Auch ist unser Herr nicht das einzige Vorbild für uns. „Nehmt, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten, die im Namen des Herrn geredet haben“ (V. 10). Wir gehen denselben Weg mit noch größerer Hoffnung, wenn es auch im Wesen derselbe Weg ist. Noch ein weiterer Ansporn wird hinzugefügt, von nicht geringer Kraft. „Siehe, wir preisen die glückselig, die ausgeharrt haben. Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, dass der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist“ (V. 11). Ein ganzes Buch der Heiligen Schrift ist diesem Ziel gewidmet. Wie vollständig wurde Hiob gegen die Anschuldigungen der Freunde gerechtfertigt! Und wie gesegnet vom Herrn, als Er selbst gerichtet wurde! Lasst uns guten Mutes sein und nicht nur hören, sondern wirklich profitieren.
Vor allem aber, meine Brüder, schwört nicht, weder bei dem Himmel noch bei der Erde, noch mit irgendeinem anderen Eid; es sei aber euer Ja ja, und euer Nein nein, damit ihr nicht unter Gericht fallt (5,12).
Von der Notwendigkeit des geduldigen Aushaltens werden wir dann vor der Gefahr leichtfertiger oder gedankenloser Behauptungen in der gewöhnlichen Rede gewarnt: eine häufige Gewohnheit sowohl bei Juden als auch bei Griechen, aber völlig unwürdig dessen, der die Wahrheit ist, das große Vorbild für alle, die ihn als Herrn bekennen.
Wie überall das Sündigen mit der Zunge angeprangert wird, so hier im Besonderen der Mangel an Ehrfurcht. Denn auch wenn sich die betreffenden Eide eher auf das Geschöpf als auf Gott beziehen, auch wenn sie die Ehrfurcht vor seinem Namen beeinträchtigen, indem sie andere Formen an die Stelle seiner Normen setzen, wer berechtigt den Menschen, im täglichen Umgang miteinander etwas dergleichen anzunehmen? Er ist der Richter, der uns versichert hat, dass die Menschen von jedem unnützen Wort, das sie reden, am kommenden Tag Rechenschaft ablegen werden: „denn aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verurteilt werden“ (Mt 12,37).
In der Tat hatte der Herr auf dem Berg, in der großen Reihe von Reden, von denen das erste Evangelium die Zusammenfassung gibt, über das gleiche Unrecht gesprochen. „Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht; weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron; noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße; noch bei Jerusalem, denn sie ist die Stadt des großen Königs; noch sollst du bei deinem Haupt schwören, denn du vermagst nicht ein Haar weiß oder schwarz zu machen. Eure Rede sei aber: Ja – ja; nein – nein; was aber mehr ist als dieses, ist aus dem Bösen“ (Mt 5,33-37). Es wird die gleiche Pflicht wie in diesem Brief durchgesetzt.
Es ist ein völliger Irrtum, sich vorzustellen, dass dadurch ein gerichtlicher Eid verboten wird. Die angeführten Beispiele verbieten eine solche Schlussfolgerung. Es handelt sich nicht um solche, die der Richter bei einem Gericht oder einer anderen Gelegenheit fordert; es waren oder sind die üblichen Floskeln jedes Tages. Der Sinn ist daher durch die Wiedergabe der A. V. von „ihre Mitteilung“ klar gegeben. Es war keine Antwort auf die Forderung eines Menschen, der berechtigt war, im Namen Gottes zu bitten. Diese ist jeder zu geben verpflichtet. So schwieg unser Herr, bis der Hohepriester Ihn mit seiner Autorität beschwor oder den Eid ablegte, wie es das Alte Testament in 3. Mose 5,1 darlegt. Hier geht es sich nur um den Fall zwischen Menschen. Auch ohne einen Richter, aber bei einem entsprechend feierlichen Anlass haben wir den Apostel, der das, was er die Gläubigen lehrte, durch entsprechende Stellen bestätigt (Röm 1,9; 9,1; 2Kor 1,23; Gal 1,20; Phil 1,8; 2Thes 3,5; so beschwört er seine Brüder in 1Thes 5,27).