Behandelter Abschnitt Lk 12,13-21
Die Verwerfung Christi führt zu einer wichtigen Veränderung, sowohl in seiner Stellung als auch in dem, was die Menschen in und an Ihm finden würden. Ein Jude hätte natürlich auf den Messias als den Richter in jeder strittigen Frage geschaut. Sogar derjenige, der den Herrn Jesus wegen seiner unbefleckten Wege und seines heiligen Redens schätzte, würde vielleicht seine Hilfe suchen. Aber es wird hier gezeigt, dass seine Verwerfung durch den Menschen alles verändert. Man kann also nicht abstrakt davon ausgehen, was der Messias als solcher war; wir müssen die Tatsache des Zustandes der Menschen Ihm gegenüber und Gottes entsprechendes Handeln berücksichtigen. Das Kreuz Christi, das die Frucht und das Maß der Verwerfung des Herrn sein sollte, würde daraufhin ungeheure Folgen haben, und zwar von allem möglichen Unterschied zu dem, was vorher gewesen war; und dies nicht nur von Seiten des Menschen, sondern von Seiten Gottes.
Daher, als jemand aus der Volksmenge zu Ihm sagte: „Lehrer, sage meinem Bruder, dass er das Erbe mit mir teile“, antwortet der Herr: „Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler über euch gesetzt?“ (V. 13.14). Er war nicht gekommen, um zu richten. Die Verwerfung Christi führt in jene unendliche Erlösung, die Er gewirkt hat, und angesichts derer Er die Beilegung menschlicher Streitigkeiten ablehnt. Er ist nicht für irdische Zwecke gekommen, sondern für himmlische. Wäre Er von den Menschen aufgenommen worden, hätte Er zweifellos die Erbschaften hier auf der Erde geteilt; aber so, wie sie waren, war Er kein Richter oder Teiler über die Menschen oder ihre Angelegenheiten hier auf der Erde. Aber Lukas, wie es seine Art und Gewohnheit ist, stellt den Herrn sofort dar, wie Er die moralische Seite der Angelegenheit betrachtet, denn in der Tat führt die Verwerfung Christi in die tiefste Offenbarung und das Verständnis des Herzens.
Der Herr wendet sich daher auf einer breiteren Basis an die Volksmenge. „Er sprach aber zu ihnen: Gebt Acht und hütet euch vor aller Habsucht, denn auch wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht durch seine Habe“ (V. 15). Dieses Verlangen nach der Hilfe Christi, um Fragen zu klären, entspringt dem Wunsch des Herzens nach etwas, das man hier auf der Erde nicht findet. Standeserhaltung wird hier beurteilt, der Eifer nach irdischer Gerechtigkeit wird entlarvt: „hütet euch vor aller Habsucht.“ Die Verwerfung Christi und die Offenbarung der himmlischen Dinge führt auf den wahren Weg des Glaubens, des Vertrauens auf Gott für alles, was Er gibt, des Vertrauens, nicht auf Menschen, sondern auf Ihn, für alle Schwierigkeiten, der Zufriedenheit mit dem, was wir haben. Gott ordnet alles dem Glauben zu. Auch das ist nicht alles. Das Herz muss beobachtet werden: „hütet euch vor aller Habsucht, denn auch wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht durch seine Habe“ (V. 15). Und auch das zeigt Er auf, ebenso wie sein schreckliches Ende. In dem, was als irdische Klugheit erscheinen mag, liegt ein Übermaß an Selbstsucht, Torheit und Gefahr.
Höre die nächsten Worte des Herrn. „Er sagte aber ein Gleichnis zu ihnen und sprach: Das Land eines gewissen reichen Menschen trug viel ein. Und er überlegte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Denn ich habe keinen Raum, wohin ich meine Früchte einsammeln soll“ (V. 17.18). Offensichtlich rechnete dieser Mann damit, dass das höchste Gut in der Fülle der Dinge lag, die er besaß. sein Wunsch war es, das, was er hatte, so einzusetzen, dass er mehr von den gegenwärtigen Dingen bekam und behielt.
