Behandelter Abschnitt Röm 1,1-7
Einführung
Der Römerbrief, obwohl er nicht der erhabenste in seinem Wahrheitscharakter ist, legt umfassender als jeder andere die Frohe Botschaft Gottes dar, und dies mit einer Methode und Tiefe, die nicht nur den Stil des Paulus, sondern die Weisheit des Heiligen Geistes bezeugen, der den großen Apostel der Heiden inspirierte. Sein Sohn (denn so hat ihn der Apostel von Anfang an gepredigt; Apg 9,20) ist der Gegenstand des Glaubens, dem Fleisch nach aus dem Samen Davids hervorgegangen, dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung als Sohn Gottes in Kraft erwiesen. So wird die Verbindung mit dem Alten Testament aufrechterhalten, während der Weg offen ist für eine neue Ordnung der Dinge durch die Auferstehung, in der die Schuld beseitigt, die Sünde gerichtet und das Leben siegreich über den Feind in seiner letzten Festung, dem Tod, offenbart wurde, ja, mit einem Anspruch, der dem ewigen Gericht Gottes überlegen ist.
Dann, nachdem er sich in geeigneter Weise als berufener Apostel den Berufenen in Rom vorgestellt hat, bezeugt er seinen Dank für ihren Glauben und seinen großen Wunsch, sie zu sehen, ungeachtet der Hindernisse bis dahin, zu ihrer gegenseitigen Erquickung. Er wünschte dort wie anderswo Frucht zu haben, denn er war allen etwas schuldig. Er schämte sich nicht des Evangeliums (oder der Frohen Botschaft): Es ist Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, weil darin die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zu Glauben offenbart wird, wie der Prophet in einer dunklen Zeit für Israel verkündete. Wenn also der Sohn der Gegenstand des Glaubens ist, hat der Gläubige Anteil an der Gerechtigkeit Gottes.1 Der Mensch hatte keine Gerechtigkeit vor Gott, der seine dem Menschen offenbart. Und deshalb ist es eine Frage des Glaubens. Denn sein Zorn ist vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen: Das eine umfasst jede Schattierung des Heidentums oder der Gottlosigkeit, das andere besonders die Juden oder, wie wir jetzt hinzufügen können, die Christenheit. Wie tief ist die Not, wie groß die Gefahr des sündigen Menschen.
Am Ende von Kapitel 1 werden die Heiden in einer kurzen, aber erschreckenden Skizze von ihrer Frömmigkeit überführt, die durch alles, was von der Antike übriggeblieben ist, nur zu wahrheitsgemäß bestätigt wird. Sie sind völlig verdorben, nicht nur durch ihre Begierden und Leidenschaften, sondern noch mehr durch ihren Götzendienst, der ihre schlimmsten Übel guthieß, ja, provozierte und sogar weihte. Man wird daher bemerken, dass der Apostel den Verfall nicht bis zum Anfang der Welt zurückverfolgt, sondern erst seit der Sintflut, als die Menschen in unentschuldbarer Weise das Zeugnis der Schöpfung missachteten und, da sie Gott kannten, Ihn nicht als Gott verherrlichten, sondern, indem sie sich für weise hielten, zu Narren wurden und, indem sie Götzen aufstellten, den einen wahren Gott über ihnen, dem sie nicht dienen wollten, aufgaben, um Sklaven jeder Niedertracht unter ihnen zu werden.
Der Anfang von Kapitel 2 zeigt die Moralisten, Menschen, Heiden oder Juden, die auf das Gute spekulierten, aber wie andere eine Beute der Bosheit wurden, die sie verurteilten, und den Reichtum der Güte Gottes verachteten, während sie sein Gericht vergaßen, bei dem es keine Achtung vor Personen gibt, wobei die, die ohne das Gesetz sündigen, auch ohne es zugrundegehen, und die, die darin sündigen, durch es gerichtet werden an dem Tag, an dem Gott die Geheimnisse der Menschen richtet, nach dem Evangelium des Apostels, durch Jesus Christus. Hier nennt er den „Juden zuerst“ und den „Griechen“ im Gericht, wie zuvor in der Verwaltung des Evangeliums. Denn das Gericht legt Rechenschaft ab über alle Dinge und damit über die höheren Vorteile, wobei jeder Rechenschaft ablegt nach seinem Licht und empfängt nach seinen Taten. Denn die Errettung entspricht der Gnade, der Lohn oder das Gericht den Werken. So werden beide Prüfungen angewandt, das, wie sie gefallen sind, und das, was Gott beim Kommen und Reich Christi verhängen wird. Und wie auf Gottes Seite der Zorn vom Himmel her im Gegensatz zu den irdischen Gerichten der Vorsehung steht, so hier auf der Seite des Menschen das Gericht über die Geheimnisse des Herzens.
Die Juden werden dann deutlich und ausdrücklich hervorgehoben, die bei besserem Licht moralisch nicht besser waren, denn der Name Gottes wurde ihretwillen gelästert. Die Beschneidung ist so weit davon entfernt, ihnen gegen ihre niederen Ungereimtheiten zu nützen, dass sie im Gegenteil zur Vorhaut wird, so wie die Vorhaut, die die Anforderungen des Gesetzes hält, für die Beschneidung gerechnet werden sollte, indem sie solche richtet, die mit dem Buchstaben und der Vorhaut das Gesetz übertreten haben. Die Sünde wird als der große Gleichmacher gezeigt, während die Gerechtigkeit nicht versäumt, sie zu erhöhen. Ein Jude, der das Gesetz übertrat, war genauso schlimm wie ein Heide, ja sogar schlimmer; ein Heide, der Gerechtigkeit übte, war nicht weniger annehmbar als ein Jude. Gott will moralische Wirklichkeit haben; und diese, wo immer sie gefunden wird, sichert allein sein Lob.
