Behandelter Abschnitt 2Kor 2,12-17
Der Apostel nimmt für einen Moment die Schilderung seines Weges wieder auf, aber das Ziel ist, seine liebevolle Fürsorge für die Gläubigen in Korinth zu bezeugen, die ihn falsch einschätzten und, sogar in der Liebe versagend, seine Liebe nicht sahen, die sie verschonte, so sehr sie ihren Segen zur Ehre des Herrn suchte.
Als ich aber nach Troas kam für das Evangelium des Christus und mir eine Tür aufgetan wurde im Herrn, hatte ich keine Ruhe in meinem Geist, weil ich Titus, meinen Bruder, nicht fand, sondern ich nahm Abschied von ihnen und zog fort nach Mazedonien. Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart! Denn wir sind für Gott ein Wohlgeruch Christi in denen, die errettet werden, und in denen, die verloren gehen; den einen ein Geruch vom Tod zum Tod, den anderen aber ein Geruch vom Leben zum Leben. Und wer ist dazu tüchtig? Denn wir verfälschen nicht, wie die Vielen, das Wort Gottes, sondern als aus Lauterkeit, sondern als aus Gott, vor Gott, reden wir in Christus (2,12‒17).
Wir sehen hier zwei Dinge: die tiefe Wertschätzung des Apostels für das Evangelium und seine noch tiefere Wertschätzung für die Gläubigen, die in Gefahr sind, Christus geringzuschätzen. Daher konnte er nicht ruhen, ohne von ihnen zu hören, die ihm um des Herrn willen so teuer waren und die den Machenschaften Satans so ausgesetzt waren, was auch immer seine Absicht war, in eine neue Gegend zu kommen und angesichts einer deutlichen Öffnung für das Werk, Menschen draußen zu erreichen. Er hatte gehofft, durch Titus Nachrichten über Korinth zu hören; aber Titus fand er nicht; und so kehrte er denen auf der östlichen Seite, wo er sich damals befand, den Rücken zu und reiste nach Mazedonien. Sein Herz war bei den Gläubigen. Die Sorge um die Versammlung veranlasste ihn, sogar ein so vielversprechendes Feld für das Evangelium vorläufig aufzugeben. Die Versammlung hat den nächsten Anspruch, und der Apostel handelt danach. Nicht nur, dass der Brief, den er geschrieben hatte, von seiner Liebe zu ihnen und seinem Kummer über die ernsten Umstände der Versammlung in Korinth zeugte, sondern auch, dass er das Werk am Evangelium, das er so schätzte, aufgab, und das trotz der Öffnung einer Tür im Herrn. Sein Herz wurde sehr auf die Probe gestellt, als er an die Gläubigen und an seinen eigenen Brief dachte. Würden sie diesen als von Gott kommend annehmen und sich selbst in seinem Licht beurteilen? Würden sie seine schlichten und forschenden, aber liebevollen Aufforderungen ablehnen? Die Situation war äußerst kritisch. Er verabschiedete sich also von den Gläubigen in Troas und ging dorthin, wo er hoffte, die schnellsten und vertrauenswürdigsten Nachrichten über ihren Zustand und die Wirkung seines eigenen Briefes zu erfahren.
Aber anstatt anzuhalten, um die von Titus überbrachte Nachricht zu beschreiben, bricht der Apostel in Lob und Dank aus. Es war zweifellos bezeichnend für sein tiefes Empfinden und seine unmittelbare Wertschätzung, dass er sich auf diese Weise von dem menschlichen Werkzeug zu seiner Gnade wandte, die ein so glückliches Ergebnis bewirkt hatte, wo die Dinge so schmerzhaft und gefährlich waren; aber es kann kein Mittel erdacht werden, das bewundernswerter geeignet wäre, auf einmal auszudrücken, was die Gnade in den Gläubigen in Korinth bewirkt hatte, und auch kein Mittel, das einem Diener Christi angemessener wäre. Es gibt also die völlige Abwesenheit von Selbstrechtfertigung, und es wird keine Anerkennung für eigene Weisheit gegeben.
Die gnädige Macht Gottes wird sofort als sein Sieg gefeiert. Nicht nur wird Ihm jedes Mittel zugeschrieben und der Segen von Ihm, den die Frömmigkeit immer mit Freude empfinden und aussprechen würde, sondern er spricht in der eindringlichsten Weise davon, dass Gott uns immer im Triumphzug Christi umherführt.2
Es gibt keine Überzeichnung des Bildes, keine Darstellung seiner selbst als gedemütigt und besiegt, noch weniger irgendeinen Hinweis auf ihren Kampf gegen Gott oder seinen Diener. Sondern er verwandelt seine Freude darüber, dass sie zur Umkehr gebracht wurden, und die Anerkennung seiner apostolischen Autorität sowie seiner liebevollen Dienste in einen Dank an Gott, der, statt ihn seinen Verzicht auf evangelistische Arbeit spüren zu lassen, uns immer im Triumphzug in Christus umherführt und den Geruch seiner Erkenntnis durch uns an jedem Ort offenbar werden lässt. Die Anspielung ist auf einen römischen Triumphzug, bei dem Duftstoffe reichlich verbrannt wurden. Auch das greift er auf, um zu veranschaulichen, dass das Zeugnis für Christus im Evangelium überall verkündigt wird. Aber die süßen Düfte in einem Triumphzug waren für einige der Gefangenen mit dem Leben und für andere mit dem Tod verbunden; und dies wird ebenso natürlich wie kraftvoll umgedreht, um auf die zweifache Bedeutung des Evangeliums hinzuweisen.