Systematischer Egoismus war da, nicht das Rechnen des Glaubens, weder in seinen Selbstaufopferungen des Leidens noch in seiner aktiven und großzügigen Hingabe. Es gab keinen Blick auf die Zukunft außerhalb dieser Welt. Alles war im gegenwärtigen Leben. Es ist nicht so, dass der reiche Tor nach menschlichem Ermessen einen schlechten Gebrauch von dem machte, was er hatte, nicht, dass er unmoralisch war, aber sein Handeln ging nicht über die Befriedigung seines Wunsches nach übergroßem Überfluss hinaus. „Und er sprach: Dies will ich tun: Ich will meine Scheunen niederreißen und größere bauen und will dahin all meinen Weizen und meine Güter einsammeln“ (V. 18).
Dieses Verhalten steht in deutlichem Gegensatz zu dem, was der Herr später in Lukas 16 hervorhebt, wo das Opfer der Gegenwart für die Zukunft gesehen wird, und dass nur solche in die ewigen Wohnungen aufgenommen werden. Es ist nicht das Mittel zur Befreiung aus der Hölle, sondern der Charakter aller, die in den Himmel kommen. Insofern ähneln sie dem Verwalter im Gleichnis, den der Herr nicht wegen seiner Ungerechtigkeit, sondern wegen seiner Weisheit lobte. Er opferte die gegenwärtigen Interessen, die Güter seines Herrn, um die Zukunft zu sichern. Der reiche Besitzer hier dagegen reißt ständig seine Scheunen ab und baut größere, um so besser alle seine Früchte unterzubringen und seine Güter zu vermehren. Sein einziger und ganzer Gedanke galt diesem gegenwärtigen Leben, das, wie er annahm, unveränderlich weitergehen würde. Der Verwalter achtete auf das Gegenteil, das, was vor ihm lag, und handelte entsprechend. Mögen wir uns als Verwalter dessen fühlen, was die Menschen unser Eigentum nennen, und mit nicht weniger Umsicht handeln!
Es war nicht so bei dem, der zu sich selbst sagte: „Seele, du hast viele Güter daliegen auf viele Jahre; ruhe aus, iss, trink, sei fröhlich“ (V. 19). Es gab sowohl Selbstzufriedenheit in dem, was er besaß, als auch den Wunsch nach einem dauerhaften Genuss der gegenwärtigen Bequemlichkeit. Es war der praktische Sadduzäismus des Unglaubens. „Gott aber sprach zu ihm: Du Tor! In dieser Nacht fordert man deine Seele von dir; was du aber bereitet hast, für wen wird es sein?“ (V. 20). Daran dachte er nicht. Gott war nicht in seinen Gedanken. Er hatte seine Seele auf die geringste Sklaverei des Körpers reduziert, anstatt sich unter dem Körper zu halten, damit sie der Diener der Seele sei und Gott der Herr von beiden. Aber nein: Gott war in keinem seiner Gedanken; und doch sagte Gott zu ihm: „Du Tor! In dieser Nacht fordert man deine Seele von dir; was du aber bereitet hast, für wen wird es sein?“ Er hatte auf ein ununterbrochenes Gedeihen in der Welt gehofft. „In diese Nacht!“ Das hatte er nicht gedacht. „In dieser Nacht fordert man deine Seele von dir … So ist der, der für sich selbst Schätze sammelt und nicht reich ist in Bezug auf Gott“ (V. 20.21).
Reichtum in Bezug auf Gott kann nicht sein ohne das, was Menschen kurzsichtig als Selbstverarmung bezeichnen, indem wir das, was wir haben, nicht für uns selbst, sondern für andere verwenden. Nur solche sind reich in Bezug auf Gott, seien ihre Mittel groß oder klein. Sind ihre Mittel klein, so sind sie doch groß genug, um in Liebe an andere zu denken und für Bedürfnisse zu sorgen, die größer sind als ihre eigenen; sind ihre Mittel groß, so ist ihre Verantwortung umso größer. Aber in jedem Fall geschieht das Sammeln nicht für sich selbst, sondern für den Dienst der Gnade; und das kann nur sein, indem man Gott miteinbezieht. Nur solche sind reich in Bezug auf Gott. Das Anhäufen von Schätzen für sich selbst ist die harte Arbeit des Ichs und der Unglaube, der sich einen langen Traum des Genusses vorbehält, den der Herr plötzlich unterbricht.