Doch Irenäus, der über allen Vätern des zweiten Jahrhunderts steht, wie Clemens von Rom über denen des ersten, sagt uns in seinem Buch III. gegen die Häresien, dass Matthäus sein Evangelium in hebräischer Sprache verfasste, „als Petrus und Paulus in Rom evangelisierten und die Kirche gründeten.“ Dies nimmt der berühmte, und wir können sagen, erste Kirchenhistoriker Eusebius an (H. E. v. 28), obwohl es ein Irrtum ist, der mit der Schrift nicht zu vereinbaren ist; denn er hatte zuvor (2,25) von Dionysius, dem Bischof von Korinth, erfahren, dass Petrus und Paulus die Versammlung in Korinth gegründet hatten, bevor sie zu einem ähnlichen Werk nach Rom gingen. Wir wissen, dass Paulus ihr Gründer war, nicht Petrus. Kann es einen deutlicheren Hinweis darauf geben, wie absurd es ist, sich angesichts des sicheren Lichts des Wortes Gottes auf Überlieferungen sogar aus der Frühzeit zu verlassen? Und doch rechtfertigt alles unseren Apostel in seinem Eifer, nichts zur Erbauung einem solch zufälligen Kanal zu überlassen, sondern alles zu schreiben, was nötig ist, um den Gläubigen zu helfen, damit sie bewahrt und angeregt werden, in Worten, die vom Geist gelehrt sind, damit sie dadurch von Angesicht zu Angesicht mit dem gebracht werden, der diese Ermahnungen inspiriert hat. Nur so können wir Gott erkennen und mit Ihm Gemeinschaft haben.
Ich will mich aber befleißigen, dass ihr auch zu jeder Zeit nach meinem Abschied imstande seid, euch diese Dinge ins Gedächtnis zu rufen (1,15).
In einer dritten Form stellt der Apostel die dringende Wichtigkeit dar, die er im Geist für das geschriebene Wort empfand; hier sagt er ausdrücklich, dass sie „nach seinem Abschied“ auch jederzeit in der Lage sein sollten, sich „an diese Dinge zu erinnern“.
Dies ist einer der vielen und unermesslichen Vorteile der Schrift gegenüber dem mündlichen Wort, ganz gleich, wie deutlich dieses von höchster Stelle gegeben werden mag. Niemand legt es deutlicher aus als unser gepriesener Herr in Johannes 5, wo Er den zögernden Juden die verschiedenen Zeugnisse über sich selbst als Beweise für den Glauben vorstellt.
„Ihr habt zu Johannes gesandt, und er hat der Wahrheit Zeugnis gegeben“ (Joh 5,33).
„Ich aber habe das Zeugnis, das größer ist als das des Johannes; denn die Werke, die der Vater mir gegeben hat, damit ich sie vollbringe, die Werke selbst, die ich tue, zeugen von mir, dass der Vater mich gesandt hat“ (Joh 5,36).
„Und der Vater, der mich gesandt hat, er hat Zeugnis von mir gegeben“ (Joh 5,37).
„Ihr erforscht die Schriften, denn ihr meint, in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die von mir zeugen ... Denn wenn ihr Mose glaubtet, so würdet ihr mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben? (Joh 5,39.46.47).
Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch, dessen Feinde selbst Richter waren (5Mo 32,31); und doch zögert der Herr auf seinem großen Höhepunkt der Zeugenschaft nicht, das geschriebene Wort unter diesem Gesichtspunkt an die überragende Stelle der Autorität mit einer ihm eigenen Beständigkeit zu setzen, so dass der Leser oder Hörer es immer wieder im Gebet abwägen kann. Solche, die die Schrift bis zur Übertreibung des Dienstes gering schätzen, sollten seine Aussage bedenken. Und wie bemerkenswert ist es, dass der Herr so von den Büchern Mose spricht, die damals zweifellos das waren, was sie heute sind, wie viele Zitate zeigen, und nicht zuletzt seine eigenen! Und doch hat die moderne Kühnheit ihre Verachtung gegen diese Bücher ebenso erhoben wie gegen die Bücher Jesaja oder Daniel. Aber Er, der wusste, was in Gott ist, nicht weniger als das, was im Menschen war, hat all diese selbstverachtende Kritik des Unglaubens vorausgesehen und entlarvt.
