Behandelter Abschnitt 1Pet 4,7-11
Wir können hinzufügen, dass die ähnlich missverständliche Stelle in 1. Petrus 3,19.20 nicht von einer solchen „guten Botschaft“ spricht und somit eine andere Bedeutung hat. Es war einfach Noahs Verkündigung der kommenden Sintflut als „Prediger der Gerechtigkeit“ und betraf die, die wegen ihres Ungehorsams umkamen und zum Gericht aufbewahrt werden. Aber hier ist von der guten Botschaft die Rede; und wie der Zusammenhang beweist, gilt dies für alle, die in der Vergangenheit das Evangelium gehört haben. Diejenigen hingegen, die aus Gnade die gute Botschaft gehört haben, die gesandt worden ist, leben Gott gemäß nach dem Geist kraft des Wortes, das durch den Glauben an Christus belebt und die gute Frucht hervorbringt, die diesem Leben praktisch entspricht. Jeder, der mit der Sprache vertraut ist, muss die große Genauigkeit anerkennen, mit der der Apostel Petrus, der gewiss kein Mann der Buchstaben oder der Gelehrsamkeit war, einerseits zu dem präzisen κηρύσσω und κήρυξ und andererseits zu dem entsprechenden εὐαγγελίζω geführt wurde.
In der Bereitschaft des Herrn, zu richten, liegt in ihrem ganzen Ernst für den Menschen die Erinnerung an das nahende Ende alles Bestehenden begründet. Dies wird in einem solchen Eingreifen vorausgesetzt.
Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet. Vor allem habt untereinander eine inbrünstige Liebe, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden. Seid gastfrei gegeneinander ohne Murren. Je nachdem jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dient einander damit als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes. Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen (4,7–11).
Der Heilige Geist hält nicht nur die leuchtende Hoffnung auf das Kommen des Herrn für die Gläubigen, sondern auch das Ende des Tages des Menschen für die Erde als aufrecht und nahe. Die Welt lehnt die Warnung ab oder macht sie lächerlich. Sogar Gläubige vergessen sie als lebendiges Wort Gottes für jeden Tag; und wenn sie sich mit menschlichen Interessen und den Gedanken der Menschen vermischen, werden sie müde, schämen sich der Wahrheit, entschuldigen oder beschönigen die Worte des Herrn und der Apostel, so dass sie im Endeffekt wie der böse Knecht in seinem Herzen sagen: „Mein Herr zögert sein Kommen hinaus“ (Lk 12,45), was sowohl die Ursache als auch die Folge der zunehmenden Weltlichkeit ist. Sogar das Warten auf die ausführende Vorsehung untergräbt und zerstört in der Zwischenzeit die trennende und das Herz erhebende Kraft des Wartens auf Christus.
Aber das Wort, das hier aus dem Glauben an das bevorstehende Ende aller Dinge hervorgeht, lautet: „Seid nun besonnen“, das heißt geistlich gesund; „und seid nüchtern zum Gebet“: eine ganz andere Haltung als die Aufnahme in die Zeitung und in jede aufregende Bewegung nach Westen oder Osten, die so oft die oberflächlichen Leser der Prophetie verblasst und enttäuscht. Die Hoffnung schaut wie der Glaube auf Gott, erwartet Ihn in Geduld und schämt sich nicht. Der Christ sollte nie vergessen, dass er ein Christ ist und dem Gekreuzigten, aber Verherrlichten nachfolgt, zufrieden – ja frohlockend – auszuharren, bis wir zusammen mit Ihm bei seiner Erscheinung und seinem Reich herrschen. Es ist nicht unsere Aufgabe, über die Auflehnung Israels und die vorübergehenden Ungeheuerlichkeiten der heidnischen Mächte zu donnern und zu jubeln, wie es die Menschen unter dem Gesetz zu tun pflegten. Wenn wir entrückt werden, wird es die Aufgabe des gottesfürchtigen Überrestes auf der Erde sein, noch einmal den Ruf zu erheben: „Bis wann, o Herrscher, der du heilig und wahrhaftig bist, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?“ (Off 6,10). Gesegnete Gläubige werden sie sein, aber nicht mehr Christen im vollen Sinn als die Gläubigen des Alten Testaments vor uns.