Der ungläubige Jude oder Heide sah in Jesus, dem Gekreuzigten, nicht mehr als einen toten Menschen; wie konnte die auf Ihn gegründete Botschaft für solche von Kraft sein? Sie mochten die gnädigen Worte davon nicht leugnen, ebenso wenig wie die Worte Christi in der Synagoge von Nazareth, wo Er seine Mission mit dem wundersamen Zitat aus Jesaja 61 ankündigte; doch sie sahen und hörten Gott in beiden nicht. Aber so wie Gott sich an seinem Sohn, einem Retter, erfreut hat, so hat Er die Füße derer, die die frohe Botschaft des Friedens verkünden, als lieblich bezeichnet; und so riecht Er auch einen Duft der Beruhigung, der lieblicher ist als der des Opfers Noahs oder irgendeines anderen. „Denn“, sagt der Apostel, „wir sind für Gott ein Wohlgeruch Christi in denen, die errettet werden, und in denen, die verloren gehen“ (V. 15); und das erklärt er sorgfältig: „den einen ein Geruch vom Tod zum Tod“, was wir gesehen haben; „den anderen aber ein Geruch vom Leben zum Leben“ (V. 16). Das ist die Botschaft, wo sie sich mit dem Glauben vermischt; denn der Glaube sieht und hört Ihn als den Sohn Gottes und zugleich als den Sohn des Menschen, der für die Menschen und für die Sünden gestorben ist, aber auferstanden ist in der Kraft eines ewigen Lebens, damit auch wir leben und von seinem Leben leben, wo die Sünde niemals eindringen kann, noch der Tod weiterhin die Herrschaft hat.
Kein Wunder, wenn der Apostel die Verantwortung eines solch gesegneten Dienstes auf der einen Seite und eines so ungeheuren auf der anderen Seite abwägt, dass er ausruft: „Und wer ist dazu tüchtig?“ Denn wenn das Evangelium ein Wort der befreienden Gnade ist, lässt es die Wahrheit aufleuchten, um die Einschätzung der Verantwortung des Dieners zu verstärken. Das ist genau das, was sein sollte: Es vermittelt volle Freiheit statt Knechtschaft; doch zugleich feierliche Verantwortung, wie sie nie zuvor war und auf keine andere Weise sein konnte. Aber hier versagte die Mehrheit der Korinther traurig, nicht der Apostel, den sie in ihrer selbstgenügsamen Torheit vernachlässigt hatten. „Denn wir verfälschen nicht, wie die Vielen, das Wort Gottes, sondern als aus Lauterkeit, sondern als aus Gott, vor Gott, reden wir in Christus“ (V. 17). Er handelte nicht, wie die Vielen, mit dem Wort Gottes; aber wie von Durchsichtigkeit, noch dies nur, sondern wie von Gott, und dies auch mit einem gegenwärtigen Sinn, mit Ihm zu tun zu haben, wie alle später, „vor Gott, reden wir in Christus“, was weit inniger und eindringlicher ist als nur von Ihm. Doch sogar solche feierlichen Worte hinderten Menschen und sogar Gläubige nicht daran, zu früh und bis in unsere Tage hinein den Dienst des Evangeliums zu einem Sprungbrett für irdischen Gewinn und weltliche Ehre zu machen, in offenkundigem Widerspruch zum Kreuz Christi und zur völligen Verfinsterung seiner himmlischen Herrlichkeit, ganz zu schweigen von dem schmerzlichen Verlust für alle Beteiligten.
2 Der beste Beweis für seine Besonderheit ist, dass so viele Kommentatoren, protestantische und katholische gleichermaßen, den Sinn abschwächen und verändern. Unter anderem wurde unsere eigene Authorised Version von diesem Eindruck so beeinflusst, dass sie θριαμβεύειν, „zum Triumph führen“, wiedergab, anstatt im Triumphzug zu führen, wie es sein sollte. Das andere hat man durch den hellenistischen Kausalgebrauch von μαθητεύειν, βασιλεύειν, κατηλεύειν und χορεύειν auch im klassischen Griechisch zu stützen versucht. Aber der Gebrauch des Apostels in Kolosser 2,5 ist gegenteilig, und mir ist auch kein einziger Fall bekannt, in dem es nachweislich jemals so verwendet wurde. Außerdem schwächt es wirklich die Schönheit des Bildes des Apostels, wenn es sie nicht sogar zerstört, und macht es eher zu seinem Triumph als zu dem Gottes. Das eine wäre eine eher unpassende und vielleicht ärgerliche Erinnerung an die Korinther, dass er ebenso im Recht war wie sie im Unrecht; das andere eine besonders schöne, wenn auch freimütige Vorhersage eines göttlichen Sieges, an dem er als williger Gefangener oder als Teil des Zuges teilhat.↩︎