Behandelter Abschnitt Joh 12,36-43
Das Ende war nahe, und bereits da wurde ein Zeichen gegeben, dass das Licht nicht immer da sein würde.
Obwohl er aber so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an ihn, damit das Wort des Propheten Jesaja erfüllt würde, das er sprach: „Herr, wer hat unserer Verkündigung geglaubt, und wem ist der Arm des Herrn offenbart worden?“ Darum konnten sie nicht glauben, weil Jesaja wiederum gesagt hat: „Er hat ihre Augen verblendet und ihr Herz verhärtet, damit sie nicht sehen mit den Augen und verstehen mit dem Herzen und sich bekehren und ich sie heile.“ Dies sprach Jesaja, weil er seine Herrlichkeit sah und von ihm redete. Dennoch aber glaubten auch von den Obersten viele an ihn; doch wegen der Pharisäer bekannten sie ihn nicht, um nicht aus der Synagoge ausgeschlossen zu werden; denn sie liebten die Ehre bei den Menschen mehr als die Ehre bei Gott (12,36–43).
Das war das Ergebnis des einzigen absolut vollkommenen Zeugnisses, das jemals in dieser Welt gegeben wurde, der Worte, Wege und Zeichen des Sohnes Gottes; und dies nicht, wo man sich auf reine Unwissenheit berufen könnte, sondern wo Gott alles Mögliche getan hatte, um den Weg durch die Prophetie vorzubereiten und die Aufmerksamkeit durch Zeichen, Gnade und Wahrheit inmitten eines Volkes zu wecken, das an göttliches Eingreifen gewöhnt war. Aber der Unglaube des Menschen, sich selbst und Satan überlassen, kann jeden Anblick und jede Äußerung Gottes ausschließen. So war es bei den Juden zur Zeit unseres Herrn, und so ist es bis heute geblieben. Es ist immer noch „dieses Geschlecht“, das nicht vergehen wird, bis alle Gerichtsdrohungen Gottes erfüllt sind. Von den äußeren Gerichten aber spricht nicht Johannes, sondern sprechen die synoptischen Evangelisten; Johannes spricht davon, dass er den nicht mehr hat, der alles ist. Denn was ist es, das Licht zu verlieren, jener Finsternis überlassen zu sein, wo der, der in ihr wandelt, nicht weiß, wohin er geht? Und genau das ist der Zustand der Juden; umso schlimmer, weil sie das Licht eine kurze Zeit unter sich hatten und nicht glaubten, so dass sie es versäumten, Kinder des Lichts zu werden und die Finsternis sie ergriff. So wurde der Fürst der Propheten durch ihren Unglauben in ihrem eigenen Verderben erfüllt, und zwar in beiden Teilen seiner Prophezeiung, dem frühen und dem späten, die die Spekulation vergeblich zu scheiden sucht. Aber wir glauben dem inspirierten Evangelisten, nicht dem anmaßenden Professor, und sind ebenso sicher, dass beide Prophezeiungen von Jesaja stammen, wie dass sie göttlich gegeben und nun an dem so lange ungläubigen Juden erfüllt wurden.
Aber wie das erste Zitat die Schuld der Verwerfung des Zeugnis Gottes beweist, so weist das zweite, obwohl wirklich früher, auf die ernste Tatsache der Verblendung durch das Gericht hin, die von Gott niemals ausgesprochen, noch weniger vollstreckt wird, bis das Ausharren sein vollkommenes Werk getan und der Mensch das Maß seiner Schuld über die Maßen ergefüllt hat. Unter einem solchen Gericht der Verstockung konnten sie zweifellos nicht glauben; aber das Gericht kam wegen der Bosheit, die sich in der vorsätzlichen Ablehnung Gottes und seines Willens vollendete, als sie nicht glaubten, trotz der vollsten Appelle an ihre Herzen und Gewissen.
Wie das erste Zitat den völligen Unglauben zeigt, als Christus in Erniedrigung und Leiden kam, um das Werk der Sühnung zu vollbringen, so vermittelt das zweite das schreckliche Wort, das sie in Blindheit vor dem Licht verschloss, das sie so lange verachtet hatten, gefolgt von der inspirierten Bemerkung, dass Jesaja diese Dinge sagte, als er die Herrlichkeit Christi sah und von Ihm sprach. Es ist der Herr in der Prophezeiung, Christus im Evangelium; aber sie sind eins – wie in der Tat Apostelgeschichte 28,25-27 es uns ermöglicht, den Heiligen Geist einzubeziehen. Wie gründlich bestätigt und bekräftigt das der noch ältere Ausspruch in 5. Mose 6,4: „Der Herr, unser Gott, ist ein Herr!“ Johannes 12 und Apostelgeschichte 28 schwächen es in keiner Weise ab, sondern verstärken seine Kraft und Ausdrucksstärke, indem sie die Geduld Gottes und die Finsternis des Juden nach Jahrhunderten, in denen er seine Barmherzigkeit und seine Gerichtsdrohungen gleichermaßen missachtet hatte, immer mehr herausstellen. Und die Finsternis nahm in dem Maß zu, wie das Licht aufleuchtete.
Aber die Gottlosigkeit verrät sich nicht nur in der Unwilligkeit des Herzens zu glauben, sondern auch in der Feigheit des Menschen, den Herrn zu bekennen (Off 21,8); so sehen wir hier, dass viele aus der Mitte der Obersten an Ihn glaubten, „doch wegen der Pharisäer bekannten sie ihn nicht, damit sie nicht aus der Synagoge ausgeschlossen“ würden (V. 42). Und das Motiv oder der moralische Grund wird angegeben: „denn sie liebten die Ehre bei den Menschen mehr als die Ehre bei Gott“ (V. 43). Sie fürchteten sich vor der religiösen Welt, da sie scharfsinnig auf die menschliche Ehre achteten, aber stumpf für das waren, was von Gott kommt. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass, wenn der Mensch mit dem Herzen zur Gerechtigkeit glaubt, mit dem Mund aber bekannt wird zum Heil (Röm 10,10). Gott legt großen Wert auf das Bekenntnis zu seinem Sohn, und wir können uns die Errettung nicht anders aneignen.