Behandelter Abschnitt Phil 4,2-3
Da waren Dinge am Werk, die in der Art der Zuneigung oder wenigstens im Dienst des Herrn die trennten, die sich von frühester Zeit an darin engagiert hatten. Und das kann man auch dort finden, wo nichts Skandalöses am Werk ist, denn die Einsatzfreude und der Eifer des Dieners Gottes kann ihn leicht in Gefahr bringen, wenn er sich nicht ausreichend mit Christus beschäftigt; auch der Dienst verstrickt und gefährdet, wenn er zur Hauptsache wird statt Christus. Es hat den Anschein, dass dies bei einigen aktiven Gläubigen in Philippi der Fall war.
Evodia ermahne ich, und Syntyche ermahne ich, gleich gesinnt zu sein im Herrn. Ja, ich bitte auch dich, mein treuer Mitknecht, steh ihnen bei [d. h. diesen eben genannten Frauen], die in dem Evangelium mit mir gekämpft haben, auch mit Clemens und meinen übrigen Mitarbeitern, deren Namen im Buch des Lebens sind (4,2.3).
Nun, es ist klar, dass es zwei Dinge gibt, die der Apostel hier hervorhebt. Erstens ist es sehr wichtig, dass man nicht nur im Herrn, sondern auch in der Arbeit des Herrn dieselbe Gesinnung hat. Die Gefahr besteht darin, dass wir in dieser heiligen Beschäftigung ein eigenes Ziel oder einen eigenen Weg verfolgen. Der Herr ist gewiss eifersüchtig auf die, die Er beschäftigt, und Er arbeitet ständig daran, jeden Diener im unmittelbaren Sinn seiner eigenen Verantwortung vor sich selbst zu bewahren. Niemand braucht zu befürchten, dass dies die gegenseitige Achtung beeinträchtigen oder das Ausströmen der göttlichen Zuneigung, die die verschiedenen Diener Gottes miteinander verbindet, behindern könnte. Der Mensch würde so denken, weil er aus seinem eigenen egoistischen Herzen heraus urteilen muss. Es ist das Fleisch, das seine eigenen Dinge sucht; während der Geist Christi, was immer sein heiliges Urteil über das Böse sein mag, niemals selbstsüchtig ist. Es ist der gröbste Irrtum anzunehmen, dass dort, wo das Herz dazu gebracht wird, alle Dinge im Licht Gott zu beurteilen, ein Element der Spaltung zwischen den Brüdern hineingebracht wird; nicht dies, sondern die Nachsicht des Fleisches öffnet die Tür zu Streit und Spaltung.
Angenommen, ein Kind Gottes hat sich verirrt, was ist es, das es von seinen Brüdern trennt? Nichts anderes als das Böse, dem es nachgegeben hat. Der Heilige Geist wirkt in einem Menschen; jetzt empfindet er, bekennt und trennt sich von dem, was fleischlich ist. Sofort ist das Gleichgewicht wiederhergestellt, und sie sind in der Liebe mit diesem irrenden Gläubigen mehr verbunden, als sie es vielleicht jemals zuvor waren. Bis zu diesem Zeitpunkt mag es vieles gegeben haben, was die Gemeinschaft behindert hat. Die Gereiztheit des Gemüts, die Sucht zu tadeln, die Eitelkeit, das Selbstvertrauen, das allzu oft gerade im Dienst und in der Anbetung Gottes ausbrach – all das hatte zuvor manches ängstliche Gefühl für geistliche Gemüter hervorgerufen, und das nur, weil echte Liebe zu dem Gläubigen vorhanden war. Die Folge war bisher das, was trennte, nicht im äußeren Wandel, sondern in der Gemeinschaft des Herzens; während in dem Augenblick, wo das echte Wirken des Heiligen Geistes Gottes da war – die Sünde ist vielleicht tatsächlich ausgebrochen, weil die Natur nicht gerichtet wurde und die Trennung vollständig geworden ist –, in dem Augenblick, wo das Böse sogar im Geist des Mannes behandelt wird und er offen zugibt, dass er gegen den Herrn gesündigt hat, ist dein Herz mit ihm verbunden und du hast ein Vertrauen zu ihm, das vorher vielleicht nie bestanden hat.
Die Vorstellung ist also falsch, dass das ernste Urteil über das Böse das ist, was die Geschwister trennt. Im Gegenteil, es ist das Böse (und nicht die Trennung von ihm), das Zwietracht sät oder die Trennung unter den Brüdern notwendig macht. Gnädige Trennung vom Bösen verbindet die Herzen derer, die dem Herrn treu sind. Das ist Heiligkeit in der Tat. Abgesehen von der Sünde gibt es den Genuss von Gott selbst und seines guten und wohlgefälligen Willens. In dieser Welt bedeutet Heiligkeit die Verurteilung des Bösen und die Trennung davon in Herz und Praxis, soweit es uns betrifft. Das Kreuz des Herrn Jesus Christus ist das, was die Kinder Gottes auf der Grundlage versammelt, dass all ihr Böses dort gerichtet und für immer von ihnen getrennt worden ist durch seinen Tod.