Das warf in Kapitel 3 die Frage nach der Überlegenheit des Juden oder nach dem Nutzen der Beschneidung auf. Der Apostel gesteht sie in jeder Hinsicht zu, vor allem aber darin, dass sie mit den Aussprüchen Gottes betraut ist. Aber die Untreue des Menschen hindert in keiner Weise die Gewissheit oder die Gerechtigkeit des Gerichts Gottes über die Welt. Auch äußere Vorrechte setzen in keiner Weise einen besseren Zustand voraus oder sichern ihn, obwohl sie die Verantwortung erhöhen. Und die Tatsache, dass das, was das Gesetz oder das Alte Testament sagt, zu denen sagt, die unter ihm stehen (d. h. zu den Juden), überführt sie völlig. Denn es erklärt in den deutlichsten Worten, dass es keinen Gerechten gibt, keinen, der verständig ist, keinen, der Gutes tut, alle sind vom Weg abgewichen und haben keine Furcht vor Gott vor ihren Augen. So, wie der Anfang des Arguments die Heiden als verderbt erwies, so das Ende die Juden: Das Ergebnis ist, dass jeder Mund verstummt und die ganze Welt unter dem Gericht Gottes ist. Wie lautet sein Urteil? Gibt es keine Barmherzigkeit? Es gibt seine Gerechtigkeit durch Christus Jesus, eine Gerechtigkeit, die den Gläubigen rechtfertigt. Durch Werke des Gesetzes wird kein Fleisch gerecht, denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde, das genaue Gegenteil von Sündenvergebung oder Gerechtigkeit.
Das Gesetz kann also Israel nicht helfen, noch weniger einem Heiden. Was ist dann das Mittel? Der Apostel kehrt zu der These zurück, die seiner Argumentation vorausging, und bekräftigt, mit einem umso größeren Beweis für ihre dringende Notwendigkeit, dass jetzt, unabhängig vom Gesetz, Gottes Gerechtigkeit offenbart wird. Eine wahrhaft wunderbare Aussage, in der wir die Beziehung des Evangeliums zum Alten Testament, seine universale Ausrichtung und seine Anwendung in der Tat als abhängig vom Glauben haben, während es alles auf dem Boden des reinen Verderbens und damit der reinen Gnade betrifft. Es verkündigt das Werk des Herrn, das dem Gnadenstuhl mit dem darauf und davor gesprengten sühnenden Blut des Herrn entspricht, also einen gerechten Grund legt, um sowohl die Nachsicht Gottes im Umgang mit den Gläubigen der Vergangenheit oder ihren Sünden in vergangenen Zeiten zu rechtfertigen, als auch jetzt zu zeigen, dass Gott gerecht ist, indem Er den rechtfertigt, der an Jesus glaubt. Durch den Glauben wird also das Rühmen ausgeschlossen, und Gott wird als der Gott gezeigt, der sowohl den Juden als auch den Heiden rechtfertigt, während das Gesetz selbst aufrechterhalten wird, anstatt nichtig zu sein.
Es spricht nichts dagegen, δικαιοσύνη Θεοῦ (Gerechtigkeit Gottes) in seinem gewöhnlichen Sinn eines Attributs oder einer Eigenschaft Gottes zu verstehen, denn es ist auch δικαιοσύνη ἐκ πιστεως (Gerechtigkeit aus Glauben) denn es wird uns ja im Evangelium offenbart, damit wir glauben, und deshalb könnten wir daraus keinen anderen Nutzen ziehen. Es ist natürlich χωρὶς νόμου „ohne Gesetz“ (Röm 3,21), das, wenn es befolgt worden wäre, die Gerechtigkeit des Menschen, nicht die Gottes, gewesen wäre. Die δωρεά oder freie Gabe der Gerechtigkeit (Röm 5,17) ist damit vollkommen vereinbar: Gottes Gnade war die Quelle dieser Gabe. Es war keine Frage des eigenen Werkes oder der eigenen Tauglichkeit wie unter dem Gesetz. So stehen auch Römer 10,3 und Philipper 3,9 in völliger Harmonie mit der Tatsache, dass der Apostel von göttlicher Gerechtigkeit oder der Übereinstimmung Gottes mit sich selbst in der Rechtfertigung des Gläubigen durch die Erlösung, die in Christus ist, spricht. Zweifellos ist es eine Gerechtigkeit, deren Urheber Er ist (wie Phil 3,9 lehrt) und die Er gutheißt; aber es ist zu kurz gegriffen, dies nur zu sagen. Denn wenn man sich vorstellt, dass der Mensch dem Gesetz gehorcht hätte, wäre es eine Gerechtigkeit gewesen, die mit Gott in Übereinstimmung gewesen wäre; und der Mensch hätte gelebt, anstatt zu sterben. Aber das wäre weder ewiges Leben im Sohn noch Gottes Gerechtigkeit, sondern die des Menschen gewesen. Daher ist die Definition von Luther, Calvin, Beza, Reiche, De Wette uns so weiter unbefriedigend, wie auch Luthers Version, die eine Paraphrase ist, die sie ausdrückt, fehlerhaft ist. Eine Gerechtigkeit, die Gott geben oder gutheißen könnte, muss nicht seine eigene sein, wie der Apostel sie immer wieder erklärt. Natürlich ist es nicht die göttliche Gerechtigkeit abstrakt (was vielleicht die unbewusste Schwierigkeit der meisten ist, die sich dem Thema nähern), sondern Gott ist gerecht aufgrund des Werkes des Erlösers. Wie schätzt Er es ein, wie handelt Er danach, für den Gläubigen? Die Einflößung göttlicher Gerechtigkeit hat keinen gerechten Sinn oder scheint Rechtfertigung mit Leben zu verwechseln; während die Vorstellung, dass sie Barmherzigkeit bedeutet, eine armselige Ausflucht ist, die die große Wahrheit schwächt, dass nicht nur seine Liebe, sondern seine Gerechtigkeit den Gläubigen in Jesus rechtfertigt.
