Behandelter Abschnitt 1Pet 1,18-19
Die Furcht, in der die Gläubigen aufgefordert wurden, die Zeit ihrer Fremdlingschaft zu verbringen, ist am weitesten entfernt von jenem Zweifel an sich selbst und dem Misstrauen gegenüber der Gnade Gottes, die zusammengehören, wenn sie nicht die beiden Seiten desselben Unglaubens sind, der Christus, wie Er im Evangelium offenbart ist, außen vor lässt. Eine solche Furcht wird durch die folgenden Worte gänzlich ausgeschlossen, da sie die eingeschärfte Furcht auf die tröstliche und sichere Tatsache gründen, erlöst worden zu sein, und zwar erlöst durch das, was von allen Dingen das Kostbarste für Gott und das Wirksamste für die Sünder ist: indem ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken (1,18.19).
Die jüdischen Gläubigen hätten mit der Erlösung vertraut sein müssen. In ihrer irdischen und zeitlichen Gestalt ist sie die zentrale Wahrheit des zweiten Buches Mose, in dem ihre bittere Knechtschaft und Unterdrückung den Anfang bildet und Gott, der in der Stiftshütte in ihrer Mitte wohnte, auf der Grundlage dieser Erlösung den Schluss bildet. Aber sie kamen auch unter das Gesetz, das Israel zu befolgen sich verpflichtete. Damit ließen sie die Verheißungen an die Väter fallen und vernachlässigten die Gnade, die ihnen vom Roten Meer bis zum Sinai erwiesen worden war. Das war fatal; nicht weil das Gesetz nicht gut war, sondern weil sie schwach und gottlos waren, Sünder und Feinde, wie ein anderer Apostel den natürlichen Zustand des Menschen beschreibt (Röm 5). Für sie muss sich das Gesetz als ein Dienst des Todes und der Verdammnis erweisen, ganz gleich, wie viel Langmut und Güte es auch zeigen mag. Und so war es auch für das auserwählte Volk, das sich blind und selbstgerecht auf die gesetzlichen Bedingungen berief.
Nun ist es die Gnade, durch die jeder gerettet wurde oder werden kann, und daher durch den Glauben. Dies wurde ihren Vätern so deutlich, wie es keine Schatten vermitteln können, in dem zweifachen Vorbild des Passahs des Herrn und Israels Durchzug durch das Rote Meer bezeugt. Das Blut des Lammes, das an die Türpfosten und den oberen Türsturz jedes Hauses gesprengt wurde, drückte in diesem Bild das Opfer Christi aus (1Kor 5). Dies allein konnte sein moralisches Urteil völlig erfüllen und ein Volk, das ihm zu Recht ausgesetzt war, nicht nur abschirmen, sondern ihm auch die Möglichkeit geben, das Lamm zu essen und in sich aufzunehmen. Mit bitteren Kräutern sollten sie essen; denn die Reue gegenüber Gott musste mit dem Glauben verbunden sein, dass Er das Blut in dieser Nacht sehen und an allen besprengten Türen vorbeigehen würde; auch mit umgürteten Lenden, Schuhen an den Füßen und den Stab in der Hand, als Fremde, die von nun an Ägypten den Rücken zukehrten, um nach Kanaan zu ziehen, während sie die Wüste durchquerten. Aber es gab eine große Ergänzung – den Durchzug durch das Rote Meer, der die Auferstehung mit dem Tod des Herrn Jesus für uns bildlich verbindet. Hier wurde göttliche Macht in gerechter Weise für sein Volk ausgeübt, was ohne das Blut des Opfers nicht möglich gewesen wäre, aber nun die Macht des Feindes zunichtemachte und sie berechtigte, als Erlöste zu singen, wobei auch der Herr nicht mehr als Richter ausgeschlossen war, sondern sie anführte und siegreich für sie kämpfte. Christus war nicht nur ein Sühnopfer durch den Glauben an sein Blut, sondern wurde für unsere Übertretungen hingegeben und zu unserer Rechtfertigung auferweckt (Röm 4,25). Es ist Gott für uns (Röm 8), aber durch Christus, der sich für unsere Sünden hingegeben hat, um uns aus dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf herauszunehmen. Dadurch werden wir zu Gott gebracht, noch nicht in den Himmel, obwohl wir dazu bereit sind, wie Kolosser 1,12 klar und deutlich sagt.
