Behandelter Abschnitt 1Kor 7,32-35
Die hier gegebene Konstruktion des Eingangssatzes scheint mir die richtige zu sein; andere bedeuten nur Härte und reißen den Zusammenhang auseinander.
Ich will aber, dass ihr ohne Sorge seid. Der Unverheiratete ist um die Dinge des Herrn besorgt, wie er dem Herrn gefalle; der Verheiratete aber ist um die Dinge der Welt besorgt, wie er der Frau gefalle. Es ist ein Unterschied zwischen der Frau und der Jungfrau. Die Unverheiratete ist um die Dinge des Herrn besorgt, damit sie heilig sei sowohl am Leib als auch am Geist; die Verheiratete aber ist für die Dinge der Welt besorgt, wie sie dem Mann gefalle. Dies aber sage ich zu eurem eigenen Nutzen, nicht um euch eine Schlinge überzuwerfen, sondern zur Wohlanständigkeit und zu ungeteiltem Anhangen an dem Herrn (7,32–35).
Hier legt der Apostel den Nachdruck auf die größere Befreiung von irdischer Sorge, dem Herrn zu dienen und Ihm zu gefallen, die der ledige Mann oder die ledige Frau im Vergleich zu den Verheirateten genießt. Es gibt weniger Ballast im Wettlauf und weniger Ablenkung vom Ziel. Doch auch hier spricht der Apostel mit Vorsicht und Feingefühl. Er möchte niemanden verstricken, er sucht ihr Wohlergehen im Hinblick auf ein ungeteiltes Anhangen am Herrn.
Hier muss ich jedoch die Gelegenheit ergreifen, gegen die jüngst geäußerten Bemerkungen eines Kommentators zu protestieren. „Seit er [der Apostel] geschrieben hat, hat uns die Entfaltung der Vorsehung Gottes mehr über die Zeitspanne vor dem Kommen des Herrn gelehrt, als es selbst einem inspirierten Apostel gegeben war zu sehen. Und wie es vollkommen vernünftig und angemessen wäre, einen scheinbar sterbenden Menschen zur Enthaltsamkeit von neuen weltlichen Verpflichtungen zu drängen – aber sowohl unvernünftig als auch unpassend, sollte dieselbe Person wieder gesund werden, weiter auf seiner Enthaltsamkeit zu bestehen: So wäre es jetzt, wo Gott seinen Willen kundgetan hat, dass Völker aufstehen und leben und vergehen werden, und lange Jahrhunderte vergehen, bis der Tag der Wiederkunft Christi kommt, offenbar unvernünftig, die hier geltend gemachten Erwägungen zu fordern – es sei denn, dass die καιρός eines jeden Menschen συνεσταλμένος ist, und ähnliche Argumente gelten.“ Das mag für Menschen in der Christenheit plausibel klingen, denen die Sicht der Schrift auf den völligen Untergang des Menschen und der Welt und die Unmittelbarkeit jenes Gerichtes des Lebenden entgangen ist, auf dem alle inspirierten Schriften bestehen, ebenso wahrhaftig wie die des Paulus. Meines Erachtens ist das eine bedauerliche Anbiederung an den Unglauben und die Weltlichkeit, denn sie entspringt der niedrigsten Auffassung von der Autorität des Wortes Gottes. Zweifellos wurde die Wahrheit so geoffenbart, dass niemand vorher wissen konnte, dass Gott die Zeitspanne verlängern würde, die das Kommen des Herrn von uns trennt. Aber die moralischen Gründe werden immer stärker, nicht schwächer. Der scheinbar sterbende Mensch ist jetzt nur viel offensichtlicher dem Augenblick der Auflösung näher, anstatt dass er Gesundheit und Kraft wiedererlangt hat, um geeignet zu sein, in neue Verpflichtungen einzutreten. Die sich vertiefende Finsternis des Juden und des Heiden, und nicht nur des Islams, sondern der bekennenden Christenheit, warnt jedes Auge, das sehen kann, dass eine Krise Gottes nahe ist; während die strahlende Hoffnung des Christen leuchtet, obwohl sie selbst unabhängig von allen Umständen ist, und im Wesentlichen auf den Himmel mit Christus gerichtet ist, wenn möglich, nur umso mehr, „je mehr er den Tag näher kommen sieht“ (Heb 10,25).