Es ist bemerkenswert, dass die Mehrheit der Ausleger, die vor der klaren Bedeutung des Ausdrucks in Kapitel 1,17 und sogar in Kapitel 3,21.22 zurückschrecken, zugeben, dass er in den Versen 25 und 26 weder Gottes Barmherzigkeit noch seine Art der Rechtfertigung oder die Handlung der Rechtfertigung (der im Griechischen durch δικαίωσις ausgedrückt wird) noch die Gott wohlgefällige Gerechtigkeit bedeutet, sondern seine Gerechtigkeit. Dies ist hier die richtige Bedeutung der Begriffe und das, was der Zusammenhang verlangt. Nicht nur, dass die Gerechtigkeit durch den Erlass vergangener Sünden beeinträchtigt schien und deshalb der Rechtfertigung bedurfte, sondern das Werk Christi hatte Gott im Gericht über die Sünde so verherrlicht, dass es für Gott nur gerecht war, die Sünden zu erlassen, ja, den zu rechtfertigen, der des Glaubens an Christus Jesus ist. Und so ist es nicht zu leugnen, dass der Apostel nur erklärt, was er mit δικαιοσύνη Θεοῦ meint, wenn er hinzufügt, dass Gott Christus als ein Sühnopfer oder Sühnmittel, Gnadenstuhl, hingestellt hat, damit Er gerecht sei und den Gläubigen rechtfertige.
Wenn es nun so ist, dass δικαιοσύνη Θεοῦ nur dort Gottes Gerechtigkeit bedeuten kann, wo sie vollständig dargelegt wird (wie in den Versen 25.26), wie unvernünftig ist es dann, demselben Satz in demselben Zusammenhang eine andere Kraft zu geben (V. 21.22, kurz vorher)! Wenn das so ist, mit welcher Konsequenz kann man dann seine Bedeutung in Kapitel 1,17 in Frage stellen? Sogar Kapitel 3,5 macht dies deutlich, denn dort bedeutet der Ausdruck unbestreitbar die Konsequenz Gottes mit seinem Charakter (d. h. seiner Gerechtigkeit) beim Richten der Welt, die Christus verwirft, so wie die anderen Stellen seine Gerechtigkeit bei der Rechtfertigung derer zeigen, die an seinen Namen glauben (vgl. auch Mt 6,33, Jak 1,20). Andernorts (außer in 2. Korinther 5,21, das für sich allein steht, indem es das Abstrakte für das Konkrete verwendet, aber ansonsten dieselbe Wahrheit bekräftigt) bezeichnen die Begriffe in den Briefen des Paulus Gottes Gerechtigkeit in der Rechtfertigung derer, die, durch den Glauben an Jesus und sein Blut Ruhe gefunden haben und in dem ganzen Wert seiner Annahme vor Gott ruhen.
Kapitel 4 bestätigt das Prinzip des Glaubens zur Rechtfertigung durch das Beispiel Abrahams, gestützt durch Davids Zeugnis in Psalm 32; und dies vor der Zeit des Gesetzes oder sogar der Beschneidung. Wenn also die Juden das Erbe durch Gesetz oder Verordnungen beanspruchten, mussten sie den ausschließen, der es durch Verheißung und damit durch Glauben hatte: Wenn sie wirklich seine Kinder waren, mussten sie alles von Gott auf einer Grundlage empfangen, die die Verheißung für die ganzen Nachkommenschaft sicherstellt, nicht weniger als für die Juden; und das umso mehr, als sie in seinem und Sarahs Fall so gut wie gestorben waren und ihre Erfüllung der Verheißung außer Frage stand, damit Gott allein als fähig angesehen werden konnte, die Toten wieder zu beleben; so wie wir als Christen hier nicht einfach an Jesus glauben, sondern an den, der Jesus, unseren Herrn, aus den Toten auferweckt hat, der für unsere Übertretungen hingegeben und für unsere Rechtfertigung auferweckt wurde.
Die Folgen dieser Rechtfertigung durch den Glauben werden in der ersten Hälfte von Kapitel 5 genannt: der Friede mit Gott, seine eigentliche Gnade oder Gunst und die Hoffnung auf seine Herrlichkeit, in der wir uns rühmen; nicht nur in dieser, sondern auch in den Trübsalen wegen ihrer erfahrungsmäßigen Wirkung; ja, schließlich das Rühmen in Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir nun die Versöhnung empfangen haben.
Aber das Werk Christi geht viel weiter als die Vergebung der Sünden oder die Entfaltung der göttlichen Liebe zu uns in Anbetracht der Schuld, so wichtig es auch ist, dass wir damit beginnen. Die Vergebung bezieht sich auf unsere Sünden, die sonst am Tag des Gerichts behandelt werden müssen. Aber es stellt sich auch die Frage nach unserer Natur oder unserem tatsächlichen Zustand, nicht nur nach unseren schlechten Werken, sondern nach der Sünde, die sie hervorgebracht hat. Hier geht es nicht um persönliche Schuld, auch nicht um Juden und Heiden, die wie früher verurteilt werden, sondern um das Geschlecht mit seinem Haupt und die Sünde, die durch diesen einen Menschen in die Welt gekommen ist, obwohl jeder auch seine eigenen Sünden hat.
Damit sind wir eindeutig bei Adam, allerdings – Gott sei Dank – auch bei Christus, wobei das Gesetz, das in der Zwischenzeit und daneben eingekommen ist, die Sünden nur zu Übertretungen gemacht und sie im Übermaß verursacht hat. Wenn nun ein einzelner Mensch seine ganze Familie rechtmäßig in Sünde und Tod verwickelte, wer kann dann den gerechten Anspruch Gottes bestreiten, dass die Gnade eines anderen Menschen, Christus, seiner Familie zum ewigen Leben gereicht? Das ist das Argument in Kapitel 5,12.
