Behandelter Abschnitt Röm 7,7-13
Paulus mag wie die meisten durch diese Erfahrung mehr oder weniger während der drei Tage gegangen sein, als er ohne Augenlicht war und weder aß noch trank. Er war damals bekehrt, also kein natürlicher Mensch mehr, aber noch nicht mit dem Heiligen Geist erfüllt. Sicherlich personifiziert er den Fall und begründet ihn vollständig von Vers 7 bis zum Ende des Kapitels. Es ist der Fall eines Menschen der Leben hat, der sich aber noch nicht der Gerechtigkeit Gottes unterworfen hat. Daher stellt sich so jemand, der Gott nacheifert, aber die volle Stellung, in die die Erlösung den Gläubigen versetzt, nicht kennt, unter das Gesetz; und daher wird uns die Wirkung des Gesetzes vor Augen geführt. Es gibt hier ein erwecktes Gewissen, aber ohne Kraft. Wenn jemand die neue Natur nicht hätte, wäre eine solche Erfahrung nicht möglich: Wenn der Heilige Geist da wäre, würde Kraft folgen, wie wir in Kapitel 8 sehen, wo wir den eigentlichen Normalzustand des Christen finden. Der beschriebene Zustand ist jedoch in keinem Fall, wie ich glaube, endgültig, sondern vorübergehend, obwohl eine schlechte und gesetzliche Lehre jemanden in diesem Zustand halten kann, bis die Gnade völlig wirkt, sei es auf dem Sterbebett oder was dem gleichkommt.
Was sollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Das sei ferne! Aber die Sünde hätte ich nicht erkannt als nur durch Gesetz. Denn auch von der Begierde hätte ich nichts gewusst, wenn nicht das Gesetz gesagt hätte: „Du sollst nicht begehren.“ Die Sünde aber, durch das Gebot Anlass nehmend, bewirkte jede Begierde in mir; denn ohne Gesetz ist die Sünde tot. Ich aber lebte einst ohne Gesetz; als aber das Gebot kam, lebte die Sünde auf; ich aber starb. Und das Gebot, das zum Leben gegeben war, dieses erwies sich mir zum Tod. Denn die Sünde, durch das Gebot Anlass nehmend, betrog mich und tötete mich durch dasselbe. Also ist das Gesetz heilig und das Gebot heilig und gerecht und gut. Gereichte nun das Gute mir zum Tod? Das sei ferne! Sondern die Sünde, damit sie als Sünde erschiene, indem sie mir durch das Gute den Tod bewirkte, damit die Sünde überaus sündig würde durch das Gebot (7,7–13).
So gibt sich der Apostel Mühe, das Gesetz von allem Tadel zu befreien. Im Gegenteil, es war die Überlegenheit des Gesetzes, die dem Sünder so verhängnisvoll war. Es kennt keine Barmherzigkeit; es kann weder seine Bedingungen noch seine Strafe abmildern. Durch das Gesetz kommt die völlige Erkenntnis der Sünde, sagt der Apostel in Kapitel 3. Hier also, ob objektiv oder im inneren Bewusstsein, ist das Gesetz das Mittel zu seiner Entdeckung, und zwar nicht durch irgendeinen Fehler im Gesetz, sondern durch die Sündhaftigkeit der Sünde, die hier als der Feind personifiziert wird, der einen Punkt zum Angriff auf den Menschen ergreift. Aber hier ist der Apostel mit dem Beweis nicht von schuldigen Handlungen, sondern einer fremden, rebellischen Natur beschäftigt, und deshalb hebt er das letzte Gebot, das Verbot der Habsucht oder der Begierde, als das hervor, das am besten geeignet ist, von der Sünde, nicht bloß von den Sünden zu überführen. Und wie wahr ist das! Wer kennt nicht die Irritation, die durch die Zurückhaltung des Willens entsteht? So wird jede Art von Begierde erregt, denn ohne das Gesetz ist die Sünde tot: Lass das Gebot kommen, und alles ist vorbei. Es hat das Fleisch nie verbessert und kann es auch nicht, sondern reizt es im Gegenteil durch die angelegte Zügelung. Was wirklich gewollt ist, ist eine neue Natur und ein verwandelnder Gegenstand; aber das Gesetz vermittelt weder das eine noch offenbart es das andere: Die Gnade tut beides durch Christus, unseren Herrn. Der Fehler liegt allein im ersten Menschen, die Befreiung liegt ausschließlich im zweiten. Das Gesetz legt fest, wie der Mensch sein sollte, aber es verurteilt ihn notwendigerweise wegen der Sünde, die es aktiv und offenkundig macht, ohne die geringste Macht, von ihr zu retten, geschweige denn gegen sie Kraft zu geben. Im Gegenteil, sagt der Apostel: „Ich aber lebte einst ohne Gesetz, als aber das Gebot kam, lebte Sünde auf; ich aber starb“ (V. 9.10). So erwies sich das, was auf das Leben hinwies, nur als ein Werkzeug des Todes.
Wenn aber der Lebende stirbt, kann das Gesetz die Toten nicht lebendig machen. Es ist das Recht des Sohnes, lebendig zu machen, wen Er will, so wie es der Vater tut. Aber auch hier ist der Apostel darauf bedacht, alle Schuld bei der Sünde zu sehen, die, nachdem sie durch das Gebot Anlass genommen hatte, den betrogenen Menschen dadurch tötete. So wird das Gesetz gerechtfertigt, die Natur, an die es vergeblich appelliert, ist allein schuld; denn das Gebot ist heilig, gerecht und gut. „Gereichte mir denn das Gute zum Tod?“ (V. 13), fragt der Apostel. Nicht so; es ist die Sünde, die er hier wieder als den wahren Schuldigen bezeichnet, „die Sünde, damit sie als Sünde erschiene, indem sie mir durch das Gute den Tod bewirkte, damit die Sünde überaus sündig würde durch das Gebot“ (V. 13). Könnte der Jude, wie sehr er auch gegen die Gnade voreingenommen, wie sehr er auch für das Gesetz voreingenommen ist, mit Recht klagen? Ist das nicht die offensichtliche Wahrheit?