Behandelter Abschnitt 1Pet 5,1-4
Nun wendet sich der Apostel an die, die die Führung in der Verwaltung der Gläubigen übernommen haben, wie er schon die Begabten ermahnt hatte (1Pet 4,10.11), nachdem er den allgemeineren Aufruf zu eifriger Liebe und barmherziger Gastfreundschaft ausgesprochen hatte (V. 8.9).
Die Ältesten nun unter euch ermahne ich, der Mitälteste und Zeuge der Leiden des Christus und auch Teilhaber der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, indem ihr die Aufsicht nicht aus Zwang führt, sondern freiwillig, auch nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig, und nicht als solche, die über ihre Besitztümer herrschen, sondern die Vorbilder der Herde sind. Und wenn der Erzhirte offenbar geworden ist, so werdet ihr die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen (5,1–4).
So wie das Herz des Apostels beim Schreiben der ersten Verse von 1. Petrus 2, die an den denkwürdigen Abschnitt in seinem Leben erinnerten, als der Erlöser ihm seinen neuen Namen gab, übersprudelte, schwoll es nicht auch mit tiefster Dankbarkeit und bescheidenem Lob an, als er jetzt an die Ältesten schrieb und an die Gnade erinnerte, die vor seinen Brüdern denjenigen wieder einsetzte, der ihn dreimal verleugnet hatte? Weide meine Lämmer; hüte meine Schafe; weide meine Schafe (Joh 21,15.17.18). Ja, Petrus wurde dazu gebracht, zu empfinden und einzugestehen, dass seine Liebe zum Heiland, derer er sich einst rühmte, so sehr gescheitert war, dass nur der Herr, der alle Dinge wusste, den Grund seines Selbstbewusstseins erkennen konnte. Trotz alledem wusste der Herr, dass er Ihn innig liebte! Damals und dort vertraute Er ihm das an, was Ihm am teuersten war, seine Lämmer und Schafe, um seine Herde zu hüten und zu weiden. In gleicher Liebe wendet sich Petrus an die Ältesten als Mitältester. Obwohl er Apostel ist, geht er, soweit dies möglich war, gemeinsame Wege, wie es die Gnade gern tut, um ihre selbstlosen Ziele zu fördern. Wahrer Dienst, wie auch Führerschaft, gründet sich auf Liebe; und die Liebe des Dieners fließt aus der des Erlösers. Aber das Ich muss in seinem Stolz, seiner Eitelkeit und seiner Wertlosigkeit verurteilt werden, damit die Liebe göttlich und rein sein kann.
Die Menschen verkehrten bald den Dienst in Herrschaft, obwohl unser Herr die Gefahr im Voraus sah und davor warnte und das Prinzip der Gnade einpflanzte, das, wenn es im Glauben aufrechtgehalten wird, geeignet ist, vor diesem Übel zu bewahren und das Herz Gott gemäß zu formen. Dieses Übel war so kühn und unverbesserlich, dass es die Apostel sogar bis zum letzten Passah und dem Abendmahl verfolgte. „Die Könige der Nationen herrschen über sie, und die, die Gewalt über sie ausüben, werden Wohltäter genannt. Ihr aber nicht so; sondern der Größte unter euch sei wie der Jüngste, und der Führende wie der Dienende. Denn wer ist größer, der zu Tisch Liegende oder der Dienende? Nicht der zu Tisch Liegende? Ich aber bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Lk 22,25‒27). Gepriesener Herr, Du selbst warst mitten unter ihnen als der Dienende! Damals auf der Erde, jetzt im Himmel, in der Herrlichkeit, nicht nur an jenem Tag, sondern für immer. Wenn das Reich aufgegeben und alles unterworfen ist, dann wirst Du, der Sohn, dem unterworfen sein, der Dir alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei! Das wird die Vollkommenheit in aller Fülle sein, wie es deine Gnade ist, sie ohne Ende zu bewirken!
Aber was für eine Verderbnis in der Christenheit, ein lauter Widerspruch zum Christentum, den Dienst des Herrn in weltlichen Rang und Mittel zu verwandeln, dem Stolz des Lebens nachzueifern mit dem Anspruch auf Überlegenheit über rivalisierende Gruppen, im Namen des Gekreuzigten, der hier nicht hatte, wo Er sein Haupt hinlegen konnte, und festlegte, dass es dem Jünger genügt, wie sein Lehrer zu sein, und einem Knecht wie seinem Herrn!
