Behandelter Abschnitt Ri 3
In diesem Kapitel finden wir die entsprechenden Einzelheiten. Die ersten beiden Kapitel sind allgemein gehalten. Die Völker werden vorgestellt, die Israel nach dem Wort des Herrn prüfen würden. Der erste Erlöser wird uns in Vers 9 vorgestellt: „Und die Kinder Israel schrien zu dem Herrn; und der Herr erweckte den Kindern Israel einen Retter, der sie rettete: Othniel, den Sohn des Kenas, den jüngeren Bruder Kalebs.“ Und wieder wird uns gesagt, dass danach die Kinder Israel wieder taten, „was böse war in den Augen des Herrn; und der Herr stärkte Eglon [nicht die Kinder Israel, sondern ihren Feind], den König von Moab, gegen Israel, weil sie taten, was böse war in den Augen des Herrn. Und er versammelte zu sich die Kinder Ammon und Amalek; und er zog hin und schlug Israel, und sie nahmen die Palmenstadt in Besitz. Und die Kinder Israel dienten Eglon, dem König von Moab, achtzehn Jahre. Und die Kinder Israel schrien zu dem Herrn; und der Herr erweckte ihnen einen Retter, Ehud, den Sohn Geras, einen Benjaminiter, einen Mann, der linkshändig war (V. 12–15). Dann haben wir Einzelheiten über die Tötung des Anführers ihrer Feinde, des Königs von Moab. Und am Ende des Kapitels wird von „Schamgar, der Sohn Anats“ berichtet, der Israel von den Philistern befreite.
Aber es gibt ein Merkmal, das all diesen drei Befreiern gemeinsam ist, das hervorgehoben werden kann, und ich denke, nicht ohne moralischen Gewinn. Es gab in jedem von ihnen einen offensichtlichen Fehler, und sie waren deshalb Männer, die niemand außer Gott vorgeschlagen hätte. Einer war ein jüngerer Bruder, ein anderer war Linkshänder, und der dritte erschlug den Feind mit einem Rinderstachel. So gab es bei jedem ein Element, das gegen die Aussichten auf ihren Erfolg sprach. Es gab anscheinend eine Ungeschicklichkeit in der verwendeten Waffe oder im Linkshänder oder im jüngeren Bruder und nicht im ältesten, der die Kraft des Vaters und der Erstling seiner Stärke war, wie Jakob sagt (1Mo 49,3). Nicht der Stolz der Familie, der Erstgeborene, sondern der Jüngere zog zum Sieg aus. So wählt der Mensch nicht aus.
Diese Eigenschaft ist jedoch charakteristisch für die Wege Gottes bei einem zerrütteten Zustand der Umstände. Das Instrument, das Er einsetzt, wenn sein Volk versagt hat, ist nicht nach demselben Muster, wenn alles in seinen Augen in Ordnung ist. Kurz gesagt, wenn das Volk Gottes von Ihm abweicht, kennzeichnet Er das nicht dadurch, dass Er einen Befreier zurückhält, sondern durch die Art der Befreiung, die dem Volk zuteilwird. Ich bin überzeugt, dass es eine Eignung in seiner Wahl der Werkzeuge gibt, und dass dieselben Männer, die Er zum Beispiel zur Gründung und Formung der Versammlung eingesetzt hat, nicht zu der Klasse gehören, die seinen Gedanken entspricht, wenn sich alles in einem Zustand der Verwirrung befindet. Als die Versammlung ins Leben gerufen wurde, als die kirchliche Luft klar und hell war, ging es einfach darum, dass Gott durch den Heiligen Geist auf der Erde als Antwort auf die Herrlichkeit Christi im Himmel wirkte. Dann erweckte Er Zeugen in Übereinstimmung mit der Herrlichkeit Christi und der Wirklichkeit seines Sieges als Mensch über Satan sowie seiner Liebe in der Fürsorge für seinen Leib, die Versammlung. Als dagegen das christliche Bekenntnis als Zeugnis für Ihn völlig versagte, konnte es nicht anders sein, als dass Gott auf die Schreie der Verzweiflung antwortete, die von seinen Heiligen aufstiegen. Trotzdem hat jedes Instrument eine ausgeprägte Schwäche in der einen oder anderen Hinsicht.