Wenn die Gnade in jeder Hinsicht und in Ewigkeit so reich ist, sollten wir dann in der Sünde verharren, damit die Gnade überströme? Das ist im Grunde eine Leugnung des Christentums: Das lernen wir in Kapitel 6; dort sind wir der Sünde gestorben, wie sollen wir länger in ihr leben? Wir sind durch die Taufe mit Christus auf dessen Tod begraben worden, damit wir in einem neuen Leben wandeln sollen. Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt worden, „damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen. Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der Sünde. … Denn was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott. So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid, Gott aber lebend in Christus Jesus“ (6,6.7.10.11). Die Sünde soll keine Herrschaft mehr haben, denn wir sind nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade. Sollen wir also sündigen, weil wir so sind? Bestimmt nicht. Wir waren Sklaven der Sünde, aber jetzt, befreit von ihr, sind wir Sklaven der Gerechtigkeit und Gottes geworden, und wir haben unsere Frucht zur Heiligkeit und das Ende, das seiner Gnade würdig ist, das ewige Leben.
Kapitel 7 behandelt die Frage der Freiheit vom Gesetz, da bereits gezeigt wurde, dass die Gnade gegen die Sünde stärkt, anstatt sie zu einer leichten oder offenen Angelegenheit zu machen. Die verheiratete Frau ist durch das Gesetz an ihren Mann gebunden, solange er lebt: Der Tod durchtrennt dieses Band. So sind wir durch den Leib Christi dem Gesetz, damit wir einem anderen gehören, der aus den Toten auferweckt worden ist, damit wir Gott Frucht bringen können. Wir waren im Fleisch, jetzt aber sind wir vom Gesetz befreit, da wir tot sind für das, worin wir festgehalten wurden, damit wir in einem neuen Geist und nicht in einem alten Buchstaben dienen. Beachte jedoch, dass die Gnade nicht durch die Aufhebung des Gesetzes, sondern durch unseren Tod ihm gegenüber wirkt.
Nicht, dass das Gesetz Sünde ist, sondern die Sünde, die durch das Gebot einen Anlass oder Angriffspunkt bekommt, wirkt jede Begierde, verführt, tötet und wird auch überaus sündhaft. Aber obwohl der Mensch erneuert wird, hat er keine Kraft, erkennt das Böse in seiner Natur als von sich selbst unterschieden, erfreut sich am Gesetz Gottes und sieht doch ein anderes Gesetz in seinen Gliedern, das ihn in die Gefangenschaft bringt, und lernt so in bewusster Erbärmlichkeit den Wert Christi zur Befreiung nicht weniger als zur Vergebung, obwohl dies die beiden Naturen in keiner Weise verändert.
Kapitel 8 schließt die Diskussion mit der ausführlichsten Darstellung der Ergebnisse des Werkes Christi durch den Tod und die Auferstehung für den Christen ab. Drei Unterteilungen bieten sich an: (1) die Befreiung, die bis zur Auferweckung des sterblichen Leibes fortgesetzt wird, wobei der Geist als charakteristisch für dieses Leben und diesen Zustand angesehen wird; (2) die Beziehungen des Heiligen Geistes zum Christen, wie er in, mit und an ihm in Kraft und Person wirkt; und (3) dass Gott für uns im Angesicht jeder schwierigen Erfahrung und aller Feindseligkeit der Kreatur uns vollständig und triumphierend sichert. Im Einzelnen:
Was ist das für ein Status für die in Christus! Das notwendige Wirken ihrer neuen Natur, des Geistes des Lebens in Christus Jesus, bezeugt ihre Befreiung von dem Gesetz der Sünde und des Todes; denn wiederum hat Gott die Sünde im Fleisch, nicht nur in ihrem Ausbruch bereits am Kreuz verurteilt, damit die Gerechtigkeit des Gesetzes in uns erfüllt werde, die wir nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln. Denn es gibt Personen, die von beiden in Leben und Charakter gekennzeichnet werden, die Gesinnung des einen Tod, das des anderen Leben und Frieden; und dies, weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, und die, die darin sind, Ihm nicht gefallen können, während die Christen, die nicht in ihm sind, sondern im Geist sind, und so, da Christus in ihnen ist, halten sie den Leib für tot wegen der Sünde, wie der Geist Leben ist wegen der Gerechtigkeit. Aber auch ihre sterblichen Leiber werden auferweckt werden wegen des Geistes, der in ihnen wohnt.
Der Geist ist der Geist der Sohnschaft und ein Vorgeschmack auf die kommende Herrlichkeit, und wir seufzen inzwischen durch den Geist, und so findet Gott in uns die Gesinnung des Geistes, nicht Selbstsucht, während er alles zum Guten wirken lässt.
Drittens haben wir neben Gottes Absicht, uns dem Bild seines Sohnes in der Herrlichkeit gleichförmig zu machen, die göttliche Kraft, die uns versichert, dass, komme, was wolle, nichts von seiner Liebe, die in Christus Jesus, unserem Herrn, ist, trennen wird.
Kapitel 9–11 folgen der Lehre und haben zum Ziel, die besonderen Verheißungen für Israel mit der unterschiedslosen Gnade für Sünder als solche ohne Ausnahme im Evangelium in Einklang zu bringen.
In Kapitel 9 zeigt der Apostel, dass nicht er, sondern die Juden gerechter getadelt werden könnten, wenn sie die besonderen Vorrechte Israels auf die leichte Schulter nähmen; denn in Wahrheit liebte er sie genauso innig wie Mose. Es war eine Frage der Berufung Gottes in Isaak. Nein, mehr noch, wir sehen das fleischliche Recht noch offensichtlicher ausgeschlossen durch den Segen Jakobs in Zurücksetzung Esaus, und dies vor der Geburt der Zwillinge. Es ist also eine Frage der souveränen Gnade. Haben sie sich dann über die Ungerechtigkeit Gottes beschwert? Es war alles für Israel, diese Souveränität Gottes: Was wäre sonst aus ihnen geworden, die vor dem goldenen Kalb am Sinai verdorben wurden, hätte Gott nicht gesagt: „Ich will mich erbarmen, über wen ich mich erbarmen will?“ Andererseits ist der Pharao der Zeuge seiner Verstockung und seiner Gerichte. Findet der Mensch dennoch einen Fehler, weil Gott handelt, wie Er will? Dem wird begegnet, indem man Gottes Recht behauptet, den Menschen zu richten, und die Anmaßung des Menschen, Gott zu richten, tadelt. Er hat Macht; aber wie setzt Er sie ein? Mit der größten Langmut gegenüber den Gefäßen des Zorns und mit der reichsten Barmherzigkeit gegenüber den Gefäßen des Zorns, die an sich nicht besser sind als die ersteren. So ruft die Barmherzigkeit Heiden, die keine Vorrechte hatten, und Juden, die alles verloren hatten. Hosea und Jesaja bestätigen mehr als einmal alles, indem sie zeigen, dass nicht nur die berufenen Heiden, sondern auch Israel über den Stolperstein fällt, der in Zion gelegt ist, während der Glaube allein sich nicht schämen würde.
