Behandelter Abschnitt 1Kor 16,1-4
Ein anderes und ganz verschiedenes Thema beanspruchte den Dienst des Apostels, weil es unter die Fürsorge des Herrn für die Versammlung fiel. Es könnte den Anschein haben, dass es ganz und gar eine Angelegenheit für die Gläubigen ist; aber die Erfahrung selbst beweist, wie sehr sie darin die Führung des Geistes durch das geschriebene Wort brauchen. Daher sinkt die Anmaßung einer überlegenen Geistlichkeit hier wie anderswo unter die Instinkte der Liebe und das Diktat jedes gesunden Verstandes. Wie gesegnet ist es, die ordnende Weisheit Gottes zu haben, der sich herablässt, uns seine Gedanken auch für die kleinsten Dinge dieses Lebens zu geben!
Was aber die Sammlung für die Heiligen betrifft: Wie ich für die Versammlungen von Galatien angeordnet habe, so tut auch ihr. An jedem ersten Wochentag lege ein jeder von euch bei sich zurück und sammle auf, je nachdem er Gedeihen hat, damit nicht dann, wenn ich komme, Sammlungen stattfinden. Wenn ich aber angekommen bin, will ich die, die irgend ihr für tüchtig erachtet, mit Briefen senden, dass sie eure Gabe nach Jerusalem hinbringen. Wenn es aber angemessen ist, dass auch ich hinreise, so sollen sie mit mir reisen (16,1–4).
Es ist nicht wahr, dass die Versammlungen ohne apostolische Anweisungen gelassen wurden oder dass sie einen unterschiedlichen Zugang hatten. Die Fallstricke und die Umstände in Galatien waren denen in Korinth so unähnlich, wie man es sich nur vorstellen kann; die Anweisungen, die der Apostel gab, waren dieselben, und das nicht nur in Angelegenheiten von größter Bedeutung, wie gesunde Lehre und heilige Zucht und die bezeugenden Einrichtungen Christi, damit der Gottesdienst und die öffentlichen Wege der Gläubigen überall das gleiche Zeugnis darstellen, sondern hier, wie wir sehen, sogar in der Ausübung ihrer Freigebigkeit.
Man kann das häufige Gedenken an die armen Gläubigen in Jerusalem nicht übersehen; und zweifellos gab es Umstände, die ihnen einen besonderen Anspruch gaben. Wahrscheinlich herrschte äußere Not, und die Verfolgung hatte einige Witwen und Waisen hinterlassen. Nicht nur waren die Gläubigen dort sehr zahlreich, sondern nur dort hatten sie, soweit wir lesen, ihren Besitz und ihr Vermögen verkauft, um es an alle zu verteilen, so wie jeder etwas benötigte; nur dort sagte niemand, dass irgendetwas von dem, was er besaß, sein Eigentum sei, sondern alles hatten sie gemeinsam, so dass keiner Mangel litt. Aber dort herrschte später, zum Teil durch dieses überraschende Zeugnis selbstloser Liebe, Armut; und niemand unter den heidnischen Versammlungen drängte so sehr darauf wie unser Apostel, dass den Brüdern in Judäa Hilfe geschickt würde, nicht nur während der großen Hungersnot unter Claudius Cäsar, sondern auch danach, wie wir aus den beiden Korintherbriefen sowie dem Römerbrief entnehmen können (vgl. Gal 2,10; Apg 24,17).
Dennoch finden wir ein allgemeines Prinzip und eine Praxis festgelegt, die für jede Zeit von höchstem Wert sind. Die Sammlung für die Gläubigen war mit den feierlichen und gnädigen Zusammenkommen am ersten Tag der Woche oder des Auferstehungstages verbunden. Sie sollte regelmäßig erfolgen, nicht gelegentlich; sie sollte gewissenhafte getan werden, je nachdem, wie es jemandem möglich war, nicht unter Einfluss oder Druck oder in Eile, noch weniger mit Gleichgültigkeit oder aus rein menschlichen Gründen. So sollten Glaube und Liebe herausgefordert und auf gesunde Weise angewendet werden, während man auf das Kommen des Herrn wartete. Es scheint, dass jeder zu Hause das beiseitelegen sollte, was er nach den gegebenen Mitteln für gut hielt zu geben; aber die Erwähnung des ersten Wochentages oder des Tages des Herrn deutet darauf hin, dass sie ihren Beitrag einsammeln sollten, wenn sie zusammenkamen, wie es jeder Jünger tat, um das Brot zu brechen. Das ist wahrhaftig, einen Schatz im Himmel anzulegen, wo weder Motte noch Rost ihn verderben, und wo Diebe ihn nicht durchwühlen oder stehlen.
Wiederum war der Apostel darauf bedacht, keinen Raum für böse Vermutungen oder Anschein zu lassen; und so zeigt er hier eine neue Anwendung der apostolischen Weisheit, die wir in Apostelgeschichte 6 finden. Die Menge wählte ihre eigenen Verwalter. Sie legten die Gelder zusammen, und sie, nicht die Apostel, wählten Männer, zu denen sie Vertrauen hatten, damit sie diese verteilten (vgl. 2Kor 8). Wie die Versammlung keine geistliche Kraft vermitteln kann, so gab der Herr allein Gaben für den Dienst an den Gläubigen (Röm 10; 12; 1Kor 12; Eph 4). Die Apostel wählten persönlich oder durch Beauftragte (wie Titus) Älteste, die die Oberhäupter jener Autorität waren, deren ordentliche Vertreter vor Ort die Aufseher waren (Apg 14; Tit 2). Alles in der Versammlung ruht auf seinem eigenen Grund. Hier verspricht also der Apostel bei seiner Ankunft, mit Briefen zu schicken, wen immer sie bestimmen würden, um ihre Gaben nach Jerusalem zu bringen.
Die mitzugebenden Briefe sollten vom Apostel sein, nicht ihre eigenen, wie die Authorised Version sagt, die dem Fehler der Vulgata, Erasmus, Calvin, Beza und der Text. Rec., der infolgedessen falsch interpunktiert. Denn was hätte es für einen Sinn, wenn sie durch ihre Briefe zustimmten, als der Apostel kam? Die Korinther sollten wirklich die Personen auswählen, und Paulus würde sie bei seiner Ankunft mit seinen Briefen versehen und diese mit ihnen weiterschicken. So haben es auch die griechischen Ausleger verstanden.