Dennoch ist es unbestreitbar, dass, wie der allgemeine Charakter der christlichen Unterweisung nicht die Form von Geboten gesetzlicher Art annimmt, wir auch nicht unter die mosaischen Gebote gestellt sind, um unsere gegenwärtigen Gedanken und Empfindungen und unsere Ausrichtung als Christen zu formen. Nein, wir haben nichts, was dem Gesetz ähnelt, sondern einen entschiedenen und vollständigen Gegensatz, wie die Schrift sagt, denn „das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden“ (Joh 1,17). Wir haben zwar Gebote, die allerdings das Leben voraussetzen und die uns leiten. Sie sind gegeben, damit der Gehorsam Christi (1Pet 1) in uns gefördert wird; und es gibt nichts Schöneres für uns und nichts, was Gott mehr verherrlicht. Im Allgemeinen ist das die Belehrung für uns im Neuen Testament: Es entsteht eine Beziehung, und nach ihrem Charakter, der im Wort reichlich entfaltet und verstärkt wird, haben wir Gott zu verherrlichen. Wie dies in natürlichen Dingen der Fall ist, so benutzt der Geist Gottes eine alltägliche Beziehung als Anlass, um die geistliche, die ihr entspricht, hervorzubringen. Da unsere Herzen mit der großen Gnade beschäftigt sind, die das neue und ewige Band gebildet hat, können wir nicht nur ein Motiv, sondern ein Muster und eine Kraft finden, womit wir Gott sowohl in der natürlichen als auch in der geistlichen Beziehung verherrlichen. Es gibt keine Stelle, wo dies deutlicher hervortritt als in der ersten dieser Beziehungen, auf die der Heilige Geist hier in besonderer Weise eingeht.
Ihr Frauen, [ordnet euch] euren eigenen Männern [unter], als dem Herrn (5,22).
Bevor Paulus die geistliche Beziehung beleuchtet, die uns nach dem Bild der Ehe vor Augen geführt wird, ist der allererste Gedanke, die Funktion des Hauptes als Mann vorzustellen, die im Eheleben besondere Kraft hat. Wir alle wissen, dass nach außen hin in der Ehe der Mann das Haupt der Frau ist. Das heißt, wenn es so etwas wie die Ehe nicht gäbe, hat der Mann einen Platz, den die Frau nicht hat – einen Platz, der völlig unabhängig vom Charakter ist. Wir mögen einen Mann schwach finden, und eine Frau mit Festigkeit und Weisheit; aber nichts kann Gottes Ordnung ändern. Wir mögen ein Kind finden, das mit großer Klugheit ausgestattet ist, und die Eltern unklug und schwach sind. Dennoch ist die Beziehung völlig unabhängig von dem besonderen Charakter, dem Zustand und der Verfassung derer, die entweder an der höheren oder an der untergeordneten Stelle stehen. Und es ist sehr wichtig, dass wir das verinnerlicht haben, dass keinerlei Umstände einen Bruch der göttlichen Einrichtung rechtfertigen. Es gibt schwierige Umstände, die beide Beziehungen sehr schwer machen. Doch es ist sehr wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Rechte der Ordnung Gottes immer bestehen bleiben. Nichts rechtfertigt je den Ungehorsam gegenüber seinem Willen. Es mag Fälle geben, in denen Gehorsam gegenüber der natürlichen Ordnung Gottes eine Sünde wäre – doch es gibt keine, in denen Ungehorsam eine Pflicht ist. Unter keinen Umständen kann jemand von uns verlangen, ungehorsam zu sein. Aber es gibt Krisen, in denen man eher Gott als dem Menschen gehorchen muss. Es ist eine große Gnade, dass es nur wenige Zeiten gibt, in denen der Gehorsam gegenüber Gott einen offensichtlichen Bruch der natürlichen Ordnung und der moralischen Pflicht bedeutet. Aber es kann so sein. Du wirst zum Beispiel am Anfang der Apostelgeschichte finden, dass Petrus und Johannes von den damaligen Autoritäten, die in Israel herrschten, aufgefordert wurden, nicht im Namen Jesu zu lehren. Was konnten sie anderes tun, als auf die Autorität Gottes zurückzugreifen? Sie konnten genau diesen Machthabern sagen, dass ihr Gewissen vor den Menschen an Gott gebunden war. So bleibt das erste große Prinzip bestehen und ist klar, bevor wir zu den Einzelheiten kommen, dass der Gehorsam immer die Verpflichtung des Christen ist.
Ausgehend von der allgemeinen Aufforderung zur Unterordnung in der Furcht Christi (denn Christus ist derjenige, der uns in diesem Brief beständig in Ehren vorgestellt wird), weist der Geist auf diesen ersten angemessenen Platz für eine christliche Frau hin und legt das Wort fest: „Ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter, als dem Herrn“ (V. 22). Obwohl dies eine außerordentlich klare Sprache zu sein scheint, wenn wir uns daran erinnern, was Ehemänner sind oder sein können, ist es doch sehr wichtig, immer sicher zu sein, dass Gott recht hat. Der menschlichen Klugheit mag das wenig zu entsprechen. Vielleicht ist dein Ehemann sogar nicht bekehrt! Aber bezieh den Herrn mit ein, und du siehst sofort die Kraft, die die Unterwerfung leicht macht, und du lernst das Maß, in wie weit du dich unterordnen sollst. Aber mehr als das, du hast den Schutz vor dem Missbrauch des Grundsatzes: „ordnet euch euren eigenen Männern unter, als dem Herrn.“ Der Herr wird mit einbezogen, und das stellt alles an seinen Platz. Wenn es sich um eine Frage der Prüfung oder des Leidens handelt, ist das Wort immer noch dasselbe. Der Herr kann uns durch große Schwierigkeiten und Gefahren hindurchbringen. Was ist der richtige Platz des Christen unter solchen Umständen? Uneingeschränkte Unterordnung. Denn ich sollte mir sicher sein, was auch immer die Zerrüttung und der Zusammenbruch sein mögen und wie diese Prüfungen jemand belasten mögen, der Herr tut immer das, was am Ende das Beste ist und was zu meinem Glück und meiner Stärkung dient, da Er niemals etwas tun kann, was nicht zum dauerhaften Guten für mich ist und zum Lob seines eigenen Namens.
In diesem Brief wird nicht nur die Herrschaft Gottes betont, sondern eine besondere Beziehung. Hier ist es der Herr, der die Seinen liebt, mit einer Liebe, die deshalb alles geopfert hat. Wie kann ich an der Glückseligkeit und dem Wert der Unterwerfung unter den Herrn zweifeln? Die christliche Frau mag einen solchen Ehemann haben, so dass es sehr schmerzhaft und schwer für sie ist, alles zu ertragen. Vielleicht demütigt er dich und erbittet unvernünftige Dinge von dir. Aber was wird die Last leicht machen, obwohl sie empfunden wird? Die Antwort ist: „Ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter, als dem Herrn.“ Ich soll mich meinem Mann unterordnen, als dem Herrn. Wenn wir nur den Herrn in einer Sache sehen, statt seine Rücksichtslosigkeit und schlechte Laune, ist mein Weg klar. Es wird nicht länger die Angelegenheit einer bloßen Pflicht sein, sondern des Vertrauens auf den Herrn, der in seiner Liebe, Fürsorge und Regierung über allem steht.
Das ist es, womit der Heilige Geist zuerst beginnt und was Er zur Grundlage der verschiedenen Anweisungen macht, die Er hervorbringen will. Er beginnt mit der großen Wahrheit, dass die christliche Frau berechtigt ist, sich ihrem Mann als dem Herrn zu unterwerfen. Es wird also nicht einfach zu einer Frage der Zuneigung gemacht, was menschlich wäre: Das ist eine höchst notwendige Sache als ein natürliches Element, aber würde auch gelten, wenn eine Person überhaupt kein Christ wäre. Es geht auch nicht um das, was der Ehemann erwartet, oder um das, was ich vielleicht für richtig halte. Alle diese Dinge gehören in den Bereich des richtigen Empfindens und der Moral. Aber das Wichtigste ist, dass Gott nicht mit einer christlichen Frau sein kann, die gewohnheitsmäßig die Anweisungen ihres Mannes für sie in ihrer Beziehung als Ehefrau geringschätzt. Er wird nicht zulassen, dass ein Christ nur auf moralischen oder sonstigen Gründen sein Leben führt. Sie mögen an ihrem Platz recht genug sein, aber wenn ich ein Christ bin, habe ich eine höhere Berufung; und dann, was auch immer die Schwierigkeit sein mag – sogar wenn der, dem ich mich unterordnen soll, kein Christ ist –, hier kommt die gesegnete Anweisung: „ordnet euch euren eigenen Männern unter, als dem Herrn“. Er gibt mir das Recht, hinter dem Ehemann Ihn selbst zu sehen; und ich habe Ihm zu folgen und mich Ihm unterzuordnen. In diesem Gedanken läge ein großer Trost für die christliche Ehefrau, die immer wieder geprüft wird. Aber dann kommt die Grenze der Prüfung – denn es gibt eine Grenze auf jedem Weg: Gott wird mich niemals in irgendwelche Umstände bringen, in denen ich frei bin, eine Sünde zu begehen. Angenommen, ein Ehemann würde etwas befehlen, was eindeutig sündig wäre, dann lerne ich sofort, dass ich nicht gebunden bin, denn mir wird gesagt, dass ich mich meinem Ehemann unterordnen soll, als dem Herrn. Der Herr würde niemals gutheißen, was sündig ist. Er mag mich durch die Prüfung gehen lassen, und ich mag zuerst nicht die Güte oder die Notwendigkeit dazu verstehen; aber der Glaube findet ständig seine Kraft und Führung in der Weisheit des Herrn – im Vertrauen auf Ihn, und nicht in eigener Weisheit, Ihn zu verstehen. Du wirst feststellen, dass wir in der Weisheit wachsen, wenn wir uns damit begnügen, den Platz einzunehmen, auf dem wir nichts sind. Wenn ich auf seine Weisheit vertraue, werde ich Weisheit sammeln und in ihr wachsen. Unser Herr war ein vollkommener Mensch; und obwohl Er in allen Lebensumständen immer vollkommen war, lag das große Merkmal seiner Vollkommenheit darin: Er war immer abhängig und schaute auf zu Gott. Er konnte sagen: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ (Lk 2,49). „Er sprach aber zu einem anderen: Folge mir nach! Der aber sprach: Herr, erlaube mir, zuvor hinzugehen und meinen Vater zu begraben“ (Lk 9,59). Für Ihn als Menschen gab es den niedrigsten Platz, doch in Wahrheit war das der höchste Platz. Er verstand das Geheimnis seiner eigenen Beziehung zu Gott, dem Vater. Und obwohl dies auf Christus zutraf wie auf keinen anderen, so trifft es doch in gewissem Maß auf jeden Gläubigen zu.