Behandelter Abschnitt Heb 9,11-14
So erklärt der Heilige Geist die levitischen Einrichtungen, so lehrreich sie auch zu ihrer Zeit waren, im Wesentlichen für vorläufig und vorübergehend, angepasst an den Menschen in seiner Schwachheit, Unwissenheit und Bewährung. Christus ist das Eingreifen Gottes im Blick auf den Menschen, doch Gottes eigener Sohn, der sich selbst offenbart und die Verlorenen rettet. Wie Johannes es ausdrückt, wurde das Gesetz durch Mose gegeben; Gnade und Wahrheit kamen durch Jesus Christus ins Leben. Es war auch nicht nur ein Wort, selbst wenn dies, wie es wirklich ist, Gottes Wort wäre. Gott hat in Christus gewirkt. Anstelle des verantwortlichen Menschen, der in jeder Hinsicht versucht wurde und sich in allem als versagend und schuldig erwiesen hat, sehen wir jetzt durch den Glauben den zweiten Menschen im Himmel zur Rechten des Thrones sitzen, die Sünde in einem vollkommenen Opfer gerichtet, den Tod besiegt, die Macht Satans aufgehoben, Gott verherrlicht und den Weg ins Allerheiligste jetzt offenbart, zur gegenwärtigen Glückseligkeit jedes Gläubigen hier auf der Erde. Und diese sind und werden als ewige Wirklichkeiten erklärt, im Gegensatz zu Israels natürlichen und vergänglichen Vorrechten in der Vergangenheit und vor dem Tag, an dem auch sie, reumütig und erneuert, durch die göttliche Barmherzigkeit in ihr Teil eintreten, nämlich durch den Messias und den neuen Bund, der niemals vergehen wird.
Christus aber – gekommen als Hoherpriester der zukünftigen Güter, in Verbindung mit der größeren und vollkommeneren Hütte, die nicht mit Händen gemacht, das heißt nicht von dieser Schöpfung ist, auch nicht mit Blut von Böcken und Kälbern, sondern mit seinem eigenen Blut – ist ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen, als er eine ewige Erlösung erfunden hatte. Denn wenn das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer jungen Kuh, auf die Verunreinigten gesprengt, zur Reinheit des Fleisches heiligt, wie viel mehr wird das Blut des Christus, der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen! (9,11–14).
Die große, sichere und klare Grundlage des Briefes ist Christus, der noch nicht als Sohn Davids regiert, sondern seine eigentliche himmlische Stellung angenommen hat. Er ist Hoherpriester nicht hier auf der Erde, sondern in den himmlischen Örtern. Er hat nicht mehr die Gestalt eines sterblichen Menschen auf der Erde, sondern Gottes Werk von ewiger Wirksamkeit in seinem Sohn, der doch auferstanden und aufgestiegen ist, kraft eines Sühnungsopfers, dessen Vollkommenheit Gott so bezeugt hat, wie auch die Herrlichkeit seiner Person, die bis zum Äußersten gelitten hat, um es zu vollbringen; denn nur durch ein solches Opfer konnte die Sünde absolut gerichtet und der Satan besiegt werden. Doch während der Segen dem Gläubigen jetzt in vollem Umfang kundgetan wird, um ihn gemäß den Rechten der Herrlichkeit Christi und der für die Seele tatsächlich vollbrachten Erlösung in unmittelbaren Zugang zu Gott zu bringen, ist die Formulierung absichtlich so gewählt, dass sie die „zukünftigen Güter“ für sein Volk an einem anderen Tag in Aussicht stellt und gewährleistet, wie „der zukünftige Erdkreis“ in Hebräer 2, die Ruhe, die dem Volk Gottes bleibt in Hebräer 4, „des zukünftigen Zeitalters“ in Hebräer 6 und die angedeutete Ausübung des Priestertums Melchisedeks in Hebräer 7, um jetzt nicht mehr zu sagen. Für den Christen besteht das unmittelbare Ziel darin, ihn durch Christus in eine gegenwärtige, bekannte und feste Beziehung zu Gott im Allerheiligsten zu bringen.