So kann ich nicht umhin zu glauben, dass man sie in dieser Hinsicht ausnahmslos in der ganzen Geschichte der Christenheit findet. Wenn wir also vier- oder fünfhundert Jahre zurückblicken, können wir mit wesentlich mehr Gelassenheit urteilen, als wenn wir uns ein Urteil über unsere eigene Zeit bilden. Jedenfalls sind wir wenigstens frei von vielem, was zur Verurteilung neigt. Wir sehen, dass in denen, die Gott damals benutzte, kein Mangel an einer bestimmten Art von Kraft herrschte. Es gab eine große Energie mit einem spürbaren, großen und schnellen Ergebnis; und gerade wir sollten die Letzten sein, die vergessen, welche Form oder welches Maß an Segen Gott in seiner Güte auf die Menschen kommen ließ. Können wir es uns nicht leisten, geliebte Brüder, es anzuerkennen, wo und wann immer es gewesen sein mag? Sollten wir nicht die Ehre erweisen, die dem Wirken des Geistes Gottes durch irgendjemanden gebührt? Je mehr du gesegnet bist, desto freier und großzügiger solltest du anderen gegenüber sein. Je einfacher und vollständiger du die Wahrheit empfangen hast, desto größer sollte dein Herz sein, wenn du dich über das Wirken der göttlichen Gnade freust. Durch den Reichtum der Gnade Gottes und durch den Trost und die Gewissheit der Wahrheit, die Er uns gegeben hat, sind wir aufgerufen, alles, was in der Vergangenheit war oder in der Gegenwart von Gott ist, lobend anzuerkennen.
Wenn wir zurückblicken, sage ich, entsprechend der Liebe und Demut, die alles schätzen kann, was von oben kommt, haben wir keinen Zweifel an der Macht, die die Nationen erschütterte und ihnen eine offene Bibel gab, in einem solchen Werk wie dem von Luther oder sogar dem von Calvin; ja, auch in anderen, die geringer als diese waren. Aber sollen wir deshalb alles, was sie sagten oder taten, gutheißen? Oder sollen wir die Augen vor dem verschließen, was offensichtlich die seltsame Form des irdenen Gefäßes zeigte? Sicherlich nicht. Weit davon entfernt, sich über solche Unregelmäßigkeiten zu beklagen, bin ich der Meinung, dass sie dem Stand der Dinge in Gottes Augen entsprachen, so wie wir es im Fall Israels vor uns sehen; so wie die Kraft des Geistes, die sich im Allgemeinen über die Erscheinungen der Natur erhob – wie wir es zum Beispiel bei Paulus oder sogar bei Petrus oder Johannes sehen (wo es schwer zu sagen ist, was man tadeln könnte) – der neugeborenen Versammlung entsprach, als der Heilige Geist gerade gegeben wurde. Damit ist nicht gemeint, dass es nichts zu verurteilen gab, und dass Gott es nicht gesehen hat; aber dennoch wäre es für uns schwer, es zu sehen, wenn wir gerecht urteilen. Nehmen wir die heimgegangenen Apostel. Es ist keineswegs gemeint, dass sie niemals Fehler machten. Weit gefehlt; wir wissen, dass sie es taten; aber was waren Fehler von solchen wie den Aposteln, verglichen mit dem vergleichsweise ungerichteten Fleisch Luthers oder Calvins? Sehen wir bei solchen nicht die Linkshänder oder auf solche, die Siege mit einem Rinderstachel errangen? Das heißt, wir sehen an einem Tag der äußersten Schwäche und des Niedergangs eher unbeholfene Zeugen, die von Gott ohne Zweifel eingesetzt wurden, um seinen Zweck zu erfüllen, aber mit dem bedeutsamen Zeichen, dass sie viel mehr zum Lob seiner Gnade als zu ihrer eigenen Ehre dienten.