Behandelter Abschnitt Jak 2,22-24
Aber die Argumentation geht noch weiter, und das Gewicht des Beispiels Abrahams wird noch mehr in einer ebenso aufschlussreichen wie einfachen Weise hervorgehoben. So tat es unser Herr selbst, als Er hier auf der Erde in göttlicher Weisheit und Gnade mit den Juden umging; so tat es der große Apostel der Heiden wiederholt und das in der Kraft des Geistes.
Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammen wirkte und dass der Glaube durch die Werke vollendet wurde. Und die Schrift wurde erfüllt, die sagt: „Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet“, und er wurde Freund Gottes genannt. Ihr seht also dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein (2,22–24).
Es ist eine auffällige Anordnung, dass die Opferung Isaaks vor der Aussage von Abrahams Vertrauen auf Gott eingeführt wird. Dieses Abweichen von der Reihenfolge der Tatsachen und der inspirierten Begebenheit war natürlich nicht nur beabsichtigt, sondern für die Frage, um die es geht, wesentlich. Denn es wird an erster Stelle gefragt, ob Abraham, unser Vater, nicht gerechtfertigt worden ist, da er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte.
Eine größere Prüfung als eine solche Forderung hat Gott einem gläubigen Vater nie auferlegt. Denn viele Jahre waren nach der Verheißung vergangen, aus ihm ein großes Volk zu machen, ihn und in ihm alle Geschlechter der Erde zu segnen (1Mo 12). Dies wurde bald erweitert, indem das Land oder der sichtbare Schauplatz der Segnung mit einer Verheißung versehen wurde, die auch seine Nachkommen als den Staub der Erde, der nicht zu zählen ist, bezeichnete (1Mo 13). Später, als dem kinderlosen Mann kein anderer Besitzer seines Hauses erschien als Elieser von Damaskus, versicherte ihm der Herr, dass jemand aus seinem eigenen Innern hervorgehen und sein Erbe sein sollte, und dass seine Nachkommen so zahlreich sein würden sollte wie die Sterne (denn Er ließ ihn aufblicken). Und er glaubte dem Herrn, der es ihm zur Gerechtigkeit rechnete. Viele Jahre danach wurde der Sohn geboren, zu der festgesetzten Zeit, von der Gott zu ihm gesprochen hatte. Und es vergingen nicht wenige Jahre, während derer Isaak heranwuchs, der Gegenstand nicht nur der zärtlichsten Liebe, sondern auch einer Hoffnung, die viel tiefer und höher war als die, die jedes andere Herz auf der Erde erfüllte. Dann erprobte Gott Abraham. Es war nicht so, dass Er ihn im Tod zurückließ, wie es so mancher Vater schmerzlich erfahren hat. Es war nicht, um einen anderen Sohn als Ersatz für Isaak zu haben. Denn in der bitteren Prüfung des Ismael, der mit seiner eigenen Mutter weggeschickt wurde, wusste Abraham von Gott, dass in Isaak sein Same genannt werden würde. In ihm allein war die Linie der Verheißung. Doch Gott milderte den Schlag in keiner Weise und sagte „nach diesen Dingen“: „Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebhast, den Isaak, und zieh hin in das Land Morija und opfere ihn dort als Brandopfer auf einem der Berge, den ich dir sagen werde“ (1Mo 22,2).
Gott, der wahre Gott, der Gott der Gnade, erwartet so etwas von seinem Freund – die Forderung eines solchen Vaters an einen solchen Sohn, den sicher und allein erwarteten Kanal eines so unermesslichen Segens und einer so herrlichen Hoffnung! Und nicht nur das, sondern auf eine so unerwartete und entsetzliche Weise, als Brandopfer für Ihn, und aus der Hand seines Vaters als Schlächter! Ja, es war eine Prüfung ohne Beispiel, gesteigert durch alles, was die Natur empfinden konnte, durch den Glauben, der das Wort des Herrn so vertrauensvoll annahm, und durch die Hoffnung, die durch die Verheißung genährt wurde, und gereift durch die Erfahrung der göttlichen Barmherzigkeit, die alles übertraf, was er zu erbitten wagte, als er in Fürbitte eintrat. Es war nur ein Beweis für den uneingeschränkten Glauben, den die Gnade des Herrn Abraham geschenkt hatte, und das nicht nur im Wort, sondern in Tat und Wahrheit. Wahrlich, es war ein durch Werke vollendeter Glaube. Dies konnte nicht aus 1. Mose 15 abgeleitet werden. Es war in höchstem Maß in 1. Mose 22 offenbar. Und daher sehen wir den Grund, der erfordert, dass dies hier den ersten Platz einnimmt.
Aber es wird sorgfältig hinzugefügt: „Und die Schrift wurde erfüllt, die sagt: ,Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet‘“ (V. 23), wie es in einem früheren Kapitel steht. Denn dies war das gemeinsame Ergebnis eines Glaubens, der sich als von Gott kommend erwies. Die Werke hatten nichts gemein mit jenen Aktivitäten des Wohlwollens, die den Horizont des Menschen ausfüllen und mit denen sich solche rühmen, die aus dem Geschöpf alles, aus Gott aber nichts machen. Hier war es jemand, der dem Tod ins Gesicht schaute und in einer Form, die unvergleichlich schwerer zu ertragen war, als wenn er gerufen worden wäre, für seinen Sohn zu sterben. Er sollte auf Gottes Wort hin seinen einzigen und geliebten Sohn, an dessen Leben die Verheißungen des Segens für die ganze Menschheit hingen, mit dem Messer zu schlachten! Es war nicht nur das Vertrauen auf Gott für seinen eigenen Charakter, der der schlimmste aller Mörder zu sein schien, sondern für die Auferweckung dessen, der wieder leben muss, um die verheißenen Segnungen für Israel und für die Menschen zu verwirklichen.
Und doch, so unterschiedlich es am Ende auch angewandt wurde, war es doch derselbe von Gott gegebene Glaube, über den Gott am Anfang gesprochen hatte. „Und die Schrift wurde erfüllt.“ Kein Wunder, dass er „Freund Gottes“ genannt wurde. So behandelte ihn der Herr in 1. Mose 18, als Er ihm seine geheimen Absichten offenbarte. „Sollte ich vor Abraham verbergen, was ich tun will?“ (V. 17). So behandelte ihn der Herr, als er dort sein Herz in der Fürbitte ausschüttete. Daher nannten zu gegebener Zeit der fromme König von Juda (2Chr 20,7) und der Prophetenfreund eines anderen frommen Königs (Jes 41,8) Abraham den Freund des Herrn.
Aber es war ein Werk, an das ein Mensch niemals gedacht hätte, ein Werk, das seinen ganzen Wert aus dem absoluten Vertrauen auf den Gott bezog, der das verlangte, was Er allein zu verlangen berechtigt war, da Er allein durch seine Auferstehungskraft in der Lage war, es mit seiner Liebe, seiner Wahrheit, seinem Charakter und seinen Absichten in Einklang zu bringen und es trotz des Anscheins zu einem solchen Segen durch Erfahrung zu machen, wie Abraham ihn noch nie genossen hatte, und zu einem ähnlichen Segen für die Familie des Glaubens. Wir sehen an einem solchen Beispiel, wie weit Abraham von einem bloßen Verstandesglauben entfernt war, als er aus seinen Werken gerechtfertigt wurde, und nicht aus der leeren Zustimmung, die dort angeprangert wurde. Wie konnte dieser jemanden rechtfertigen? Sicherlich dürfen wir hier das Wort des Herrn anwenden, „die Weisheit ist gerechtfertigt worden von ihren Kindern“ (Mt 11,19).