Behandelter Abschnitt 2Kor 11,16-21
Nachdem er sich abgewandt hat, um vor den Pseudoaposteln, ihren hohen Ansprüchen und ihren niedrigen Realitäten zu warnen, kommt der Apostel wieder darauf zurück, widerwillig, wie wir sehen, von sich selbst zu sprechen, von seiner „Torheit“, wie er es nennt. In Wahrheit konnte ihm keine Aufgabe abstoßender sein, denn er liebte es, nur von Christus und der wunderbaren Gnade Gottes in Ihm zu sprechen. Aber das, was ihm so sehr zuwider war, war eine Notwendigkeit; und schließlich steht er vor der Pflicht, ihre Ansprüche mit seiner eigenen Realität gegenüberzustellen. Wenn er im vorigen Kapitel davor zurückschreckte, auf die reiche Fürsorge für die armen Gläubigen zu drängen, so scheute er sich jetzt noch mehr, sich selbst zu rechtfertigen. Aber es ging um Ehre des Herrn, und die Gläubigen waren in Gefahr; und so nimmt er die unangenehme Aufgabe wieder auf.
Wiederum sage ich: Niemand halte mich für töricht; wenn aber doch, so nehmt mich doch auf als einen Törichten, damit auch ich mich ein wenig rühmen möge. Was ich rede, rede ich nicht nach dem Herrn, sondern als in Torheit, in dieser Zuversicht des Rühmens. Weil viele sich nach dem Fleisch rühmen, so will auch ich mich rühmen. Denn ihr ertragt gern die Toren, da ihr klug seid. Denn ihr ertragt es, wenn jemand euch knechtet, wenn jemand euch aufzehrt, wenn jemand von euch nimmt, wenn jemand sich überhebt, wenn jemand euch ins Gesicht schlägt. Ich rede bezüglich der Unehre, als ob wir schwach gewesen wären. Worin aber irgendjemand dreist ist (ich rede in Torheit), bin auch ich dreist (11,16–21).
Es war unmöglich, auf die Angriffe gegen den Dienst Christi einzugehen, ohne von sich selbst und seinem Dienst zu sprechen; und wie konnte er von diesen zu unfreundlichen Ohren sprechen, ohne sich offensichtlich zu rühmen? So haben wir Anstrengung und Entschuldigung und umständliche Annäherung, alles charakteristisch für den Mann, doch die Arbeit war gründlich geschehen, und das Wort Gottes hatte auf ihr Gewissen eingewirkt. Sich zu rühmen war sicher nicht der Weg des Herrn; sich im Herrn zu rühmen ist das, was jedem Gläubigen zusteht; und der Apostel scheute sich vielleicht empfindlicher als jeder andere Mensch, sich in irgendetwas anderem zu rühmen. Aber die falschen Apostel entehrten den Herrn und schadeten den Gläubigen, indem sie ihre fleischlichen Vorzüge vorbrachten, wie beispielsweise ein feines persönliches Auftreten, Geisteskraft, Phantasiespiele, Redegewandtheit, rhetorische Kunstgriffe, unabhängiges Vermögen, familiäre Verbindungen, soziale Stellung und dergleichen. Deshalb hält er es für notwendig, das vorzutragen, was Gott nach der von ihm verliehenen Fähigkeit gewirkt hat; und dies nicht nur in positiver geistlicher Kraft, sondern in jeder Art von Arbeit und Leiden um des Herrn willen. Es ist demütigend und doch lehrreich, den Schmerz des Apostels darüber, so sprechen zu müssen, mit dem allzu offensichtlichen Vergnügen zu vergleichen, mit dem sich mancher Diener Christi in persönliche Erzählungen stürzt, die kein anderes Ziel zu haben scheinen, als seine eigene Klugheit auf Kosten des armen Herrn vorzustellen. Dies oder jenes zu beweisen, die großen Opfer, die er für die Wahrheit gebracht hat, oder die überragende Vortrefflichkeit seiner Art der Dinge im Zeugnis Christi. In der Tat ist es in diesen Tagen der fleischlichen Anmaßung, die eine hohe und exklusive Geistlichkeit beansprucht, gut, wenn unsere Ohren dem absichtlichen Bemühen entgehen, solche zu erniedrigen, die durch die Gnade entschlossen sind, nur Christus zu verherrlichen und alle zu lieben, die sein sind, und deshalb alles Parteigetue verabscheuen, sei es in den Führern oder in den Nachfolgern.
Dennoch ist er unwillkürlich abgeneigt gegen alles, was nach Selbsterhöhung aussehen könnte und was notwendigerweise einschließt, von sich selbst oder von seinem Werk zu sprechen. Er missbilligt, dass sie ihn für einen Törichten halten; aber wenn sie ihm das nicht zugestehen wollen, „so nehmt mich doch auf als einen Törichten, damit auch ich mich ein wenig rühmen möge“ (V. 16). Sie, die betrügerischen Arbeiter, suchten ihren eigenen Ruhm; der Apostel schrieb nur, um die Gläubigen von dem zu befreien, was den Herrn herabsetzte und das Fleisch aufblähte. Dennoch war es nicht Christus; und nicht ganz mit Ihm beschäftigt zu sein, war geschmacklos. „Was ich rede, rede ich nicht nach dem Herrn, sondern als in Torheit, in dieser Zuversicht des Rühmens“ (V. 17). Er hatte reichlich Stoff und wirkliche Substanz; dennoch war es nicht direkt der Herr, und das versuchte ihn, so notwendig es auch sein mochte.