Ganz gleich wie man es betrachtet, in jedem Fall ist es das Böse, das trennt, und es ist das Gericht über das Böse, das die Herzen vereint, in einer bösen Welt und das in Übereinstimmung mit Gott. Jede Einheit der Kinder Gottes wäre eine positive Sünde gegen Ihn, wenn sie nicht auf der Trennung vom Bösen beruhen würde. Nachdem wir uns auf das breite und grundlegende Prinzip der Trennung vom Bösen bezogen haben, das sich als äußerst praktisch erweisen wird, können wir uns nun seiner Anwendung auf die uns vorliegende Angelegenheit zuwenden.
In Philippi erhoben sich vor dem Herzen des Apostels gottesfürchtige Personen, die dort am Werk waren; aber Arbeit ist nicht immer Christus und kann Trennung sein. Die Tendenz ist nicht selten, das, was ein anderer tut, herabzusetzen und sich selbst in dem, was wir für unsere eigene Sache halten, zu erhöhen. Das neigt dazu, eine glückliche Gemeinschaft des Herzens zu zerstören; und wo es so etwas wie eine geistliche Atmosphäre gibt, werden diese Dinge tief empfunden. Unter den Korinthern war das nur eine Kleinigkeit im Vergleich zu den gröberen Übeln, die in ihrer Mitte aktiv waren; aber in Philippi, wo der Zustand vergleichsweise gesund und gesegnet war, wo auch der Geist des Gehorsams herrschte, wie wir wissen, wird der Mangel an Harmonie, aus welcher Ursache auch immer er entstanden sein mag, von Bedeutung; und das Abweichen dieser beiden Schwestern wird daher vom Geist Gottes nachdrücklich betont, aber nicht bevor reichlich Trost gespendet worden war, der ihre Herzen ermutigen würde, auf Christus zu schauen.
Wie zärtlich, und damit wie persönlich, ist der Appell an jede dieser christlichen Frauen! „Evodia ermahne ich, und Syntyche ermahne ich, gleich gesinnt zu sein im Herrn“ (V. 2). Er beginnt mit dem Herrn, nicht mit dem Dienst für Gott, auch wenn das Abweichen in dessen Verlauf zugenommen haben mag. Er fordert sie einzeln auf (denn wenn eine der beiden nicht hörte, könnte es die andere), im Herrn gleichgesinnt zu sein. Verlasst euch darauf, dass, wo wir mit dem Herrn beschäftigt sind, die Unterschiede bald verschwinden. Wenn jeder sein Auge auf den Herrn gerichtet hat, wird ein gemeinsames Objekt der Anziehung gefunden, und so wird die Hoffnung des Feindes, Entfremdung zu erzeugen, sofort besiegt.
Er fügt auch eine Bitte an seinen wahren Jochgenossen hinzu. Ich nehme an, dass damit Epaphroditus gemeint ist, von dem er in Kapitel 2 mit glühender Zuneigung gesprochen hatte. „Joch“ ist in der Schrift ein Zeichen der Vereinigung oder der Unterwerfung im Dienst. So wird dem Gläubigen in 2. Korinther 6 gesagt, er soll nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen sein. Viele verengen diese Schriftstelle auf die natürliche Beziehung der Ehe. Aber obwohl das Eheband zwischen Gläubigen und Ungläubigen offensichtlich nicht von Gott gewollt ist, bezweifle ich, dass es in dieser Schriftstelle eine besondere Anspielung darauf gibt. Das Ziel des Geistes Gottes ist es dort, die Vermischung des Gläubigen mit dem Ungläubigen im Dienst und der Anbetung Gottes zu verhindern. Der Apostel bringt sowohl den Tempel Gottes als auch individuelle Angelegenheiten vor und zeigt, dass wir weder gemeinsam noch einzeln mit Ungläubigen Gemeinschaft haben sollen. Ich weise nur deshalb darauf hin, weil es oft aus dem Gewissen der Kinder Gottes verdrängt wird durch die falsche Angewohnheit, es nur auf die Ehe zu beziehen; obwohl es auf den ersten Blick klar ist, dass die Anweisung, die der Heilige Geist gibt, nicht unbedingt für die Ehe gilt.
