Behandelter Abschnitt 2Kor 5,12-15
Wir empfehlen uns selbst euch nicht wiederum, sondern geben euch Anlass zum Ruhm unsertwegen, damit ihr ihn habt bei denen, die sich nach dem Ansehen rühmen und nicht nach dem Herzen. Denn sei es, dass wir außer uns sind, so sind wir es für Gott; sei es, dass wir vernünftig sind – für euch. Denn die Liebe des Christus drängt uns, indem wir so geurteilt haben, dass einer für alle gestorben ist und somit alle gestorben sind. Und er ist für alle gestorben, damit die, die leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferweckt worden ist (5,12‒15).
Nichts kann man sich bewundernswerter vorstellen als die Feinfühligkeit des Apostels, der so weit von Gleichgültigkeit gegenüber den Gläubigen entfernt war, wie davon, sich über sie zu erheben, und ebenso weit von den Künsten derer, die, während sie sich bei der Versammlung in Korinth einschmeichelten, um ihr eigenes Ansehen zu erhöhen und den Apostel herabzusetzen, vom Feind verblendet wurden, um ihm ihre eigenen skrupellosen Methoden zuzuschreiben. Er liebte die Gläubigen mit einem unbefleckten Gewissen und einem selbstlosen Herzen, und er zählte auf ihr Vertrauen, jetzt, da die Gnade begonnen hatte, wiederherstellend zu wirken. So wie er nicht versuchte, sich durch das, was er über seinen Dienst sagte, zu loben, so tat er es auch nicht, indem er an ihr Gewissen bezüglich seiner Wege appellierte. Er gab ihnen nur Gelegenheit, sich zu rühmen, wie er sagt: „Wir empfehlen uns selbst euch nicht wiederum, sondern geben euch Anlass zum Ruhm unsertwegen, damit ihr ihn habt bei denen, die sich nach dem Ansehen rühmen und nicht nach dem Herzen“ (V. 12). Denn einerseits gehören Heiligkeit und Wahrheit zusammen, die Sorge um Gottes Ehre und die Liebe zu seinen Kindern; und andererseits dienten die, wie schön sie auch immer in seiner Gegenwart versuchten, den Apostel zu untergraben, nicht dem Meister, sondern ihrem eigenen Bauch.
Aber war er nicht widersprüchlich und unberechenbar, zu einer Zeit so begeistert, dass niemand seinen Schwärmereien folgen konnte, zu einer anderen so zurückhaltend, dass er seine Brüder abschreckte und ihre Freiheit beschnitt? Nicht so: „Denn sei es, dass wir außer uns sind, so sind wir es für Gott; sei es, dass wir vernünftig sind – für euch“ (V. 13). Kalt ist das Herz, das kein Entzücken vor Gott kennt, wenn man an seine Gnade in Christus denkt. Solches war gewiss nicht bei Paulus der Fall, wie wir in mancher Doxologie (Erhebung) Gottes sehen können, die eine Kette eng miteinander verflochtener Überlegungen unterbricht, und noch mehr, wenn die Liebe Christi oder die Ratschlüsse Gottes vor seinen Augen sind. Aber derselbe Paulus kann sich mit den gewöhnlichsten Fragen des täglichen Lebens befassen, kann die Beziehungen von Mann und Frau oder von Herr und Sklave regeln, kann einem schwachen Mann Vorschriften machen und den Geschmack einer Frau für ihre Kleidung bestimmen. Es gibt einen Namen, und nur einen, der beide Gefühle hervorruft und erklärt, der das Herz über alles Sichtbare und Zeitliche erhebt und doch das lebendigste Interesse an der kleinsten Einzelheit des Lebens hat. Und der, der diesen Namen trägt, ist sowohl Gott als auch Mensch in einer Person.