Von dieser Erlösung spricht Petrus, wenn er den Gläubigen sagt, dass sie „erlöst“ wurden und dass sie es wussten (εἰδότες). Es handelte sich nicht mehr um eine rein objektive Tatsache, die sie zunächst durch den Glauben begreifen mussten, sondern um eine innere Erkenntnis durch den Heiligen Geist. Und der Hebräerbrief charakterisiert sie im Gegensatz zu dem vorangegangenen Muster als eine „ewige Erlösung“ (9,12). Es bedurfte einer ewig göttlichen Person, die sich herabließ, Mensch zu werden, um sie durch seinen Sühnungstod zu erlangen; und nachdem Er sie erlangt hatte, ging Er ein für alle Mal in das himmlische Heiligtum hinein, wo wir Ihn jetzt in der Höhe wissen. Die Erlösung ist also ein vollendeter Zustand von reicher und unmittelbarer Bedeutung für Gott, der durch sie verherrlicht wird, und für den Gläubigen; und für seine Annahme ist nicht nur die Auferstehung Christi die Garantie, sondern auch sein Sitzen zur Rechten Gottes oben.
Es gibt noch eine andere und zukünftige Anwendung der göttlichen
Macht, die Erlösung genannt wird, wie in Römer 8 für „unseren Leib“,
wenn dieser bei Christi Ankunft auferweckt oder verwandelt wird (1Kor 15,23); so auch für den erworbenen Besitz, „unser Erbe“ (Eph 1,14: vgl.
Röm 8,19-22). Aber auch diese Kraft seiner Herrlichkeit gründet sich auf
sein Werk wie auf seine Person. Das gleiche Prinzip gilt für die sehr
häufige Verwendung des Begriffs in den Psalmen und Propheten für die
zukünftige Befreiung Israels und sein Reich auf der Erde (siehe Ps 103,4; 106,10; 107,2; Jes 35,9, und andere Stellen, Jes 41,14, und so
weiter, Jes 43,1; 44,22.23; 48,20; 52,9; 63,9). Auch ein anderes Wort
drückt es aus, wie in Jesaja 1,27; 29,22; 35,10; 51,11;
Wahre Erlösung war keine bloße Befreiung durch Mittel von Geschöpfen, wie sie die Kinder Israels kannten, als jeder bei ihrer Zählung dem Herrn ein Lösegeld für sich als Lebenden geben musste, „damit keine Plage unter ihnen sei“. Hier ging es nicht um Sünden oder Opfer, sondern um ein Lösegeld für sein Leben gegen das Gericht. Daher war der Grundsatz ein heiliger halber Sekel nach dem Sekel des Heiligtums. „Der Reiche soll nicht mehr geben und der Arme nicht weniger als die Hälfte eines Sekels, wenn ihr das Hebopfer des Herrn gebt, um Sühnung zu tun für eure Seelen“ (2Mo 30,15).1 Dies war ein schönes Zeichen dafür, dass jeder vom Volk, alle in gleicher Weise, dem Herrn, seinem göttlichen Beschützer und Herrscher, angehörten. Aber im Angesicht Christi und seiner Erlösung, die wir bereits besaßen, waren sogar das Silber, das die Gnade vorschattete, oder das Gold, das die göttliche Gerechtigkeit darstellte, nur „vergänglich“ und verblassten vor der Herrlichkeit, die alles übersteigt und bleibt (2Kor 3,9-11).
Es ist bemerkenswert, dass die Gläubigen hier unter anderem von ihrem „eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel“ erlöst werden mussten. Es ist schwer vorstellbar, dass die Sprache so präzise ist, um nicht heidnische Götzendiener, sondern die Juden seit den Makkabäern in ihrer Hartnäckigkeit der Tradition vom Vater auf den Sohn zu beschreiben. Früher, vor der babylonischen Gefangenschaft, liefen Könige, Priester und das Volk den Abscheulichkeiten der Heiden nach. Aber dieser abscheulichen Begierde nach fremden Göttern lernten sie abzuschwören; und sogar Antiochus IV (Epiphanes). konnte Jerusalem und den Juden seine profane Hellenisierung nur für eine gewisse Zeit durch Verrat und Gewalt, durch Plünderung und Gemetzel aufzwingen. Unser Herr selbst warf sogar den Rechtgläubigen und Gelehrten unter ihnen förmlich vor, die ernstesten Pflichten des Gesetzes auf seiner menschlichen Seite und damit das Wort Gottes wegen der Tradition der Ältesten zu neutralisieren. Das machte sie zu „Heuchlern“. „Und der Herr hat gesprochen: Weil dieses Volk sich mit seinem Mund naht und mich mit seinen Lippen ehrt und sein Herz fern von mir hält und ihre Furcht vor mir angelerntes Menschengebot ist“ (Jes 29,13); das ist eine Prophezeiung, die ihre endgültige Not, aber auch ihre Erlösung im tiefsten Stadium sowie ihren sündhaft blinden Zustand, der sie so tief hinabgeführt hat, am Ende des Zeitalters für immer vergehen lässt, umfasst.