Die Gläubigen werden nun ermahnt, auf das Gebet zu achten; wie ein anderer Apostel seine geliebten Philipper aufforderte: „Der Herr ist nahe. Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden“ (V. 5.6). So soll der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, ihre Herzen und ihre Gedanken in Christus Jesus bewahren. Das ist die wahre christliche Erfahrung. Noch ausgedehnter und tiefer ist das Wort in Epheser 6, wo der Apostel sagt: „mit allem Gebet und Flehen in dem Geist, und hierzu wachend in allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen“ (V. 18). „Vor allem habt“ (denn das sollte in der Praxis vor allen anderen Dingen Vorrang haben), fügt er hinzu, „eine inbrünstige Liebe, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden“ (V. 8): Dieser letzte Satz ist eine Anwendung von Sprüche 10,12. Da der Hass aus allem das Schlimmste macht, hat die Liebe das Recht, die Dinge zu verbergen, und Gott billigt sie, weil sie seinem eigenen Wesen entspricht. Es ist überflüssig zu sagen, dass die heilige Zucht ihre notwendige, aber leidvolle Wirkung behält.
Als Nächstes sagt der Apostel, als eine andere Form der Liebe: „Seid gastfrei gegeneinander ohne Murren“ (V. 9). Sicherlich passen Murren und Missgunst nicht zu einer heiligen und königlichen Priesterschaft. Praktische Herzensgüte auf diese Weise fördert die Gemeinschaft und stärkt die Bande der Gnade. Es bildet einen schönen Gegensatz zur Selbstsucht des Menschen, der nach seinen eigenen Dingen trachtet und sich über alles andere beklagt.
Auch die Gaben (V. 10.11) dienen, wenn sie nach Gottes Willen eingesetzt werden, demselben Zweck und noch viel größeren, nämlich der Vervollkommnung der Heiligen, dem Dienst und der Auferbauung des Leibes Christi.
Aber unser Apostel ist wie immer äußerst direkt und praktisch: „Je nachdem jeder eine Gabe empfangen hat“, so sollen sie sie einander zukommen lassen, „als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes“ (V. 10). Das ist genau das, was menschliches Organisieren behindert. Wie traurig, dass Gläubige jede Einmischung in Gottes Willen und Wege gutheißen! Es ist nicht das Recht eines jeden, das angemahnt wird, sondern die Verpflichtung aus den Gaben Gottes, alles in Verantwortung vor Ihm zu nutzen. „Im Übrigen sucht man hier an den Verwaltern, dass einer für treu befunden werde“ (1Kor 4,2), vom Größten bis zum Geringsten, denn sonst werden Gottes Rechte verletzt und seine Gnade wird so weit zurückgedrängt.
Der Apostel teilt die Gaben in zwei allgemeine Klassen ein, in die
des Redens und in die des sonstigen Dienstes. „Wenn jemand redet, so
rede er als Aussprüche Gottes“ (V. 11). Damit ist nicht nur das Reden
nach der Schrift gemeint, das fehlgeleitet werden und so sogar Schaden
anrichten könnte, wie zum Beispiel Ermutigung, wenn Zurechtweisung
angebracht wäre, oder das Gegenteil. Nicht einmal ein begabter Mensch
sollte sprechen, ohne sich des Geistes Gottes für den jeweiligen Moment
und Fall sicher zu sein. Wie viel würde erspart bleiben, wenn diese
göttliche Regel wirklich empfunden würde! Und weiter heißt es: „Wenn
jemand dient, so sei es aus der Kraft, die Gott darreicht“. Kreative
Vorteile könnten auf beiden Seiten eine Falle sein. Sogar im zeitlichen
Dienst, der so vom Wort unterschieden wird, ist die richtige Kraft die,
die von Gott kommt, und nicht menschliche Fähigkeit, Leistung, Rang oder
Reichtum. Man vergleiche dazu den „Dienst“, das „Geben“ und
„Barmherzigkeit üben“ in Römer 12 und die „Hilfeleistungen“ in
Es ist bemerkenswert, wie sehr sich die Heilige Schrift in diesem Punkt, wie üblich, von den Gedanken und der Sprache der Christenheit unterscheidet. Denn die Schrift wird so sehr ignoriert, sogar von Menschen, die eifrig bemüht sind, sie in allen möglichen Versionen in der ganzen Welt zu verbreiten, dass sie den „Dienst“ auf das öffentliche Reden beschränken und nie in Betracht ziehen, dass Gott jeden wirklichen Dienst, der nicht diesen mündlichen Charakter hat, ebenso würdigt.
Aber „Gaben“ in jeder Form werden im inspirierten Text so bezeichnet, und ihre freie und heilige Ausübung wird als von einem solchen Spender stammend beansprucht, „damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen“ (V. 11c). Denn so brannte der glühende Geist des Apostels, als er diese Dinge an die Gläubigen in Kleinasien schrieb; und Gott hat sie auch für uns aufbewahrt.