, um das verhärtete Herz zu zerschlagen!
In Vers 5 wechselt der Schauplatz. Der Assyrer wird hier nochmals gesehen, aber es ist das letzte Mal: Die Prüfung Jakobs muss ein Ende nehmen. Trotz seines Versagens ist es das Volk Gottes, und das Ziel, das Er sich vorsetzt, auch wenn Er es straft, ist, es am Ende zu segnen. Der Assyrer mag anders denken; er kann den Wunsch haben, viele Völker zu plündern; er kann sogar das Volk Gottes den andern Völkern gleichstellen und dessen Land wie die Übrigen behandeln. Aber ein Tag wird kommen, da der Zorn des Herrn sich von seinem Volk wegwenden und jene, die es geschlagen haben, treffen wird.
Schließlich wird die Hand, die im Gericht über sein Volk ausgestreckt war, sich öffnen, um es zu befreien und es zu segnen. Dann werden sich der Überrest des Hauses Israel und die Entronnenen des Hauses Jakob nicht mehr auf einen Arm des Fleisches stützen, der, anstatt sie zu befreien, sie nur geschlagen hat. Sondern sie werden sich in Wahrheit auf den Herrn, den Heiligen Israels stützen. Die lange Zucht, der sie unterworfen waren, wird endlich ihre Früchte in ihren Herzen tragen.
Wir kommen nun zur Schlussszene, und der Herr wird erscheinen. Die letzten Verse des Kapitels geben uns eine kurze, aber lebendige Beschreibung der letzten Invasion des Assyrers. Er kommt von Norden herab; nichts scheint sich seinem schnellen und siegreichen Vormarsch entgegenstellen zu können. Er erscheint vor Jerusalem: „Er schwingt seine Hand gegen den Berg der Tochter Zion, den Hügel Jerusalems.“ Er glaubt, sein Ziel erreicht zu haben, und genau in diesem Moment wird er zerstört werden. Der Herr – der Herr der Heerscharen – nimmt die Angelegenheit seines Volkes in die Hand.
Der Bedränger und sein Stock werden gewaltsam zerbrochen. Was sind die Mächtigen der Erde vor der Majestät Dessen, der kommt, um sein Volk zu befreien? Jene, die Ihm angehören, mögen erniedrigt, gedemütigt, bestraft und gezüchtigt werden. Es spielt auch keine Rolle, wenn der Feind in allem und überall zu triumphieren scheint. Das Lied der Entronnenen schließt mit einem Lob, das die Größe der Schmerzen der durchlittenen Umstände weit übertrifft.