Behandelter Abschnitt 1Kor 12,7-11
Wir lernen auch, wie sicher das Wirken das Handeln des Heiligen Geistes in einem Christen in Gemeinschaft sein muss, um dem Sinn und Willen Gottes zu entsprechen. Kräfte, selbst der offensichtlichsten übernatürlichen Art, können, wie bei zu vielen der Korinther, zur Selbsterhebung ausgeübt werden.
Wir kommen nun zu den individuellen Unterscheidungen, den besonderen Formen des Wirkens des Geistes in den Christen.
Einem jeden aber wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben. Denn dem einen wird durch den Geist das Wort der Weisheit gegeben, einem anderen aber das Wort der Erkenntnis nach demselben Geist; einem anderen [aber] Glaube in demselben Geist, einem anderen aber Gnadengaben der Heilungen in demselben Geist, einem anderen aber Wunderwirkungen, einem anderen aber Weissagung, einem anderen aber Unterscheidungen der Geister; einem anderen [aber] Arten von Sprachen, einem anderen aber Auslegung der Sprachen. Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist, einem jeden insbesondere austeilend, wie er will (12,7–11).
Es ist gut festzustellen, dass der Apostel nur von der Versammlung spricht, von jedem Einzelnen dort und nicht in der Welt. Es könnte überflüssig erscheinen, das zu bemerken, wenn wir nicht wüssten, dass eine ganze Gemeinschaft in der Christenheit auf der entgegengesetzten Annahme beruht, dass eine Offenbarung des Geistes jedem Menschen auf der Erde ohne Einschränkung gegeben wird. Hier behandelt der Apostel strikt die Versammlung: Jedem in ihr wird die Offenbarung des Geistes gegeben, und zwar mit Blick auf das Gemeinwohl, nicht zur persönlichen Beeinflussung oder Darstellung. Chrysostomus liegt ganz falsch in der Annahme, dass der Begriff „Offenbarung“ hier verwendet wird, weil die Ungläubigen Gott nicht besitzen, außer durch sichtbare Wunder. Denn es handelt sich nicht nur um Wunder, wie schon die ersten Beispiele (das Wort der Weisheit und das der Erkenntnis) beweisen; auch ist es kein Zeichen für Ungläubige, sondern zum Nutzen der Gläubigen.
Auch der Weg des Geistes ist nicht die Bündelung all seiner Kräfte in einer einzigen Person, sondern die Verteilung auf eine Vielzahl von Einzelpersonen; und dies, weil die Versammlung betrachtet wird, nicht ein führender Mann, sondern die Versammlung, durch deren verschiedene Glieder Gott zum Wohl aller wirken will. „Denn dem einen ist durch den Geist das Wort der Weisheit gegeben, dem anderen das Wort der Erkenntnis, nach demselben Geist“ (V. 8). Der Apostel achtet darauf, mit dem zu beginnen, was man als nicht Wunder-Gaben bezeichnen würde, um der fleischlichen Gesinnung entgegenzuwirken, sei es bei den Korinthern oder bei anderen, die einen übermäßigen Wert auf das legt, was das Auge, den Verstand oder die Vorstellungskraft durch unbestreitbare Machtwirkungen beeindruckt. Obwohl nicht Wunder, sind das Wort der Weisheit und das Wort der Erkenntnis ebenso ausdrücklich vom Heiligen Geist wie die auffälligsten Zeichengaben. Das Wort der Weisheit kommt nicht durch einen befehlenden oder nur „geheiligten“ Intellekt; es „wird durch den Geist … gegeben.“ „Nach demselben Geist“ wird das Wort der Erkenntnis gegeben. Sie sind also nicht weniger übernatürlich, wenn auch nicht im gewöhnlichen Sinn Wunder. Sie sind weder die Frucht angeborener Kräfte noch der Aneignung, sondern des Geistes, ebenso wie die neue Geburt jedes Gläubigen; und weit wichtiger als jedes Wunder, so bedeutungsvoll es auch sein mag und Gott an seinem Platz und zu seinem Zweck verherrlicht.