Es war nicht nur ein Abweichen von der Schrift in weltlicher Hinsicht, sondern auch in kirchlicher Hinsicht. Denn es ist die anerkannte Tradition unter den alten Systemen, katholisch und protestantisch, dass dem Bischof oder Aufseher die Autorität der Weihe, der Konsekration von Personen und Orten und der Exkommunikation zukommt. Das geschriebene Wort ist jedoch eindeutig, dass das, was als Ordination bezeichnet wird, ausschließlich den Aposteln oder einem apostolischen Beauftragten wie Timotheus oder Titus zustand, der zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort tätig werden sollte. Sogar als die Versammlung gottesfürchtige Männer für den äußeren oder diakonischen Dienst auswählte, wie die sieben in Jerusalem, wurden sie von den Aposteln mit dieser Aufgabe betraut (Apg 6,3). Aber die Versammlung hat in der Heiligen Schrift nie Älteste gewählt haben, sondern nur ein Apostel oder ein Beauftragten durch seine Autorität.
So lesen wir, dass die Apostel Paulus und Barnabas bei ihrer Rückkehr zu den versammelten Gläubigen in jeder Versammlung Älteste für sie wählten (Apg 14,23). Ist es nötig zu sagen, dass Timotheus und Titus später diesem Vorbild folgten, als sie ermächtigt wurden, in ähnlicher Weise zu handeln, wo Paulus nicht sein konnte? Ihre Anweisungen sind einfach und klar, wie wir sehen können; und sie waren treu. Sogar die kompetenten Verfechter des Episkopats erkennen an, dass es in der apostolischen Zeit in jeder örtlichen Versammlung Älteste gab, und dass diese Ältesten Aufseher waren; die Unterscheidung, die im zweiten Jahrhundert zu finden ist, war im ersten Jahrhundert unbekannt, nicht einmal ein Führer unter Gleichen. „Der“ Bischof taucht zum ersten Mal in den Briefen des Ignatius auf, der (wenn nicht der Erfinder dieses bis dahin unbekannten Amtes, so doch entgegen aller biblischen Tatsachen und Ordnungen) der erste ist, der dessen Existenz und hohe Stellung annimmt. Seine Zuständigkeit war auf die Stadt beschränkt. Der Diözesanbischof war später ein weiterer und erheblicher Schritt weg von der Schrift, ebenso wie andere höhere Würdenträger, als die Kirche ihren wahren Charakter verlor und in der Welt aufging oder aufstieg, bis die Rivalität der Bischöfe von Rom und Konstantinopel zu einem Kampf um die Vorrangstellung zu Ehren des alten oder neuen Roms als Herrin der Welt wurde, wobei das Amt, wie es in Gottes Wort festgelegt ist, lange vergessen und verachtet wurde.7
Denn darin wird Ältestenschaft niemals mit Gabe verwechselt, ob die χάρισμα (Röm 12; 1Kor 12 und 1Pet 4) oder die δόμα (Eph 4). Denn diese hängt von Christus als dem Geber und dem Heiligen Geist als der Kraft ab und bedurfte niemals menschlicher Wahl oder Ernennung, wie es bei Ältesten der Fall war. Der Herr hat sie direkt gegeben. Weder Evangelisten noch Hirten und Lehrer konnten zwischengeschaltet werden, ebenso wenig wie Apostel oder Propheten (die die Grundlage bildeten und deshalb nicht weitergeführt wurden). Die apostolische Sukzession ist ein bloßes Märchen, das zu Ehren des Bischofs erdacht wurde, als er nach dem Tod der Apostel zu einem Aufseher über die Aufseher, ganz zu schweigen von allen anderen, und in der Tat zu einem Schöpfer von ihnen erhoben wurde. So entsteht jene dreifache Besonderheit, von der so viele begeistert waren und sind: der Bischof, die Presbyter und die Diakone, die eine weitere Verwandlung der Presbyter in Priester erfahren, eine Verwandlung, die dem Christentum und der Kirche noch mehr widerspricht.
