Behandelter Abschnitt 1Tim 2,19-22
Dass wir mit Christus gestorben und auferstanden sind, ist wahr und heilig und kann dem Gläubigen vom Anfang bis zum Ende seiner Laufbahn nicht zu sehr verdeutlicht werden; aber wir, die wir in uns seufzen und die Erstlingsfrucht des Geistes haben, erwarten auch die Sohnschaft, die Erlösung unseres Leibes (Röm 8,23). Das wird erst bei der Wiederkunft Christi geschehen, die der Feind auch vor uns verbergen und uns rauben möchte, die einflussreichste aller Hoffnungen für solche, die Ihn lieben und die Gemeinschaft seiner Leiden erfahren möchten. Wie listig und verderblich ist also der Kunstgriff, der, indem er unsere Hoffnung in einen Ausdruck hohen Vorrechts jetzt verwandelt, unsere himmlische Hoffnung zunichtemacht, die Gemeinschaft und den Wandel zerstört, Christus vor der Sehnsucht unseres Herzens verbirgt und das Ausruhen in gegenwärtigen Dingen zu einer klugen und begehrenswerten Sache machen würde!
Das war der eigentliche Irrtum des Hymenäus und Philetus: In Wirklichkeit war es ungöttliches Geschwätz, das sicher in der Gottlosigkeit fortschreiten und ein wahrer Krebs in seiner fressenden Verderbnis sein würde. Solcher Irrtum ist der Umsturz des Glaubens, wo immer er angenommen wird.
Doch der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt die sein sind; und: Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit! In einem großen Haus aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre, die anderen aber zur Unehre. Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet. Die jugendlichen Begierden aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen (2,19‒22).
Es mag gut sein, dass der Leser sich bewusst ist, wie viel Spekulationen über „den festen Grund Gottes“ im Umlauf sind. Einige haben vermutet, dass es die Lehre von der Auferstehung ist, andere die Verheißungen, wieder andere die Auserwählung. Weiter hat man angenommen, es sei die Versammlung, oder wiederum, mit besserer Begründung, Christus selbst. Aber es scheint keinen ausreichenden Grund zu geben, den festen Grund an dieser Stelle so zu definieren. Wenn der Heilige Geist es allgemein gehalten hat, warum sollte man dann versuchen, den Gedanken einzugrenzen? Der Zweck ist eindeutig, das zu kennzeichnen, was inmitten der Verwirrung und des Verderbens fest ist und von Gott aus bleibt; und diesen unveränderlichen Grund zum Trost und guten Mut aller zu benutzen, die seinen Willen tun wollen. Lehren, Verheißungen, Erwählung kommen nicht in Frage; und die Versammlung oder der Gläubige ist vielmehr das, wofür inmitten der bestehenden Unordnung Vorsorge getroffen wird. Auf den ersten Blick kann das Haus nicht der feste Grund sein; und es scheint unvernünftig, zu behaupten, dass Christus selbst dieses Siegel haben soll: „Der Herr kennt die sein sind“; und: „Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit.“
Es gibt nichts Einfacheres und Wichtigeres, wenn man den festen Grund Gottes als etwas Allgemeines versteht; wer darauf ruht, wird einerseits getröstet, andererseits ernstlich ermahnt. Der Stand der Dinge war so, dass man nicht mehr davon ausgehen konnte, dass alle, die die Versammlung bildeten, Glieder des Leibes Christi waren. Nachlässigkeit hatte eine Ernte der Schwäche und Schande zugelassen; die Gottesfürchtigen waren gezwungen, auf die Gewissheit zurückzugreifen, dass der Herr die Seinen kennt, aber in Verbdingung damit konnten sie nicht umhin, auf die christliche Verantwortung zu drängen: „Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit.“
Es fällt auf, dass es hier nicht um Christus geht, sondern um den Herrn. Christus ist der richtige Ausdruck, wo die bekannte und genossene Gnade dem Herzen bekannt ist; der Herr kommt ebenso richtig zum Gebrauch, wo Bekenntnis und Verantwortung gelten. Selbst wenn es keine wirkliche Gemeinschaft gibt, kann es keinen Zweifel geben, dass dies in der vorliegenden Formulierung der Fall ist; und dies ist die Lesart der besten und ältesten Autoritäten, der alle modernen Kritiker folgen, auch wenn sie keine Ahnung von dem Unterschied in der beabsichtigten Wahrheit haben mögen.