In Kapitel 10 drückt der Apostel den Wunsch seines Herzens für sie aus, dass sie gerettet werden. Aber ihr Eifer entsprach nicht der Erkenntnis. Sie waren unwissend und unterwarfen sich nicht der Gerechtigkeit Gottes, sondern suchten ihre eigene Gerechtigkeit zu errichten. Denn Christus ist des Gesetzes Ende (und alle solchen Bemühungen sind gesetzlich) zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt. Sie reden unvereinbar, das, was aus dem Gesetz ist, und das, was aus dem Glauben ist. Aber Gottes Gerechtigkeit ist die des Glaubens, Christus ist ihre Grundlage, und das Heil die Folge, die daher dem Heiden ebenso offensteht wie dem Juden, der glaubt. Daher hat Gott ein Zeugnis gegeben; und wenn wenige Juden es aufnahmen, so ging es doch auf die ganze Erde hinaus; und hier verdichten sich die Zeugnisse aus dem Gesetz und den Propheten, um zu zeigen, dass Gott von den Heiden gefunden wurde und Israel ungehorsam und widerspenstig war.
Kapitel 11 beweist, dass die Verwerfung Israels weder vollständig noch endgültig ist, bekräftigt durch den Ölbaum, der uns das Ausschneiden zeigt, das die untreue Christenheit nicht weniger sicher erwartet als das, was den Juden widerfuhr, aber dass der Erlöser noch aus Zion kommen wird, der die Gottlosigkeiten von Jakob abwendet und so ganz Israel gerettet wird, indem er am Ende als Gegenstand der Barmherzigkeit nicht weniger als ein Heide hereinkommt. Das brachte den Apostel zum Loben, als er an die Tiefe des Reichtums der Weisheit und Erkenntnis Gottes dachte.
Ab Kapitel 12 treten wir förmlich in die praktischen Ermahnungen ein. Der Apostel ermahnt die Gläubigen durch die Barmherzigkeit Gottes, ihre Leiber als lebendiges Schlachtopfer darzubringen, ohne Anpassung an die Welt, sondern verwandelt durch die Erneuerung ihres Sinnes, um eine nüchterne, nicht eine hochmütige Gesinnung zu pflegen, wie Gott es jedem zugedacht hat. Denn wir, die wir viele sind, sind ein Leib in Christus und untereinander Glieder, mit verschiedenen Gaben, mit denen jeder wirken soll. Es folgen allgemeinere Aufforderungen, auch hier regiert die Gnade durch Gerechtigkeit im Wandel und im Geist, die sich auf die Menschen insgesamt ausdehnt, was die Warnung eigenem Rächen hervorhebt: Vielmehr sollen wir, wie Gott, das Böse mit dem Guten überwinden.
Kapitel 13 zeigt die Beziehung der Gläubigen zur äußeren Regierung in der Welt; Unterwerfung unter das, was so von Gott in der Welt eingesetzt ist, was immer es auch sein mag, so dass sich der Autorität zu widersetzen bedeutet, Widerstand gegen seine Anordnung ist, nicht nur wegen des Zorns, sondern auch wegen des Gewissens; und aus diesem Grund Steuer und alle ihre Abgaben zu zahlen, niemandem etwas schuldig zu sein außer der Liebe, der Erfüllung des Gesetzes. Und dies umso mehr wegen der Nähe des Tages, in dessen Licht wir wandeln sollen, indem wir daran denken, dass die Nacht weit fortgeschritten ist; wir sollen nicht das Fleisch befriedigen, das das Dunkel liebt.
Dann folgt in Kapitel 14 die Pflicht zur brüderlichen Rücksichtnahme, die in Rom in jenen Tagen umso dringlicher war, als dort so viele Juden und Heiden als Christen zusammenkamen. Die Schwachen, wie sie genannt werden, die mit Gewissensbisschen gehaftet, sollten die Starken, die ihre Freiheit kannten, nicht verurteilen; auch sollten die Starken die Schwachen nicht verachten. Das Gewissen muss geachtet werden; Christus ist Herr über Tote und Lebende; und vor Gott muss jeder von uns Rechenschaft ablegen. Vielmehr soll einer richten, dass er dem Bruder kein Hindernis in den Weg legt und nicht um des Fleisches willen den verdirbt, für den Christus gestorben ist. Man soll Frieden und Erbauung suchen, aber auch ein gutes Gewissen; denn was nicht aus dem Glauben geschieht, das ist Sünde.
Der Anfang von Kapitel 15 schließt diese Frage mit dem, der sich selbst nicht gefiel, sondern die Vorwürfe der Menschen gegen Gott ertrug, und so dem Christen den ganzen Trost der Schrift, die von Christus spricht, zuspricht und uns ermutigt, einander anzunehmen, wie Christus es tat, zur Ehre Gottes.
