Behandelter Abschnitt Heb 4,6-10
Doch Gott hatte seine Ruhe von Anfang an offenbart. Es wird nur von der Welt Adams gesprochen, nur von den „Werken“ Gottes, die an den sechs „Tagen“ vollbracht wurden. Die gewaltigen Schöpfungsvorgänge in erdgeschichtlicher Zeit bleiben unberücksichtigt und haben nichts direkt mit seiner Ruhe zu tun. Aber seine Werke im Hinblick auf den Menschen führen unmittelbar zu ihr. Deshalb heißt es in 1. Mose 2,2: „Und Gott hatte am siebten Tag sein Werk vollendet, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte“, wie es Tausende von Jahren später in Psalm 95,11 heißt: „Wenn sie in meine Ruhe eingehen werden!“ Die erste Schriftstelle beweist, dass Er selbst eine Ruhe hatte, die zweite, dass sogar sein Volk noch nicht in sie eingetreten war. Adam und seine Nachkommen sündigten von Anfang an. Gott konnte in der Sünde nicht ruhen, noch konnten die Sünder als solche in die Ruhe Gottes eingehen. Gott sprach damals in der Tat nicht davon, dass irgendjemand hineingehen könnte. Doch indem Er so sprach, deutete Er an, dass die Ungläubigen, die Ihn in der Wüste herausforderten, nicht hineingehen würden. Da sie sich selbst Christus vorzogen, mussten sie, wie alle anderen auch, die verderblichen Folgen ernten. Und das berichtet Er in einem Psalm, der nicht nur an das Verderben des rebellischen Volkes in der Wüste erinnert, sondern auch auf den zukünftigen Tag der Herrlichkeit vorausblickt, an dem Israel eingeladen wird, mit Liedern der Freude und des Dankes vor dem Herrn zu erscheinen, nicht nur vor dem Schöpfer (denn es gab keine Götter, sondern nur Dämonen und Betrüger), sondern vor ihrem Schöpfer und Gott. Nachdem sie endlich geglaubt haben, nachdem sie lange Zeit wegen ihres Unglaubens verurteilt wurden, werden sie in seine Ruhe eingehen. Wie willkommen und großartig für dieses Volk, sein Volk, nach einer solchen Geschichte des Leids, der Schande und der Unruhe durch die Sünde und den Unglauben, der jedes Entrinnen oder jede Befreiung verhinderte! Denn „heute“ wird dann nicht nur ein beständiger Ruf der Gnade sein (wie er im Evangelium im Vordergrund steht), sondern Gottes Kraft zur Rettung; und so wird ganz Israel an jenem Tag errettet werden (Röm 11,26).
Weil nun übrig bleibt, dass einige in sie eingehen und die, denen zuerst die gute Botschaft verkündigt worden ist, des Ungehorsams wegen nicht eingegangen sind, so bestimmt er wiederum einen gewissen Tag: „Heute“, in David nach so langer Zeit sagend, wie vorhin gesagt worden ist: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht.“ Denn wenn Josua sie zur Ruhe gebracht hätte, so würde er danach nicht von einem anderen Tag geredet haben. Also bleibt eine Sabbatruhe dem Volk Gottes übrig. Denn wer in seine Ruhe eingegangen ist, der ist auch selbst zur Ruhe gelangt von seinen Werken, wie Gott von seinen eigenen (4,6–10).
Daraus wird gefolgert, dass einige hören und glauben würden, während die Masse ungläubig war und umkam; und beides wurde im Vorbild bestätigt: Israel fiel als Ganzes; Josua und Kaleb zogen in Kanaan ein. Es war eine traurige Angelegenheit, mit der die Gnade den Juden, die sich zum Namen des Herrn bekannten, und allen, die heute in der Christenheit leben, die Moral zeigen würde. Gottes Barmherzigkeit würde nicht durch menschlichen Widerstand oder Gleichgültigkeit behindert werden. Wenn die zuerst Aufgerufenen die frohe Botschaft ablehnten, bleibt Er dabei, dass Er erneut aufruft. Er legt einen Tag fest, und bei David, lange nach Mose und Josua, ist „heute“ das Wort (wie vorhin gesagt worden ist): „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht“ (V. 7). Er kommt, und Israel wird an jenem Tag sein Herz nicht verstocken, sondern sagen: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Mt 23,39). Aber die Christen und die Versammlung sagen jetzt: „Komm!“, denn sie haben wenigstens seine unendliche Gnade bewiesen. Sie fürchten sich nicht, sondern sehnen sich nach seiner Gegenwart. Dennoch geht der Ruf an die Ungläubigen weiter, während Er noch zögert. Denn Er ist nicht nur ihr Bräutigam, sondern auch ihr Erretter (Off 22).
