Behandelter Abschnitt Jak 2,2-4
Das Ansehen von Personen ist eine Eigenart des Ichs und die Reaktion der Welt; aber sie verleugnet Christus in der Praxis und die Realität jener innigen Beziehung, die die Gnade zu allen, die sein sind, gebildet hat. Der inspirierte Schreiber hebt einen besonderen Fall hervor, den er wahrscheinlich miterlebt hat, obwohl er ihn hier als Möglichkeit vorstellt.
Denn wenn in eure Synagoge ein Mann kommt mit goldenem Ring, in prächtiger Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung herein, ihr seht aber auf den, der die prächtige Kleidung trägt, und sprecht: Setze du dich bequem hierher, und zu dem Armen sprecht ihr: Stelle du dich dorthin, oder setze dich [hier] unter meinen Fußschemel – habt ihr nicht unter euch selbst einen Unterschied gemacht und seid Richter mit bösen Gedanken geworden? (2,2–4).
Man kann „Synagoge“, das der Schreiber auf die Angesprochenen anwendet, leicht verstehen, nicht wörtlich, sondern durch einen leichten Übergang auf eine christliche Zusammenkunft angewandt. Deshalb wird sie hier „Synagoge“ genannt, als vielleicht die nächstliegende Entsprechung. Niemand konnte sich über einen so weltlichen Geist in einer buchstäblichen Synagoge wundern. Es war ein Trauerspiel, wenn das auf eine christliche Gemeinde überging. Was war weniger Christus entsprechend als ein Mann mit goldenen Ringen in prächtiger Kleidung? Nie war der Herr prachtvoll bekleidet, außer im bitteren Spott derer, die Ihn kreuzigen wollten. Und doch hätte Er in einem Augenblick all den Reichtum und die Pracht der Welt um sich her herbeirufen können, wenn es entweder für Ihn selbst oder für die, die Ihn hier auf der Erde repräsentieren, angebracht gewesen wäre. In der Höhe ist Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt, wie Er es bei seinem Kommen sein wird. Der Glaube aber erkennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass Er, obwohl er reich war, um unseretwillen arm wurde, damit wir durch seine Armut reich würden. Nun aber ist es an der Zeit, Ihm auf der Erde zu folgen, ungeachtet all dessen, was das Fleisch für erstrebenswert hält. Auch sollen wir alles für Verlust halten wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, unseres Herrn (vgl. Phil 3,8).
Die Leiden um der Gerechtigkeit willen, noch mehr aber um Christi willen, sollten in unseren Augen als Christen wertvoll sein; und wir könnten solche angemessen ehren, die auf irgendeine geistliche Weise eine gute Stufe erreicht haben. Aber den einen wegen seiner Kleidung zu verachten, die seine Armut verrät, und den anderen wegen seiner prächtigen Kleidung zu ehren, die seinen Reichtum bezeugt, ist ein zweifacher Widerspruch zu Christus. Schon das Gesetz lehrte weit höhere Grundsätze als die, in die die Juden abgerutscht waren und die die Heiden beherrschen, die Gott nicht kennen. Denn in den Tagen des Gesetzes war es rührend, von der Sorge Gottes für die Armen und Bedrängten zu lesen und die Deutlichkeit, mit der Er sein Volk auffordert, auf sie Rücksicht zu nehmen. Aber wie viel tiefer zeigte sich sein Erbarmen in dem, der sein Ebenbild war! Und die Vergesslichkeit seines Beispiels war in den Augen des Jakobus schwerwiegend für die, die alles seiner Gnade verdanken, Er selbst der Herr der Herrlichkeit.
Nicht, dass die Schrift den Geist der Geringschätzung gegenüber dem Edlen oder Erhabenen rechtfertigt. Gebt, sagt der Apostel Paulus, allen ihre Abgaben: die Steuer, dem die Steuer, den Zoll, dem der Zoll, die Furcht, dem die Furcht, die Ehre, dem die Ehre gebührt; so wie jeder Mensch berufen ist, den höheren Autoritäten untertan zu sein, da sie von Gott in seiner Vorsehung eingesetzt wurden, kein Schrecken für das gute Werk, sondern für das böse. So ist das Verhältnis der Christen zu den Mächten der Außenwelt. Aber unter allen, die sich zum Namen des Herrn bekennen, ist Liebe zueinander angebracht, und zärtliches Mitempfinden mit denen, die durch ihre Prüfungen und Armut in Gefahr sind, zu Fall zu kommen. Verachtung gegenüber dem armen Christen ist so weit von der Gesinnung entfernt, die in Christus war, wie man sich nur vorstellen kann.
Daher sehen wir, bevor diese unpassende Beleidigung zur Sprache kommt, wie dieser Brief im ersten Kapitel die Brüder ermahnt, es für eine Freude zu halten, wenn sie in verschiedene Prüfungen fallen; die für Ungläubige nichts als Kummer und Enttäuschung sind, die mit allen Mitteln beseitigt werden müssen. Daher sollte sich der Bruder von niedrigem Stand seiner Hoheit rühmen und der Reiche seiner Erniedrigung, denn wie die Blume des Grases würde er vergehen. Mehr als dies ist der glückselig, der die Prüfung erduldet (das sagt er von Gott aus); denn nicht nur, dass die Gnade jetzt sittlichen Nutzen wirkt, sondern er wird, nachdem er sich hier bewährt hat, die Krone des Lebens empfangen, die der Herr denen verheißen hat, die Ihn lieben. Wenn wir ausharren, werden wir auch mit Ihm herrschen, so gewiss, wie wir auch mit Ihm gestorben sind, werden wir auch mit Ihm leben. Das Kreuz Christi ist eine Entsprechung zur himmlischen Herrlichkeit; und so geht hier die Erwähnung seiner Herrlichkeit dieser Zurechtweisung einer weltlichen Gesinnung voraus, die die Armen verachtete und vor den Reichen kroch, unwürdig überall, am meisten dort, wo es die zeigten, die sich zum Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit, bekannten.
Dr. Whitby und andere bemühen sich, dies auf Gerichtsversammlungen zu beziehen, die die Juden in ihren Synagogen abhielten; und sie schließen daraus die Wahrscheinlichkeit, dass dies von den bekehrten Israeliten auf ihre Versammlungen übertragen wurde. Das reduziert natürlich die Zurechtweisung auf die Parteilichkeit im Fall von Gerichtsverhandlungen zwischen einem Armen und einem Reichen, anstatt zu sehen, dass wir hier einen großen Grundsatz haben, der universell anwendbar ist, und der umso notwendiger war, als Bequemlichkeit und Reichtum und Luxus unter bekennenden Christen Einfluss gewannen. So folgt auch Doddridge Beza in seiner Herabsetzung von Vers 4 (judices male ratiocinantes), indem auch er die einleitenden Worte so erklärt: „unter euch selbst einen Unterschied gemacht“ nach den verschiedenen Charakteren dieser beiden Männer, sondern betrachtet nur ihre äußere Erscheinung, „und seid Richter mit bösen Gedanken geworden“ (V. 4). Gemeint ist eigentlich ein böser sittlicher Zustand, fern von jedem Mitempfinden mit unserem Herrn, indem sie untereinander einen Unterschied machten und zu Richtern böser Gedanken wurden, das heißt, sich dadurch auszeichneten, dass sie böse Gedanken hatten, statt abzuwägen und im Licht Gottes und seiner Liebe durch den Glauben zu empfinden. Es war eine weltliche Gesinnung.