Doch die Herrlichkeit, in der Er schon jetzt zur Rechten Gottes sitzt, hat einen bedeutenden Einfluss auf den einzelnen Gläubigen und auf die Versammlung als Leib. Deshalb jubeln wir schon jetzt mit unaussprechlicher Freude und voller Herrlichkeit; denn Christus, ihr Ursprung, ist verherrlicht, und wir erwarten es, indem wir jetzt das Ende des Glaubens, die Errettung der Seelen, aber noch nicht die unseres Leibes empfangen. Unterdessen haben wir zu unserem Nutzen nicht nur das, was die Propheten vorher bezeugt haben, sondern das noch vollere Licht der Wahrheit, das in Christus und seit Christus von den Aposteln und anderen verkündet wurde, die in der Kraft des vom Himmel gesandten Geistes evangelisierten, wie es Vater und Sohn gleichermaßen verheißen haben. Dies ist das Christentum, nicht die Verheißung, sondern die Vollendung der Erlösung durch das Werk Christi, und, wie an anderer Stelle gezeigt wird, für die Gläubigen aus den Heiden ebenso wie für die jüdischen, obwohl nur diese hier vom Apostel in angemessener Weise auf diese Botschaft angesprochen werden.
Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi (1,13).
Die Anspielung im ersten Satz bezieht sich offensichtlich auf ihre Vorfahren beim ersten Passahfest: ein Gedächtnis für sie, ein Fest für den Herrn, das durch eine Verordnung für immer gehalten werden sollte. „Und so sollt ihr es essen: eure Lenden gegürtet, eure Schuhe an euren Füßen und euren Stab in eurer Hand“ (2Mo 12,11). Könnten Worte oder Taten uns ein lebendigeres Bild von einem Volk geben, das vor dem göttlichen Gericht geschützt ist und das Haus der Knechtschaft eilig verlässt, um in ein Land zu ziehen, in dem Milch und Honig fließen? Der Herr verwendet in Lukas 12,35 dasselbe Bild mit anderen, um seinen Jüngern ihren Fremdlingscharakter in der Erwartung seines Kommens einzuprägen: Sie sollen es sich nicht bequemen machen, sondern stets bereit sein, ernsthaft seinen Willen zu tun, was die umgürteten Lenden bedeuten. Wenn sie sich anstrengen mussten, wurden die Gewänder nicht locker fallen gelassen, sondern hochgeschnürt, damit die Arbeit ungehindert getan werden konnte. So möchte Er nun, dass unsere Herzen damit beschäftigt sind, ohne dass sie von ihren Neigungen abschweifen oder ihren Geist ablenken. Der Segen ist unserem Glauben gewiss; wir lieben den, der uns zuerst geliebt hat, und zwar mit einer Liebe, die über jedes Maß hinausgeht; die Aussicht, die sich uns bietet, ist unvergleichlich herrlich.
Die Formulierung des Apostels „die Lenden eurer Gesinnung“ macht die Vorstellung solcher Väter, die sie im Sinn von Keuschheit interpretierten, unentschuldbar; denn dies würde einen anderen Ausdruck von ganz anderer Form erfordern. Es mutet seltsam an, dass Calvin eine an sich so uneinsichtige und für den Zusammenhang ungeeignete Wendung als raffiniertes Philosophieren über die Lenden charakterisiert. Es handelt sich um eine völlig unbegründete Einfuhr lüsterner Ideen, die vielleicht denen eigen ist, die sich an einer schönen Schau des Fleisches ergötzt haben, die aber bald ihre Hohlheit verrät, indem sie in alle Arten von Unreinheit verfällt. Er selbst hatte jedoch keinen Zweifel an ihrer ganz anderen Bedeutung, nämlich der Loslösung des Christen von allem, was ihn an der Hingabe hindert.
Unmittelbar darauf folgt ein weiterer Begriff von großer praktischer Bedeutung: nüchtern sein. Es ist ausdrücklich von der Form her eine beständige Gewohnheit; das ist umso nachdrücklicher, als die Form des vorhergehenden Ausdrucks, mit dem wir uns beschäftigt haben, nicht weniger genau die vollzogene und feststehende Handlung einschließt; und so ist die Kraft der Hoffnung, die unmittelbar folgt. Sie hatten ein für alle Mal die Lenden ihrer Gesinnung umgürtet; ihre Hoffnung war mit gleicher Entschiedenheit auf die Gnade gesetzt, die ihnen bei der Erscheinung Christi zuteilwerden würde. Die Natur des Falles verlangte und erklärte diese vollendeten Tatsachen in ihrem Innern. Aber die Nüchternheit, um die es hier geht, erfordert unablässigen Fleiß.