Es gibt jedoch noch viel mehr und von überragender Bedeutung in dem, was der Apostel hinzufügt: „In einem großen Haus aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre, die anderen aber zur Unehre.“ Da haben wir ein lebendiges Bild von dem, was die Versammlung geworden ist. Wie anders als die Sicht, die im ersten Brief gegeben wird (1Tim 3,15)! Dort heißt es, dass das Haus Gottes die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit. Es ist die Versammlung auf der Erde, die Wohnung Gottes im Geist, als die, die allein hier unten die Wahrheit vor allen Menschen darstellt und bewahrt. Die Juden hatten nicht die Wahrheit, sondern das Gesetz; die Heiden hatten nur Eitelkeiten und Verderbnis und Träume der Menschen. Die Versammlung des lebendigen Gottes hielt die Wahrheit vor allen Augen hoch. Aber jetzt, im zweiten Brief, gab es ein Eindringen, nicht nur von Bequemlichkeit statt Leiden, und von Furchtsamkeit statt Mut, und von falschen Lehren, sogar in den Grundlagen. Das gibt dem Geist Gottes Anlass, einen weit anderen Zustand darzustellen. Es ist nicht so, dass der Geist Gottes seine Wohnung aufgegeben hat, aber Er charakterisiert das Haus nicht mehr als das des lebendigen Gottes. Es mag einen größeren Schein annehmen, aber es gibt viel mehr Echtheit. „In einem großen Haus aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene.“
Lange zuvor hatte uns der Apostel (1Kor 3,5) auf das vorbereitet, was sogar auf Christus selbst gebaut werden kann. Wer unter den wahren Dienern ist wie Paulus, ein weiser Baumeister? Jeder soll sehen, wie er darauf baut. Einer mag auf diesen Grund Gold, Silber, Edelsteine bauen; ein anderer dagegen Holz, Heu, Stoppeln; zu viele ein Gemisch von beidem. Und der Tag wird zeigen, wenn das Feuer das Werk jeden Menschen offenbar macht, von welcher Art es ist. Das, was bleibt, wird sich als Gott wohlgefällig erweisen; das, was dem Feuer nicht standhält, wird dem Arbeiter zum Schaden gereichen, auch wenn er selbst gerettet werden wird. Hier im zweiten Timotheusbrief schaut der Apostel nicht auf den Prozess, sondern auf das Ergebnis. In einem großen Haus gibt es nicht nur wertvolle Gefäße, sondern auch die ganz gewöhnliche – „die einen zur Ehre, die anderen zur Unehre.“ Das Haus Gottes wird hier also auf einen menschlichen Vergleich reduziert betrachtet. Es wurde genauso wie das, was wir unter den Menschen auf der Erde finden; es hat nicht mehr diesen ausschließlichen Stempel Gottes, den man früher im Haus Gottes erwartete. Versagen in vielerlei Hinsicht hat das Zeugnis verunreinigt; und das Ergebnis ist jene Mischung, die Gott und denen, die seinen Willen und sich selbst lieben, so zuwider ist.
Was ist dann zu tun? Sollen wir seine Entehrung hinnehmen und uns in Verzweiflung niederlegen? Oder soll man sich mit Händen und Füßen an die Einheit binden und die Augen vor all der Sünde und Schande verschließen? Ein niedrig gesinnter Gläubiger würde das Dilemma bitter empfinden und könnte sich nicht durch verbale Proteste gegen das Böse befriedigen, das er durch sein tatsächliches Leben und seine Wege gutheißt. In einem solchen Zustand ist es gut, sich selbst zu demütigen und wie Daniel die Sünden aller zu bekennen, mit denen man verbunden ist, sowie die eigenen Sünden. Aber ist das alles? Gott sei Dank nicht; der Apostel gibt sofort eine genaue und verbindliche Anweisung. Die Ängstlichsten brauchen sich nicht zu fürchten, zu folgen; das am meisten bedrückte Herz hat das Recht, guten Mutes zu sein; und die, die an der Zulassung des Bösen festhalten unter dem Vorwand, die Einheit nicht zu brechen, werden durch den Aufruf des Apostels zurechtgewiesen und verwirrt: „Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein“ (V. 21).
