Behandelter Abschnitt 2Kor 13,1-5
Der Apostel kommt auf seine Absicht zurück, die Gläubigen in Korinth noch einmal zu besuchen, und zwar in einer Weise, die dem Besuch, wenn er vollzogen sein sollte, eine ernste Kraft verleiht.
Dieses dritte Mal komme ich zu euch: Aus dem Mund von zwei oder drei Zeugen wird jede Sache bestätigt werden. Ich habe zuvor gesagt und sage zuvor, wie das zweite Mal anwesend und jetzt abwesend, denen, die zuvor gesündigt haben, und den Übrigen allen, dass ich, wenn ich wieder komme, nicht schonen werde. Weil ihr einen Beweis sucht, dass Christus in mir redet (der euch gegenüber nicht schwach ist, sondern mächtig unter euch; denn er ist wohl in Schwachheit gekreuzigt worden, aber er lebt durch Gottes Kraft; denn auch wir sind schwach in ihm, aber wir werden mit ihm leben durch Gottes Kraft euch gegenüber), so prüft euch selbst, ob ihr im Glauben seid, untersucht euch selbst; oder erkennt ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist? – es sei denn, dass ihr etwa unbewährt seid (13,1–5).
Er hatte bereits erklärt, warum der zweite Besuch gescheitert war. Er war nicht gekommen, um sie zu schonen. Wenn er sie wieder besuchen würde, durften sie keine solche Nachsicht erwarten. Seine Geduld war von einigen missverstanden worden, wenn andere davon profitiert hätten. Aber dieses dritte Mal würde er kommen; und wenn er es tat, sollte alles mit angemessenen Beweisen belegt werden. Die früheren Warnungen, die er nicht nur denen gegeben hatte, die zuvor gesündigt hatten, sondern auch allen anderen, bestärkten ihn nur in seinem Entschluss, bei seinem erneuten Kommen nicht zu schonen. Die Sprache vermittelt ganz natürlich, dass er nicht zu der Zeit nach Korinth gegangen war, als er seinen zweiten Besuch beabsichtigt hatte. Daher sagt er: „Ich habe zuvor gesagt und sage zuvor, wie das zweite Mal anwesend und jetzt abwesend, denen, die zuvor gesündigt haben, und den Übrigen allen“ (V. 2). Es ist für mich kein Grund ersichtlich, dass dies buchstäblich ein dritter Besuch war, eher im Gegenteil der zweite in der Tat, wenn auch der dritte in der Absicht.
Es hilft dem Verständnis des Folgenden sehr, zu sehen, dass, ob äußerlich gekennzeichnet oder nicht, es eine Klammer nach dem ersten Satz des dritten Verses gibt, die sich auch durch den vierten zieht; so dass die Verbindung des ersten Satzes von Vers 3 wirklich mit Vers 5 ist. „Weil ihr einen Beweis sucht, dass der Christus in mir redet ..., so prüft euch selbst, ob ihr im Glauben seid, untersucht euch selbst“ (V. 3.5). Es ist ein letzter Hinweis und eine Antwort auf ihr unwürdiges Infragestellen der Apostelschaft des Paulus. Verlangten sie einen Beweis, dass Christus in ihm redet? Waren nicht sie selbst Beweis genug? Hatte Er nicht zu ihnen gesprochen durch seinen Diener, der seine Stimme zuerst in Korinth hören ließ? So sicher, wie sie im Glauben waren, was sie überhaupt nicht in Frage stellten, war er ein Apostel – wenn nicht für andere, so doch sicher für sie. Die vielen Korinther, die, als sie den Apostel hörten, an den Herrn Jesus Christus glaubten, waren die Letzten, die dem Boten widersprechen sollten, wenn sie die Botschaft und den, der den Boten sandte, schätzten. Wenn sie verwerflich waren, weil sie Christus vergeblich bekannt hatten, hatte der Appell keine Kraft, der seine ganze Macht aus ihrem Vertrauen bezog, dass Christus in ihnen war als Frucht der Predigt des Apostels.
Dies zeigt auch, wie unbegründet der allzu häufige Missbrauch der Stelle, wie auch von 1. Korinther 11,28, ist, um eine zweifelnde Selbstprüfung gutzuheißen, wie man es oft hört, nicht nur in der praktischen Geschichte der Seele, sondern auch in der Lehre der gegenteiligen Lehrschulen. Hier, sagen sie, werden wir gelehrt, uns selbst zu prüfen und zu sehen, dass wir nicht zu zuversichtlich sein sollen: Fordert nicht der Apostel im ersten Brief an die Korinther jeden gewohnheitsmäßig auf, sich selbst zu prüfen, bevor er am Abendmahl teilnimmt (11,28)? Und führt er diesen besonderen Aufruf nicht durch die allgemeine Ermahnung im zweiten Brief fort, sich selbst zu prüfen oder zu sehen, ob sie im Glauben sind? Die Wahrheit ist, dass eine Untersuchung des Zusammenhangs in jedem Fall den Irrtum in Bezug auf beide ausräumt – ein Irrtum, der direkt den Frieden des Gläubigen betrifft, wenn nicht sogar die Wahrheit des Evangeliums. Denn das Evangelium ist von Gott gesandt, gegründet auf die persönliche Herrlichkeit und das Werk seines Sohnes, um den Gläubigen in die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn in voller Freiheit des Herzens und mit einem gereinigten Gewissen zu bringen. Diese Fehlinterpretationen neigen unter dem Deckmantel des Eifers nach Heiligkeit dazu, die Gläubigen durch Fragen über sich selbst sofort in Zweifel zu stürzen.