Kann es einen aussagekräftigeren Kommentar zu der Beschreibung ihres Zustandes durch den Apostel geben, bevor sie erlöst wurden? Ihre Lebensweise hatte, sogar in religiöser Hinsicht, weder Zweck noch Ergebnis. Zweifellos könnte man das auch vom Heidentum sagen, das nur eine Lüge war, hinter der Dämonen standen; aber wie nachdrücklich ist es, wenn es wirklich auf Menschen angewandt wird, die überzeugt sind, ein Führer der Blinden und ein Licht in der Finsternis zu sein! Nur unter den Juden hatten die frühen Väter einen Anspruch von Gott. Aber das war für seine Verheißungen, nicht für irgendeine ihrer Traditionen, wie die Söhne sich einbildeten. Denn die Wahrheit ist: „denn einer ist euer Vater – der im Himmel ist“ (Mt 23,9), sagte der Herr zu den Jüngern. Die Vorväter, von denen die Schrift einen zuverlässigen und traurigen Bericht gibt, waren ihr Vertrauen, nicht der lebendige Gott. Sie waren schuldig, weil nur sie diese sicheren und eindeutigen Aussprüche kannten; die Heiden aber kannten sie nicht und füllten die Lücke mit den trügerischen Mythen der Dichter. Die heidnische Religion, wie auch ihre Weisheit, kam nicht von oben herab, sondern war irdisch, sinnlich und teuflisch. Welch ein Gegensatz zu der unseren, die ihren Mittelpunkt in Christus hat und ihre Grundlage in seiner Erlösung, ihre Verherrlichung in Gott, ihre Satzung in seinem Wort und ihre Kraft in dem vom Himmel gesandten Heiligen Geist!
Daher heißt es hier, die Erlösung geschehe „mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“ (V. 19). Die Reihenfolge im Griechischen, die einige auch im Englischen bevorzugen, ist „mit dem kostbaren Blut wie eines Lammes ..., Christus“, dicht gefolgt von „zwar zuvorerkannt“ und so weiter in Vers 20. Die Wahrheit im Kern bleibt dieselbe. Ausgerechnet das Blut Christi ist kostbar. „Und ohne Blutvergießung gibt es keine Vergebung“ (Heb 9,22); durch sein Blut wird unser Gewissen von toten Werken gereinigt, um dem lebendigen Gott zu dienen (Heb 9; 10). Nicht nur werden die Gläubigen dadurch erlöst, wie hier, sondern es ist eine ewige Erlösung, wie wir gesehen haben. In Christus haben wir durch sie die Erlösung, noch nicht des Leibes, aber die Vergebung der Vergehungen (Eph 1,7). Es gab auch nicht nur Vergebung, sondern auch Frieden durch das Blut seines Kreuzes (Kol 1,20) und Rechtfertigung kraft dieses Blutes (Röm 5,9). Denn wie Er uns liebt, so hat Er uns in seinem Blut von unseren Sünden gewaschen (Off 1,6). So wie wir jetzt den Kelch des neuen Bundes in seinem Blut trinken, so wird im Himmel das neue Lied von dem geschlachteten Lamm gesungen, das Gott durch sein Blut erkauft hat aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen (Off 5). Ist es nicht tatsächlich kostbares Blut?
Die Anspielung ist deutlich in „als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“. Es kann sich durchaus um das Passahlamm handeln, von dem wir gesprochen haben. Sie hatten auch das Lamm des Morgen- und vor allem das Abendbrandopfers, das zwischen den Abenden geopfert wurde, Tag für Tag, ohne Unterbrechung. Es wurde am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft vor dem Herrn dargebracht, „wo ich mit euch zusammenkommen werde, um dort mit dir [dem Vermittler]zu reden. Und ich werde dort mit den Kindern Israel zusammenkommen, und es [das Zelt] wird geheiligt werden durch meine Herrlichkeit.“ So steht es in 2. Mose 29,38-46, dem Buch der Erlösung. Nur so konnte der Herr in ihrer Mitte wohnen. Daher können wir die Kühnheit ermessen, die dem Fürsten des Heeres das „tägliche“ oder beständige Opfer wegnimmt (Dan 8); denn es war der Ausschluss des sichtbaren Bandes der Annahme zwischen Gott und seinem Volk auf der Erde: ein pietätloserer Affront als jede politische Unterdrückung seines Volkes.
Für den Christen befindet sich das Heiligtum in der Höhe: „Denn Christus ist nicht eingegangen in das mit Händen gemachte Heiligtum, ein Gegenbild des wahrhaftigen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen“ (Heb 9,24); und dort ist Er ein für alle Mal durch sein eigenes Blut eingegangen. „Denn ein solcher Hoherpriester geziemte uns auch: heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden“ (Heb 7,26).
1 Man denke an den uneinsichtigen Eifer des Petrus, der behauptete, sein Meister sei ein guter Jude gewesen, als er diese Tempelsteuer bezahlte, und an die gnädige Zurechtweisung des Herrn, der den Fisch mit dem Stater im Maul an den Haken des Petrus rief, um „für mich und dich“ zu bezahlen.↩︎