Es ist unmöglich zu behaupten, dass Israels Einzug in Kanaan Gottes Ruhe oder der Einzug des Menschen in dieses Land war. Das Versagen ist in Kanaan ebenso offensichtlich wie in Eden. Beide waren nicht seine Ruhe. Aber in dieser Argumentation ist sein Wort endgültig. Lange nachdem Josua Israel zur Ruhe im Land gebracht hatte, spricht Gott durch David von seiner Ruhe, die noch nicht verwirklicht ist, die durch den Unglauben so sicher verlorengeht wie früher, die dem Glauben so offen steht wie immer – wir können sagen, jetzt im Evangelium mehr denn je; aber das ist kaum das Ziel dieses Teils des Briefes. Es ist ein letzter Aufruf an das Volk und eine ernste Warnung vor dem Unglauben an die unter ihnen, die den Herrn Jesus anrufen. Welches Maß an Ruhe Josua Israel damals auch gab, es war nicht die Ruhe Gottes, denn diese wird bei David noch in Aussicht gestellt. „Also bleibt eine Sabbatruhe dem Volk Gottes übrig“ (V. 9).
So heißt es in Römer 8, dass wir in Hoffnung errettet worden sind, denn die Errettung, von der die Rede ist, geht über die Errettung der Seele hinaus und umfasst auch den Leib (V. 11.23) und die Schöpfung im Allgemeinen (V. 19–22). „Eine Hoffnung aber“, sagt der Apostel, „die gesehen wird, ist keine Hoffnung; denn was einer sieht, was hofft er es auch? Wenn wir aber das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir mit Ausharren“ (V. 24.25). So ist es auch mit der Ruhe, die Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben, und an der selbst Er keinen Makel sieht, und die Er uns, wenn alles Werk vollbracht ist, mit sich selbst genießen lassen wird. Sie ist also ganz und gar in der Zukunft, sie bleibt für sein Volk, sei es für die droben oder für die hier unten. Denn Christus ist der Erbe aller Dinge, und wir sind Miterben mit Ihm. Alles, was im Himmel und auf der Erde ist, wird Ihm unterworfen, und zwar nicht nur dem Anspruch nach durch die persönliche Erhebung zur Rechten Gottes, sondern durch den tatsächlichen Besitz in unanfechtbarer und anerkannter Macht, wenn Er auf seinem eigenen Thron regiert. Das ist die Ruhe Gottes, wie sein Wort sie beschreibt, aber leider glauben viele, die den Namen Christi bekennen, nur schwach oder gar nicht daran. Sie ist so sicher wie sein Tod, der der Grund der Hoffnung ist wie so vieles andere, das unendlich kostbar ist, und der in Kapitel 2 sorgfältig dargestellt wird.
Die Ruhe Gottes ist also keine gegenwärtige Ruhe – und die Zukunft dieser Ruhe ist für jeden Christen da, vor allem für einen jüdischen, ein großer Schutz gegen die Falle, sie jetzt hier auf der Erde zu suchen. Da Gott nicht in der Sünde oder im Elend ruhen kann, sollten wir dies auch nicht in unseren Wünschen zulassen, geschweige denn es zu unserem Leben machen. Jetzt ist die Zeit für die Bemühungen der Liebe, wenn wir seine Liebe kennen, jetzt wahre Anbeter des Vaters zu suchen, wie Er sie selbst sucht (Joh 4): Wie der Sohn es hier auf der Erde zu tun liebte, so tut es jetzt der vom Himmel herabgesandte Geist. So sollen wir zeigen, dass wir mit dem Vater und dem Sohn hier auf der Erde und ringsum Gemeinschaft haben in der Gnade, wie oben in Lob und Dank, während wir auf die Ruhe Gottes warten, und diese ist, wenn sie kommt, ewig.