Es ist ebenso klar, dass der Apostel seinem Meister in der Abscheu vor der Tradition folgte. Niemals war sie vertrauenswürdig, seit Gott es für angebracht hielt, seine Gedanken in heiliger Schrift zu übermitteln; am wenigsten damals, als ein neues Bündel von Wahrheiten zur Erweiterung, Belehrung, Übung und zum Trost des Glaubens in dem, was wir das Neue Testament nennen, offenbart wurde. Je höher die Wahrheit, die sich notwendigerweise aus der Person, dem Werk und den Ämtern Christi ergibt und sich auf einen unbegrenzten Bereich erstreckt, sogar auf himmlische, moralische und zukünftige Dinge, desto dringender wurde eine neue Schrift benötigt und reichlich bereitgestellt, wobei derselbe Geist den Gläubigen persönlich zur Hilfe gegeben wurde, der auch die auserwählten Instrumente für ihre vollkommene Mitteilung inspiriert hatte.
Eine der größten Gefahren, die die Apostel bei ihrem eigenen Ablegen voraussahen, ist das Aufkommen und die Zunahme von Betrügern, die in ihrem Denken verdorben und in Bezug auf den Glauben verwerflich sind. Diese Menschen widersetzen sich der Wahrheit: einige durch Aberglauben, Fabeln und Traditionen, andere durch Verachtung und Spott über Gottes Wort im Allgemeinen und über die Prophetie im Besonderen. Wie es von Paulus in 2. Timotheus 3, so auch hier von Petrus, sind die großen Sicherheiten (1) zu wissen, von welchen Personen die Wahrheit gelernt wurde, nicht nur die Lehre, sondern auch das Verhalten, die Absicht, der Glaube, die Langmut, die Liebe, das Ausharren, die Verfolgungen, die Leiden; und (2) nicht nur die heiligen Schriften, das Alte Testament, die zur Errettung durch den Glauben an Christus Jesus weise machen kann, sondern „alle Schrift“, die göttlich inspiriert ist und zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit dient, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, ausgerüstet zu jedem guten Werk. Der Wert einer bekannten Quelle, die in unmittelbarer Beziehung zu dem Gott steht, der seine Gedanken, seine Gnade und seinen Willen mitgeteilt hat, zeigt sich hier in höchstem Maß, ebenso wie die göttlich gesicherte Gewissheit, dass die Worte ebenso eindeutig vom Geist gelehrt wurden wie die Gedanken selbst. Kein Schutz, der „der Kirche“, nicht nur den Amtsträgern, sondern allen Gläubigen, anvertraut ist, ist so sicher und unfehlbar wie die Schrift.
Es ist nur eine Täuschung des Unglaubens, mit der Schwachheit der Menschen zu argumentieren, die für dieses so wichtige Werk eingesetzt werden. Bei aller Schwachheit sind wir doch sicher (aus dem, was Gott uns in 1. Korinther 2 und 2. Timotheus 3 sagt), dass seine Inspiration ausschließt, dass menschliche Schwachheit die absolute Zuverlässigkeit dessen beeinträchtigt, was offenbart wurde, um uns, die daran glauben, in direkte Unterordnung unter Gott zu bringen. Gewissen, Verstand und Herz werden alle in geeigneter Weise angesprochen; aber das Ziel ist, dass wir Gemeinschaft mit den inspirierten Boten haben und so durch den Heiligen Geist mit Gott selbst, mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus, Gemeinschaft haben und im neuen Leben Kraft für einen heiligen Wandel haben.
Daher ist es die oberste Pflicht des Christen, sich von diesen bösen Menschen abzuwenden, wie gelehrt und scheinheilig sie auch sein mögen, die entweder die Heilige Schrift untergraben oder sie durch Tradition ersetzen. Die Form der Gottseligkeit macht solche selbstbetrügerischen Verführer nur noch gefährlicher. Es ist vergeblich, die Heilige Schrift als unvollständig oder bruchstückhaft zu bezeichnen. Es ist ein wesentliches Merkmal der Schriften, dass Gott darin aus vielem, was der Geist mündlich gegeben hat, alles ausgewählt hat, was dauerhaft und nützlich sein soll, alles, was nötig ist, um den Fortschrittlichsten und Geehrtesten vollkommen zu machen, völlig geschickt zu jedem guten Werk. Selbst wenn wir aus einer unsicheren Quelle verirrte Worte hätten, die aus der Lehre des Herrn oder irgendeines Apostels überliefert sind, was könnte das zu dem geistlichen Ergebnis beitragen, das die Schrift für sich beansprucht? Es ist auch nicht ihr geringstes Verdienst, dass die Schrift, die so erstaunlich geeignet ist, jedem Mangel zu entsprechen und jeden Irrtum zu widerlegen, auch nicht durch Überflüssiges belastet ist. Wie würdig ist sie dem, der sie so gegeben hat, wie sie ist!
