Behandelter Abschnitt Apg 23,10-11
Als aber ein großer Zwiespalt entstand, fürchtete der Oberste, Paulus könnte von ihnen zerrissen werden, und befahl der Truppe, hinabzugehen, ihn aus ihrer Mitte wegzureißen und in das Lager zu führen. In der folgenden Nacht aber trat der Herr zu ihm und sprach: Sei guten Mutes! Denn wie du von mir in Jerusalem gezeugt hast, so musst du auch in Rom zeugen (23,10.11).
Der heidnische Oberste war nicht an die Böen der Gewaltsamkeit gewöhnt, die unter den Juden wehten, wenn eine Frage religiöser Differenzen aufkam und sie aufrüttelte. Zu dieser Zeit herrschte in der Tat religiöse Gleichgültigkeit unter den Heiden übermäßig vor. Bei den Juden war das nicht so, obwohl ihr moralischer Zustand äußerst erbärmlich war. Der Oberste war deshalb über die Aufregung beunruhigt und ließ Paulus aus der Mitte der Männer entfernen, die aufgeregt genug schienen, ihn in Stücke zu reißen.
Es war eine Zeit, in der der Apostel auf eine harte Probe gestellt wurde. Er hatte an das orthodoxe Empfinden gegen den sadduzäischen Unglauben appelliert, der seine Vernichtung anstrebte, aber er war immer noch ein Gefangener, obwohl er von römischen Soldaten sicher bewacht wurde. Es war nicht die glücklichste Lage für jemanden, der nichts als Christus schätzte. Umso gnädiger war das, was wir zuletzt gelesen haben: „In der folgenden Nacht aber trat der Herr zu ihm und sprach: Sei guten Mutes! Denn wie du von mir in Jerusalem gezeugt hast, so musst du auch in Rom zeugen“ (V. 11). Wahrlich, der Herr ist gut: kein Wort des Tadels, nichts als die Zusicherung der Hilfe, und das durch eine so bemerkenswerte Offenbarung gerade zu der Zeit, als Entmutigung natürlich gewesen wäre. Der Besuch des Apostels in Jerusalem war nicht im Geringsten so verlaufen, wie er es sich selbst gewünscht hatte. Er hätte es nur als einen Misserfolg betrachten können. Der Herr merkte nichts als sein treues Zeugnis an; und er fügt hinzu, dass er auch in Rom so Zeugnis ablegen müsse.
Das war dann offensichtlich der korrigierte und richtige Umfang des zugewiesenen Bereichs des Paulus: Jerusalem lag außerhalb davon. Denn Petrus war mit dem Evangelium der Beschneidung betraut worden, wie Paulus unbestritten mit dem der Unbeschnittenheit, unter dem Rom als damalige Metropole der Welt stand. Dorthin sollte der Apostel gehen, nicht frei, sondern in Fesseln, ein Gefangener, wie es der Herrn wollte, während es ein Teil seiner moralischen Regierung war, weil er nach Jerusalem gehen würde. Der größte Repräsentant des Evangeliums sollte in Ketten nach Rom gelangen!