Behandelter Abschnitt Heb 5,5-6
Daher warten wir nicht auf ein Werk, sei es für die Verherrlichung Gottes auf der einen Seite oder für die vollständige Glückseligkeit der Seele auf der anderen. Das mächtigste für beides ist bereits getan und angenommen; denn der, der alles gewirkt hat, ist die Garantie für seine absolute und ewige Vortrefflichkeit. Und es ist umso kostbarer und bewundernswerter, weil Er zuvor in die Wirklichkeit eines durch die Sünde verdorbenen Volkes und eines Schauplatzes herabgestiegen ist, um für sie zu leiden und doch vollkommen frei von ihr zu sein. Diesen Platz hat Er mit völliger Unterwürfigkeit und unerschütterlichem Gehorsam angenommen, koste es, was es wolle. Niemals gab es einen solchen Diener. Göttliche Würde, unendliche Liebe, unerschütterliche Ergebenheit trafen in Ihm zusammen, der während seines ganzen Erdenlebens den Platz eines Knechtes einnahm, ja am Ende zur Sünde gemacht wurde, wohin niemand Ihm folgen konnte. So verherrlichte sich auch Christus nicht selbst, um Hohepriester zu werden, sondern der, der zu ihm sprach:
So hat auch der Christus sich nicht selbst verherrlicht, um Hoherpriester zu werden, sondern der, der zu ihm gesagt hat: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“ Wie er auch an einer anderen Stelle sagt: „Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks“(5,5.6).
Wahrlich, Er hat sich in keiner Weise selbst verherrlicht, auch nicht, als das Sühnungswerk vollbracht war. Er wartet auf sein Reich, obwohl Er der Herrscher über die Könige auf der Erde ist. Er ist in das ferne Land gezogen, und wenn Er es empfangen hat, wird Er zurückkehren. Bis dahin haben wir in Ihm einen großen Hohenpriester, wie wir gesehen haben. Aber hierin „hat auch der Christus sich nicht selbst verherrlicht, um Hoherpriester zu werden“. Er wartete auf den, der Ihn gesandt hatte, und Gott sprach zu Ihm. Und hier wird wieder Psalm 2,7 zitiert. Die Würde seiner Beziehung wird anerkannt: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich heute gezeugt“ (V. 5). Andere wurden aus ihrer Nichtigkeit herausgehoben. Gott schenkte den Menschen, die wie Aaron mit Gebrechen behaftet waren, das, was Er wollte. Auch Christus hat sich dazu herabgelassen, wahrhaftig von einer Frau geboren zu werden, aber dennoch hat Gott Ihn als seinen Sohn anerkannt wie keinen anderen. Dass Er durch und von seiner Mutter an Blut und Fleisch teilhatte, bedeutete keineswegs, dass Er seinen Anspruch einbüßte. Als Sohn Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit hat Gott auch in der Zeit als Mensch erklärt: „heute habe ich dich heute gezeugt“. Seine persönliche Würde, seine Beziehung als Sohn Gottes, hören wir im Zusammenhang mit dem Amt des Priesters wiederholt. Dies ist der wahre Grund im Gegensatz zu jedem anderen. Zweifellos ist das Wort Fleisch geworden, um Hoherpriester zu werden; und gerade in diesem Zusammenhang hat Er sich bereits als wahrer Sohn des Menschen erwiesen (Heb 2). Dennoch ist es von größter Bedeutung, die Worte des zweiten Psalms zu wiederholen, obwohl sie schon lange vorher zitiert wurden, damit wir uns umso deutlicher daran erinnern, wer der ist, der zum Hohenpriester gemacht wurde, im Gegensatz zu dem höchsten menschlichen Priester, der von Gott selbst eingesetzt wurde.
Erst dann haben wir die direkte und ausdrückliche Vorhersage aus Psalm 110. „Wie er auch an einer anderen Stelle sagt: ,Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks‘“ (V. 6). „Ewig“ wird hier natürlich durch die Notwendigkeit und die Existenz des Priestertums eingeschränkt. Im ewigen Zustand, in dem es keine Sünde und kein Leid mehr gibt, wird es im Endergebnis der in der Herrlichkeit triumphierenden Gnade aufhören.
Weiter unten werden wir die ausführliche Anwendung dieses bemerkenswerten Schwurs des Herrn vor uns haben, dessen Schwur, wie hinzugefügt wird, Er nicht bereuen wird, der Schlüssel zu der in 1. Mose 14 geschichtlich eingeführten Begebenheit. Es genügt an dieser Stelle zu sagen, dass der Geist mit dieser Anspielung lediglich die Aufmerksamkeit auf die besondere Ehre Christi zu lenken scheint, der in keiner Weise an der Ordnung Aarons teilhat, sondern der Ordnung Melchisedeks Nachdruck verleiht, der lange vorher als einziger Priester, ohne Nachfolger, Vorgänger oder Untergebene, vor uns erscheint. Die Ordnung Aarons war im Wesentlichen eine Nachfolgeordnung, und zwar aus einem Grund, der sich auf den Menschen bezieht, wie er ist, nämlich dem Tod durch die Sünde unterworfen. Melchisedek wird uns eindrucksvoll als ein lebendiger Priester vor Augen geführt, der allein den gläubigen Menschen auf Seiten Gottes und den höchsten Gott auf Seiten des Menschen segnet: das beredte Bild, das der Geist so oft von Christus als dem einzigen und ewig lebenden Priester in der Höhe gebraucht.