Was lehren dann die entsprechenden Stellen? 1. Korinther 11,28-31 lehrt die Pflicht, die Notwendigkeit und den Wert jedes Christen, sich durch die ernste Wahrheit des Todes des Herrn zu prüfen, die in seinem Abendmahl ausgedrückt und bekannt und genossen wird. Wie kann man eine Sünde, sei sie auch nur leichtsinnig in Wort oder Tat, im Angesicht jenes Todes, in dem sie schonungslos zu unserem Heil unter Gottes Gericht gereichte, kleinreden? Es genügt auch nicht, Gott oder den Menschen unsere Fehler zu bekennen, je nachdem es der Fall ist; sondern wie wir einerseits den Leib, den Leib des Herrn, in jenem heiligen Mahl erkennen, wovon wir befreit sind und das wir niemals vernachlässigen können, ohne Ihn zu entehren, der so für uns gestorben ist, so sind wir andererseits aufgerufen, uns selbst zu erkennen, indem wir die inneren Quellen und Motive unseres Handelns untersuchen, und nicht nur das Unrecht, das andere sehen.
Doch diese gründliche Selbstprüfung, zu der jeder von uns, der am Abendmahl teilnimmt, aufgerufen ist, steht auf dem ausdrücklichen Boden des Glaubens und hat keinerlei Anwendung auf einen Ungläubigen. Diesem letzten Punkt wurde zweifellos böswillig durch den Fehler der „Verdammnis“ in der autorisierten Version von Vers 29 nachgeholfen, den die Verse 30–32 eindeutig widerlegen, indem sie beweisen, dass es sich bei dem fraglichen Gericht um die Züchtigung durch Krankheit oder Tod handelt, die der Herr an unvorsichtigen oder fehlerhaften Gläubige vollzieht, im positiven Gegensatz zum Gericht über die Welt. Was die Stelle in unserem Kapitel betrifft, so haben wir bereits gesehen, dass das Argument seine ganze Kraft aus der Gewissheit bezieht, dass die Angesprochenen im Glauben waren, nicht im Geringsten, dass sie unsicher waren. Dass sie durch die Predigt des Paulus im Glauben waren, hätte ein unwiderlegbarer Beweis dafür sein müssen, dass Christus durch ihn sprach. Wenn Christus nicht in ihnen war, waren sie verwerflich; und wäre es für solche, seine Apostelschaft in Frage zu stellen, so ruft die Schrift niemals jemanden zum Zweifel aus, sondern immer zum Glauben. Doch Selbstgericht ist immer die Pflicht eines Christen; und unsere Vorrechte, da wir in uns selbst sind, was wir sind, vertiefen nur die Wichtigkeit, als Repräsentanten Christi mit uns selbst wahrhaftig und innig vor Gott umzugehen, sowie uns gewohnheitsmäßig an den Tod des Herrn und an seine unendliche und ernste Bedeutung zu erinnern, wie sie in seinem Abendmahl gezeigt wird.
Die Klammer verbindet den Dienst des Apostels, das Reden Christi in ihm, mit all dem, was er zuvor als sein wahres Prinzip im ganzen Brief, wie auch im vorhergehenden Kapitel, dargelegt hatte. Christus hatte sich ihnen gegenüber gewiss nicht schwach, sondern mächtig in ihnen gezeigt. Sie sollten sich nur auf die Vergangenheit besinnen und abwägen, was seine Gnade und Wahrheit an ihnen getan hatte. Und wenn sie dem Apostel vorwarfen, er sei gleichgültig, ja, er verachte und verabscheue fleischliche Kraft und weltliche Weisheit, dann sollten sie wieder an den Heiland denken, der „in [aus] Schwachheit gekreuzigt worden, aber er lebt durch [aus] Gottes Kraft“ (V. 4a). Lasst sie dann beurteilen, wer mit Christus, seinem Kreuz und seiner Auferstehung übereinstimmte – sie mit ihren natürlichen Gedanken oder der Apostel mit seinem in den Augen einiger so verächtlichen Dienst? „Denn auch wir sind schwach in ihm, aber wir werden mit ihm leben durch Gottes Kraft euch gegenüber“ (V. 4b). Wo war die Abhängigkeit im Glauben an den Gekreuzigten? Wo wirkliche Kraft, wie sie der Zeuge der Auferstehung und der Herrlichkeit in der Höhe hatte? Wo selbstlose Hingabe und praktische Gnade als Antwort auf den, der die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat?