Der Gedanke an die Auferweckung führt den Apostel also dazu, den Zustand zu beschreiben, aus dem sie befreit wurden. Sie wandelten nach dem Zeitlauf dieser Welt; und nicht nur das, sondern nach dem Erzfeind. Der Titel Fürst der Gewalt der Luft soll seinen alles durchdringenden Einfluss verdeutlichen. Wie die Luft alles umgibt und durchdringt, so durchdringt der Teufel das Reich der Natur: Das ist der Geist, „der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams“ (V. 2). Auf diese Weise zeigten sie, dass sie durch ihren Ungehorsam unter seiner Macht standen. unter denen auch wir einst alle unseren Wandel führten in den Begierden unseres Fleisches, indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten und von Natur Kinder des Zorns waren wie auch die Übrigen (2,3).
Warum heißt es hier wir? Warum dieser Wechsel von ihr zu wir? Als Paulus sich an die Epheser wandte, die Heiden waren, benutzte er das Wort ihr, aber in diesen moralischen Satzteil „tot wart in euren Vergehungen und Sünden“ schließt er jetzt sowohl Juden als auch Heiden ein. Als Gott die Menschen durch Christus beurteilte, war dies ihr Zustand; es gab kein einziges Wesen, das nicht tot war. Und es kann keine Abstufungen des Todes geben. Wenn ein Mensch tot ist, so ist er tot; er ist am Ende. Obwohl man also, wenn man die Menschen moralisch betrachtet, Unterscheidungen treffen und sagen kann, dass es einen Menschen gibt, der weiter und schneller auf dem Weg nach unten geht als andere, verschwinden diese Unterscheidungen, wenn man noch tiefer schaut – sie sind alle unterschiedslos ruiniert, ja, tot, vor Gott. Als Beweis dafür sagt er: „unter denen auch wir einst alle unseren Wandel führten in den Begierden unseres Fleisches, indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten“. Ganz gleich, wer oder was wir waren, er nennt alles „den Willen des Fleisches“. Einige von ihnen mögen Philosophen gewesen sein, einige wohlwollend und moralisch hochstehend, einige grobe Menschen, die in offener und abscheulicher Bosheit leben. Aber nimm die besten von ihnen und beurteile sie danach: War es ihr Lebensodem und ihr Hauptmotiv, den Willen Gottes zu tun? Ganz und gar nicht. Sie mögen ihre eigene freundliche Natur befriedigt haben, aber Gott war nicht in ihren Gedanken. Oder es war eine Art Bestechung Gottes, dass sie davonkämen. Denn im Heidentum gab es eine Tradition, dass ein Opfer notwendig war; aber es wurde verdorben und entwürdigt und auf alle möglichen Arten ins Gegenteil verkehrt.
Hier haben wir also den gemeinsamen Zustand, in dem alle, Juden und Heiden, von Natur aus waren. Doch er unterscheidet die „Begierden [oder den Willen] unseres Fleisches und der Gedanken“, womit er die gröberen Neigungen und die feineren, intellektuellen Tätigkeiten meint. Angenommen, ein Mensch widmet sich der Wissenschaft und macht sie zu seinem Lebensinhalt – ist das, den Willen Gottes zu tun? Nein, sondern eher das Ausleben der Begierden des Geistes, und zwar genauso gründlich wie andere, die sich den gröberen Begierden der Natur hingeben. Das Entscheidende ist, dass ich kein Recht auf mich selbst habe, ich gehöre einem anderen. Tu ich seinen Willen? Wenn wir dann in die Beziehungen des Glaubens eintreten, sind wir nicht nur Geschöpfe des Herrn, die seinen Willen als natürliche Pflicht zu tun haben, sondern wir sind mit dem Blut Christi erkauft und in Ihm aus den Toten auferstanden, damit wir fortan nicht uns selbst leben, sondern dem, der für uns gestorben und auferstanden ist (2Kor 5,15). Mögen es die auserlesensten Menschen sein, deren sich die Welt rühmen kann: Das ist ihr Zustand: „von Natur Kinder des Zorns … wie auch die Übrigen.“ Welch ein Wort! Sogar die Juden, die das Licht Gottes hatten, soweit es das äußere Licht betraf, waren „von Natur“ Kinder des Zorns, ebenso wie die erniedrigten, götzendienerischen Heiden, die Holz und Stein anbeteten. Es kann also keine völligere Vernichtung aller religiösen Vorzüge des Menschen und seines Standes in der Schöpfung geben, als was wir in diesem Vers finden. Es ist nicht nur so, dass die Menschen Unrecht getan haben, sondern sie waren „von Natur aus Kinder des Zorns“. Gott hat den Menschen nicht so geschaffen: Es war der Mensch, der den Weg des Ungehorsams wählte, der Gott für den Teufel aufgab. Er hat das natürlich nicht beabsichtigt; denn Satan gibt sich als Engel der Gerechtigkeit aus; aber wie auch immer er wirken mag, das ist das eine Ergebnis, auf das alle ohne Ausnahme zurückgeführt werden: „von Natur aus Kinder des Zorns“.