Der Anspruch, wie ein Apostel oder sein Beauftragter zu weihen, würde bald erhoben werden. Die Weihe von Personen und Orten würde bald folgen und tat es auch, obwohl sie dem Neuen Testament völlig fremd war und eher von den Heiden als vom Judentum übernommen wurde, das nur ein einziges heiliges Zentrum anerkannte. Der Anspruch, zu exkommunizieren, war ein kühner Widerspruch zum Willen und Wort des Herrn, der diese ernste Verantwortung den versammelten Gläubigen übertrug, die in seinem Namen richteten (1Kor 5). Der Apostel Petrus befasste sich persönlich mit einem Ehemann und einer Ehefrau, die sich einer heuchlerischen Lüge schuldig gemacht hatten, der beide zugestimmt hatten. Der Apostel Paulus konnte Gotteslästerer oder andere große Übeltäter dem Satan übergeben und tat dies auch. Aber wir können sicher sein, dass keiner von beiden die Funktion der Versammlung an sich reißen würde, als es darum ging, die Glieder, die sich nach vorheriger Ermahnung schuldig gemacht haben, ohne Reue in Sünden zu verharren, die mit der Gegenwart Gottes unvereinbar sind, von sich zu weisen. Daher befiehlt er den Versammlungen ein bestimmtes Vorgehen, um die Gläubigen von dem zu befreien, was zu ihrer Verunreinigung und zu seiner Entehrung getan wurde. Er hatte (wenn auch aus der Ferne) ein zuverlässiges Zeugnis und genug, um die Tat zu beurteilen; aber er beharrt auf der Notwendigkeit, dass sie solche Übel, wie er sie anzeigt, beurteilen. „Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seiet, wie ihr ungesäuert seid. Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet worden. Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit. ... Denn was habe ich die zu richten, die draußen sind? Ihr, richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Die aber draußen sind, richtet Gott; tut den Bösen von euch selbst hinaus“ (1Kor 5,7.8.12.13). Das ist das Gebot des Herrn an die Versammlung, nicht an „die Aufseher“, nicht an die Ältesten, nicht an die vielen Gaben, die es damals gab, sondern an die gesamte Versammlung in Korinth. Wer kann das leugnen?
Die Ältesten werden hier von ihm als Mitälteste ermahnt; aber einer, der „Zeuge der Leiden des Christus und auch Teilhaber der Herrlichkeit, die offenbart werden soll“, ist (V. 1). Es ist eine treffende und präzise Beschreibung der Tatsachen, die genau zu seinem Brief passt. Er war wahrhaftig einer der „Apostel des Lammes“, wie wir in Offenbarung 21,14 von ihnen hören. Es ist gut bemerkt worden, wie ausgeprägt der Platz war, den die göttliche Gnade Paulus zuwies; denn es lag in der Souveränität Gottes, dass er Zeuge der Herrlichkeit Christi und auch Teilhaber seiner Leiden war, und zwar in beiderlei Hinsicht über das Los jedes anderen.
Es war und ist von allergrößter Wichtigkeit, „die Herde“ als Gottes Herde zu betrachten; und das umso mehr, als es die Gewohnheit selbst ausgezeichneter Personen ist, diese Wahrheit zu vergessen und anzunehmen, dass die Schafe, die sie weiden und hüten, ihre Herde sind. Ein solcher Gedanke verrät eine unwissentliche Verleugnung der Rechte Gottes und verfälscht die Beziehung zu seinen Schafen und führt zu einer falschen Auslegung seines Wortes zum Schaden seiner Diener selbst als auch der Gläubigen. Nehmen wir den verbreiteten Missbrauch von Hebräer 13,17, der besagt, dass diejenigen, die leiten oder das Sagen haben, Rechenschaft über die Seelen ablegen müssen, die ermahnt werden, ihnen zu gehorchen. Die Wahrheit ist, dass die Führer aufgerufen sind, zu ihren Gunsten zu wachen, da sie nicht über die Schafe, sondern über ihr eigenes Verhalten ihnen gegenüber vor dem Herrn Rechenschaft ablegen müssen. Auch die Einheit der Herde Gottes wird von nicht wenigen untergraben, die ohne die geringste Berechtigung davon reden, dass sie aus vielen Scharen besteht. Im Gegenteil, der Herr zeigt in Johannes 10 nicht nur, dass er die jüdische Herde verlässt und seine Schafe hinausführt, sondern auch, dass er andere Schafe hat, die nicht zu dieser Herde gehören, nämlich heidnische Gläubige, die beide die eine Herde bilden sollten, da Er der eine Hirte ist. Von nun an sollte es keine Herde mehr geben, noch weniger viele Herden, sondern seine neue Herde. Die eine Herde Christi umfasst alle Christen. Die Schafe könnten sich hier, dort und überall zu seinem Namen versammeln, mit vielen Unterhirten; aber wie Er sagt: „Und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein“ (Joh 10,16). Das ist die christliche Wahrheit. „Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, indem ihr die Aufsicht nicht aus Zwang führt, sondern freiwillig, auch nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig“ (V. 2). Sie steht nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade, und der Eifer der Liebe wird erhellt und ermutigt und gestärkt durch die Krone der Freude in denen, die gehütet werden, in der Gegenwart des Herrn Jesus bei seiner Ankunft, dem Gegensatz zum schändlichen Gewinn in diesem Leben.