So schlimm es auch für einen Gläubigen ist, einen Ungläubigen zu heiraten, so sagt Gott auch dann nicht: Beende die Beziehung; verlass deine Frau; trenn dich von deinem Mann. Wenden wir es auf seinen legitimen Gegenstand an (nämlich die Gemeinschaft mit Ungläubigen in den Dingen Gottes), haben wir ein Höchstmaß an tiefer und dringender Bedeutung. Ich soll mich in keiner Sache, die den Dienst und die Anbetung Gottes betrifft, mit der Welt vereinigen. Das ist die wahre Bedeutung davon, „in einem ungleichen Joch sein“. „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab“ ist dann das besondere Wort, das für jede solche unheilige Verbindung gilt (2Kor 6,14.17).
Das macht alles deutlich, wenn Menschen fragen, ob wir nichts für die Welt tun sollen. Wenn es Kummer und Not gibt, soll ich dann nicht den Leidenden helfen? Gewiss, wenn es eine besondere Pflicht für das Haus des Glaubens gibt, so bin ich auch verpflichtet, allen Menschen Gutes zu tun; aber es gibt darin kein Zusammenjochen mit anderen außerhalb Christi und auch keine Gemeinschaft. Der weltliche Mensch gibt, weil er großzügig ist, oder für die Not der Person empfindet, oder von ihm erwartet wird, dass er gibt. Das Kind Gottes tut es, weil es der Wille Gottes ist. Der eine handelt auf dem Boden der Natur, der andere im Glauben. Selbst bei den gewöhnlichsten notwendigen Handlungen, wie Essen und Trinken, darf und soll ich alles zur Ehre Gottes tun.
Angenommen, ein Mensch ertrinkt oder ein Haus steht in Flammen, dann hat natürlich jeder Mensch einen Anspruch auf Hilfe; aber die Hilfe, die ein Diener Gottes bei solchen Gelegenheiten leisten könnte, als Grund dafür zu benutzen, die Welt mit dem Gläubigen im Dienst Gottes zu vereinen, bedeutet, zu täuschen oder getäuscht zu werden – vielleicht sogar willentlich. Ich zögere nicht zu sagen, dass ein Ungläubiger mit der Begründung, dass er an Gebeten und Liedern teilnimmt und das Abendmahl des Herrn einnimmt, seine Teilnahme an solchen Gottesdiensten zu billigen, ihm so weit wie möglich schädigt, wenn nicht gar zerstört. Kein Gläubiger würde so handeln, wenn er kein anderes Ziel hat, als Christus. Was der Heilige Geist für die nicht wiedergeborene Seele sucht, ist, ihn von seinem Verderben zu überzeugen. Doch wenn er sich mit ihnen in Gottes Werk oder Tempel zusammenschließt, betrügst du ihn (oder er dich) auf einem falschen Boden. Du behandelst ihn auf diese Weise als einen annehmbaren Anbeter und lässt ihn glauben, dass er den Dienst Gottes genauso wahrhaftig, wenn auch vielleicht nicht so gut, verrichtet wie du. Das ist sowohl gegen die Heiligkeit wie gegen die Liebe, als auch gegen die Ehre Gottes und das Wohl des Menschen.
Waren diese gottesfürchtigen, tatkräftigen Frauen nun im Geist getrennt? Er ermahnt nicht nur jede für sich, sondern bittet Epaphroditus, wie ich vermute, den wahren Jochgenossen des Apostels, ihnen zu helfen. Denn diese Frauen hatten die Leiden des Apostels am Evangelium geteilt, als es nach Philippi kam.2 Denn der Apostel setzt in Vers 3 denselben Gedanken wie in Vers 2 fort und fordert seinen lieben und treuen Jochgenossen in Philippi auf, den zuvor genannten Frauen (nicht anderen, wie die gewöhnliche Wiedergabe vermitteln könnte) beizustehen, „die“ (αἵτινες) oder „da sie“ in dem Evangelium mit mir gekämpft haben. Es wird nicht gesagt, dass sie predigten; es gibt hier keinen Hinweis auf einen öffentlichen Dienst.
Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem Predigen des Evangeliums und dem Mitkämpfen im Evangelium. Es kann sogar sein, dass ein Mann fleißig gearbeitet und nie in seinem Leben gepredigt hat; und es kann sein, dass es einige gibt, die jeden Tag genauso fleißig oder sogar noch fleißiger am Evangelium arbeiten als die, die es jeden Tag predigen. Es gibt eine schöne Auswahl in der Sprache des Heiligen Geistes. Wir alle sollten wissen, dass das Neue Testament die christliche Frau an den Platz der höchsten Glückseligkeit stellt und jeden Gedanken ausräumt, der ihr einen minderwertigen Platz in Christus geben würde; aber es stellt sie auch gleichzeitig in den Hintergrund, wo immer es sich um eine öffentliche Handlung handelt. Hier wird sozusagen offiziell der Mann zur Entblößung, die Frau zur Verhüllung aufgerufen. Sie wird also sozusagen hinter den Mann gestellt, während es, wenn man von unseren Vorrechten in Christus spricht, weder Mann noch Frau gibt. Es ist von Bedeutung zu sehen, wo es keinen Unterschied gibt und wo doch.