Danach haben wir ab Vers 8 eine Erklärung der Wege Gottes im Evangelium, die durch das Alte Testament gerechtfertigt sind, und von seinem eigenen Dienst unter uns Heiden, als Grund für diese Ermahnung, obwohl sie ihnen Güte und Wissen und die Fähigkeit, einander zu ermahnen, zuerkennen. Von Jerusalem aus und im Umkreis bis nach Illyrien hatte er das Evangelium vollständig gepredigt und so das Ziel erreicht, nicht dort, wo Christus genannt wurde, sondern dort, wo sie nichts von Ihm gehört hatten; und nun, da sein Werk im Osten vollbracht war, erweckte sein früherer und starker Wunsch, den Westen zu besuchen, nach einem diakonischen Dienst für die Armen der Gläubigen in Jerusalem (denn der Liebe ist nichts zuwider), die Hoffnung, die Gläubigen in Rom auf seinem Weg nach Spanien zu sehen. Aber Gott hatte eigene Pläne; und wenn Paulus nicht von ungläubigen Brüdern nach dem Fleisch in Judäa gerettet wurde, so geschah es nur, um ihm mehr die Gemeinschaft der Leiden Christi zu geben, der von den Juden an die Heiden ausgeliefert wurde.
Kapitel 16 endet mit das Lob einer Schwester Phöbe, Dienerin der Versammlung in Kenchreä, mit kleinen und vielfältigen Grußworten, in denen alles gewürdigt wird, was schön und gut ist, und mit Warnungen vor denen, die entgegen der Lehre, die sie gelernt haben, Zwiespalt und Ärgernis machen. Sich von solchen von Selbstgefälligkeit zerfressenen Menschen abzuwenden, ist die beste Antwort auf ihre süßen Worte und schönes Reden. Hier wie anderswo sollten wir weise sein für das, was gut ist, und einfältig für das Böse. Der Gott des Friedens wird für alles sorgen, was über uns kommt und wird den Satan in Kürze unter unsere Füße zertreten. Wie sehr brauchen wir jetzt doch die Gnade unseres Herrn mit uns!
Der Sekretär des Apostels, Tertius, fügt seine Begrüßung hinzu, ebenso wie einige andere. Der Brief schließt mit einer Erhebung Gottes, die wunderbar zu dem passt, was wir vor uns hatten, und doch eine Wahrheit andeutet (die hier nicht entfaltet wird), mit der seine Predigt in Einklang steht. In den Briefen an die Epheser und Kolosser ist dieses verborgene Geheimnis vollständig dargelegt, wobei die Briefe an die Korinther als Bindeglied des Übergangs dienen, aber jeder an seinem Platz und zu seiner Zeit, und alles wichtig für den Gläubigen und für die Versammlung. Dem allein weisen Gott durch Jesus Christus sei Ehre in Ewigkeit. Amen.
Kapitel 1
Es wurde in der Weisheit Gottes angeordnet, dass kein Apostel das Evangelium in der kaiserlichen Stadt pflanzen sollte. Rom kann sich nicht wirklich einer Versammlung rühmen, die in ihrem Ursprung apostolisch ist, wie Jerusalem, Philippi, Korinth, Ephesus und viele andere weniger bedeutende. Wir wissen, dass es am Pfingsttag, als der Heilige Geist zuerst gegeben wurde, römische Juden gab, die sich in Jerusalem aufhielten und dort das Evangelium hörten (Apg 2; vgl. Röm 16,7). Diese mögen die Frohe Botschaft nach Westen getragen haben, wenn nicht schon vorher, so doch wenigstens, als die Verfolgung, die nach der Ermordung des Stephanus einsetzte, alle außer den Aposteln zerstreute. Wir sind sicher, dass einige, die damals zerstreut wurden, sowohl nach Phönizien und Zypern als auch nach Antiochien gingen, und dass sie an diesem letzten Ort den Griechen und nicht nur den Juden predigten.
Aber was auch immer die besonderen Mittel waren, um Christus dort bekanntzumachen, es ist sicher, dass, bis Paulus schrieb und abschließend nach Rom kam, kein Apostel diese Stadt besucht hatte. Dennoch war offensichtlich eine beträchtliche Anzahl von Gläubigen dort; und meiner Meinung nach gibt der Brief selbst einen klaren und vollständigen Hinweis darauf, dass sie aus Personen sowohl aus Juden als auch aus den Heiden bestanden.
Dies waren einige der Umstände, die einen Brief des großen Apostels veranlassten, der an Bedeutung keinem anderen nachsteht. Daher haben wir hier eine so umfassende Abhandlung, und zwar eine sehr grundlegende. Und zwar nicht über die Beziehung zur Versammlung, sondern über den Zustand des Menschen als Sünder und dann seine Rechtfertigung durch das Werk, den Tod und die Auferstehung Christi; das heißt, die Vorrechte der einzelnen Gläubigen durch die Erlösung, wie auch das völlige Verderben des Menschen und seine Notwendigkeit dieses mächtigen Eingriffs Gottes im Evangelium. Hätte der Apostel den Grundstein des Werkes in Rom gelegt, wäre er dorthin gegangen, wie er es sich sehnlichst gewünscht hatte, um irgendeine geistliche Gabe zu vermitteln, hätten wir kaum eine solche Entwicklung haben können, wie wir sie jetzt haben. Denn in beiden Fällen hätte er sie natürlich von Angesicht zu Angesicht gelehrt, was jetzt für immer in dem Brief verkörpert ist. Bevor er ihnen einen Besuch abstatten und sie mündlich belehren konnte, rief ihr Zustand diese bemerkenswerte Fülle der Wahrheit hervor, ausgehend von den Elementen der Wahrheit aufwärts.
Ihre gemischte Zusammensetzung aus Juden und Heiden erforderte die Lösung der Frage des Gesetzes, sowohl in Bezug auf die Rechtfertigung als auch auf den Wandel, sowie die Versöhnung der tatsächlichen Darstellung der unterschiedslosen Gnade im Evangelium mit den besonderen Verheißungen an Israel. Es verlangte eine vollständige Darlegung der menschlichen Verantwortung, ob im Juden oder im Griechen. Aus demselben Grund war es auch notwendig, hier besonders den allgemeinen Lebenswandel der Christen im Verhältnis zueinander und zu den (damals heidnischen) Mächten in einer Ermahnung darzulegen, mit den zwingenden Ansprüchen der Heiligkeit auf der einen Seite und auf der anderen Seite der wahren Natur und den Grenzen brüderlicher Nachsicht in untergeordneten Dingen.
