Behandelter Abschnitt Lk 13,31-35
Die Schrift ist sehr darauf bedacht, die Achtung und den Gehorsam zu betonen, die der Autorität gebühren, aber es ist nicht die Aufgabe eines Christen, sich mit der Regelung irdischer Fragen zu beschäftigen. Er hat nichts mit den Mitteln und Wegen zu tun, durch die Könige oder andere Herrscher ihren Platz der Autorität erreicht haben. Es mag Kriege und Revolutionen und alle möglichen fragwürdigen Mittel gegeben haben, um zu einer solchen Erhebung zu gelangen. Was er zu tun hat, ist, denen zu gehorchen, die die Autorität haben. „Jede Seele sei den obrigkeitlichen Gewalten untertan; denn es gibt keine Obrigkeit, außer von Gott, diejenigen aber, die bestehen, sind von Gott eingesetzt“ (Röm 13,1). Die Schrift verlangt nicht Gehorsam gegenüber den Mächten, die sein sollten, sondern gegenüber „denjenigen, die bestehen“. Zweifellos kann dies eine Gefahr darstellen, wenn ein revolutionärer Führer die Autorität für eine gewisse Zeit an sich reißt; aber Gott wird für die Ergebnisse sorgen, und die Pflicht des Christen bleibt einfach und sicher.
Er gehorcht den Mächten, die da sind. Trotzdem hat jeder Gehorsam des Menschen seine Grenzen. Es gibt Fälle, in denen der Christ verpflichtet ist, ich sage nicht, ungehorsam zu sein, noch weniger, seine eigene Autorität zu errichten (was niemals seine Pflicht ist), sondern „Gott mehr zu gehorchen als den Menschen“ (Apg 5,29). Wo irdische Autorität Sünde gegen Gott verlangt, zum Beispiel wenn eine Regierung sich in das Amt des Gläubigen bei der Verkündigung des Namens Christi einmischt und es verbietet, ist es offensichtlich, dass es sich um eine niedrigere Autorität handelt, die die höchste beiseitesetzt. Folglich verbietet der Grundsatz des Gehorsams, an den der Christ gebunden ist, dass er sich von dem, was von Menschen ist, dazu bringen lässt, das aufzugeben, von dem er weiß, dass es der Wille Gottes ist.
Nehmen wir noch einmal die zwingende Aufforderung an einen Christen, in den Kriegen seines Landes zu kämpfen.13 Wenn er seine Berufung kennt, kann er den Namen Christi mit solch unheiligem Krieg verbinden? Wenn es für die eine Seite richtig ist, ist es auch für die andere richtig, oder der Christ wird zum Richter statt zum Fremden, und der Name des Herrn würde so von Brüdern auf entgegengesetzten Seiten bloßgestellt, von denen jeder seine Hände in das Blut des anderen taucht, von denen jeder ein Werkzeug ist, Menschen, die in Sünden reifen, ins Verderben zu stürzen. Ist das von Christus? Ist es aus Gnaden? Es mag dem Fleisch und der Welt gefallen; aber es ist vergeblich, sich auf das Wort Gottes zu berufen, um einen Christen zu rechtfertigen, der sich in einem solchen Werk wiederfindet. Wird es jemand wagen, menschliches Gemetzel auf Befehl der Mächte als Dienst Christi zu bezeichnen? Der wahre Grund, warum die Menschen hier nicht sehen, ist entweder ein fleischlicher Verstand oder eine unwürdige Scheu vor den Konsequenzen. Sie ziehen es vor, einen anderen zu töten, um der Welt zu gefallen, als selbst getötet zu werden, um Christus zu gefallen. Aber sie sollten nicht um christliche Sympathie für ihren Unglauben oder ihre weltliche Gesinnung bitten oder sie erwarten. Mit solchen Menschen zu sympathisieren, bedeutet, ihr Versagen im Zeugnis für Christus zu teilen. Die Sache zu beklagen, während man sie tut, macht die Sache nicht besser, sondern ist eher ein unwissentliches Zeugnis unserer eigenen Lippen gegen unsere eigenen Wege.