Denn es gibt vieles im Evangelium und in der jetzt vollständig offenbarten Wahrheit, was natürlich zu größter Begeisterung führen könnte. Wir sehen, wie es auf Außenstehende am Tag der Geburt der Versammlung wirkte. Alle waren erstaunt und verwirrt, als sie hörten, dass die Galiläer in den verschiedenen Sprachen der Heiden von den großen Taten Gottes sprachen. Einige spotteten und sagten: Sie sind voll süßen Weines. Abgesehen von dem auffälligen Phänomen der Gnade, das so ungnädig verleumdet wurde, gibt es im Christentum so viel, das Herz und Lippen bis zum Überlaufen erfüllen kann! Sogar der überaus weise Paulus konnte sagen: „Denn sei es, dass wir außer uns sind, so sind wir es für Gott; sei es, dass wir vernünftig sind – für euch“ (2Kor 5,13). Hier wird zweifellos der verwandte Gedanke der Besonnenheit zum Ausdruck gebracht; aber im Grunde ist es dieselbe Wahrheit. Vor Gott und Ihm gegenüber kann das Herz mit Recht in Ekstase geraten; aber wenn wir an die Menschen und sogar an die Gläubigen denken, ist ein vorsichtigeres Empfinden unsererseits angebracht.
Deshalb ermahnt derselbe Apostel die Gläubigen, die in Ephesus waren, sich vor erregenden Ursachen zu hüten. „Und berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung ist, sondern werdet mit dem Geist erfüllt“ (Eph 5,18). Wo er die Quelle und die Kraft von allem in uns wird, sollten die äußeren Handlungen dem Geist Gottes entsprechen. Sogar unser Gesang soll so beschaffen sein, dass er dem, den wir preisen, gefällt, und zwar nicht mit süßem Klang, sondern mit dem Geist und auch mit dem Verstand.
Daher wird uns Nüchternheit als eine beständige Pflicht auferlegt. Es ist ein Bild, das sich, wie alle zugeben, natürlich aus dem Fernhalten von jeglichem Rausch ergibt, was für den Christen bedeutet, alles zu meiden, was geeignet ist, das Fleisch oder den Geist zu erregen. So werden die jungen Gläubigen in Thessalonich ermahnt: „Also lasst uns nun nicht schlafen wie die Übrigen, sondern wachen und nüchtern sein [dasselbe Wort wie hier]. Denn die, die schlafen, schlafen bei Nacht, und die, die betrunken sind, sind bei Nacht betrunken. Wir aber, die von dem Tag sind, lasst uns nüchtern sein, angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe und als Helm mit der Hoffnung der Errettung“ (1Thes 5,7.8). In 1. Petrus 4,7 heißt es mit Blick auf das nahende Ende aller Dinge: „Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet“ (so auch in 1Pet 5,8). Hier geht es nicht um die ständige Gewohnheit, sondern um die Haltung eines Gläubigen angesichts einer so ernsten Tatsache. Beide Appelle haben ihre Bedeutung. Der Aufruf in unserem Vers 13 gründet sich auf die bekannte Erlösung als unser Teil, während wir durch eine wüste Welt reisen, mit einer Erwartung, die dessen würdig ist, was Gott uns bereits in Christus gegeben hat.
Davon spricht er in den nächsten Worten: „hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi“ (V. 13). Man kann nicht daran zweifeln, dass es sich um die Herrlichkeit handelt, die uns offenbart werden soll, wie es im Römerbrief heißt (Röm 8,18.19), die Offenbarung der Söhne Gottes. Unser Apostel spricht auch nicht von etwas, das über diese höchste Glückseligkeit hinausgeht, die er als die Gnade, die an jenem Tag gebracht werden soll bezeichnet. Denn er eröffnet nicht, wie Paulus in 1. Thessalonicher 4, die Vorstufe und das besondere Wirken des Herrn, indem Er selbst mit jenem Ruf vom Himmel herabkommt, der die Seinen, ob gestorben oder lebendig, versammeln wird, damit sie Ihm in der Luft zu begegnen. Unser Brief verweilt bei der Offenbarung der Gläubigen mit Christus in der Herrlichkeit, ohne uns zu sagen, wie dieses wundersame Ereignis zustandekommen wird.