Das scheint die wahre Bedeutung zu sein; keineswegs, dass er als ein uninspirierter Mann schrieb, sondern dass er durch Eingebung das schrieb, was einem Herzen, das ganz der Herrlichkeit des Herrn gewidmet war, weh tat, aber empört war über die Betrügereien dieser falschen Geistlichen und über das bereitwillige Ohr, das viele der Gläubigen ihren Unterstellungen schenkten. Und gewiss hatten die Korinther, die das hochtrabende Gerede derer, die von Paulus wegführten, zuließen und genossen, kein Recht, sich über den flüchtigen Blick auf sein Werk und seine Leiden sowie auf seine Macht und sein Amt zu beklagen. „Weil viele sich nach dem Fleisch rühmen, so will auch ich mich rühmen. Denn ihr ertragt gern die Toren, da ihr klug seid“ (V. 18.19). Die Irrlehrer schmeichelten den Gläubigen ohne Skrupel, wie sie sich selbst schmeichelten. Die Ironie des Apostels ist die schärfste Zurechtweisung der Selbstgefälligkeit. Wo die Torheit wirklich lag, war weder zweifelhaft, noch lange zu suchen. Wer Christus als seine Weisheit hat, kann es sich leisten, für einen Törichten gehalten zu werden und sich selbst für einen Törichten zu halten; es ist wirklich die wahrste Weisheit, die gänzlich bei ihnen fehlte, die einen Lieblingslehrer an die Stelle von Christus erheben und das Zeichen des Gehorsams für solch elende und gefährliche Torheit beanspruchen. Unter den Juden war der im schlimmsten Sinn des Wortes ein Tor, der sagte: „Es gibt keinen Gott“; unter den Christen ist es eine echte Torheit, den Diener praktisch über den Meister zu stellen, dem Diener die Huldigung zu geben, die nur Ihm gebührt, und allgemein wie in Korinth ist es die Akzeptanz der Diener Satans zur Herabsetzung derer, die Christus wirklich dienen.
Auch kann kein Anblick bemerkenswerter sein als die Art und Weise, in der sich das Fleisch unter diesen Umständen zeigt. Dieselben Gläubigen, die unter der Autorität eines wahren Apostels widerspenstig waren, waren denen, die falsch waren, ganz ergeben. „Denn ihr ertragt es, wenn jemand euch knechtet, wenn jemand euch aufzehrt, wenn jemand von euch nimmt, wenn jemand sich überhebt, wenn jemand euch ins Gesicht schlägt“ (V. 20). Das war die Erniedrigung, in die viele in Korinth gefallen waren, indem sie sich an die Ketten klammerten, die sie nicht sahen; denn das Fleisch ist sowohl blind als auch töricht und liebt seine eigenen Dinge, nicht die Dinge Jesu Christi. Es liebt jemanden, der Weisung gibt bezüglich des Glaubens und der Pflicht – nicht das Gewissen in Gottes Gegenwart, das dem Wort unterworfen ist. Es unterwirft sich der Knechtschaft des Menschen, wenn man ihm manchmal die Freiheit lässt. Es kennt und genießt nie wirklich die Freiheit im Geist. Sie ignoriert und erträgt Unrecht, durch Nachsicht gegenüber ihren Günstlingen, bis zum letzten Grad der Verletzung und des Unrechts, als ob dies alles ein hoher Grad religiösen Verdienstes wäre, statt des Mangels an Glauben und Kraft, der sich einem menschlichen Priester oder Pontifex beugen muss. Die Geschichte der Christenheit ist nur die Ausfüllung der Skizze, die der Apostel von dem gezeichnet hat, was Satan in Korinth bis zu einem gewissen Grad angerichtet hat.
Nun endlich kommt der Apostel wieder, wenn auch langsam, zu auf sich und sein Amt zu sprechen: „Ich rede bezüglich der Unehre, als ob wir schwach gewesen wären. Worin aber irgendjemand dreist ist (ich rede in Torheit), bin auch ich dreist“ (V. 21). Es war die Ehre des Apostels, schwach zu sein, damit die Kraft Christi auf ihm ruhen konnte. Das machten ihm seine Widersacher zum Vorwurf, und er beugte sich dem. Er war weit davon entfernt, jene hohe Gesinnung zu haben, der sich dem Gewöhnlichen in der Welt aufdrängt und für den fleischlichen Verstand immer von Wert ist. Aber er entschuldigt sich dafür, dass er so töricht geredet hat, und fügt hinzu: „Worin aber irgendjemand dreist ist …, bin auch ich dreist.“ Es schmerzte und beschämte ihn, auf seine eigenen Dinge anzuspielen, wie wahr und gesegnet sie auch sein mochten; während sie mit der größten Eitelkeit ihre Vorzüge anpriesen, wie geringfügig oder wirklich verächtlich im Vergleich.