Die Begrüßung oder Anrede des Apostels ist ungewöhnlich ausführlich.
Paulus, Knecht Christi Jesu, berufener Apostel, abgesondert zum Evangelium Gottes (das er durch seine Propheten in heiligen Schriften zuvor verheißen hat) über seinen Sohn (der aus dem Geschlecht Davids gekommen ist dem Fleisch nach und erwiesen ist als Sohn Gottes in Kraft dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung), Jesus Christus, unseren Herrn (durch den wir Gnade und Apostelamt empfangen haben zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen für seinen Namen, unter denen auch ihr seid, Berufene Jesu Christi) – allen Geliebten Gottes, den berufenen Heiligen, die in Rom sind: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! (1,1–7). „Knecht Jesu Christi“ ist das Rühmen eines Menschen, der die wahre heilige Freiheit der Gnade kannte, wie vielleicht kein anderes Herz gelehrt wurde und sie so gut genoss. Dies war eine allgemeine Bezeichnung und sollte wahr sein, sie ist wahr von jedem Christen.
Doch Paulus spricht danach von sich selbst als einem „berufenen Apostel“. Das Apostelamt war nicht sukzessiv wie das eines jüdischen Priesters, auch nicht erwählt von der Versammlung wie die sieben Männer, die in Jerusalem die Tische bedienten; noch weniger war es eine Frage der Selbstanmaßung Er war ein Apostel durch Berufung, so wie die Heiligen berufen sind (V. 7). Zweifellos war Saulus von Tarsus von Mutterleib an abgesondert worden, wie er nachher durch Gottes Gnade berufen wurde. Aber hier scheint es mir, dass die Absonderung deutlicher „zum Evangelium Gottes“ war, und daher kann es sich eher auf Apostelgeschichte 13,2 beziehen. Die Frohe Botschaft Gottes ist eine kostbare Wahrheit, die in direktem und ausdrücklichem Widerspruch zum Denken des natürlichen Menschen über den steht, der allen großzügig gibt und nichts vorwirft. Zweifellos kann das nur in und durch Christus geschehen. Dennoch ist es Gott, der liebt, gibt und sendet, es ist sein Evangelium. Welch ein gesegneter Ansatzpunkt für den Apostel! Welch ein unerschöpflicher Quell!
Doch wenn die Fülle der spontanen und aktiven Liebe Gottes zu den Menschen eine Wahrheit ist, die durch das ständige Vorherrschen menschlicher Gedanken auch bei den Gläubigen immer neu ist, so war sie für Gott nichts Neues (V. 2). Es war spät in der Weltgeschichte, als dieses Evangelium verkündigt wurde. Doch Er hatte es schon vorher durch seine Propheten in der Heiligen Schrift verheißen – durch die Propheten, die immer dann auftraten, wenn alles auf Seiten des Menschen hoffnungslos war. So sagte einer der frühesten, die Prophezeiungen schrieben: „Es hat dich zugrunde gerichtet, Israel, dass du gegen mich, gegen deine Hilfe, bist. Wo ist nun dein König, dass er dich rette?“ (Hos 13,8.9). Und ein anderer, der letzte von ihnen, schrieb: „Denn, ich bin der Herr, ich verändere mich nicht; und ihr, Kinder Jakobs, ihr werdet nicht vernichtet werden“ (Mal 3,6). Hatten die Juden, sogar die Priester, seinen Namen verachtet? „Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang wird mein Name groß sein unter den Nationen“ (Mal 1,11). Das ist eine Kostprobe dessen, was Er im Voraus durch seine Propheten verkündet hat. Es würde den Platz sprengen, auch nur einen kleinen Teil zu zitieren.
Was vorausging, soweit dieser Vers bemerkt, war Gottes Verheißung (denn das Gesetz wird noch nicht angeführt); sein Evangelium ist nicht Verheißung, sondern Vollendung. Vor Christus und seinem Werk konnte es nicht mehr sein als Verheißung. Jetzt, was auch immer die Verheißungen sein mögen, in Ihm ist das Ja und in Ihm das Amen.
Wie können diese Dinge geschehen? Wodurch lassen sich solch wertvolle Verheißungen erklären oder die noch wertvollere kostbarere Erfüllung, auf die Gottes Evangelium gegründet ist und zu den Menschen ausgeht? Die Antwort ist klar, würdig und wirklich ausreichend. Alles dreht sich um den Sohn Gottes: Die frohe Botschaft betrifft Ihn (V. 3). Seine Person tritt hier in zweifacher Weise vor uns:
Erstens als geboren aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, zu dem Er sich herabgelassen hatte;
zweitens als bestimmt oder erklärt als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geist der Heiligkeit durch Auferstehung.
Diese beiden Sichten auf unseren Herrn stehen jeweils in Beziehung zu dem, was wir gerade gesehen haben: die Verheißungen und das Evangelium. Der wahre Geliebte, der Sohn Davids, kam, Gegenstand und Erfüller und Erfüllung aller Verheißungen Gottes; aber die Menschen, und besonders das Volk, das die Verheißungen hatte, nahmen Ihn nicht auf, sondern verwarfen Ihn bis zum Tod, dem Tod am Kreuz. Gott wurde darin unendlich verherrlicht und hat Ihn auferweckt, der bereits Tote auferweckt hat und alle auferwecken wird. „Denn wie der Vater die Toten auferweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn lebendig, welche er will“ (Joh 5,21). So kennzeichnet die Auferstehung Ihn in jeder Hinsicht als Sohn Gottes in Macht, vor allem, als Er in seiner eigenen Person auferstand, nachdem Er in Schwachheit gekreuzigt worden war, und dies entsprechend dem Geist der Heiligkeit, der Ihn alle Tage seines Fleisches charakterisierte.