Sie ist von Natur aus so segensreich und schon jetzt so wirksam für das Wohl des Gläubigen, dass er sie bittet, „völlig auf die Gnade“ zu hoffen, die dann auf diese Weise gebracht wird. „Bis zum Ende“, wie es in der A. V. steht und von vielen so verstanden wird, scheint zu kurz zu greifen, was mit dem Adverb gemeint ist; und es scheint auch kein ausreichender Grund vorzuliegen, der uns von der einfachen Bedeutung abweichen lässt. Wahrscheinlich scheuten die Übersetzer davor zurück, die Vollkommenheit mit einer Hoffnung zu verbinden, die zu oft schwankt, wenn sie nicht sogar eher unbestimmt und schwach ist. Sie zogen „bis zum Ende“ vor.
Aber es ist offenbar das Ziel des Geistes, sie in ihrer Kraft, Größe und Glückseligkeit zu offenbaren, so dass die kommende Herrlichkeit als Teil jener Gnade angesehen wird, die wir in Christi Tod und Auferstehung für uns erfahren haben, und der Ruhe, die wir für unseren Leib erwarten. Dann werden wir in der Tat dem Bild des Sohnes Gottes, des Erstgeborenen unter vielen Brüdern, gleichgestaltet werden. Die Gnade, die uns an jenem Tag zuteilwerden wird, ist ein Thema, auf das unsere Hoffnung ein für alle Mal und völlig gerichtet ist, so wie wir jetzt in Hebräer 10 aufgefordert werden, mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewissheit des Glaubens hinzuzutreten, „die Herzen besprengt und so gereinigt vom bösen Gewissen und den Leib gewaschen mit reinem Wasser“ (V. 22). Denn der Vorhang ist zerrissen, und wir, die wir glauben, haben die Freimütigkeit, durch das Blut Jesu in das Heiligtum hineinzugehen. Es mag sein, dass keiner der von Petrus Angesprochenen „völlig“ auf diese kommende Gnade hoffte, so sicher wie die Gnade, die bereits erschienen war; aber das Ziel dieser Schriftstelle war es, dazu einzuladen, ja, sie zu nötigen. Warum sollten die Gläubigen die Hoffnung nicht voll und ganz und ohne zu wanken hegen? Derjenige, der es versprochen hat, wird es gewiss erfüllen. Betrachten wir alle Mängel in der Hoffnung als ein Unrecht, das seiner Gnade und Wahrheit angetan wurde.
Es mag seltsam erscheinen, dass unser Apostel hier von der Gnade schreibt, die bei der Offenbarung Christi nur denen zuteilwird, die jetzt glauben. Die Propheten sprechen davon, wie man besonders deutlich in Jesaja 8,13-18 sehen kann. Darauf ist der ganze Brief ausgerichtet und nicht auf das weitaus häufigere Zeugnis, das die Prophezeiung von dem offenkundigen und weit verbreiteten Segen gibt, wenn Christus in seinem Reich mit Macht und Herrlichkeit kommt. Dann wird ganz Israel errettet werden, und ihre Aufnahme und ihre Fülle werden für die ganze Welt „Leben aus den Toten“ sein (Röm 11,15). Aber das wäre für den gläubigen Überrest, an den Petrus sich hier wendet, keine Speise zur rechten Zeit gewesen. Deshalb unterlässt er es, dieses Thema, das die Propheten beschäftigt, weiter auszuführen, und verweilt einfach bei ihrem eigenen christlichen Anteil an der Offenbarung Christi. Das war es, was sie brauchten, und was der Heilige Geist ihm gab, damit den Gläubigen zu dienen; vergleiche den vorhergehenden Vers 4. Was im Lauf der Zeit für Israel und die Nationen auf der Erde geschehen wird, verkünden die Propheten von Jesaja (wir könnten hinzufügen: von Mose) bis Maleachi.