Behandelter Abschnitt 1Sam 12
Dieses Kapitel bereitet uns vielleicht auf etwas ganz anderes vor. Zuerst kommen die Worte Samuels an Israel. „Und Samuel sprach zu ganz Israel: Siehe, ich habe auf eure Stimme gehört in allem, was ihr zu mir gesagt habt, und habe einen König über euch gesetzt. Und nun siehe, der König zieht vor euch her; ich aber bin alt und grau geworden, und meine Söhne, siehe, sie sind bei euch; und ich bin vor euch gewandelt von meiner Jugend an bis auf diesen Tag“ (V. 1.2). Er fragt sie nach seiner eigenen Rechtschaffenheit, und das Volk gesteht es ohne Zögern. „Und er sprach zu ihnen: Der Herr ist Zeuge gegen euch, und Zeuge sein Gesalbter an diesem Tag, dass ihr gar nichts in meiner Hand gefunden habt! Und sie sprachen: Er ist Zeuge! Und Samuel sprach zum Volk: Der Herr ist es, der Mose und Aaron bestellt und der eure Väter heraufgeführt hat aus dem Land Ägypten! Und nun tretet herzu, dass ich vor dem Herrn mit euch rechte“ (V. 5–7).
Nachdem er also von allem, was das Gewissen einer einzigen aufrechten Seele in Israel beunruhigen konnte, vollständig und förmlich freigesprochen worden ist, wendet er sich an sie im Namen des Herrn. Er erinnert sie daran, wie Befreier erweckt worden waren; aber er fügt hinzu: „Und nun siehe, da ist der König, den ihr erwählt habt, den ihr begehrt habt; und siehe, der Herr hat einen König über euch gesetzt. Wenn ihr nur den Herrn fürchtet und ihm dient und auf seine Stimme hört und gegen den Befehl des Herrn nicht widerspenstig seid, und sowohl ihr als auch der König, der über euch regiert, dem Herrn, eurem Gott, nachfolgt! Wenn ihr aber nicht auf die Stimme des Herrn hört und gegen den Befehl des Herrn widerspenstig seid, so wird die Hand des Herrn gegen euch sein, wie gegen eure Väter. Auch jetzt tretet herzu und seht diese große Sache, die der Herrn vor euren Augen tun wird. Ist nicht jetzt die Weizenernte? Ich will zu dem Herrn rufen, und er wird Donner und Regen geben“ (V. 13–17).
Es braucht kaum erklärt zu werden, dass, wenn der Herr auf Samuels Rufen hin sofort etwas schickte, was völlig außerhalb der Jahreszeit war, damit ein Beweis für die offenkundige Antwort Gottes in ihrer Mitte gegeben wäre. Seine Ohren sind offen für die Gerechten. „Und Samuel rief zu dem Herrn, und der Herr gab Donner und Regen an jenem Tag“ (V. 18). Aber was sollte das alles bezeugen? „Und ihr sollt erkennen und sehen, dass eure Bosheit, die ihr getan habt, einen König für euch zu begehren, groß ist in den Augen des Herrn“ (V. 17). Das Urteil des Propheten (und dieses entsprach den Gedanken Gottes) war dasselbe wie immer. Dennoch hatte er scheinbar und in gewissem Sinn auch wirklich bei der Einsetzung des Königs geholfen, wie es kein Mensch in Israel außer ihm getan hatte. Denn wer von denen, die seinen Worten im Allgemeinen zuhörten, hätte aus Samuels Verhalten und aus seinem Geist schließen können, dass sein Herz nicht durch und durch mit ihm ging?
Wenn einige den Mann Gottes in diesem Punkt falsch einschätzten, so ist meine Überzeugung, dass sein Verhalten bescheiden war und von Gott geleitet wurde, damit er nicht ausrutschte, wo es schwer zu vermeiden war. Denn man kann in einem Zustand handeln müssen, den die Sünde herbeigeführt hat; und in einer solchen Verwicklung kann man leicht den Sinn Gottes verkennen, wenn man sich nicht damit begnügt, einfach seine eigene Pflicht zu tun. Das Urteil mag klar sein, was Gott gehört, was andere in Verlegenheit bringen würde. Nehmen wir andererseits an, dass wir unter einer anderen Pflicht stehen. In einem solchen Fall sollten wir sie so in uns verankert haben, dass wir in der Lage sind, ruhig und gelassen voranzugehen und unsere Pflicht zu erfüllen, was auch immer es sein mag, sogar trotz der stärksten Überzeugung davon, wie der tatsächliche Stand der Dinge sein wird. Dies war der Fall bei Samuel.
Es fehlte in Israel völlig an dem Vertrauen, das ein gutes Gewissen zur Folge hat; denn an diesem Punkt finden wir, dass das ganze Volk nun zu Samuel schreit und sagt: „Bitte den Herrn, deinen Gott, für deine Knechte, dass wir nicht sterben“ (V. 19a). Aber obwohl sie in gewissem Maß von ihrer Torheit überzeugt waren, war die Wahl getroffen und musste die Prüfung weitergehen. „Denn zu allen unseren Sünden haben wir das Böse hinzugefügt, einen König für uns zu begehren. Und Samuel sprach zum Volk: Fürchtet euch nicht! Ihr habt zwar all dieses Böse getan; nur weicht nicht ab von der Nachfolge des Herrn und dient dem Herrn mit eurem ganzen Herzen; und weicht nicht ab, denn ihr würdet hinter den Nichtigen herlaufen, die nichts nützen und nicht erretten, denn sie sind nichtig. Denn der Herr wird um seines großen Namens willen sein Volk nicht verlassen“ (V. 19b–22).
Das gleiche Prinzip gilt unter allen Umständen. Wenn Menschen sich falsch verhalten haben und erkennen, dass sie es getan haben, ist es nicht immer möglich, es rückgängig zu machen. Aber Gott ist eine unveränderliche Quelle der Hilfe und wird die, die sich wirklich demütigen, nicht im Stich lassen. Es wird zu einer Frage, seinen Willen dort zu tun, wo wir sind. Die Folgen des Bösen, das man getan hat, können fortbestehen, auch wenn die Person zum Gericht über die böse Sache gebracht wird; und Gott kann an den demütigenden Auswirkungen festhalten, wenn man das Böse selbst bekannt und aufgegeben hat. Es ist nicht nur möglich, sondern absolut notwendig, mit dem Bösen fertig zu werden, auch wenn als eine neue Prüfung gewisse äußere Folgen bleiben, die sich daraus ergeben.
Dann ist das wahre Mittel nicht der Versuch, in die Stellung zurückzukehren, in der wir uns befanden, bevor das Böse verübt wurde, sondern das Böse gründlich anzuerkennen, uns vor Gott zu demütigen und auf Ihn zu schauen, um zu sehen, was sein Wille jetzt in Bezug auf uns ist. Das setzt natürlich Glauben voraus, und genau daran mangelte es, und zwar nicht nur bei Saul, sondern auch bei den Kindern Israels. So sagt der Prophet: „Nur fürchtet den Herrn, und dient ihm in Wahrheit mit eurem ganzen Herzen; denn seht, welch große Dinge er an euch getan hat! Wenn ihr aber dennoch Böses tut, so werdet sowohl ihr als auch euer König weggerafft werden“ (V. 24.25). Wie wahr sich diese Worte im Ergebnis erwiesen, weiß jeder Bibelleser.