Behandelter Abschnitt Ri 2
Dieses Kapitel zeigt uns etwas anderes, eine seltsame und sehr auffällige Veränderung. „Und der Engel des Herrn“, heißt es, „kam von Gilgal herauf nach Bochim“ (V. 1). Hier gab es eine tiefe Bedeutung. Warum sollte der Engel des Herrn von Gilgal heraufkommen? Wir haben bereits gesehen, was Gilgal war. Ach, wenn wir es doch besser wüssten, und das für uns selbst! Aber wir haben wenigstens aus dem Wort Gottes gelernt, dass es der Ort war, wo die Schande Ägyptens weggewälzt wurde. Es war der Ort, wo das Todesurteil am Fleisch vollstreckt wurde. Und das war noch nicht alles. Denn es war der Ort, wo das Heer regelmäßig lagerte; und von dort zog es aus, um auf Geheiß des Herrn das Land zu erobern, und dorthin kehrte es wieder zurück. Die Züchtigung des Fleisches ist der wahre Ort der Kraft im Geist – das bedeutet Gilgal. Es war der Ort, wo Israel an das Gericht Gottes über sich selbst erinnert wurde, über die Natur des Menschen, über das, was unrein ist und deshalb nur dazu geeignet ist, abgeschnitten und weggeworfen zu werden. Dorthin führte Gott sie zurück, und von dort kamen sie in göttlicher Kraft wieder hervor. Aber der Engel des Herrn befindet sich nun an einem Ort (Bochim), der für das Buch der Richter ebenso charakteristisch ist wie Gilgal für Josua. Es ist der Ort der Tränen. Keine Betrübnis zu kennen, wenn das Volk Gottes ihn vernachlässigt hat und abgefallen ist, heißt nicht, zu wissen, wo sein Geist wohnt. Die Härte der Gefühle, die Gott niemals zugesteht, ist Ihm am meisten zuwider, wenn das Volk seiner Herrlichkeit nicht gerecht geworden ist, wenn es als Ganzes untreu gewesen ist.
Da kommt der Engel von Gilgal nach Bochim und sagt: „Ich habe euch aus Ägypten heraufgeführt und euch in das Land gebracht, das ich euren Vätern zugeschworen habe; und ich sagte: Ich werde meinen Bund mit euch nicht brechen auf ewig; ihr aber, ihr sollt keinen Bund mit den Bewohnern dieses Landes schließen, ihre Altäre sollt ihr niederreißen. Aber ihr habt meiner Stimme nicht gehorcht. Was habt ihr da getan! So habe ich auch gesagt: Ich werde sie nicht vor euch vertreiben; und sie werden zu euren Seiten sein, und ihre Götter werden euch zum Fallstrick werden. Und es geschah, als der Engel des Herrn diese Worte zu allen Kindern Israel redete, da erhob das Volk seine Stimme und weinte. Und sie gaben jenem Ort den Namen Bochim. Und sie opferten dort dem Herrn“ (V. 1b–5); und dann in der Mitte desselben Kapitels (V. 11–13), nachdem sich das Volk so vor Gott gedemütigt hatte, finden wir, dass sie sich wieder abwandten: „Und sie verließen den Herrn und dienten dem Baal und den Astarot“. Ihre Betrübnis war nur vorübergehend: „Da entbrannte der Zorn des Herrn gegen Israel, und er gab sie in die Hand von Plünderern, die sie plünderten; und er verkaufte sie in die Hand ihrer Feinde ringsum; und sie vermochten nicht mehr vor ihren Feinden zu bestehen“ (V. 14). Es war nicht nur so, dass es jetzt eine Kontrolle gab. Es war nicht so, dass Israel eine vorübergehende Demütigung hatte. Denn der Herr übergab sie ausdrücklich den Händen ihrer Feinde; nicht, dass Er sie nicht liebte, nicht, dass Er nicht alles zum Guten wirken würde, sondern dass Er das Volk in der Wahrheit seines Zustandes finden wollte, bevor Er sich in der Wahrheit seiner eigenen Gnade erweisen würde. „Überall, wohin sie auszogen, war die Hand des Herrn gegen sie zum Bösen, so wie der Herr geredet und wie der Herr ihnen geschworen hatte; und sie wurden sehr bedrängt. Und der Herr erweckte Richter; und sie retteten sie aus der Hand ihrer Plünderer. Aber auch ihren Richtern gehorchten sie nicht, denn sie hurten anderen Göttern nach und warfen sich vor ihnen nieder; sie wichen schnell ab von dem Weg, den ihre Väter gewandelt waren, indem sie den Geboten des Herrn gehorchten; sie taten nicht so. Und wenn der Herr ihnen Richter erweckte“ (V. 15–18a) – das heißt, als sie in diese große Bedrängnis gebracht wurden, erschien der Herr, um ihnen zu helfen, indem Er ihnen geeignete Barmherzigkeit erwies: „so war der Herr mit dem Richter, und er rettete sie aus der Hand ihrer Feinde alle Tage des Richters; denn der Herr ließ es sich gereuen wegen ihrer Wehklage vor ihren Bedrückern und ihren Bedrängern.
Aber sie wollten nicht auf ihre Richter hören. „Und es geschah, wenn der Richter starb, so handelten sie wieder böse, mehr als ihre Väter, indem sie anderen Göttern nachgingen“ (V. 19).
Wenn die Kinder Israels den Herrn verlassen würden, um Götzen zu dienen, würde der Herr selbst sie aufgegeben, um Götzendienern zu dienen. So ist es auch mit uns. Wenn wir sündigen, misst und bestimmt das unsere Züchtigung; und so wirkt die Gnade Buße, wenn wir uns in unserer Not umwenden und zum Herrn schreien.