Kurz gesagt, die göttliche Regel ist das, was unser Herr selbst mit bewundernswerter Weisheit und vollkommener Wahrheit festgelegt hat: „Gebt daher dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Lk 20,25). Dies allein gibt uns den wahren Maßstab für den Weg Christi durch eine Welt des Bösen und der Fallstricke. Er selbst handelt hier offensichtlich nach demselben Prinzip. „In derselben Stunde kamen einige Pharisäer herzu und sagten zu ihm: Geh hinaus und zieh von hier weg, denn Herodes will dich töten“ (V. 31). Der Herr wusste es besser. Er wusste, dass, so schlecht Herodes auch sein mochte, die Pharisäer nicht besser waren und dass ihr Bekenntnis, sich für seine Person zu interessieren, heuchlerisch war. Ob Herodes das nun ausgenutzt hatte oder nicht, Er ließ sich nicht von solchen Vorschlägen beeinflussen, weder direkt vom Feind noch indirekt. Er hatte sein Werk für seinen Vater zu tun. Wie der Knecht, den wir in diesem Evangelium gesehen haben, musste Er sich um die Angelegenheiten seines Vaters kümmern. Es war nicht anders, als die Besorgnis seiner Mutter zu einem späteren Zeitpunkt vor seinem öffentlichen Werk an Ihn herangetragen wurde. So sagte der Herr nun zu den Pharisäern: „Geht hin und sagt diesem Fuchs“ (V. 32a).
Es gibt kein Verstecken der Wahrheit der Dinge, wo es einen Versuch der Einmischung in den Willen Gottes gibt. Die List, mit der man das Zeugnis des Herrn für Gott zu hindern suchte, war vergeblich. Er durchschaute sie alle und scheute sich nicht, deutlich zu reden: „Geht hin und sagt diesem Fuchs: Siehe, ich treibe Dämonen aus und vollbringe Heilungen heute und morgen, und am dritten Tag werde ich vollendet“ (V. 32). Der Herr war damals offensichtlich das Gefäß der Macht Gottes auf der Erde. Das gnädige Werk, das Er tat, zeigte die Torheit des Menschen, der versuchte, Gott zu hindern. „Siehe, ich treibe Dämonen aus.“ Nicht alle Macht oder Autorität der Welt hätte solche Taten wie diese vollbringen können. Das stand über jeder Überlegung: Er war hier, um den Willen Gottes zu tun und sein Werk zu vollenden.
Es war daher vergeblich, dass Pharisäer oder Herodes Ihn unter falschen Vorwänden hindern wollten, um so die Ausführung seiner Aufgabe unterbrechen. Er gehorchte vielmehr Gott als Menschen. Er kam, um den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte, und das musste um jeden Preis geschehen. Ich „vollbringe Heilungen heute und morgen, und am dritten Tag werde ich vollendet.“ Das Werk war in seiner Hand und sollte auf jeden Fall vollendet werden. Der Herr hatte seinen Lauf vollendet und war durch den Tod und die Auferstehung in eine neue Stellung für den Menschen in die himmlische Herrlichkeit eingetreten. „Doch ich muss heute und morgen und am folgenden Tag weiterziehen“ (V. 33a). Er wusste auch besser, als dass es irgendeiner menschlichen Macht erlaubt wäre, Ihn aufzuhalten, bis sein Werk vollendet war. Er wusste im Voraus und genau, dass Jerusalem der Ort war, an dem Er leiden musste, und dass die Pharisäer bei seinem Leiden bis zum Tod eine viel wichtigere Rolle spielen würden als sogar Herodes. Der Mensch kennt sich selbst nicht. Christus, die Wahrheit, erklärt, was Er ist, und zeigt, dass Ihm alles bekannt war. Nichts ist so wichtig wie ein einfältiges Auge, sogar im Menschen, um klar zu sehen; und Christus war das wahre Licht, das alle Dinge offenbar machte. „Denn es geht nicht an, dass ein Prophet außerhalb Jerusalems umkommt“ (V. 33b). Ihre Besorgnis war also nur vorgetäuscht. Der Herr hat sein Werk zu tun und widmet sich ihm, bis es getan ist. Von Anfang an und die ganze Zeit hindurch zeigt Er deutlich wie hier, dass Er wusste, wo Er abgelehnt werden würde. Wir entnehmen dies klar aus einem früheren Kapitel, wo uns gesagt wird, dass Er sein Angesicht feststellte, nach Jerusalem zu gehen, und dies auch, als die Zeit gekommen war, dass Er aufgenommen werden sollte (Lk 9,51). Er blickte auf seine Vollendung hin. Er kannte den Weg, auf dem dies geschah, sehr gut: Es geschah durch den Tod und die Auferstehung. So auch hier; der große Prophet mag in Jerusalem umkommen, aber es war die Aufnahme des Herrn der Herrlichkeit, der jetzt Mensch ist, nachdem Er die Erlösung vollbracht hatte, in die Herrlichkeit, aus der Er gekommen war. Der Herr bleibt also vollkommen Herr der Lage.