Wir müssen uns auch nicht nur vor den Skeptikern in achtnehmen. Die Verderbnis kommt durch diejenigen, die die Inspiration nicht offen leugnen, sondern abschwächen, Fehler in der Geschichte oder andere (wie sie es nennen) Nebensächlichkeiten zulassen und die Auswahl des Geschriebenen den Instrumenten ohne Gott zuschreiben. Aber damit täuschen sie sich selbst und andere, sie sagen es und sagen es nicht. Wenn Gott die Schriften inspiriert hat, hat Er sie vorgeschlagen, ausgewählt, aufgenommen oder weggelassen. Er gab die Gedanken und die Worte, Er leitete und kontrollierte alles. Das ist die Heilige Schrift.
Das erste und großartigste Merkmal ist, dass Gott jede Schrift inspiriert hat, jedes Strichlein, das so geschrieben war, als Paulus seinen letzten Brief an Timotheus schrieb, seinen letzten Brief an irgendjemanden. Jede Schrift ist von Gott eingegeben, auch alles, was er nachträglich hinzufügt. Das ist genug für alle, die Gott kennen und allen Grund haben, sich selbst oder anderen Menschen, die nicht inspiriert sind, zu misstrauen. Wie der Apostel Johannes noch später und in aller Schärfe sagt: „Ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie [die Verführer und Antichristen] überwunden, weil der, der in euch ist, größer ist als der, der in der Welt ist. Sie sind aus der Welt; deswegen reden sie [wie] aus der Welt, und die Welt hört auf sie. Wir [die inspirierten Schreiber] sind aus Gott; wer Gott erkennt, hört uns; wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht. Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums“ (1Joh 4,4‒6).
Was für eine schreckliche Warnung an „höhere Kritiker“ und ihre Opfer! Die Heilige Schrift besitzt über alles hinaus die unauslöschliche Autorität Gottes, nicht nur das, was gemeint war, sondern das, was geschrieben steht; wenn dies aber so ist, ist sie in vollem Umfang nützlich. Ihr Wert, nicht nur als letztendliche Quelle der Wahrheit, sondern auch als Maßstab, an dem das höchste Amt, sogar das eines Apostels, geprüft werden sollte (Apg 17,11), ist konkurrenzlos.
Der Dienst ist die Ausübung einer Gabe des aufgestiegenen Herrn (Eph 4), der nicht nur zu Pfingsten seine kostbaren Gaben gegeben hat, sei es, um durch die Apostel und Propheten den Grund zu legen, sei es, um andere Gaben fortzuführen, bis der Leib im vollsten Sinne vollendet ist (V. 13). Aber seine Grundlage und seine Versorgung hängen von der Autorität des geschriebenen Wortes ab; und so ging Er voran, als Er auf der Erde war, der oberste Apostel unseres Bekenntnisses, wie Er der Hohepriester ist. Wer hat die Heilige Schrift so geehrt, geliebt und gebraucht, bei Gott, bei den Menschen und bei Satan? So sehen wir es bei allen inspirierten Schreibern. Was auch immer an neuen Wahrheiten zu vermitteln war, sie wurden vom Geist geleitet, um den Gläubigen die göttlichen Aussprüche der alten heiligen Schrift bis zum Äußersten einzuprägen. Niemand ist in dieser Hinsicht bemerkenswerter als der, der sich der Geringste aller Heiligen nennt, dem wir wie keinem anderen die Verwaltung des Geheimnisses verdanken, das von alters her in Gott verborgen war, jetzt aber offenbart ist (Eph 3), der der Versammlung diente (wie er in Kol 1 sagt), um das Wort Gottes zu vollenden.