Daher heißt es im Text: „in Verbindung mit der größeren und vollkommeneren Hütte, die nicht mit Händen gemacht, das heißt nicht von dieser Schöpfung ist“ (V. 11). Wir können die Schwierigkeit in Kauf nehmen, die Bedeutung dieses und des vorhergehenden Satzes im Lateinischen wiederzugeben, wo der bestimmte Artikel fehlt, aber Tyndale, Cranmer, die Genfer und die Authorized Version hätten sich an den Sinn halten sollen. Der Römische hat, eigenartig gesagt, „die“ zukünftigen Dinge, die kommen werden, aber „eine“ größere und vollkommenere Hütte: Warum sie so stehen geblieben sind, ist schwer zu begreifen. „Die“ größere und vollkommenere Hütte steht im Gegensatz zu der irdischen, von Menschenhand errichteten. Hohepriester und Heiligtum stimmen genau überein. Das Christentum ist „nicht von dieser Schöpfung“, sondern göttlich und himmlisch, wenn auch für die Gläubigen hier auf der Erde; so wie das Judentum sich nicht über den sündigen, sterbenden Menschen und die Erde erheben konnte, ganz gleich, wie ernst es war oder wie streng es sich abgrenzte. Daher brachte es auch nichts zur Vollkommenheit und konnte auch nicht zufriedenstellen. Weder Gott, als Er sich offenbarte, noch der Mensch, als die Tiefe seiner Not einerseits und die Mittel der Gnade andererseits vollständig bekanntgemacht wurden. Die „rechte Zeit“ oder „Zeit der Zurechtbringung“ kam, als Christus, der von den Menschen verworfen wurde, durch sein Blutvergießen zum Grund der Gerechtigkeit Gottes wurde, der dadurch und sofort den Gläubigen durch den Glauben an Ihn rechtfertigt. Und dies wird hier in den Begriffen des Briefes an die Gläubigen in Rom ausgedrückt, damit die völlige Übereinstimmung der Wahrheit mit derjenigen, die den hebräischen Bekennern vorgelegt wurde, ohne Widerspruch gezeigt werden kann. [...]
Mit „Blut von Böcken und Kälbern“ war eine ernste Lektion für Israel in den Tagen, als Gott sich herabließ, mit den Unwissenden und Irrenden durch das Gesetz und ein weltliches Heiligtum und irdische Anordnungen und einen Hohepriester, der wie das Volk mit Gebrechen behaftet war, umzugehen. Jetzt verachten sie die Gnade und Wahrheit, die durch Jesus Christus gekommen ist, und werden sowohl als Frucht als auch als Wurzel und Zweig zu den schwachen und armseligen Elementen erklärt, denen manche, die den Namen Christi tragen, hörig sein wollen. Das ganze System ist Unglaube und Unwissenheit über Christus, der „mit seinem eigenen Blut ... ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen [ist], als er eine ewige Erlösung erfunden hatte“ (V. 12). [...].
In das Heiligtum (der Vorhang ist nun zerrissen) ist Er ein für alle Mal eingegangen. Dort bleibt Er ohne Veränderung und ohne das Bedürfnis der Wiederholung, ja im Gegensatz dazu; und sein eigenes Blut war nicht für Ihn selbst, als ob er irgendein Opfer für den Eintritt benötigte: Damit war es eine ewige Erlösung, die Er erfand.
Den levitischen Opfern wurde von alters her ein vorläufiger Wert beigemessen. Das „Blut von Böcken und Stieren“ (V. 12) am Versöhnungstag und so weiter hatte eine eindrucksvolle Bedeutung; ebenso „die Asche einer jungen Kuh“, mit der die besprengt wurden, die sich in der Wüste verunreinigt hatten (4Mo 19). Aber wenn diese Dinge „zur Reinheit des Fleisches“ heiligten, wie viel mehr wird das Blut des Christus dein [oder unser] Gewissen von toten Werken reinigen (wie alle Handlungen einer sündigen Natur sein müssen), um einem lebendigen Gott fromm zu dienen (λατρεύειν)? Man betrachte nur den Christus, der in sich selbst herrlich ist, im Charakter seines Opfers, der „durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat“ (V. 14). Wie Er allein dasteht, so auch diese seine eigene Opferung und der Anteil des Heiligen Geistes daran wird hier als der ewige Geist bezeichnet: So kennzeichnet die Ewigkeit diesen Brief, und so war der Christus als immer von Gott abhängig, während Er sich ohne Makel opferte, um unsere Sünden zu tragen. Denn hier ist es die vorhergehende Handlung: nicht ἀνήνεγκεν, sondern προσήνεγκεν (vgl. V. 28, wo beides vorkommt, und zwar in der richtigen Beziehung).