So wie das Kommen Christi die Darstellung der Verheißung war, so setzt Gottes Evangelium nicht nur die göttliche Herrlichkeit seiner Person voraus, sondern auch die mächtige Kraft seiner Auferstehung, die den Wert und die Wirksamkeit seines Todes beweist. (V. 4). Im Leben berührten Ihn Sünde und Satan nicht, der immer im Geist und nach dem Wort Gottes wandelte; am Kreuz, zur Sünde für uns gemacht, machte Er den zunichte, der die Macht des Todes hatte, obwohl die Auferstehung allein seine Macht und herrliche Person hinreichend bestimmt.
Jesus also, auferstanden von den Toten in Macht, wirkt als Herr und Christus, „unser Herr“, „durch den wir Gnade und Apostelamt empfangen haben“ (V. 5). Er ist es, der von oben herab sendet. Wie Er einst auf der Erde, Herr der Ernte, zuerst die Zwölf und nachher auch andere Siebzig ausgesandt hat, so hat Er auch von oben herab den Menschen Gaben gegeben. Nicht nur, dass die apostolische Berufung selbst ein Zeichen der Gnade war. In dem Fall des Paulus war die Gnade, die ihn zu Gott ergriff und lebendig machte, gleichzeitig mit der Erwählung zum Zeugen für alle Menschen von dem, was er gesehen und gehört hatte. Eine solche Berufung konnte sozusagen nicht anders als von tieferem Charakter und größerem Umfang sein als die anderer, die vom Herrn berufen worden waren, während sie hier auf der Erde waren. Daher war es „zum Glaubensgehorsam“ (nicht genau das, wozu der Glaube führt und stärkt, sondern Glaube – Gehorsam, das Herz, das sich der göttlichen Botschaft seiner Gnade beugt) „unter allen Nationen“ als Schauplatz des Zeugnisses. Herausgenommen aus dem Volk und den Nationen, zu diesen letzten sandte ihn der Herr, wie uns in Apostelgeschichte 26 berichtet wird. Wiederum, so wird uns hier gesagt, war es „für seinen Namen [Christi]“.
Das war sein Ausweis: Was war der ihre? „Unter denen auch ihr seid, Berufene Jesu Christi“ (V. 6). Sie waren unter den Nationen, und sein Auftrag war für alle Nationen. War er ein berufener Apostel? So waren sie Heilige, nicht durch Geburt noch durch Verordnung, sondern durch den Ruf Jesu Christi, der ihn zum Apostel berufen hatte.
Das berechtigte Paulus dann, sich an alle „Geliebten Gottes, den berufenen Heiligen, die in Rom sind“ zu wenden (V. 7a); das war es ihm zur Freude des Herzens, wie es der Heilige Geist ihm eingab, ihnen „Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“ zu wünschen. (V. 7b). Diese Vorrechte hatten sie bereits durch den Glauben an Christus geschmeckt. Doch der Apostel bekennt sich als ihr Schuldner und fährt fort, ihnen das zur Verfügung zu stellen, was sie ungemein bereichern würde. Mögen auch wir uns immer mehr an dem erfreuen, der ihre Quelle ist, durch den, der Ihn allein bekanntmachen kann!
Nimm irgendeinen Teil des Alten Testaments und vergleiche ihn mit diesen einleitenden Worten. Wie offensichtlich und gewaltig ist der Unterschied, das Ziel, der Charakter und der Umfang! Man kann sich nur wundern, dass dies denen nie in den Sinn gekommen ist, die das Zeugnis Gottes und den Zustand des Menschen vor und nach dem Kommen Christi zusammenfassen. Was gibt es zum Beispiel Vergleichbares in den fünf Büchern Mose oder in den folgenden Geschichtsbüchern? Vergeblich sucht man in den Psalmen und anderen poetischen Büchern nach einer Parallele. Nicht einmal die Propheten beschreiben oder prophezeien einen solchen Zustand der Dinge. Herrliche Dinge werden für Israel vorhergesagt; Barmherzigkeit von Gott, die es nicht versäumen wird, die armen Heiden zu erreichen und zu segnen; Befreiung und Freude für die lange leidende Erde und die niedere Schöpfung im Allgemeinen: All dies und mehr haben wir reichlich in den Propheten und sogar in den Psalmen.
Doch es gibt nichts, was dem Ton der Begrüßung und der Vorrede des Apostels an die Gläubigen in Rom ähnelt, ebenso wenig wie dem, was uns in den übrigen Briefen des Neuen Testaments begegnet. Eine neue Sache war vor Gott hier auf der Erde, als Antwort auf eine neue Sache, die größte von allen, im Himmel – sein eigener Sohn, als Mensch, der auferstanden und in die Höhe aufgestiegen war, nachdem Er unsere Sünden am Kreuz gesühnt hatte. Von diesem, als dem zentralen Objekt, wirkt der Heilige Geist, herabgesandt, um Gott in dem herabgekommenen und aufgestiegenen Christus bekanntzumachen und den Gläubigen Anteil an dem unendlichen Werk zu geben, das Christus für sie bewirkt hat. Diese offenbarte Absicht entspricht den Herzen, die es kennen, wenn auch nicht allen gleichermaßen, so doch allen in gewissem Maß nach seiner eigenen Natur. Das ist Christentum.
1 Hätte ein Jude das Gesetz unbeirrt befolgt, so wäre es menschliche Gerechtigkeit gewesen und er hätte selbst entsprechende Anerkennung gehabt. Aber im Kreuz Christi sehen wir nicht nur den Vater im Gehorsam verherrlicht, sondern auch Gott in Bezug auf die Sünde, so dass Er jetzt gerecht ist, indem Er Christus zu seiner eigenen Rechten setzt und uns entsprechend durch und in Ihm rechtfertigt. Das ist die göttliche Gerechtigkeit.↩︎