Der erste Brief an die Korinther ist sehr deutlich, dass das Haupt der Frau der Mann ist; und wie Christus die Herrlichkeit des Mannes ist, so ist der Mann die Herrlichkeit der Frau. Wir finden dort den Unterschied im Dienst zwischen dem Mann und der Frau. Wenn wir zu den himmlischen Vorrechten kommen, die wir in Christus haben, verschwinden alle diese Unterscheidungen. Es gibt keine öffentliche Tätigkeit, die ich in der Welt oder in der Versammlung kenne, die der christlichen Frau zusteht. Was den privaten Umgang mit Menschen betrifft, ist der Fall anders. Im Haus ihres Vaters mögen die vier Töchter des Philippus geweissagt haben. Sie waren offensichtlich hochbegabte Frauen; denn es wird nicht von ihnen gesagt, dass sie im Evangelium arbeiteten, sondern dass sie prophezeiten – eine der höchsten Formen der Gabe Christi. Gleichzeitig belehrt uns der Heilige Geist, der uns sagt, dass eine Frau tatsächlich prophezeien konnte und dies tat, dass es einer Frau verboten ist, in der Versammlung zu reden, wo das Prophezeien seinen richtigen Platz hatte. Aber dort war es einer Frau verboten, zu sprechen, nicht einmal erlaubt, eine Frage zu stellen, geschweige denn eine Antwort zu geben. Aber im privaten Bereich, zu Hause, sogar mit einem Apollos, konnte eine Frau angemessen dienen; das heißt, wenn sie unter und mit ihrem Mann handelte. Priscilla mochte ein größeres geistliches Gewicht haben als Aquila; aber gerade das würde sie dazu veranlassen, umso mehr darauf zu achten, einen unauffälligen, niedrigen Platz einzunehmen. Der Jochgenosse des Apostels scheint etwas zaghaft gewesen zu sein, diesen Frauen zu helfen. Daher bittet der Apostel auch ihn, wie er ihn ermahnt hatte. „... steh ihnen bei, die in dem Evangelium mit mir gekämpft haben“. Sie haben sich nicht ungebührlich in der Öffentlichkeit hervorgetan, sondern sie haben die frühen Prüfungen des Evangeliums mit dem Apostel Paulus geteilt.
In Korinth haben sich die Frauen viel zugemutet, und der Apostel drückt sein Gespür dafür durch die vorwurfsvolle Nachfrage aus, ob das Wort Gottes von ihnen ausgehe oder ob es nur zu ihnen gekommen sei (1Kor 14,36). So, und nicht nur so, waren sie ganz von dem abgewichen, was in den Versammlungen der Heiligen herrschte. Zweifellos dachten sie, wenn Frauen Gaben hätten, warum sollten sie diese nicht an allen Orten ausüben? Aber Er, der die Gabe gibt, ist allein berechtigt zu sagen, wann, wie und von wem sie ausgeübt werden soll. In Philippi, wo ein gehorsamer Geist herrschte, hätte man sich vielleicht zu sehr dagegen gesträubt, sich bei diesen sonst so geschätzten Frauen einzumischen, die einander entfremdet waren. Der Apostel bittet Epaphroditus, ihnen Hilfe zu leisten: „steh ihnen bei, die in dem Evangelium mit mir gekämpft haben“. Er spricht ihnen ein besonderes Lob aus. Sie bemühten sich für und mit ihm in dem Werk. Er gesellt sich zu den Personen, vor denen sich sein Jochgenosse wohl eher gefürchtet hat. Er schließt sich ihnen auch mit Clemens und anderen Mitstreitern an. Welche Zärtlichkeit in der Behandlung des Falles! Er ermutigt zur Gemeinschaft im Dienst des Evangeliums nicht nur mit treuen Männern, sondern auch mit Frauen, deren Treue nicht vergessen wurde, weil es gerade jetzt schmerzliche Hindernisse gab.
2 Es heißt nicht: „Und bitte dich“, wie in der englischen Version oder dem allgemein anerkannten Text; auch nicht: „Ja und“ und so weiter. Die besten Texte lassen „und“ ganz weg, was eine Verballhornung von „ja“ war.↩︎