Was ist dann „Weisheit“ im Unterschied zu „Erkenntnis“? Weisheit scheint mir die von Gott gegebene moralische Einsicht in die Dinge, wie sie vor Ihm sind, und folglich, wie sie wirklich in sich selbst und in Beziehung zueinander sind, was für die praktische Beurteilung und das Verhalten hier auf der Erde von höchstem Wert ist. Gutes und Böses, Richtiges und Falsches werden auf diese Weise aufgrund der Vertrautheit mit der Gegenwart Gottes sogleich gesehen, nicht nur in ihren Ergebnissen, sondern in ihren Prinzipien und Quellen. Wissen ist vielmehr das Verständnis der offenbarten Wahrheit, das natürlich durch einen sorgfältigen Gebrauch der Schriften gegeben wird und von großem Wert ist, um die Wege wie auch das Wort Gottes zu schätzen, obwohl der entsprechende Missbrauch in Systemen der Theologie, der Prophetie und dergleichen endet. Das „Wort“ in den beiden Beispielen bedeutet oder schließt die Fähigkeit in sich, anderen die Weisheit oder das Wissen je nachdem mitzuteilen. Es scheint nicht richtig zu sein, daraus zu schließen, dass die Propheten durch Letzteres charakterisiert wurden, wie die Apostel zweifellos durch Ersteres. Es würde eher der Schrift entsprechen, wenn man sagte, dass das „Wort der Erkenntnis“ den Lehrer betraf, wobei man immer bedenken sollte, dass ein Apostel oder ein Prophet auch ein Lehrer und ein Prediger sein konnte, wie Paulus selbst unbestritten einer war. Aber er hatte eine seltene Kombination von Gaben, und alle waren reich, tief und weitreichend, um das besondere Werk zu vollbringen, für das er vom Herrn berufen war.
Danach folgen sehr unterschiedliche Offenbarungen des Geistes: „einem anderen aber Glaube in demselben Geist, einem anderen aber Gnadengaben der Heilungen in demselben Geist, einem anderen aber Wunderwirkungen, einem anderen aber Weissagung, einem anderen aber Unterscheidungen der Geister“ (V. 9.10). Offensichtlich bedeutet „Glaube“ hier, wie auch manchmal anderswo, nicht den Glauben einer Person an Christus oder das Evangelium zur Errettung, der eine Offenbarung des Geistes ist, und zwar für einen hier oder dort unter den Christen. Es ist die besondere Gabe Gottes, die ihren Besitzer befähigt, sich Feinden und Gefahren zu stellen und sich über Hindernisse oder Schwierigkeiten zu erheben und des Ausgangs gewiss zu sein, wo andere, sogar Gläubige, verwirrt und beunruhigt sind. Sie unterscheidet sich also von Heilungen, Wunderwirkungen, Prophetie und so weiter.
Es scheint nicht nötig zu sein, auf die „Gnadengaben der Heilungen in [ἐν] demselben Geist“ näher einzugehen, als zu sagen, dass sie nicht umfassender, sondern weniger als der „Glaube“ sind. Es gab den Glauben in dem, der geistige Kräfte in der Heilung der Kranken ausübte, aber die Gaben der Heilungen waren natürlich auf ihren eigenen Bereich beschränkt. „Glaube“ als solcher konnte auf eine große Vielfalt von Arten ausgeübt werden, außer der, die einige dazu befähigte, Märtyrer oder Bekenner zu sein.
Wiederum könnte ein anderer „Wirkungen von Kräften“ haben (in der rheinischen und der autorisierten Version fälschlicherweise als „das Wirken von Wundern“ wiedergegeben), die keine „Heilungen“ waren, sondern eine solche Überlegenheit gegenüber materiellen Dingen oder geistigen Wesen, wie wir sie in Markus 16,17.18 verheißen und in der Apostelgeschichte beschrieben finden. „Weissagung“ könnte einem anderen gegeben sein, was eine Kraft des Heiligen Geistes im rein geistlichen Bereich war, die ihn befähigte, die Gedanken Gottes über die Gegenwart oder Zukunft zu verkünden. Diese Definition umfasst die zweifache Anwendung des Begriffs in der Schrift, entweder auf den engen Bereich der Vorhersage oder auf den größeren der Erklärung der Gedanken und des Willen Gottes, um auf das Gewissen mit unfehlbarer, göttlicher Überzeugung einzuwirken (siehe für Letzteres 1Kor 14; für das Erstere Apg 11). „Unterscheidungen der Geister“ ist eine andere Gabe, die die Fähigkeit bedeutet, nicht zwischen wahren und falschen Bekennern des Herrn Jesus zu entscheiden, sondern zwischen der Lehre des Geistes und der, die von bösen Geistern vorgetäuscht wird. Die allgemeine Verantwortung, die Geister zu prüfen oder zu beweisen, ob sie von Gott sind, sehen wir in 1. Johannes 4, weil viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen sind. Hier ist es eine besondere Gabe. Die Gefahr oder vielmehr die Tatsache, dass einige irregeführt werden, wird auch in 1. Timotheus 4 vorhergesagt. Die beabsichtigte Verteilung dieser Gaben wird in den beiden letzten Kapiteln eindrucksvoll gezeigt, wo „Arten von Sprachen“ oder eine Vielfalt von Sprachen, die dem Sprecher von Natur aus unbekannt sind, von der „Auslegung von Sprachen“, die einem anderen gegeben wird, unterschieden werden, obwohl 1. Korinther 14,13 den Wunsch ihrer Kombination andeutet.