Aber da ist noch mehr als das: Er war frei in seiner Liebe. Keine List des Herodes, keine Heuchelei der Pharisäer konnte die Gnade, die sein Herz erfüllte, beeinträchtigen – Gnade sogar zu denen, die Ihn nicht liebten. Wenn sein Knecht sagen konnte, dass er umso weniger geliebt wurde, je mehr er liebte (2Kor 12,15), wie viel mehr traf das auf den Meister zu! Der Jünger war wie sein Meister; aber der Meister war unendlich vollkommen.
Und so erfüllt die Liebe sein Herz, als Er jetzt diese ernsten Worte über Jerusalem ausspricht, das schuldig geworden ist an all dem Blut der Zeugen Gottes von Abel an abwärts. Er hat sein eigenes Kreuz vor sich; dennoch sagt Er: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen wie eine Henne ihre Brut unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“ (V. 34; vgl. Mt 23,37-39). Er war also mehr als ein Prophet – der Herr, Jahwe. Er war der, der fähig war, zu sammeln; und Er hatte eine Liebe, die ihren göttlichen Ursprung, ihre Quelle und ihren Charakter dadurch bewies, dass Er oft bereit war, die Kinder Jerusalems zu sammeln. Er hätte ihr Schutzschild und ihre sehr großer Lohn sein können, aber sie wollten nicht. Es gibt keinen Segen, vor dem der Wille des Menschen seine Augen nicht verschließen und ihn ablehnen kann. Das Fleisch kann nie richtig sehen, weil es immer selbstsüchtig ist; es sieht Gott nicht und übersieht daher alles, was wirklich gut für ihn ist. Der Mensch ist am meisten sein eigener Feind, wenn er Gottes Feind ist; aber von allen Feinden, welche sind so tödlich wie religiöse Feinde? Welche, deren Herzen fern von Gott sind, obwohl sie sich mit ihren Lippen nähern und den Platz des höchsten religiösen Vorrechte haben!
So war Jerusalem. Sie hatten die Propheten, aber sie haben sie getötet. Sie hatten Boten, die von Gott unermüdlich zu ihnen gesandt worden waren, aber sie steinigten sie. Und nun, da der große Prophet, der Messias, der Herr selbst, in göttlicher Liebe in ihrer Mitte war, was würden sie Ihm nicht alles antun! Es gab keinen Tod, der für Ihn zu schändlich gewesen wäre. „Siehe, euer Haus wird euch überlassen. Ich sage euch aber: Ihr werdet mich nicht sehen, bis die Zeit kommt, dass ihr sprecht: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!‘“ (V. 35). Es war ihr eigenes Verderben, als sie dachten und meinten, es sei das Seine. Aber die Liebe erhebt sich über jedes Hindernis. Es ist unmöglich, dass die Gnade am Ende um ihrer selbst willen besiegt wird. Sie würden Ihn nicht mehr sehen, bis Er kommt und sie sagen: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ – das ist Gnade. Er kommt in Herrlichkeit, aber in der vollkommenen Entfaltung jener Liebe, die für sie und von ihnen gelitten hatte und die am Ende nicht versagen wird, gerade durch dieses Leiden ihren ewigen Segen geben zu können.
13 Der der Zeit gab es in Großbritannien keine Wehrpflicht (WM).↩︎