Behandelter Abschnitt Röm 1,8-12
Hier, wie überall in den Briefen, gibt es Bilder, Beispiele und Beweise in Hülle und Fülle; nicht, dass es vorher keinen Glauben gegeben hätte oder dass der Geist nicht zu allen Zeiten in Übereinstimmung mit Gottes Charakter und Handeln gewirkt hätte. So gab es in früherer Zeit keinen Tag der Schwierigkeit oder Finsternis, der nicht Anlass zu einer würdigen Darstellung der Weisheit und Güte Gottes gegeben hätte, und zwar sowohl durch als auch an denen, die Ihn in seiner Gnade kannten. Aber diese Darstellungen waren natürlich entsprechend der Aufgabe, die Er damals in der Hand hatte, ob vor der Sintflut oder danach, ob in der Zeit der einfachen Verheißung oder nachdem das Gesetz gegeben wurde, ob inmitten der Sorgen der Gefangenschaft oder als der Messias in der Verantwortung des zurückgekehrten Überrests im Land vorgestellt wurde. Gewiss gibt es für Gläubige heute wie damals objektive Wahrheiten und Züge der inneren Erfahrung und der äußeren Praxis, die immer im Wesentlichen bestehen bleiben. Aber diese Identität in vielem, was von nicht geringer Bedeutung ist, macht die Tatsache nur umso auffälliger, dass es Unterschiede von sehr großer Bedeutung gibt, nicht nur für uns, sondern im Zusammenhang mit Gottes Herrlichkeit. Wer könnte sich vor der Erlösung solche Empfindungen, Gedanken, Sprache vorstellen, wie wir sie hier vor uns haben? Wer, der die geringste geistliche Wahrnehmung hat, könnte sich vorstellen, dass Henoch oder Noah, Isaak oder Jakob, Mose oder Josua, David oder Salomo, Jesaja oder Jeremia, ja sogar Petrus oder Johannes in den Tagen des Wirkens unseres Herrn solche Worte wie diese an die Gläubigen in Rom, viele von ihnen Heiden, richteten?
Zuerst einmal danke ich meinem Gott durch Jesus Christus für euch alle, weil euer Glaube verkündigt wird in der ganzen Welt. Denn Gott ist mein Zeuge, dem ich diene in meinem Geist in dem Evangelium seines Sohnes, wie unablässig ich euch erwähne, allezeit flehend in meinen Gebeten, ob ich vielleicht endlich einmal durch den Willen Gottes so glücklich sein möchte, zu euch zu kommen. Denn mich verlangt danach, euch zu sehen, damit ich euch etwas geistliche Gnadengabe mitteile, um euch zu befestigen, das ist aber, um mit euch getröstet zu werden in eurer Mitte, ein jeder durch den Glauben, der in dem anderen ist, sowohl euren als meinen (1,8–12).
Völlig unabhängig von einer fleischlichen Bindung oder einer nationalen Beziehung oder einer Schule von Meinungen oder irgendeiner anderen zeitlichen Beziehung war es ein Band, das auf dem Unsichtbaren und Ewigen ruhte, und das Herz dessen, der schrieb, mit Gläubigen verband, die er größtenteils nie zuvor gesehen hatte. Eine glühende und anhaltende Zuneigung trug sie ständig auf seinem Herzen vor Gott und freute sich über den guten Bericht ihres Glaubens, der in der ganzen Welt verkündet wurde, wie es dann leicht von jenem Sitz der zentralen Autorität sein konnte, der seinen Willen und seinen Geist bis zu den Enden seines riesigen Reiches und darüber hinaus spürbar machte. Daher seine Sehnsucht, sie nicht aus eigennützigem Interesse zu sehen, sondern um ihres geistlichen Segens willen durch den Glauben, der jetzt inmitten der Verwerfung Freude erzeugt und vermehrt, und Segen, der niemals verblassen oder vergessen werden wird. Das gehörte zu den Wirkungen des Evangeliums Gottes, die jetzt in ihm verwirklicht und von ihm zum Ausdruck gebracht wurden, der ohne diese gesegnete Erkenntnis Christi der glühendste Eiferer der strengsten Sekte der Pharisäer gewesen war und alle, die es wagten, sogar aus seiner eigenen Nation den Namen Jesu von Nazareth anzurufen, bis ins Gefängnis und in den Tod verfolgte.
Jetzt war er der unermüdliche Verkünder der göttlichen Gnade in demselben gestorbenen und auferstandenen Jesus, so unbegrenzt wie die Sünde und das Elend des Menschen. Er fühlte warm mit allen, die den von Gott gegebenen Glaubens hatten und diesen verachteten Namen trugen. Er selbst war nachdrücklich ein Mann des Glaubens – ein Glaube, der durch die Liebe wirkt, die nicht sich selbst, sondern die anderen sucht, nicht die Bequemlichkeit oder Ehre dieser Welt, sondern den Willen und die Ehre Gottes zum Wohl derer, und zwar ewig, aber auch jetzt schon, nicht als ob es ein zweifelhafter Versuch wäre, sondern ein williger Segen des Gottes, dessen Gnade er für sich selbst kannte und auf die er für alle seine Kinder zählen konnte.
Auch die Inbrunst der Zuneigung war sozusagen natürlich für jemanden, der so mit Gott (meinem Gott) lebte, während er in dieser Welt war, die Freude (nicht an der Ungerechtigkeit, wie das elende Fleisch sich an dem erfreut, was von und wie es selbst ist, sondern) an dem, was von Gott war, „durch Jesus Christus“, obwohl nur durch den Bericht überall bekannt. „Zuerst einmal danke ich meinem Gott durch Jesus Christus für euch alle, weil euer Glaube verkündet wird in der ganzen Welt“ (V. 8). Er konnte sich auf Gott berufen, um den besten aller Beweise für seine Dankbarkeit Ihm gegenüber und seine Liebe zu ihnen zu erhalten. „Denn Gott ist mein Zeuge, dem ich diene in meinem Geist in dem Evangelium seines Sohnes“ (V. 9a). Er erwähnte sie unaufhörlich und flehte bei Gelegenheit seiner Gebete, dass es ihm, wenn es Gott gefiele, irgendwie erlaubt sein möge, sie wenigstens jetzt zu besuchen. Welch offensichtliche und göttliche Aufrichtigkeit! Welche vom Geist gewirkten Motive in jemandem, der sich selbst als den größten aller Sünder und weniger als den geringsten aller Heiligen bezeichnete!
Beachte die Änderung des Ausdrucks hier im Vorbeigehen. Es ist jetzt das Evangelium des Sohnes Gottes, nicht einfach Gottes, wie schön das auch an seiner Stelle war (V. 1). Aber jetzt denkt der Apostel nicht an die Quelle, die die Frohe Botschaft kennzeichnete, sondern an die Art und Weise und die Mittel, in denen seine Gnade wirkte, um die Verlorenen zu befreien. Es war also das Evangelium seines Sohnes wie auch sein eigenes. Auch hier nennt der Apostel seinen eigenen Dienst für Gott „in meinem Geist“, das heißt nicht mit bloßen äußeren Werken oder bloßem Pflichtgefühl, sondern mit innerlich aktiver und einsichtiger Hingabe an die Frohe Botschaft des Sohnes Gottes.