Wenn die Versammlung in ihrem normalen Zustand ist und ein Böser, wie grob auch immer, unter den Gläubigen ist, heißt es: „tut den Bösen von euch selbst hinaus“ (1Kor 5,13). Aber hier ist es genau umgekehrt. Das Böse mag in einer Versammlung vorherrschen, und die moralische Sensibilität mag so niedrig sein, dass die Masse sich weigert, den alten Sauerteig zu entfernen: Die Gefäße zur Unehre haben Einfluss genug, um trotz aller Bemühungen, sie zu entfernen, zu bleiben. Was dann? Der Apostel befiehlt, dass der gottesfürchtige Mensch sich von ihnen reinigen soll. Das trifft das Gewissen, wenn es nur eines wäre; aber derselbe Grundsatz, das ist klar, gilt für alle, die das Böse erkennen, nachdem sie geduldig auf die Versammlung gewartet haben und jedes biblische Mittel auch vergeblich eingesetzt wurde, um das Gewissen aufzuwecken. Im Grunde ist es offensichtlich derselbe Grundsatz der Absonderung vom Bösen, der in 1. Korinther 5 angewandt wird, um den Bösen hinauszutun. In 2. Timotheus 2 ist es ein viel weiter entwickelter Fall, in dem der Wohltäter, nachdem er sich vergeblich bemüht hat, das Böse, das er in sich trägt, zu korrigieren, dazu verpflichtet ist, sich selbst zu reinigen. Unmöglich, dass der Geist Gottes das Böse unter dem Namen des Herrn Jesus versiegeln würde. Wir sind ungesäuert, so sicher wie Christus, unser Passah, für uns geheiligt wurde. „Darum lasst uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit dem Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit dem ungesäuerten Brot der Aufrichtigkeit und Wahrheit“ (1Kor 5,8). Die Versammlung, die bekennt, von Gott zu sein, kann nicht Christus und das bekannte Böse miteinander verbinden. Wenn also jemand den Namen des Herrn nennt, der unter dem Vorwand der Einheit, in der Liebe zur Bequemlichkeit oder aus Parteilichkeit für seine Freunde das Böse duldet, von dem die Schrift zeigt, dass es Gott verhasst ist, dann hat ein gottesfürchtiger Mensch keine andere Wahl, sondern ist verpflichtet, das göttliche Wort zu hören und sich von diesen Gefäßen der Unehre zu reinigen.
Zweifellos ist diese Anwendung von Gottes unveränderlicher Heiligkeit, um den Gläubigen in diesen traurigen und schwierigen Umständen zu leiten, eine neue. Der Apostel gab sie nur in seinem letzten Brief, den er schrieb. Der Grund dafür ist offensichtlich: Es gab noch keinen Anlass, der ein so ernstes Wort erforderte. Störungen hatte es oft gegeben, und einige von extremem Charakter; aber bis jetzt waren die Gläubigen, wie fehlerhaft auch immer, zusammengebrochen, und der Gehorsam hatte endlich die Oberhand gewonnen. Es hatte nie eine Notwendigkeit bestanden, diejenigen, die in der Versammlung einen gemeinsam Weg gegangen waren, einfach im Stich zu lassen. Aber hier führt der Geist Gottes dem Apostel ein neues und noch entsetzlicheres Ergebnis der zunehmenden Macht des Bösen vor Augen: Wann immer uns Gefäße zur Unehre aufgezwungen werden, haben wir keine Wahl: Die Ehre des Herrn steht über allen anderen Erwägungen; und ob es der Tapferste oder der Zaghafteste ist, wir sind gleichermaßen aufgefordert, dem Gebot des Apostels zu gehorchen, das für diesen Zustand gilt. Lasst uns nur sicher sein, dass das Böse wirklich nach absoluter Trennung verlangt; und weiter, dass geduldige und gottesfürchtige Ermahnung gebührend angewandt werden, um das Böse zu richten, anstatt sich zu trennen. Wenn es aber zur Entehrung des Herrn und seines Wortes geduldet und aufrechterhalten wird, gibt es keine andere Möglichkeit, als sich zu reinigen.
Unter diesen Umständen gegen das Gewissen zu handeln, bedeutet in der Tat, Gott und seinen Christus aufzugeben; sich demütig, aber entschieden von den Gefäßen der Unehre zu reinigen, bedeutet, ein Gefäß zur Ehre zu sein, „geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.“ So ist es immer in der Erfahrung zu finden: Eine Absonderung, die Gott wohlgefällig ist, kostet viel, gewinnt jedoch viel mehr. Wer sich leichtfertig aus bloßer Vorstellung oder aus eigenen Gründen trennt, ist nur ein tönendes Erz und bringt weder sich noch sonst jemandem Gewinn; ja, er ist ein beständiger Vorwurf gegen den Herrn und sein Wort, wo es wirklich so steht. Aber der Gläubige, der sich selbst mit tiefstem Schmerz für sich selbst und gottesfürchtiger Sorge für andere reinigt, und zwar umso mehr, weil er glaubt, dass sie dem Herrn gehören, tritt in frischen Segen ein und erneuert gleichsam alles, was einem Gläubigen eigen ist, mit neuer Kraft für sich selbst. „Er wird ein Gefäß zu Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.“ Eine solche Zusicherung ist umso tröstlicher, als er sich auf die schärfsten Schläge von denen gefasst machen muss, die er zurückgelassen hat, sowie von allen, die leichte Gleichgültigkeit mit Liebe für die Versammlung Gottes verwechseln. Außerdem könnte er einen engen Kreis für seine Zuneigung und einen eingeschränkten Bereich für seine Arbeit fürchten. Wie gnädig, dass der Herr all diesen Befürchtungen zuvorkommt und ihm die Verheißung gibt, wenn er durch die große Prüfung mit Gott hindurchgegangen ist, das Herz zu vergrößern in allem, was zu seiner Ehre ist!