Vor einer anderen Gefahr werden sie gewarnt: „und nicht als solche, die über ihre Besitztümer herrschen, sondern die Vorbilder der Herde sind“ (V. 3). Wenn das Eigentum, das das Fleisch für sein Eigentum hält, für den Mann des Glaubens nicht wirklich ein solches ist, sondern vielmehr das Gut des Meisters, das ihm als Verwalter anvertraut wurde, wie viel mehr müssen sich die Ältesten davor hüten, sich über die zugewiesene Verantwortung hinwegzusetzen, als ob es ihr eigenes wäre. Nein, sie sollen zu Vorbildern der Herde werden, indem sie sich ständig daran erinnern, dass es Gottes Herde ist, und dass sie dem Herrn Rechenschaft darüber ablegen müssen, wie sie seine Schafe geführt haben, ebenso wie über ihren eigenen täglichen Wandel. „Und der Herr sprach: Wer ist nun der treue und kluge Verwalter, den sein Herr über sein Gesinde setzen wird, ihnen zur rechten Zeit die zugemessene Nahrung zu geben? Glückselig jener Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, damit beschäftigt finden wird! In Wahrheit sage ich euch, dass er ihn über seine ganze Habe setzen wird“ (Lk 12,42-44). So spricht der Apostel hier: „Und wenn der Erzhirte offenbar geworden ist, so werdet ihr die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen“ (V. 4). Leider schwand die gesegnete Hoffnung bald aus ihren Herzen, und das Amt des Aufsehers wurde in einen Titel irdischer Ehre und Belohnung umgewandelt, und die Stellung wurde zu einer herrschaftlichen Einsetzung, wenn nicht gar zu einem Thron; so dass Petrus, wenn er die Dinge so sehen dürfte, wie sie jetzt sind, das Amt, wie es Gott entsprach, nicht unter dem erkennen könnte, was es nach dem Willen der Menschen in der Christenheit geworden ist. Ist dies eine Übertreibung oder die Wahrheit in Liebe? Wie tief ist der Fall wirklich!
7 Alle sind sich des Versuchs bewusst, aus den „Engeln“ den Versammlungen in der Offenbarung Kapital zu schlagen, oder können es sein. Aber dies ist kein Amtstitel und war es auch nie, außer bei den Irvingianern, obwohl Episkopale, Presbyterianer und Kongregationalisten alle danach gestrebt haben (zu Ehren und zur Unterstützung ihrer gegensätzlichen Theorien), ihn von seiner außergewöhnlichen Stellung in dieser großen Prophezeiung abzulenken. Es handelte sich tatsächlich um einen repräsentativen Mann in jeder der sieben Versammlungen in Kleinasien, den der Herr als mit dem Guten oder Bösen dieser verschiedenen Gemeinschaften identifiziert ansah. Er könnte ein Ältester oder ein Lehrer oder beides oder vielleicht keines von beidem sein; aber er muss irgendwie für den Zustand der Versammlung verantwortlich sein, um hier als ihr „Engel“ angesprochen zu werden: ein Mensch natürlich und kein unsichtbares Wesen, ebenso wenig wie ein neuer Beamter.↩︎