Behandelter Abschnitt 1Kor 12,14-20
Der Apostel fährt fort, den Begriff des Leibes zu verwenden, um die Versammlung Gottes zu veranschaulichen, wie sie jetzt auf der Erde existiert. Zweifellos war es für den Zustand der Dinge damals in Korinth angebracht; doch es wird immer gebraucht, während wir hier auf der Erde sind, und nie mehr als jetzt, wo der Zustand der Christenheit es einerseits schwieriger macht, die Wahrheit zu begreifen und anzuwenden, und andererseits noch dringender der verletzten Ehre des Herrn geschuldet ist, dessen Wort und Wille im Allgemeinen so schmerzlich zunichtegemacht und missachtet werden.
Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn der Fuß spräche: Weil ich nicht Hand bin, so bin ich nicht von dem Leib – ist er deswegen nicht von dem Leib? Und wenn das Ohr spräche: Weil ich nicht Auge bin, so bin ich nicht von dem Leib – ist es deswegen nicht von dem Leib? Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo wäre das Gehör? Wenn ganz Gehör, wo der Geruch? Nun aber hat Gott die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen an dem Leib, wie es ihm gefallen hat. Wenn aber alle ein Glied wären, wo wäre der Leib? Nun aber sind der Glieder zwar viele, der Leib aber ist einer (12,14–20).
Das große und offensichtlichste Merkmal des Leibes ist, dass er nicht aus einem Glied, sondern aus vielen Gliedern besteht. Das ist so entscheidend für sein Wesen, dass er nicht „der Leib“ genannt werden könnte, wenn er nur aus einem Glied und nicht aus vielen bestünde. Es wäre ein monströses Gebilde, nicht die schöne Einheit mit der Vielfalt, die man beim menschlichen Körper, wie auch bei jeder anderen Organisation, sieht. Genau so ist es mit der Versammlung Gottes. Sie ist nicht nur sein Haus, sondern der Leib Christi kraft des einen Geistes, der alle Gläubigen, ungeachtet ihrer Vorgeschichte und ihrer sonst unüberbrückbaren Unterschiede, zu einer Einheit getauft hat: einer Einheit, die jetzt und nicht erst in der Zukunft, auf der Erde und nicht nur im Himmel besteht. Wir können sogar noch weitergehen und sagen, dass der einzige Gegenstand der Belehrung des Geistes hier die Versammlung jetzt auf der Erde ist, und überhaupt nicht im Himmel, wo wir von der Braut und dem neuen Jerusalem hören, niemals von dem einen Leib oder den vielen Gliedern.
Aber es ist wichtig zu beachten, dass die Belehrung nichts mit den Konfessionen zu tun hat, außer sie einfach auszulöschen. Sie sind so weit davon entfernt, in der Ermahnung in Betracht gezogen zu werden, dass die Wahrheit des einen Leibes sie mit Wurzel und Zweig völlig verdammt. In keinem Ausmaß und in keiner Weise können die Worte des Apostels auf die verschiedenen Konfessionen angewandt werden, die jetzt existieren. Sie stehen im Gegensatz zu der grundlegenden Einheit des Leibes, auf der Paulus besteht, dass eine Konfession eine andere braucht. Der Leib hat viele Glieder, nicht Konfessionen, die nur im Gegensatz zu dieser Einheit existieren. Weit davon entfernt, für das ordnungsgemäße Wirken der Versammlung notwendig zu sein, wie die vielen Glieder des Leibes, vereiteln sie die Wahrheit, in der Theorie vielleicht erlaubt, aber in der Praxis immer verleugnet, da sie in der Tat tot gegen den Willen des Herrn sind.