Es mag bemerkt werden, dass es keinen solchen Gedanken gibt, das Haus zu verlassen, obwohl einige in ihrem Eifer für Heiligkeit in diesen Irrtum verfallen sind. Aber wir können es nicht und wollen es nicht, solange wir uns zum Namen des Herrn bekennen. Ein Abtrünniger hat zweifelsohne seinen Namen aufgegeben. Aber sich selbst von Gefäßen zu reinigen, die zur Unehre sind, wird hier als eine positive Pflicht festgelegt, und so weit entfernt davon, eine Anmaßung zu sein, ist es einfacher Gehorsam gegenüber dem Wort des Herrn, wenn es richtig gemacht wird. Es ist daher der Weg der wahren und von Gott bewirkten Demut, was auch immer der Terror sein mag, den die ausüben wollen, die die Herrschaft über den Glauben der Heiligen suchen. Sich von den Bösen im Haus zu reinigen, heißt nicht, das Haus zu verlassen, sondern dort so zu wandeln, wie man es nach der Schrift tun sollte.
So war es auch zur Zeit der Reformation. Luther, Calvin, Zwingli, Cranmer verließen das Haus Gottes nicht, als sie die Messe, die Anbetung der Heiligen, die Autorität des Papstes und andere böse Lehren und Praktiken ablehnten. Im Gegenteil, sie lernten, wenn auch langsam und unvollkommen, dem zu entsagen, was dieses Haus entstellte und Ihm, der dort wohnte, am feindlichsten war. Es war nur die grobe fanatische Unwissenheit der Katholiken, die ihnen vorwarf, das Haus Gottes zu verlassen. Die päpstliche Partei nahm an, wie andere Heuchler es zu tun pflegen, dass sie allein jenes Haus bilden; während, soweit die Reformation ging, die Gottesfürchtigen unter den Protestanten sich von den Gefäßen zur Unehre zu reinigen suchten, während die Katholiken nur umso hartnäckiger nach dem Bösen lechzten und so immer schuldiger wurden. Aber beide waren trotzdem im Haus; nur waren die einen Gott wohlgefälliger, die anderen anstößiger als zuvor.
Der Grundsatz gilt nicht weniger, als die Gottesfürchtigen unter den Protestanten und Katholiken begannen, den wahren Charakter der Kirche zu erkennen und das Unrecht, das durch den vorherrschenden Irrtum und die bösen Praktiken nicht nur den Gliedern, sondern auch dem Haupt des Leibes zugefügt wurde. Dies führte durch eine bessere Kenntnis des geschriebenen Wortes zu der deutlichen Überzeugung, was die verletzten Rechte des Heiligen Geistes in der Versammlung als auch im Amt betrifft. Und diejenigen, die so von Gott gelehrt wurden, sahen deutlich, dass sie die Wahrheit im Glauben praktisch ausführen und so den Herrn zu verherrlichen suchen mussten. Es wäre erbärmlich und undankbar, den Geist zu betrüben, indem sie alles, was sie gelernt hatten, als bloße Ideen für Diskussionen oder Kritik an bestehenden Gedanken und Wegen behandelten. Aber indem sie so treu handelten, soweit sie es erkannten, verließen sie dadurch das Haus? Ganz im Gegenteil; sie strebten nur danach, sich in Ehrfurcht vor der Schrift und in Abhängigkeit vom Herrn in diesem Haus besser zu verhalten. Das Christentum wird nicht aufgegeben, indem man mehr nach Gottes Willen auf dem wahren Weg für Christen wandelt, sei es persönlich oder gemeinschaftlich. Und derselbe Grundsatz ist zu keiner Zeit weniger gültig, ganz gleich, wie wahrhaftig versammelt die Heiligen einst gewesen sein mögen. Gefäße zur Unehre können nicht die Zustimmung Christi genießen und sollten für die Gläubigen unerträglich sein. „Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein.“
Aber die Neigung ist groß, diese prüfende Wahrheit anderen aufzudrücken und, ohne es zu sagen, eine Immunität für uns selbst zu beanspruchen: So leicht weicht die Versammlung von der Treue des Herrn ab, wenn sie wirklich angelehnt ist, um allmählich zunehmend eine Unfehlbarkeit zu verteidigen. Denn der Glaube entartet umso schneller zum Aberglauben, je mehr das geistliche Empfinden abnimmt, die Liebe erkaltet, das Wissen selbstgefälliger wird und die Formen die Wirklichkeit verdrängen. Bald entsteht ein neues und unbedeutenderes Rom, das als das einzig Richtige hochgejubelt wird. Doch die Wahrheit bleibt, damit der Geist sie zur Ehre Christi gebrauchen kann, wann immer das Auge einseitig ist oder wird. Wir sind verpflichtet, wenn wir Ihm gefallen wollen, uns durch sein Wort noch gründlicher zu prüfen als andere.