Als Nächstes können wir beobachten, wie sorgfältig der Apostel Petrus jede Abhängigkeit nicht nur von der Tradition, sondern auch von kirchlichen Ämtern jeglicher Art nach seinem Abschied ausschließt. Wenn der Glaube schwindet und die Kraft der Wahrheit proportional dazu, dann verdrängt die Energie des Menschen den Heiligen Geist, und die Welt tritt mit der Liebe zu weltlichen Dingen ein, um die Liebe des Vaters zu verdunkeln, zu verfinstern und zu zerstören; äußere Dinge gewinnen einen ungebührlichen und zunehmend falschen Platz. Die Taufe und das Abendmahl des Herrn werden, statt an ihrem wahren Platz zu bleiben, schließlich zu Fallen des Irrtums und zu Werkzeugen der Zerstörung, da sie mit der Wirklichkeit der Gnade, die in Christus Jesus ist, ausgestattet sind. So war es auch mit den Ältesten, besonders als sie keine direkte oder indirekte apostolische Beglaubigung mehr hatten. Und so war es noch stolzer, als das Hirngespinst der apostolischen Aufeinanderfolge erdacht wurde, ganz zu schweigen von dem modernen Traum eines ganzen Zwölfer-Apostolats, das von Propheten ernannt wurde, die so anmaßend und falsch waren wie die Apostel selbst. Petrus schweigt über jede derartige Ressource für die Zukunft. Er wurde von Gott geführt, die Gläubigen mit den Schriften zu versorgen. „Ich will mich aber befleißigen, dass ihr auch zu jeder Zeit nach meinem Abschied imstande seid, euch diese Dinge ins Gedächtnis zu rufen.“
Genau so trug der große Apostel der Unbeschnittenheit den Ältesten oder Aufsehern der Versammlung in Ephesus auf, die ihn in Milet trafen: „Ich weiß, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch hereinkommen werden, die die Herde nicht verschonen. Und aus euch selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her. Darum wacht, und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen. Und nun befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade an, das vermag, aufzuerbauen und das Erbe zu geben unter allen Geheiligten“ (Apg 20,29‒32). Gerade die Ältesten würden eine Gefahr und ein Übel für sich selbst und die Jünger werden, nicht nur sie, sondern vor allem sie. Denn aus ihnen ging bald der Klerus (nicht begabte Männer) hervor, der zu Lebzeiten der Apostel unbekannt war. Hätte das Wort Christi reichlich in den Gläubigen gewohnt, so hätte es eine solche Veränderung nicht geben können. Man schaute auf den Menschen, und das Wort der Gnade Gottes wurde immer mehr vernachlässigt, vergessen und kraftlos.
Und wer, der die Christenheit betrachtet, oder sogar deren Teil, der sich einer offenen Bibel und der Trennung von den Götzendienereien und dem Heuchlerischen des Papsttums rühmt, kann bezweifeln, dass sich die Warnung des Apostels bewahrheitet hat und dass weit Schlimmeres geschieht ist? Wer kann die enormen Veränderungen in den letzten siebzig oder achtzig Jahren, die das Böse verbreiten und vertiefen, sei es im Aberglauben oder im Freidenkertum, ohne Demütigung und Entsetzen betrachten, es sei denn, er befindet sich in einem der beiden Irrtümer? Eines der schmerzlichsten und sichersten Zeichen für das Wirken des großen Feindes ist die fast universelle Ausbreitung des Irrtums und der Weltlichkeit, und zwar nicht nur in den größeren Gemeinschaften, sondern in allen, bis hinunter in die kleinsten. So ist es in der neuen oder westlichen Halbkugel wie in der älteren Welt; so ist es in fast jedem Land und in jeder Sprache, und ganz besonders in jenen, die einst alles bejubelten, was die Reformation den hungrigen und durstigen Sterblichen an Wahrheit zurückbrachte.
Wie wenig sind sich diejenigen, die sich des Lichts, der Freiheit und des Fortschritts des beginnenden Jahrhunderts rühmen, bewusst, dass sowohl die sinnlichen und sentimentalen kirchlichen Erwecker als auch die irreligiösen Intellektuellen, die die heiligen Schriften verfälschen, schnell den Weg für das vorbereiten, was der Apostel Paulus den Abfall nennt, wenn sowohl das Alte Testament als auch das Neuen Testament mit Hohn und Spott verworfen werden; wenn der Erlöser und sein Kreuz, seine Herrlichkeit im Himmel und seine Wiederkunft Ziele des offenen Spottes und der allgemeinen Verhöhnung sein werden! Das Christentum wird in seiner Gesamtheit von Katholiken und Protestanten, von Episkopalen und Presbyterianern, von Unabhängigen und Baptisten, von Wesleyanern und so weiter, von Quäkern, passiven Widerständlern und Disputanten aller Art abgelehnt werden. Die weit verbreitete Vernachlässigung des prophetischen Wortes wird die furchtbare Katastrophe nur beschleunigen.