Der erste praktische Widerspruch mit der Zusammensetzung der Versammlung, vor der der Apostel warnt (V. 15.16), ist die Unzufriedenheit der geringeren Glieder mit ihrer Stellung. Sie liefen Gefahr, aus Neid auf die, die einen höheren Platz hatten, ihre eigenen Aufgaben zu ignorieren und zu vernachlässigen: „Wenn der Fuß spräche: Weil ich nicht Hand bin, so bin ich nicht von dem Leib – ist er deswegen nicht von dem Leib? Und wenn das Ohr spräche: Weil ich nicht Auge bin, so bin ich nicht von dem Leib – ist es deswegen nicht von dem Leib?“ (V. 15.16). Eine solche Entfremdung würde, wenn sie andauern würde, die Versammlung zerstören. Jeder hat seine eigene Aufgabe, aber für die Versammlung, nicht für sich selbst; so wie Fuß und Hand, Auge und Ohr für den ganzen Leib handeln.
Danach wird die Absurdität solcher Wünsche gezeigt. Wenn ein Glied rechtmäßig einen besonderen Platz begehren könnte, so könnten es auch alle anderen; die Folge davon wäre der Ruin des Leibes. „Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo wäre das Gehör? Wenn ganz Gehör, wo der Geruch?“ (V. 17). Die bewundernswerte Zusammensetzung und Unterordnung der verschiedenen Glieder in dem einen Leib wäre zu Ende.
Es handelt sich hier auch nicht um eine Frage der richtigen Theorie oder der weisen Praxis, sondern um den Willen Gottes. Gott hat es so bestimmt; und wer etwas anderes will, kämpft gegen sein Wort. „Nun aber hat Gott die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen am Leib, wie es ihm gefallen hat“ (V. 18). Es ist nicht nur die Tatsache der Vorsehung, dass jemand in der Wüste und ein anderer in einer Stadt ist; auch ist es nicht so, dass einer vom Geist geleitet wird, hierhin zu gehen, und ein anderer dorthin. Wie die Versammlung nach Gottes Plan und Zusammensetzung ist, so ist jeder an einen von Gott bestimmten Platz im Leib Christi gesetzt mit einer dazu passenden Gabe. Die eigene Wahl ist ausgeschlossen, ebenso wie die Auswahl durch andere Menschen. Es bin weder ich selbst, noch ist es der Mensch, noch die Versammlung, sondern Gott, der die Glieder setzen kann oder wird; und Er hat sie, jedes einzelne, in den Leib gesetzt, wie es Ihm gefällt. Er bestimmt das sowohl für die Geringsten als auch für die Größten. Jede andere Ordnung steht im Widerspruch zu Gottes Wegen und Wohlgefallen. Es ist Gottes Versammlung, und Er, nicht der Mensch, ordnet den Platz jedes Gliedes darin an. „Wenn aber alle ein Glied wären, wo wäre der Leib?“ (V. 19). Das ist die Bemerkung eines anderen, dass, wie der frühere Beweis der Absurdität (V. 17) an das Konkrete appellierte, so geschieht es hier an das Abstrakte. Ich füge hinzu, dass, wie dort gezeigt wird, dass die Unterschiedlichkeit der Glieder durch das Vergessen der Wahrheit zerstört würde, so hier die Vollständigkeit des Leibes. „Nun aber sind der Glieder zwar viele, der Leib aber einer“ (V. 20). Die Einheit des Leibes besteht vollkommen mit der Verschiedenheit der Glieder, und die Verschiedenheit der Glieder mit diesem einen Leib. Und so ist es in der Tat nach Gottes Gedanken. Es ist das Abweichen davon, das hauptsächlich den gegenwärtigen unorganisierten Zustand der Versammlung ausmacht, den wir in der Christenheit sehen. Größtenteils müssen alle Gaben, die Ausdruck finden können, bei einem Glied in einer Gemeinde sein, und es gibt nicht einen Leib, soweit die Tatsachen das bezeugen, sondern viele Leiber, die sich unterscheiden und einander entgegengesetzt sind. Die Wurzel des Übels ist, dass der eine Geist nicht wirklich vorhanden ist, sondern menschliche Aneignung und Ernennung in unterschiedlicher Form. Und das Auge sagt in der gegenwärtigen Praxis zur Hand: „Ich brauche dich nicht“, und das Haupt zu den Füßen: „Ich brauche euch nicht“, wobei das Auge und das Haupt in dem einen einzigen Diener verschmelzen.