Der Apostel vergisst auch nicht die persönlichen Gefahren für den, der sich mit öffentlich Bösem beschäftigt: „Die jugendlichen Begierden aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“ (V. 22). Es ist von großer Wichtigkeit, besonders unter den Umständen, dass wir uns von dem befreien, was manch einen Gläubigen umgarnt und vielleicht auch uns selbst mehr oder weniger in vergangenen Zeiten umgarnt hat, dass wir denen, die es suchen, keine Gelegenheit geben. Vergeblich zeugst du gegen das, was Gott kirchlich anstößig ist, wenn du in einem Verhalten versagst, das deutlich genug ist, um von denen gesehen zu werden, die von dir gleichsam getadelt werden. Daher ist Paulus besorgt, Timotheus eindringlich zu ermahnen, sich vor allem zu hüten, was hindern oder stören könnte, und zwar gerade dann und auf diese Weise. Jugendliche Begierden müssen gemieden werden, nicht nur weltliche oder fleischliche, sondern „jugendliche“, wie Voreiligkeit, Selbstbewusstsein, Leichtsinn, Ungeduld und dergleichen. Es reicht auch nicht aus, sich vor dem zu hüten, was die Älteren vor allem übelnehmen könnten: Er sollte nach praktischer Konsequenz oder Rechtschaffenheit streben, im Glauben wandeln, nicht in bloßer menschlicher Klugheit oder Politik, an der Liebe festhalten, nicht an selbstsüchtigen Interessen, und den Frieden bewahren, keinen Streit zulassen und nicht nach seinem eigenen Willen handeln.
Aber mehr noch, er wird ermutigt, all dies in persönlicher Verbindung zu anderen und gegenseitigem Handeln zu tun „mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“.8 Nicht so: Der gläubige Mensch wird vielmehr, wenn er sich von Gefäßen zur Unehre reinigt und in Selbstgericht und Kultivierung von Wegen wandelt, die dem Herrn wohlgefällig sind, mit der Aussicht auf Gemeinschaft auf seinem Weg ermutigt. Er braucht die Einsamkeit nicht zu fürchten, denn er liebt die Gemeinschaft der Gläubigen. Gott wird nicht versagen, in denen zu wirken, deren Herzen durch den Glauben gereinigt sind. Lass ihn also diesen Weg verfolgen, nicht zweifelnd, sondern mit gutem Mut. Er wird nicht allein sein; er soll den Weg gehen, der Gott wohlgefällig ist, „mit denen, die den Herrn anrufen mit reinem Herzen“, das heißt mit wahrhaftigen Gläubigen, im Gegensatz zu den Förderern oder Verteidigern des moralisch Bösen in Wort oder Tat.
8 Ich kann dem Vorschlag eines Deutschen (gefolgt von Alford, Ellicott u. a.) nicht zustimmen, das Komma nach „Frieden“ zu entfernen, um „mit denen, die ...“ von dem Verb „folgen“ zu trennen und es nur mit dem Substantiv „Frieden“, das unmittelbar vorausgeht, zu verbinden. Hebräer 12,14 hat keine wirkliche Analogie zu dem Satz; denn dem Frieden nachzujagen auf die zu beschränken, die den Herrn so anrufen, würde den denkbar schlechtesten Sinn ergeben, als ob es die geringste Mühe bedeuten würde↩︎